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Archiv "Ärztemangel: Hausarztpraxis nicht mehr attraktiv" (02.11.2007)

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A3012 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 44⏐⏐2. November 2007

B R I E F E

vielen komplexen Syndromen bleibt nach Würdigung aller Faktoren die Erkenntnis, dass es eine einfache Pa- tentlösung nicht gibt“, möchte ich al- lerdings widersprechen. Meines Er- achtens gibt es eine sehr einfache Lösung zur Beseitigung des gefühl- ten Ärztemangels in Deutschland.

Sie lautet: Lasst Ärzte ärztliche Tätigkeiten ausüben. Für alles ande- re beschäftigt wen auch immer, aber nicht jemanden mit Medizinstudium und Facharztweiterbildung. Wenn wir dieser Parole folgen würden, würden wir uns meines Erachtens sehr bald die Augen reiben und fest- stellen, dass wir eher zu viele Ärzte haben als zu wenige (zu diesem Schluss kommen implizit auch die Autoren, wenn sie feststellen, dass die deutsche Arztdichte im interna- tionalen Vergleich eher hoch ist) . . . Ich habe in meiner Zeit als Arzt viele junge Kolleg(inn)en erlebt, die voller Begeisterung in den Beruf gestartet sind. Wenn in der Nacht Patienten versorgt werden mussten, weil es an- stand, hat sich nie einer verweigert.

Aber wie soll ich Kollegen motivie- ren, wenn am darauffolgenden Mor- gen der Rüffel aus der Verwaltung kommt, weil nach einer mehrstündi- gen Notfalloperation nicht adäquat codiert wurde, was gemacht wurde und warum (können die sich diese Informationen nicht aus dem OP-Be- richt und der Krankenakte holen?).

Meine Tochter studiert Medizin. Ich hüte mich davor, ihr alle Gründe, die gegen eine ärztliche Tätigkeit im real existierenden Gesundheitswesen Deutschlands sprechen, zu benen- nen. Der ärztliche Beruf ist ein sehr schöner, zumindest im Prinzip. In Deutschland nicht! . . .

Dr. med. Thomas Schneider,Bornholzweg 38, 06484 Quedlinburg

Eine Ursache fehlt

Es ist schon erstaunlich, um nicht zu sagen bezeichnend für die nicht an der Basis Arzt und Patient orientierte gesundheitspolitische Landschaft, wenn in einem Artikel des DÄ mit dem Anspruch einer „Diagnosestel- lung“ für den Ärztemangel ein ganz entscheidendes ursächliches Kriteri- um einfach weggelassen wird: die in den letzten Jahren zunehmende Ver-

schlechterung der Bedingungen der niedergelassenen Ärzte (die ich jetzt nicht nochmals aufzählen werde).

Sie stellen immerhin noch knapp die Hälfte aller in Deutschland tätigen Ärzte und sind für 90 Prozent aller Patientenkontakte zuständig. Die in dem Artikel skizzierten Probleme (mit den angesprochenen Abhilfe- möglichkeiten) der Krankenhäuser bzw. dort tätigen Ärzte sind sicher für das Thema sehr wichtig, aber doch nicht allein entscheidend für die Berufsperspektive der potenziel- len Ärzte! Über viele Jahre war die Niederlassung in der freien Praxis für etwa die Hälfte der im Kranken- haus ausgebildeten Ärzte eine auch wirtschaftlich attraktive Alternative gegenüber der Tätigkeit im Kranken- haus – das ist sie jetzt, nach immer noch laufender finanzieller „Aus- trocknung“ dieses Sektors durch die Gesundheitspolitik, leider nicht mehr . . . Und noch etwas: Ein Sym- ptom für die Diagnosestellung zur Ursache des Ärztemangels hat der Autor augenscheinlich auch unter- schlagen – die Flucht von Ärzten, hier teuer und immer noch gut ausge- bildet, ins Ausland. Schwer zu raten, warum so viele junge und sogar auch schon etabliertere ältere Ärzte den Weg ins Ausland suchen . . .

Dr. med. Winfried Thraen,Schadowplatz 9, 40212 Düsseldorf

Hausarztpraxis nicht mehr attraktiv

Die von den Autoren aufgezählten vielfältigen Ursachen eines Ärzte- mangels sind nur ein Teil des wach- senden Problems . . . So bedarf die Zunahme der Zahl der berufstätigen Ärzte nach der aktuellen Statistik für das Jahr 2006 einer differenzierten Betrachtung . . .

>Die Zunahme der Arztzahlen kommt heute primär nicht der hausärztlichen Versorgung zugute.

Sie wird vornehmlich im stationären Bereich zur Deckung der Arbeitszeit- regelung benötigt. So stieg die Zahl der Ärzte ohne Gebietsbezeichnung im Krankenhaus auf 66 300 (2001:

54 500). Insgesamt ist die Gruppe der Ärzte ohne Gebietsbezeichnung, die sich zum größeren Teil aus den stationär tätigen Ärzten in Weiterbil-

dung rekrutiert, kleiner geworden – von 98 220 auf 91 724.

>Viele engagierte und klinisch gut ausgebildete Fachärzte streben zu- dem heute nach dem Facharztdiplom eine Zusatzqualifikation in Schwer- punkten oder Teilgebieten an.

>Aufgrund der verminderten Weiter- bildungsmöglichkeiten dürften die Nachwuchszahlen in einigen Jahren nicht mehr ausreichen, um den Be- darf durch Praxisaufgabe zu decken.

>Von 119 600 Vertragsärzten (2001:

116 000) sind 60 600 (2001: 56 300) Fachärzte; 59 000 (2001: 59 700) Hausärzte.

Die Attraktivität der Niederlassung in eigener Praxis oder einer Gemein- schaftspraxis hat sich seit Beginn der 90er-Jahre in allen Bereichen für die fertigen Fachärzte deutlich vermin- dert. In den Jahrzehnten davor strebte der fertig weitergebildete Arzt schnellstmöglich eine Niederlassung in eigener Praxis an, da die unselbst- ständige und meist zeitlich limitierte Tätigkeit in der Klinik nur für wenige erstrebenswert war. Heute ist die (Teilzeit-)Tätigkeit im Krankenhaus doch viel häufiger langfristig interes- sant und arbeitsrechtlich abgesichert.

Der Arzt ist zu Beginn seiner Weiter- bildung nach einer zwölf- bis 13-jähri- gen Schulzeit und dem Medizinstu- dium mit elf bis zwölf Semestern in sechs Jahren (ohne Zivil- oder Wehr- dienstzeit) mindestens 25 Jahre alt und je nach Fachgebiet etwa 30 Jahre alt, wenn er eine fünfjährige Weiter- bildung abgeschlossen hat. In der Re- gel braucht er wenigstens ein weite- res Jahr Spielraum, da nicht garan- tiert ist, dass er in der Mindestweiter- bildungszeit alle Inhalte der Weiter- bildungsordnung erfüllen kann. Bis der Facharzt dann eine Praxis über- nehmen kann, vergehen im Allgemei- nen nochmals ein bis zwei Jahre

„Vorbereitungszeit“, sodass er frühes- tens mit 31–33 Jahren praxisreif ist.

Wenn es zu einem stetigen Rückgang des Nachwuchses für die hausärztli- che Praxis kommt, müssen schon bald neue Strukturen entwickelt wer- den, die den Bedürfnissen der Patien- ten in Stadt und Land gerecht werden können. Die Integration bzw. Vernet- zung stationär-ambulant tätiger Fach- ärzte sowie die Praxiskooperationen und -netze sind zukunftsfähige Mo-

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 44⏐⏐2. November 2007 A3013

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delle . . . Die Einrichtung von Kin- derbetreuungseinrichtungen in Kran- kenhäusern und die Einrichtung von Teilzeitstellen dürften – anders als die Autoren meinen – nicht wesentlich zur Attraktivität des Arztberufs bei- tragen. Mit der Einrichtung von Teil- zeitstellen, die schon seit Jahrzehnten geübt wird, wird die Weiterbildungs- zeit verlängert und die Weiterbil- dungsqualität verschlechtert. Sie soll- te Einzelfällen vorbehalten bleiben.

Auch führte sie oft zur Ausnutzung der Betroffenen, die häufig mehr Ar- beitszeit erbringen als vereinbart. Die Inhalte der Weiterbildung optimal zu vermitteln, bedarf erheblicher An- strengungen und Kosten, die in je- dem Fall gut angelegt sind. Für die Weiterbildungsvermittlung, beson- ders in den operativen Fächern, be- darf es einer erheblich größeren Zahl erfahrener Fachärzte und einer struk- turierten Weiterbildung mit Ver- pflichtung . . .

Prof. Dr. Helmut Helwig,Alemannenstraße 20, 79117 Freiburg

RETTUNGSASSISTENT

Ein FDP-Abgeordne- ter fordert, die Kom- petenzen der Assis- tenten auszuweiten (DÄ 33/2007: „Re- form des Rettungs- assistentengeset- zes: Schwierige Gratwanderung“ von Martina Merten).

Mehr als überfällig

Die Novellierung des Rettungsassis- tentengesetzes mit einer klaren Kom- petenzzuweisung ist mehr als über- fällig. Besonders in ländlich struktu- rierten Gebieten ist der Rettungsassis- tent in Notfallsituationen durchaus für längere Zeit auf sich allein ge- stellt. Die Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen über die Eintreff- zeit des Notarztes stellt nur einen Querschnitt zwischen dem Maxi- mum und Minimum der Eintreffzei- ten dar. Als Rettungsassistent mit mehrjähriger Erfahrung sowohl im städtischen als auch im zutiefst länd- lichen Rettungsdienst bin ich auf ei- ner Rettungswache eingesetzt, zu welcher der nächste bodengebunde-

ne Notarzt in 20 km Entfernung sta- tioniert ist. Ist dieser Notarzt unab- kömmlich im Einsatz, besteht nur die Möglichkeit, auf einen in 30 km sta- tionierten Notarzt zurückzugreifen.

Ferner besteht die Möglichkeit, ei- nen in 60 km Entfernung befindli- chen Rettungshubschrauber anzufor- dern. Der Rückgriff auf den Hub- schrauber ist jedoch nachts oder bei schlechtem Wetter ausgeschlossen.

Somit ist also, je nach Standort eines Rettungswagens, eine regelmäßige (!) Eintreffzeit des Notarztes von mindestens 15 Minuten ebenso realis- tisch wie das zeitgleiche Eintreffen in einer Großstadt . . . Herr Prof. Dr.

Hoppe, der am Arztvorbehalt eisern festhält, möge sich doch bitte einmal in die Patientensituation hineinver- setzen. Wie würde er es wohl emp- finden, wenn er zu Füßen zweier Rettungsassistenten läge, sei es im Krampfanfall oder aber mit einer Herzfrequenz von 180 bpm, wobei der nächste verfügbare Notarzt noch eine Anfahrtszeit von 15 Minuten oder mehr vor sich hat. Wird es nun noch zwei Minuten dauern oder viel- leicht doch acht Minuten, bis der Rhythmus ins Kammerflimmern übergeht? Für den Rettungsassisten- ten ist die Entscheidungsfindung der- zeit so gesehen eigentlich recht ein- fach. Er hat zwei Möglichkeiten:

Entweder er wird die indizierte, im Rahmen seiner Ausbildung und stän- digen Fort- und Weiterbildung er- lernte und unter ärztlicher Delegation bereits hundertfach durchgeführte Maßnahme ergreifen, oder aber er kann warten (um es überspitzt zu for- mulieren) „bis sich das Problem von selbst erledigt“. Im günstigsten Fall trifft der Arzt rechtzeitig ein, im ungünstigsten kommen die (ohne ausdrückliche Kompetenzzuweisung möglichen) Basics der Herz-Lungen- Wiederbelebung zur Anwendung. In Anbetracht der derzeitigen rechtli- chen Stellung des Rettungsassisten- ten, wird man sich eher für die zwei- te Alternative entscheiden. Die Kern- frage zur Novellierung des Rettungs- assistentengesetzes ist deshalb, ob die jetzige Struktur im Sinne eines professionellen Rettungsdienstes und letztendlich zum Wohl des Patienten hinnehmbar ist. Dies ist ganz klar zu verneinen . . . Durch eine Novellie-

rung des Rettungsassistentengesetzes (eventuell in Verbindung mit einer Anpassung des Heilpraktikergeset- zes) muss es möglich werden, dem Rettungsassistenten eine klar gere- gelte Kompetenz – auch zur Durch- führung bestimmter ärztlicher Maß- nahmen – zuzuweisen . . .

Max Bolsinger,Hauptstraße 136, 56170 Bendorf/Rhein

VERGÜTUNG

In Nordrhein-West- falen können Reise- schutzimpfungen über einige Kassen abgerechnet werden (DÄ 39/2007: „Rei- seschutzimpfung:

Einzelne Kassen übernehmen Kosten“).

Unglaublich

Ein Bravo für die KVNo und die KVWL, denn endlich ist es gelun- gen, eine Vereinbarung zur Durch- führung und Abrechnung von Schutzimpfungen für privat veran- lasste Auslandreisen abzuschließen!

Und man stelle sich vor: Das alles außerhalb der gedeckelten Gesamt- vergütung! Toll! Ich führe als Haus- arzt für jede Inkontinenzeinlage oder für Zusatznahrung bei Schluckbe- schwerden infolge Bestrahlung eines Parotistumors Kämpfe mit den Be- willigungsstellen der Kassen – hier die DAK, wobei letztlich die Über- nahme der Kosten abgelehnt wurde, weil es sich „hierbei nicht um ein Arzneimittel handelt“ – erfolglose Kämpfe. Alte gehbehinderte Patien- ten müssen hohe Zusatzkosten selber tragen, wenn sie eine leichte Gehhil- fe haben möchten, statt des kaum zu tragenden „Kassenchoppers“. Und dann kriegen Menschen, die es sich leisten können, in Urlaub zu fahren, auch noch einen Zuschuss. Warum wird nicht nach dem Motto verfah- ren, wer sich „privat veranlasst“ in Gefahr begibt, kommt darin um oder schützt sich selber? Es sollte der be- straft werden, der sich wissentlich ungeschützt in Gefahr begibt mit Be- teiligung an den Folgekosten in Form von Beitragserhöhungen . . .

Wilhelm Schütte,An der Paulikirche 3, 38102 Braunschweig

Referenzen

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