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Archiv "Ärztemangel: Flexible Ärzte, flexible Zentren" (09.08.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 31–32

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9. August 2010 A 1499

KOMMENTAR

Dr. med. Hans-Joachim Helming, Vorstand der KV Brandenburg

T

äglich belegen übervolle Warte- zimmer in den ländlichen Regio- nen Brandenburgs den Mangel an Ärz- tinnen und Ärzten in der ambulanten Versorgung. Dass in Zukunft die Inan- spruchnahme der Sprechstunden zu- rückgehen wird, ist angesichts der de- mografischen Entwicklung illusorisch.

Eine älter werdende Bevölkerung wird von der Politik jedoch immer vehemen- ter fordern, ihren Versorgungsbedarf zu bedienen.

Was tun? Baustellen, die die Versor- gungslage verbessern sollen, sind eini- ge aufgemacht. Dazu zählen die Über- arbeitung der Bedarfsplanungs-Richtli- nie und der Ausbau mannigfaltiger pe-

kuniärer Anreize, welche Nachwuchs- mediziner in die Peripherie locken sol- len, um nur zwei zu nennen. Diese Baustellen sind richtig und wichtig.

Doch machen wir uns nichts vor: Das ohnehin geringe Interesse junger Ärztin- nen und Ärzte, selbstständig eine Praxis zu führen, kann beispielsweise für Standorte in den ländlichen Regionen Brandenburgs nicht signifikant gesteigert werden. Darüber hinaus kann man einer bereits lückenhaften Infrastruktur kaum etwas entgegensetzen. Somit sind selbst Niederlassungswillige nicht allein mit monetären Anreizen von einer Praxis in einer ländlichen Region zu überzeugen.

Die Engpässe bieten aber auch Chancen, möglicherweise bundesweit adaptierbare neue Versorgungsstruktu- ren zu entwickeln. Diese Einsicht ha- ben die KV Brandenburg und die dorti- ge AOK bewogen, die Arbeitsgemein- schaft „Innovative Gesundheitsversor- gung in Brandenburg (IGiB)“ zu grün- den. Deren Zweck ist es, den bislang meist konfliktträchtigen Umgang mit - einander durch einen kooperativen Stil zu ersetzen und gemeinsam neue Ver- sorgungsmodelle zu entwickeln.

Wichtig ist dabei eine realitätsnahe Problemanalyse. So ist offenkundig,

dass die althergebrachten sektoralen Denkweisen realitätsferner denn je sind. Auch hier kann nur ein kooperati- ver Ansatz weiterführen. Dies sei an ei- nem Modell, das maßgeblich zu einer Optimierung der medizinischen Versor- gung in den ländlichen Regionen bei- tragen würde, erläutert.

Strukturell muss eine Art Nukleus vorhanden sein, ein Zentrum. Es sollte einerseits die ambulante Versorgung mit der stationären Grundversorgung verzahnen und es andererseits ermög- lichen, dass Ärzte der grundversorgen- den Fachrichtungen flexibel, das heißt nur zeitweise, Sprechstunden anbieten können. Schließlich dürfen diejenigen,

die in ihrer beruflichen Tätigkeit von der eines Vertragsarztes abhängig sind, nicht außer Acht gelassen werden.

Idealerweise würde bei Existenz ei- nes solchen fachübergreifenden ärztli- chen Kooperationszentrums (FÄKZ) der behandelnde Vertragsarzt die stationä- re Behandlung veranlassen oder, je nach Fachrichtung, auch selbst operie- ren. Darüber hinaus würde er dem Ver- sicherten als Arzt seines Vertrauens und als Dolmetscher des medizini- schen Geschehens zur Verfügung ste- hen. Er würde so Schnittstellenproble- me vermeiden und könnte proaktiv so- wohl die nachstationäre ambulante be- ziehungsweise pflegerische Behand- lung auslösen.

Dadurch, dass im Einzelfall die im FÄKZ tätigen Ärzte selbstständig sind und auf der Basis vertraglicher Bindun- gen den stationären wie ambulanten Leistungsbedarf abdecken, würden ärztliche Ressourcen optimal genutzt.

Ärztinnen und Ärzte könnten so dem Bedarf entsprechend stationär, ambu- lant im FÄKZ oder flexibel in der Ver- sorgungsregion tätig werden.

Ein Problem in den teilweise stark zersiedelten Regionen Brandenburgs ist der schlechte öffentliche Personen-

nahverkehr. Der Weg zur Arztpraxis gleicht für immer mehr Patienten einer Tagesreise. FÄKZ müssten deshalb zentral etabliert werden, wobei die Ver- tragsärzte in den umliegenden Ort- schaften ein Filialnetz dafür schaffen würden. Gekoppelt mit einem Sprech- stundenmanagement, wonach nur an einzelnen Tagen eine bestimmte fach- ärztliche Versorgung vor Ort im FÄKZ und in den Filialen angeboten wird, lie- ße sich so ein effizientes, bedarfsge- rechtes Angebot schaffen. Regional or- ganisierte Hol- und Bringdienste könn- ten die Strukturen verbessern helfen.

Beim Aufbau eines fachübergreifen- den ärztlichen Kooperationszentrums

sollten sowohl diejenigen, die arztentlas- tende Tätigkeiten übernehmen (Fallma- nager), wie auch Heil- und Hilfsmitteler- bringer (Apotheken, Sanitätshäuser) und Pflegedienste hinreichend einbezogen werden. So könnte man Transparenz schaffen und Schnittstellenprobleme von vornherein vermeiden.

Die Etablierung eines solchen Zen- trums ist ohne Kooperationspartner auf politischer Seite unvorstellbar. Denn gerade im Hinblick auf einen sektoren- übergreifenden Versorgungsansatz ist zu erwarten, dass Vorbehalte aufseiten der regionalen Krankenhäuser beste- hen. Dazu kann mitunter beim Aufbau neuer Strukturen auch ein größerer Mitteleinsatz vonnöten sein als bisher.

Zudem wird der eigentliche Benefit, ei- ne besser versorgte Bevölkerung, erst mittelfristig erkennbar.

Um FÄKZ erfolgreich zu etablieren, bedarf es neuartiger vertraglicher Strukturen mit Krankenkassen, die im Kollektivvertragssystem nicht abgebil- det werden können. Abzuwarten bleibt, inwieweit Kassen bereit sein werden, sich angesichts der Vielzahl der oben genannten Partner und der dadurch er- forderlichen Kompromissfähigkeit für einen solchen Ansatz zu engagieren. ■ ÄRZTEMANGEL

Flexible Ärzte, flexible Zentren

P O L I T I K

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