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Archiv "Ärztemangel: Die Patentlösung" (02.11.2007)

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A3011

B R I E F E

an Ethik und Patientenzuwendung vorbildlich erschien, ist heute ganz offensichtlich schädlich. Es ist diese Enthumanisierung, die den Arztberuf heute so freudlos macht . . .

Prof. Dr. med. Lothar Schuchmann,

Auwaldstraße 90 (EKZ), 79110 Freiburg im Breisgau

Die Realität

. . . Die von den Autoren genannten Punkte sind grob-statistisch wahr- scheinlich richtig, spiegeln aber nicht das ärztliche Alltagsgeschehen wider, das sich im Laufe der Jahre in den Kliniken erheblich verändert hat.

Beginnen möchte ich mit dem Hin- weis, dass der Numerus clausus im Fach Medizin den Einserkandidaten fast moralisch zwang, Medizin zu studieren, und den nicht zuließ, der aus Neigung das Fach studieren wollte, dessen Durchschnittsnote aber nicht ausreichte. Später stellte sich heraus, dass hohes Sozialpres- tige und hervorragendes ärztliches Einkommen nicht oder selten einlös- bare Versprechen waren. Enttäu- schung war die Folge. Wer in andere Berufssparten abwandern konnte, tat es. Hinzu kam der Zwang, innerhalb der Weiterbildungszeit zu wechseln.

Das führte zu Turbulenzen mit Ver- längerung der Weiterbildungszeiten, z. B. Facharzt für Orthopädie nach neun Jahren (unverschuldet). Die Zeit als Assistenzarzt diente nur zweitrangig der Weiterbildung des Kollegen. Im Vordergrund standen unbezahlte Überstunden, ein zuneh- mender Druck, die Verweildauer des Patienten möglichst kurz zu halten und die Dokumentation zu optimie- ren . . . All dies zusammen hat in den folgenden Jahren sicherlich mit dazu beigetragen, dass sich für männliche Kollegen der Ausstieg lohnte und dass weibliche Kollegen die Chance zur Teilzeitbeschäftigung nutzten, denn so war wahrscheinlich der Kli- nikalltag besser zu ertragen . . .

Dr. med. Rainer Goldammer,Tieckstraße 8, 53340 Meckenheim

Die Patentlösung

Die Autoren beschreiben zutreffend eine Reihe von Phänomenen im Um- feld des „gefühlten Ärztemangels“ in Deutschland. Ihrem Fazit: „Wie bei

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A3012 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 44⏐⏐2. November 2007

B R I E F E

vielen komplexen Syndromen bleibt nach Würdigung aller Faktoren die Erkenntnis, dass es eine einfache Pa- tentlösung nicht gibt“, möchte ich al- lerdings widersprechen. Meines Er- achtens gibt es eine sehr einfache Lösung zur Beseitigung des gefühl- ten Ärztemangels in Deutschland.

Sie lautet: Lasst Ärzte ärztliche Tätigkeiten ausüben. Für alles ande- re beschäftigt wen auch immer, aber nicht jemanden mit Medizinstudium und Facharztweiterbildung. Wenn wir dieser Parole folgen würden, würden wir uns meines Erachtens sehr bald die Augen reiben und fest- stellen, dass wir eher zu viele Ärzte haben als zu wenige (zu diesem Schluss kommen implizit auch die Autoren, wenn sie feststellen, dass die deutsche Arztdichte im interna- tionalen Vergleich eher hoch ist) . . . Ich habe in meiner Zeit als Arzt viele junge Kolleg(inn)en erlebt, die voller Begeisterung in den Beruf gestartet sind. Wenn in der Nacht Patienten versorgt werden mussten, weil es an- stand, hat sich nie einer verweigert.

Aber wie soll ich Kollegen motivie- ren, wenn am darauffolgenden Mor- gen der Rüffel aus der Verwaltung kommt, weil nach einer mehrstündi- gen Notfalloperation nicht adäquat codiert wurde, was gemacht wurde und warum (können die sich diese Informationen nicht aus dem OP-Be- richt und der Krankenakte holen?).

Meine Tochter studiert Medizin. Ich hüte mich davor, ihr alle Gründe, die gegen eine ärztliche Tätigkeit im real existierenden Gesundheitswesen Deutschlands sprechen, zu benen- nen. Der ärztliche Beruf ist ein sehr schöner, zumindest im Prinzip. In Deutschland nicht! . . .

Dr. med. Thomas Schneider,Bornholzweg 38, 06484 Quedlinburg

Eine Ursache fehlt

Es ist schon erstaunlich, um nicht zu sagen bezeichnend für die nicht an der Basis Arzt und Patient orientierte gesundheitspolitische Landschaft, wenn in einem Artikel des DÄ mit dem Anspruch einer „Diagnosestel- lung“ für den Ärztemangel ein ganz entscheidendes ursächliches Kriteri- um einfach weggelassen wird: die in den letzten Jahren zunehmende Ver-

schlechterung der Bedingungen der niedergelassenen Ärzte (die ich jetzt nicht nochmals aufzählen werde).

Sie stellen immerhin noch knapp die Hälfte aller in Deutschland tätigen Ärzte und sind für 90 Prozent aller Patientenkontakte zuständig. Die in dem Artikel skizzierten Probleme (mit den angesprochenen Abhilfe- möglichkeiten) der Krankenhäuser bzw. dort tätigen Ärzte sind sicher für das Thema sehr wichtig, aber doch nicht allein entscheidend für die Berufsperspektive der potenziel- len Ärzte! Über viele Jahre war die Niederlassung in der freien Praxis für etwa die Hälfte der im Kranken- haus ausgebildeten Ärzte eine auch wirtschaftlich attraktive Alternative gegenüber der Tätigkeit im Kranken- haus – das ist sie jetzt, nach immer noch laufender finanzieller „Aus- trocknung“ dieses Sektors durch die Gesundheitspolitik, leider nicht mehr . . . Und noch etwas: Ein Sym- ptom für die Diagnosestellung zur Ursache des Ärztemangels hat der Autor augenscheinlich auch unter- schlagen – die Flucht von Ärzten, hier teuer und immer noch gut ausge- bildet, ins Ausland. Schwer zu raten, warum so viele junge und sogar auch schon etabliertere ältere Ärzte den Weg ins Ausland suchen . . .

Dr. med. Winfried Thraen,Schadowplatz 9, 40212 Düsseldorf

Hausarztpraxis nicht mehr attraktiv

Die von den Autoren aufgezählten vielfältigen Ursachen eines Ärzte- mangels sind nur ein Teil des wach- senden Problems . . . So bedarf die Zunahme der Zahl der berufstätigen Ärzte nach der aktuellen Statistik für das Jahr 2006 einer differenzierten Betrachtung . . .

>Die Zunahme der Arztzahlen kommt heute primär nicht der hausärztlichen Versorgung zugute.

Sie wird vornehmlich im stationären Bereich zur Deckung der Arbeitszeit- regelung benötigt. So stieg die Zahl der Ärzte ohne Gebietsbezeichnung im Krankenhaus auf 66 300 (2001:

54 500). Insgesamt ist die Gruppe der Ärzte ohne Gebietsbezeichnung, die sich zum größeren Teil aus den stationär tätigen Ärzten in Weiterbil-

dung rekrutiert, kleiner geworden – von 98 220 auf 91 724.

>Viele engagierte und klinisch gut ausgebildete Fachärzte streben zu- dem heute nach dem Facharztdiplom eine Zusatzqualifikation in Schwer- punkten oder Teilgebieten an.

>Aufgrund der verminderten Weiter- bildungsmöglichkeiten dürften die Nachwuchszahlen in einigen Jahren nicht mehr ausreichen, um den Be- darf durch Praxisaufgabe zu decken.

>Von 119 600 Vertragsärzten (2001:

116 000) sind 60 600 (2001: 56 300) Fachärzte; 59 000 (2001: 59 700) Hausärzte.

Die Attraktivität der Niederlassung in eigener Praxis oder einer Gemein- schaftspraxis hat sich seit Beginn der 90er-Jahre in allen Bereichen für die fertigen Fachärzte deutlich vermin- dert. In den Jahrzehnten davor strebte der fertig weitergebildete Arzt schnellstmöglich eine Niederlassung in eigener Praxis an, da die unselbst- ständige und meist zeitlich limitierte Tätigkeit in der Klinik nur für wenige erstrebenswert war. Heute ist die (Teilzeit-)Tätigkeit im Krankenhaus doch viel häufiger langfristig interes- sant und arbeitsrechtlich abgesichert.

Der Arzt ist zu Beginn seiner Weiter- bildung nach einer zwölf- bis 13-jähri- gen Schulzeit und dem Medizinstu- dium mit elf bis zwölf Semestern in sechs Jahren (ohne Zivil- oder Wehr- dienstzeit) mindestens 25 Jahre alt und je nach Fachgebiet etwa 30 Jahre alt, wenn er eine fünfjährige Weiter- bildung abgeschlossen hat. In der Re- gel braucht er wenigstens ein weite- res Jahr Spielraum, da nicht garan- tiert ist, dass er in der Mindestweiter- bildungszeit alle Inhalte der Weiter- bildungsordnung erfüllen kann. Bis der Facharzt dann eine Praxis über- nehmen kann, vergehen im Allgemei- nen nochmals ein bis zwei Jahre

„Vorbereitungszeit“, sodass er frühes- tens mit 31–33 Jahren praxisreif ist.

Wenn es zu einem stetigen Rückgang des Nachwuchses für die hausärztli- che Praxis kommt, müssen schon bald neue Strukturen entwickelt wer- den, die den Bedürfnissen der Patien- ten in Stadt und Land gerecht werden können. Die Integration bzw. Vernet- zung stationär-ambulant tätiger Fach- ärzte sowie die Praxiskooperationen und -netze sind zukunftsfähige Mo-

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