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Archiv "Frankreich: Probleme mit der freien Niederlassung" (16.07.1990)

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humanitären Hilfeleistung durch den Sanitätsdienst der Bundeswehr bei der Erdbebenkatastrophe in Arme- nien und der Übernahme von Tschernobyl-Opfern in Bundeswehr- krankenhäuser ist mit diesem offi- ziellen Besuch nun der zweite Schritt

Elf Monate lang hatte man in Paris über die neue Konvention zwi- schen den Ärzteverbänden und der Securite sociale diskutiert, um fest- zustellen, welche Honorare die Ärz- te von ihren Patienten verlangen dürfen. Die Ärzte sind nicht gezwun- gen, die Konvention zu unterzeich- nen. Tun sie das nicht, dann verzich- ten sie zwar auf steuerliche Vorteile und soziale Begünstigungen, aber sie sind frei, von ihren Patienten Hono- rare nach ihrem Belieben zu verlan- gen. In Paris sind zum Beispiel 91 Prozent der Chirurgen, 89 Prozent der Gynäkologen, 79 Prozent der Augenärzte und mehr als 60 Prozent der praktischen Ärzte vertraglich nicht gebunden. Es wechselten in- dessen in den letzten Jahren immer mehr Ärzte, die vorerst die Konven- tion unterzeichnet hatten, in den freien Sektor.

Fest steht, daß sich die wirt- schaftliche Situation der Ärzte in Frankreich in den letzten zwanzig Jahren wesentlich verändert hat.

1965 gab es 36 000 niedergelassene Ärzte, heute zählt man ihrer mehr als 100 000. Unter ihnen sind 20 000, von denen die Securite sociale keine klare Definition ihrer Aktivität er- halten konnte. Weitere 10 000 sind als arbeitslos gemeldet. Aber der

„mediboom" geht weiter.

Die im Krankenhaus tätigen Ärzte haben besondere Probleme, vor allem jene, die ein „Facharztin- ternat" absolvieren und sich nachher privat etablieren wollen. Für be- stimmte Kategorien ist die materielle Situation der Spitalsarbeit durchaus akzeptabel. Die Universitätsprofes- soren, die im Ganztagsdienst in den Centres hospitalier universitaires tä- tig sind und an der Spitze der Hier- archie stehen, beziehen zwischen 30 000 und 54 000 Francs im Monat, die festangestellten praktischen Ärz-

getan. Möglichkeiten für eine engere Zusammenarbeit der Sanitätsdienste in Katastrophensituationen wurden ausgelotet, auch der spätere Aus- tausch von Sanitätsoffizieren wurde diskutiert. Der offene Dialog hat mich beeindruckt." EB

te in diesen Centres bekommen zwi- schen 18 000 und 30 000 Francs, die Chefs de clinique assistants des hos- pitaux, die einen zeitlich begrenzten Vertrag von maximal zweimal vier Jahren haben und einen besonderen Studiengang aufweisen (Abitur + 7 Jahre Studium + 4 Jahre Facharzt- internat), haben ein Gehalt zwischen 14 000 und 16 000 Francs. Aber jene, die in einem Krankenhaus ein „In- ternat" absolvieren, müssen sich mit einem Bruttogehalt zwischen 6300 und 7000 Francs begnügen.

30 000 Ärzte zuviel

Die Probleme beginnen, wenn das „Internat" zu Ende ist und der junge Arzt die Absicht hat, sich zu etablieren. Stephan Durant ist einer unter ihnen. Er hatte im Hospital Broussais in Paris gearbeitet und hatte die Absicht, für seine Privat- praxis den freien Sektor zu wählen.

Das ist jetzt nicht mehr möglich.

Statt 250 Francs darf er nur 130 Francs als Facharzt für eine Sprech- stundenberatung verlangen. Die Ein- richtung kostete ihn 60 000 Francs, er hat 20 000 Francs im Jahr an Sachkosten, dazu kommt noch das Gehalt der Arzthilfe. Er müßte am Tag mindestens sieben Patienten empfangen, als neuer Facharzt bei der gegenwärtigen Ärzteschwemme eine Unmöglichkeit. Dazu kommt, daß es nach dem Gesetz vom 6. Juli 1989 nicht mehr gestattet ist, in Städ- ten mit mehr als 10 000 Einwohnern eine Privatpraxis ohne behördliche Bewilligung zu eröffnen. In Paris selbst sind mehrere Arrondissements für Neueinrichtungen von Privatpra- xen gesperrt, selbst für jene, die in Paris ihr Domizil haben.

Bei den kürzlich abgeschlosse- nen Verhandlungen hatte der Mini- ster für Gesundheitswesen nach-

drücklich festgestellt, daß nicht dar- an gedacht sei, die freie Medizin ein- zuschränken. Aber man ist sich an- dererseits der Nachteile der medika- len Demographie bewußt und erwägt in Übereinstimmung mit den Arzt- verbänden entsprechende Maßnah- men: Vielleicht eine Verschärfung des Numerus clausus oder die Früh- pensionierung für freischaffende Arzte?

Nach Ansicht kompetenter Ex- perten gibt es heute in Frankreich et- wa 30 000 Arzte zuviel. Und diese Zahl wird mit jedem Jahr größer.

Die Möglichkeit, die für „konventio- nierte Arzte" bestand, aus der Kon- vention auszusteigen und sich für den freien Sektor zu entscheiden, wurde für die kommenden zwei Jah- re aufgehoben. Die vertraglich fest- gesetzten Honorare wurden, wenn auch sehr mäßig, angehoben. Das Honorar für eine Sprechstundenbe- ratung beim praktischen Arzt kostet jetzt 90 Francs und soll bis Ende des Jahres nochmals um 5 Francs erhöht werden. Und im kommenden Jahr soll der praktische Arzt für eine Sprechstundenberatung 100 Francs verlangen dürfen. Zwischen den Ärzten und der Securite sociale gab es der Honorare wegen seit vielen Jahren Konflikte.

Die Ausgaben für die Gesund- heit steigen stets in die Höhe, ebenso wie die Defizite der Krankenversi- cherung. Im Vorjahr haben sich die- se Ausgaben um 8,9 Prozent erhöht, während die Inflation 3,6 Prozent er- reichte. In den Städten waren die Ausgaben um zehn Prozent höher als ein Jahr zuvor.

Monsieur Evin, der Gesund- heitsminister in der Regierung Ro- card, erklärte kürzlich: Während wir hundert Medikamente benötigen, kommen die Deutschen mit 50 Medi- kamenten aus und die Engländer mit 30. Sind wir deshalb gesünder? Kei- neswegs. So geht das nicht weiter, wir werden, was den Verbrauch oder den Mißbrauch von Medikamenten betrifft, eine große Aufklärungskam- pagne starten. Und wir werden mehr als bisher die Hilfe der Ärzte brau- chen, um den Anstieg der Gesund- heitskosten in den kommenden Jah- ren zu mäßigen.

Josef Hermann, Nizza

Frankreich: Probleme mit der freien Niederlassung

A-2254 (66) Dt. Ärztebl. 87, Heft 28/29, 16. Juli 1990

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