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Archiv "Rehabilitation: Plädoyer für einheitliche Kodifizierung" (25.12.2000)

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entziehen.“ Aber: „Wenn man ,ja‘ sagt zum internationalen Versand, brauchen wir eine Marktpreisbildung in Europa.

Ansonsten potenzieren sich die Proble- me der Parallelimporte.“

Kritik an der Preispolitik der Industrie und der mangelnden Gegensteuerung durch die Politik äußerte Dr. med. Jürgen Bausch, im Vorstand der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung (KBV) zustän- dig für Arzneimittel. Er hatte dabei vor allem das knappe Arzneimittelbudget der Ärzte im Blick. „Unter dem Aspekt der Budgetierung hat Kaesbach Recht, dass er bei uns eher Sympathisanten ver- mutet“, sagte der KBV-Vertreter. Den- noch ist seine Haltung zum Medikamen- ten-Versand eher pragmatisch: „Wenn der elektronische Handel dazu führt, dass die Patienten gut und sicher versorgt werden und die guten Bezugswege erhal- ten bleiben, wird er sich durchsetzen, ob die Ärzte dazu ja sagen oder nicht.“

Ein unverkrampftes Verhältnis zum elektronischen Handel bescheinigte Dr.

Reinhard Büscher auch der EU-Kom- mission. Er ist dort unter anderem für den elektronischen Geschäftsverkehr zu- ständig. Büscher rechnet damit, dass bis zum Jahr 2006 zwischen einem und fünf Prozent aller Arzneimittel über das In- ternet vertrieben werden. Zur Zukunft des Versandverbotes äußerte er sich eher skeptisch: Zwar hätten die EU-Staaten das Recht, den Medikamenten-Versand national zu regeln, ein Verbot müsse jedoch begründet werden. „Das wird wahrscheinlich eine Frage für den Eu- ropäischen Gerichtshof werden“, meint Büscher. Nach dem jüngsten Urteil zu DocMorris sei das letzte Wort noch nicht gesprochen. Das hatten die Richter auch in ihrer Urteilsbegründung betont.

Aufseiten der Politik scheinen die Zeichen ebenfalls auf Liberalisierung zu stehen. „Wir müssen die Herausfor- derung aktiv annehmen“, sagte Bun- desgesundheitsministerin Andrea Fi- scher. Unbestritten sei der Vertrieb von Medikamenten über das Internet mit Risiken verbunden. Ziel müsse es je- doch sein, hohe Sicherheitsstandards zu gewährleisten. Fischer forderte die Apotheker auf, mit besseren Angebo- ten dubiosen Anbietern den Boden zu entziehen, und knüpfte damit an ihre Rede vor dem Apothekertag im Okto- ber in Köln an. Heike Korzilius

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A3466 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 51–52½½½½25. Dezember 2000

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ereits seit drei Legislaturperioden bereitet die Bundesregierung eine völlige Neukodifizierung des bisher aufgesplitterten Rehabilitations- und Be- hindertenrechtes in einem einheitlichen dafür speziell reservierten Sozialgesetz- buch IX (SGB IX) vor. Diese politischen Bestrebungen tragen denn auch den For- derungen und Wünschen der meisten Spitzenorganisationen ebenso Rechnung wie den Einrichtungen der Rehabilitati- on. Auch die Ärzteschaft hat wiederholt dafür plädiert, das Recht der Rehabilita- tion behinderter Menschen zu moderni- sieren, weiterzuentwickeln und in einem speziellen Sozialgesetzbuch zusammen- zufassen. Zuletzt hatte der 102. Deutsche Ärztetag (im Mai 1999 in Cottbus) ge- fordert, die Selbstbestimmung und die gleichberechtigte Teilhabe von Men- schen mit Behinderungen an gesell- schaftlichen ebenso wie beruflichen Pro- zessen zu fördern, die Rechte der Behin- derten zu stärken und insbesondere das Rehabilitationsrecht zu harmonisieren und zusammenzufassen. Der am 26.

Oktober veröffentlichte Referentenent- wurf aus dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung baut auf den Grundlagenarbeiten, Analysen und Empfehlungen einer Regierungskom- mission unter Leitung des SPD-Bundes- tagsabgeordneten und Behindertenbe- auftragten der Bundesregierung, Karl Hermann Haack, Apotheker aus Exter- tal, auf. Die Empfehlungen der Kommis- sion korrespondieren in wesentlichen In- halten auch mit den Empfehlungen und Richtlinien der Bundesarbeitsgemein- schaft für Rehabilitation, der Behinder- tenverbände und Wohlfahrtsorganisatio- nen. Übereinstimmendes Ziel ist es, die

trägerübergreifende Kooperation und Verzahnung im Bereich der Rehabilita- tion zu verbessern (siehe DÄ Heft 50/

2000, Rubrik „Seite eins“).

Inzwischen hat die Bundesärztekam- mer, Köln, den Entwurf aus dem Riester- Ministerium auf der Basis der Koali- tionsvereinbarung vom Oktober 1998 als sinnvoll und in wesentlichen Punkten als zielführend bezeichnet. Die Absich- ten der Bundesregierung trügen den Forderungen des Deutschen Ärztetages Rechnung, mit dem novellierten Reha- bilitationsrecht auch die Selbstbestim- mung und die gleichberechtigte Teilnah- me von Behinderten und Rehabilitanden zu fördern, Benachteiligungen zu ver- meiden oder ihnen entgegenzuwirken.

Bundesärztekammer:

Änderungsbedarf

So begrüßenswert der Vorstoß auch ist, einige wesentliche Änderungen in zen- tralen Punkten sollten jedoch noch vor- genommen werden, empfiehlt die Bun- desärztekammer. Diese erläuterte der Vorsitzende des Ausschusses „Rehabili- tation“ der Bundesärztekammer, Rudolf Henke, Aachen, beim Hearing am 17.

November in Bonn. Um den angestreb- ten Rehabilitationserfolg nicht zu ge- fährden, müsse bei der Mitteilung über die Erfolgsaussichten der Rehabilitati- onsmaßnahmen auf die psychologische Verarbeitung der Diagnose und der Be- handlungschancen durch die Behinder- ten und Rehabilitanden Rücksicht ge- nommen werden. Deshalb schlägt die Bundesärztekammer folgenden Passus vor: „Wird während der medizinischen

Rehabilitation

Plädoyer für einheitliche Kodifizierung

Die Bundesregierung beabsichtigt, das gesamte Rehabilitati-

onsrecht im Sozialgesetzbuch IX neu zu kodifizieren. Ein Refe-

rentenentwurf aus dem Bundesministerium für Arbeit und

Sozialordnung liegt den Verbänden zur Stellungnahme vor.

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Leistung erkennbar, dass der bisherige Arbeitsplatz nicht wieder eingenom- men werden kann, ist zwischen den Be- troffenen und dem Rehabilitationsträ- ger möglichst frühzeitig zu klären, wel- che Leistungen zur Teilhabe am Ar- beitsleben eingeleitet werden können“

(§ 11 Abs. 2 SGB IX-E). In jedem Fall müsse durch Rahmenvorschriften si- chergestellt werden, dass die Maßnah- men der medizinischen Rehabilitation zeitnah und nahtlos erfolgen können, unabhängig von der Zuständigkeit des jeweiligen Reha-Trägers und den Fi- nanzierungsmodalitäten. Hier sollten die Rehabilitationsträger zusammenarbei- ten und entsprechende Vereinbarungen abschließen.

Qualitätssicherung:

Aufgabe der Ärzteschaft

Die Bundesärztekammer pocht darauf, dass die Ärztekammern und die Bundes- ärztekammer als originäre Partner bei allen Fragen der Qualitätssicherung im Bereich der medizinischen Rehabilita- tion eingeschaltet bleiben. Die Rehabi- litationsträger werden aufgefordert, die Ärztekammern auf Landesebene bei der Entwicklung gemeinsamer Quali- tätskriterien und Maßnahmen zur Qualitätssicherung in der Re- habilitation einzubeziehen und die Maßnahmen praxisgerecht umzusetzen. Analog der mit In-Kraft-Treten des GKV-Ge- sundheitsreformgesetzes in § 137 SGB V getroffenen Vorschriften sollten für den Bereich der Re- habilitation gleich lautende Re- gelungen im SGB IX getroffen werden.

Namentlich der Bundesver- band Deutscher Privatkranken- anstalten e.V. (BDPK), Bonn/

Berlin, dem rund 900 Rehabilita- tionsträger angeschlossen sind, legt Wert darauf, dass die Einrichtungen der Rehabilitation verlässliche rechtli- che Rahmenbedingungen zum kodifi- zierten SGB IX erhalten. Nur so könn- ten die erwerbswirtschaftlichen Reha- Träger ihren Versorgungsvertrag erfül- len. Der Privatkrankenanstalten-Bun- desverband fordert, präventive und re- habilitative Maßnahmen zu unterschei-

den. Sinnvoll sei es, im Rehabilitations- recht den missverständlichen und vor- belasteten Begriff der „Kur“ zu strei- chen, wie dies bereits im GKV-Gesund- heitsreformgesetz geschehen sei. Infol- ge der Verwechslung von Kur, Kurlaub und medizinischen Reha-Maßnahmen habe die medizinische Rehabilitation einen erkennbaren Image-Schaden er- litten. Dieser müsse nun behoben wer- den.

Um die Rehabilitation zu fördern, müssten besondere Regelungen getrof- fen werden, beispielsweise einheitli- che und alle Rehabilitationsträger ver- pflichtende Rahmenverträge. Auch über Reha-Leitlinien und medizinisch fun- dierte Konzepte, verlässliche Vergü- tungsregelungen für die Leistungserbrin- ger sowie über eine klare Abgrenzung von Maßnahmen der medizinischen Re- habilitation von Behandlungsmaßnah- men in Akutkrankenhäusern können die Rehabilitationsziele erreicht werden.

Darüber hinaus fordert der Verband, die Leistungserbringer und deren Spit- zenverbände bei der Weiterentwick- lung im Rehabilitationsbereich einzu- beziehen. Dies gelte insbesondere auch für die Rahmenvereinbarung zur Er- bringung von Leistungen. Nachhaltig unterstützt der BDPK die Absicht des

Gesetzgebers, die Zusammenarbeit der Kostenträger zu verbessern, das Ab- stimmungsverfahren zu beschleunigen und die Entscheidungsprozesse zugun- sten der Behinderten und Rehabilitan- den abzukürzen und zu vereinfachen.

Die privaten Rehabilitationseinrich- tungen warnen davor, die Neukodifizie- rung des Reha-Rechtes dazu zu miss-

brauchen, die Maßnahmen der medizini- schen Rehabilitation generell unter einen Finanzierungsvorbehalt zu stellen. Ko- sten-Nutzen-Analysen beispielsweise der Rehawissenschaftlichen Abteilung des Verbandes Deutscher Rentenversiche- rungsträger e.V., Frankfurt/ Main, hätten längst erwiesen, dass die Investitionen in diesem Bereich effektiv und lohnend sei- en. Deshalb dürfe an der Rehabilitation nicht schematisch und kostendämpfungs- politisch gespart werden.

Die weiteren Empfehlungen an den Gesetzgeber: Das Lebensalter im Re- habilitationsrecht zu verankern sei un- geeignet, weil gerade auch die lebensal- terstypischen Behinderungen und chro- nischen Erkrankungen einer intensiven und oftmals langjährigen medizinischen Rehabilitation bedürfen, insbesondere bei Kindern und älteren Menschen.

Auch müsse klargestellt werden, dass chronisch Kranke Anspruch auf be- rufliche und soziale Leistungen zur Re- habilitation haben. Deshalb solle in

§ 2 SGB V klargestellt werden, dass das SGB IX in gleicher Weise für Behinder- te und chronisch Kranke anzuwenden ist. Die Begriffe Prävention, Frühreha- bilitation und Rehabilitation sollten de- finiert und abgegrenzt werden. Zudem müsse sichergestellt werden, dass Behin- derte und von Behinderung be- drohte Menschen gefördert und in ihrer Selbstbestimmung ge- stärkt werden müssen.

Es sei sinnvoll, das Verhältnis der Leistungserbringer und ih- rer Rolle bei der Durchführung der Leistungen in einem selbst- ständigen Kapitel von SGB IX zu regeln. Darin sollten die we- sentlichen Ziele und Gesichts- punkte festgeschrieben werden, die die Weiterentwicklung der Rehabilitation bestimmen.

Die Qualitätssicherung in der Rehabilitation erfordere einen multi- und interdisziplinären An- satz, der erheblich über die wissen- schaftliche Medizin hinausgehe. Die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqua- lität der medizinischen Rehabilitation und deren Verzahnung müssten so weit wie möglich für alle Rehabilitations- träger einheitlich und gemeinsam ent- wickelt sowie rechtsverbindlich gere- gelt werden. Dr. rer. pol. Harald Clade P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 51–52½½½½25. Dezember 2000 AA3467

Noch in dieser Legislaturperiode will die Bundesregierung das Rehabilitations- und Behindertenrecht neu kodifizieren.

Foto: Frank Niepötter

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