A704 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 15⏐⏐10. April 2009
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uch die beste Rehabilitations- behandlung ist nutzlos, wenn die Patienten nicht motiviert sind.Kurzfristige Erfolge verpuffen – ge- rade wenn es um chronische Erkran- kungen geht. Denn die bekommt man oft am besten in den Griff, wenn der Betroffene seinen Lebensstil än- dert, also sich zum Beispiel regel- mäßig bewegt oder sich gesund ernährt. In der Rehawissenschaft hat sich daher in den vergangenen Jah- ren die Erkenntnis durchgesetzt, dass es wichtig ist, die Patienten in die Therapieentscheidungen einzu- beziehen. So ist es kein Zufall, dass das 18. Rehabilitationswissenschaft- liche Kolloquium der Deutschen Rentenversicherung (DRV) in Müns- ter das Thema „Innovation in der Rehabilitation – Kommunikation und Vernetzung“ hatte.
Es gebe zwei große Trends in der Rehabilitation, erläuterte Dr. Axel Reimann, Direktor der DRV Bund.
Die Patienteninformation werde im- mer wichtiger und somit das Ge- spräch mit dem Rehabilitanden.
Außerdem gewinne die Vernetzung in der Nachsorge immer mehr an Bedeutung – auch durch die Tele- rehabilitation. Reimann zufolge ist das Bedürfnis der Patienten nach ei- ner Einbindung in Therapieent- scheidungen in den vergangenen Jahren gestiegen. Die Rehabilitan- den hinterfragten und verlangten Erklärungen. „Das ist eine Heraus- forderung für Ärzte und Therapeu- ten“, erklärte er, betonte aber zu- gleich, dass in diesem Trend eine große Chance liege. Denn die Com- pliance steige, wenn man die Patien- ten einbinde. Prof. Dr. med. Fried- rich Wilhelm Schwartz, Hannover, bestätigte, dass der Wunsch nach Beteiligung zugenommen habe. Ein mündiger Rehabilitand sei oftmals zugleich ein motivierter. Ohnehin sei die Patientenorientierung ein Grundsatz im Sozialgesetzbuch IX und somit im Rehabilitationsrecht verankert.
Eine Möglichkeit, den Patienten einzubeziehen, ist die Zielvereinba- rung. Das heißt, Behandler und Re-
habilitand erarbeiten gemeinsam The- rapieziele. Der Patient bekommt so eine aktive Rolle. Der Arzt erkennt im Gespräch außerdem, wenn der Rehabilitand mit falschen Erwar- tungen in die Klinik kommt und kann diese frühzeitig thematisieren.
Die Erfahrung zeigt jedoch auch, dass viele Patienten Schwierigkei- ten haben, Ziele zu formulieren.
Hinzu kommt: Viele Ärzte halten es aus zeitlichen und organisatorischen Gründen für unrealistisch, Verein- barungen zu schließen.
„In Rehakliniken gibt es oft keine konsequente Zielorientierung“, sag- te Susanne Dibbelt, Bad Rothenfel- de. Allerdings zeige eine Erhebung im Rahmen des von der DRV geför- derten Projekts zur partizipativen Zielvereinbarung „ParZivar“, dass die Patienten oftmals sehr wohl Zie- le hätten, wie etwa „zu Kräften kommen“. Diese müssten dann im Gespräch konkretisiert und schrift- lich festgehalten werden, damit am Ende der Reha bilanziert werden könne. Eine Zielvereinbarung sei ein zentraler Qualitätsaspekt in der Rehabilitation. Doch wie geht der Arzt bei der Vereinbarung am besten vor? Wie kann man ihn dafür schu- len? In Rahmen von ParZivar wird dazu ein Konzept entwickelt und evaluiert. Die Kommunikation zwi- schen Ärzten und Patienten soll ver- bessert werden.
Nicht nur die Kommunikation in den Rehakliniken ist entscheidend für den Behandlungserfolg, sondern ebenfalls die Vernetzung mit Haus- und Betriebsärzten. Das gilt vor al- lem für die Nachsorge. Aber auch in der Prävention zahlt sich eine gute Kooperation aus. Über das Konzept einer vorbeugenden „Freizeit-Re- ha“ bei Mitarbeitern der Stadtwerke Osnabrück berichtete die Betriebs- ärztin Dr. med. Christina Raster.
Die Beschäftigten erhielten über neun Wochen an einem Werktag nach Feierabend und am Samstag ein individuelles Training sowie In- formationen zur Rückengesundheit und zum Lebensstil. Die Erfahrun- gen sind positiv. Ein Folgeprojekt mit dem Namen „Beschäftigungs- fähigkeit teilhabeorientiert sichern“
(BETSI) gibt es bereits. I Dr. med. Birgit Hibbeler
MEDIZINISCHE REHABILITATION
Damit Reha-Erfolge nicht verpuffen
Wenn eine Rehabilitationsbehandlung langfristig wirken soll, muss der Patient in die Therapieentscheidungen einbezogen werden.
Foto:dpa