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OPUS 4 | Worte, Sätze und Geschichten

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2KitaDebatte_1-2007 RZ 11.07.2007 10:49 Uhr Seite 1

Probedruck

C M Y CM MY CY CMY K

K I T A D E B A T T E 1 / 2 0 0 7

Worte, Sätze und Geschichten

Sprache, Sprechen und Sprachförderung

JUGEND

Ministerium für Bildung, Jugend und Sport

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Heinrich-Mann-Allee 107 14473 Potsdam

E-mail: poststelle@mbjs.brandenburg.de Internet: www.mbjs.brandenburg.de

KITADEBATTE 1/2007 Worte, Sätze und Geschichten

LAND

BRANDENBURG

M i n i s t e r i u m f ü r B i l d u n g , J u g e n d u n d S p o r t

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1. Auflage, Juli 2007

Herausgegeben vom: Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Heinrich-Mann-Allee 107, 14473 Potsdam Internet: www.mbjs.brandenburg.de E-Mail: poststelle@mbjs.brandenburg.de Bildungsserver: www.bildung-brandenburg.de

Redaktion: Sabine Karradt, Ralf Kohlberger

Fotos: privat, Archiv

Der seit Januar 1998 ehrenamtlich tätige Redaktionsbeirat KITADEBATTE unterstützt bei Themen- findung und Realisierung die KitaDebatte. Für die Ausgabe 1/2007 kamen Zuarbeiten unter ande- rem von Michael Götze-Ohlrich, Jugend- und Sozialwerk gGmbH; Christine Henning, Referat Kita im Landesjugendamt.

Layout/Druck: GS Druck- und Medien GmbH, Potsdam Umschlaggestaltung: schütz & co.

Die namentlich gekennzeichneten Beiträge entsprechen nicht in jedem Fall der Meinung des Herausgebers und der Redaktion.

Internetpräsenz:

Als aktuelle Informations- und Recherchequelle wurde das MBJS-Internetportal aufgebaut. Unter www.mbjs.brandenburg.de/kita/kita-startseite gelangen Interessierte zu den speziellen Angebo- ten im Bereich der Kindertagesbetreuung. Zu finden sind u.a. Informationen zu Recht und Struktur, Pädagogik und zu statistischen Daten sowie die Online-Version der Broschüren KitaDebatte. Über den Button „Online-Bibliothek“ öffnet sich eine Datenbank. Sie können über eingerichtete Internet- foren mit Mitarbeitern des MBJS in Kontakt kommen.

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Inhaltsverzeichnis

Seite Vorwort... 6 Landesprogramm zur „kompensatorischen Sprachförderung im Jahr vor der Einschulung“

in Kintertagesstätten

Rechtliche und finanzielle Umsetzung und eine Skizze zum Verfahrensablauf... 8 Ulrike Klevenz, Ministerium für Bildung, Jugend und Sport

Schlüsselkompetenz Sprache – gegenwärtige Aufgaben für Kindertagesstätten

Detlef Häuser und Bernd-Rüdiger Jülisch...17 Ein Fragebogen, drei Fortbildungsrunden und die Umsetzung in der Praxis

Zwischenstand im Projekt „Kompensatorische Sprachförderung

im Jahr vor der Einschulung“/Katja Braukhane (Berliner Institut für Frühpädagogik)... 29 Allgemeine Sprachförderung in der Kita

Stella Valentien... 34 Mein Leben als Dozentin in dem Projekt

„Kompensatorische Sprachförderung im Jahr vor der Einschulung“

Ein Erfahrungsbericht/Janina Knobeloch... 40 Erfahrungsbericht der Kita „Villa Kunterbunt“ aus Döbern mit dem Projekt

„Kompensatorische Sprachförderung“

Kerstin Pniok... 42 Kompensatorische Sprachförderung – Wie geht es weiter?

Teilnehmerinnen des Reflexionstreffens zum ersten Durchgang der Fortbildung... 47 Förderung der Sprachentwicklung – Ziel und Ergebnis von Erziehungspartnerschaften Erfahrungen der Kita „Tollhaus“ in Falkensee / Ingrid Pöhl... 49

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PräSES – ein Konzept zur alltagsintegrierten Sprachförderung in der Kita für alle Kinder Julia Siegmüller und Astrid Fröhling... 53 Ohne sprachliche Kompetenz bleiben dem Kind viele Entwicklungswege verschlossen Renate Heusinger... 59 A E I O U – und raus bist Du!

Gabriele Kubitschek ... 66 Ich geh´ zur U! und Du?

Aktion der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) für eine bessere Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen

im Kindesalter/Ulrike Klevenz, Bernd Müller-Senftleben... 69 Erziehungshelfer Ritalin®? Zur Problematik einer Diagnose

Michael Götze-Ohlrich... 71 GOrBiKs – Gemeinsamer Orientierungsrahmen

für die Bildung in Kindertagesbetreuung und Grundschule

Tassilo Knauf, Elke Schubert... 82 Schule und Hort als Bildungspartner an Ganztagsstandorten

Karen Dohle... 85 Ponte – Kindergärten und Grundschulen auf neuen Wegen

Dr. Frauke Hildebrandt ... 92

„Familien stärken – Zukunft gestalten“

Lokales Bündnis für Familie in Wiesenburg/Mark arbeitet erfolgreich... 96 Helfen Kitawettbewerbe bei der Entwicklung pädagogischer Qualität? – Teil 2

Andrea Tietjen / Pädquis gGmbH – ein Kooperationsinstitut der FU Berlin... 99

4 INHALTSVERZEICHNIS

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WAS – WANN – WO – WAS – WANN – WO

Praxisunterstützungssysteme für Kindertagesbetreuung im Land Brandenburg...107

Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg...114

Konsultationskita „Villa Märchenland“ in Perleberg...117

Konsultationskita „Kita am Park“ in Beelitz...118

AUS DER PRAXIS – FÜR DIE PRAXIS Partizipation von Hortkindern – Kinderwünsche werden Wirklichkeit Erzieherteam des Hortes „Erich Kästner“ gestaltet in Falkensee den Hort als offenes Haus...120

FACHLITERATUR – REZENSIONEN – ANKÜNDIGUNGEN Der Weg zum Fußball-Star ...123

Tante Gans und Doktor Brausefrosch helfen ...124

Pinguine in der Oper – geht das?...125

GESETZE – VERORDNUNGEN – EMPFEHLUNGEN Kita-Gesetz...126

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Vorwort

6 VORWORT

Liebe Erzieherinnen und Erzieher, liebe Eltern,

nachdem der Landtag Brandenburg mit der Novelle des Kita-Gesetzes im Früh- sommer den Weg für entscheidende Schritte zur Verbesserung der Arbeit in unseren Kindertagesstätten geöffnet hat, geht es nun um die Umsetzung in der täglichen Praxis, in der Praxis Ihrer Kindertagesstätten. Ich denke dabei neben dem Bestandsschutz für die Kin- der arbeitslos gewordener Eltern und den Grundsätzen elementarer Bildung vor allem an die Sprachförderung in den Kindertagesstätten.

Es ist kritisch angemerkt worden, dass die Sprachförderung zu spät einsetzen würde. Vergessen Sie jedoch bitte nicht Folgendes: Die Sprachförderung, wie sie jetzt gesetzlich geregelt ist, soll ja nur bei denjenigen Kindern, die auffällige Defizite haben, die Entwicklungsrückstände kompensieren. Das ändert nichts daran, dass die Förderung der Sprachentwicklung von Anfang an im Elternhaus geschieht und natürlich sofort mit Beginn des Kita-Besuchs auch durch die Erzieherinnen in den Blick genommen wird.

Sie finden in dieser Ausgabe der KitaDebatte eine Vielzahl von Artikeln, die sich aus verschiedenen Blickwinkeln mit Sprachentwicklung und kompensatorischer Sprachförderung beschäftigen. Ich bin sicher, dass Sie daraus eine Reihe von Anregungen gewinnen können sowie Stoff für die weitere eigene Auseinanderset- zung mit diesem Thema.

Die Kindertagesstätten im Land Brandenburg entwickeln damit ihre Rolle als Bildungseinrichtungen weiter. Dabei spielt nicht nur die Sprachförderung eine

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Rolle, es gibt eine Vielfalt weiterer Kooperationsmöglichkeiten und Berührungs- punkte mit den Schulen. Auch dies spiegelt sich in diesem Heft wider, wenn Fragen des Übergangs von der Kita in die Schule und die Kooperation im Rahmen des Ganztags angesprochen werden.

Sie finden darüber hinaus noch einen Artikel „Erziehungshelfer Ritalin®? Zur Pro- blematik einer Diagnose“, der sich kritisch damit auseinander setzt, wie durch Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrkräfte und Ärzte mit Kindern – vor allem Jungen – umgegangen wird, deren Verhalten nicht den Erwartungen entspricht.

Ich bin sicher, dass dieser Beitrag kontroverse Reaktionen hervorrufen wird. Ich lese ihn als Aufforderung – als Aufforderung, immer wieder auch über unsere eigenen Vorstellungen von Normalität und normgerechtem Verhalten nachzuden- ken. Ich lese ihn auch als Aufforderung, in der pädagogischen Praxis nicht den leichten Weg zu suchen, jedes Kind als Individuum und nicht als Fall zu sehen und einfachen Lösungen gegenüber eine gesunde Skepsis zu bewahren.

Liebe Leserinnen und Leser, Sie sehen: Auch das neue Heft der KitaDebatte bringt Ihnen ein breites Spektrum von Anregungen. Dabei kommen weder theore- tische Reflexion noch praktische Anregung zu kurz. Ich wünsche Ihnen allen eine anregende Lektüre!

Ihr

Holger Rupprecht

Minister für Bildung, Jugend und Sport

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Landesprogramm zur „kompensatorischen Sprachförderung im Jahr vor der Einschulung“

in Kindertagesstätten

Rechtliche und finanzielle Umsetzung und eine Skizze zum Verfahrensablauf Ulrike Klevenz, Ministerium für Bildung, Jugend und Sport

Einleitung

Auch im Land Brandenburg wird bei den Schuleingangsuntersuchungen regelmäßig ein sehr hoher Anteil von Kindern mit Sprach- auffälligkeiten und Sprachstörungen festge- stellt: In den letzten Jahren lag er zwischen 17 und 19%, bei Kindern aus sozial schlechter gestellten Familien sogar deutlich höher.

Gleichzeitig liegt die Versorgungsquote der Kindertagesbetreuung bei Kindern zwischen drei Jahren und dem Schuleintritt bei über 93%. Die große Zahl sprachauffälliger Kinder verweist einerseits auf eine noch zu geringe systematische Verankerung der allgemeinen Sprachförderung im Kita-Alltag; andererseits bietet sich gerade in den Kitas ein geeigneter Rahmen, sprachauffällige Kinder zu identifizie- ren und ihnen eine gezielte Förderung zukom- men zu lassen, um ihre Startchancen in der Schule zu verbessern und zu mehr Chancen- gleichheit beizutragen.

In einigen anderen Bundesländern haben die Grundschulen die Aufgabe der kompensatori- schen Sprachförderung vor der Einschulung übernommen. In Brandenburg wurde dies anders entschieden: Es gibt deutlich mehr Kitas als Grundschulen, so dass bei einem Sprachförderkurs in den Kitas eine bessere

Erreichbarkeit gegeben ist; darüber hinaus kann hier für die meisten Kinder die Sprach- standsfeststellung und kompensatorische Sprachförderung in einer vertrauten Umge- bung und mit vertrauten Personen stattfinden.

Zielgruppe des Programms sind dabei Kinder mit Sprachauffälligkeiten, die in erster Linie auf zu geringe Sprachanregung zurückzuführen sind; Kinder mit manifesten Sprachstörungen bedürfen in der Regel anderer Unterstüt- zungsangebote.

Das Landesprogramm zur kompensatorischen Sprachförderung im Jahr vor der Einschulung in Kindertagesstätten wurde auf der Auftaktta- gung am 6. Februar 2006 von Minister Rupp- recht vorgestellt. Trotz des von Anfang an gro- ßen Einsatzes von Trägern und Kitas zeigten vielfältige Rückmeldungen bald, dass das Ziel einer flächendeckenden und verbindlichen Umsetzung des Programms nur durch eine Aufstockung des pädagogischen Personals zu erreichen ist. Die Landesregierung stellte daraufhin rund 2,5 Mio € zusätzlich für die Sprachstandsfeststellung und die kompensa- torische Sprachförderung zur Verfügung; der Anteil für Februar bis Juni 2007 konnte im Mai an die örtlichen Träger der öffentlichen Ju- gendhilfe ausgeschüttet werden.

Rechtliche Umsetzung in Schulgesetz und Kita-Gesetz

Die kompensatorische Sprachförderung wird durch die Kindertagesstätten erbracht und ist

8 LANDESPROGRAMM…

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durch die Novelle des Kita-Gesetzes vom Juni 2007 eine neue Aufgabe der Kitas geworden.

Sie geht jedoch über den allgemeinen Bil- dungsauftrag der Kitas hinaus und dient gezielt der Verbesserung des Schulstarts. Um wirklich alle Kinder (also auch die Kinder, die im Jahr vor der Einschulung keine Kita besu- chen) zu erreichen und ggf. zu verpflichten, wurde die flächendeckende und verbindliche Umsetzung des Programms sowohl über schulrechtliche Änderungen als auch über Änderungen des Kita-Gesetzes verankert:

Anknüpfend an die Schulpflicht wurde mit der Änderung des Brandenburgischen Schulge- setzes vom 8. Januar 2007 die Teilnahmever- pflichtung aller Kinder an einer Sprachstands- feststellung ein Jahr vor der Einschulung und - gegebenenfalls – an einem Sprachförderkurs festgeschrieben (§ 37 BbgSchulG). Am1. Juli 2007 trat darüber hinaus die Erweiterung der Aufgaben von Kindertagesstätten um die Sprachstandsfeststellung und Sprachförde- rung bei Kindern im letzten Jahr vor der Ein- schulung in Kraft (§ 3 Abs. 1 KitaG).

Da jedoch noch nicht alle Kitas über die perso- nellen Voraussetzungen verfügen, gilt bis zum Schuljahr 2009/10, dass die Sprachstands- feststellung und die Verpflichtung zur Teil- nahme an geeigneten Sprachförderkursen zunächst entsprechend den personellen und sachlichen Möglichkeiten schrittweise einge- führt werden (§ 141 Abs. 2 BbgSchulG).

Für die Kindertagesstätten bedeutet dies kon- kret, dass dort, wo die tatsächlichen Möglich-

keiten gegeben sind, ab dem 1. Juli 2007 die Sprachstandsfeststellung und kompensatori- sche Sprachförderung verbindlich umzusetzen sind. Wachsend mit der Zahl der qualifizierten Erzieherinnen wird die verbindliche Umsetzung dann schrittweise breiter, bis sie zum Schuljahr 2009/10 überall greifen wird. Dann werden auch die Hauskinder – also die Kinder im ent- sprechenden Jahrgang, die keine Kita besu- chen – verpflichtend einbezogen.

Einige weitere Fragen wie die Teilnahmever- pflichtung, Verfahrensfragen, dieAnerkennung der Instrumente sowie die Datenübermittlung zwischen den Kitas und Grundschulen werden in der Grundschulverordnung (GVO), einige weitere Verfahrensfragen in der Verwaltungs- vorschrift (VV) zur Grundschulverordnung geregelt. Beide befinden sich derzeit noch in Arbeit und sollenAnfangAugust in Kraft treten.

Sprachstandsfeststellung

Die Beobachtung des Entwicklungsstandes der Kinder ist eine der grundlegenden Aufga- ben der Erzieherinnen; dazu gehört auch die Feststellung sprachlicher Auffälligkeiten. Um in den eigenen Beobachtungen sicher zu sein, werden – von den jeweils für die Kinder zuständigen Erzieherinnen – Instrumente wie die „Grenzsteine der Entwicklung“ und die WESPE eingesetzt.

Der Sprachstand der Kinder ist ein Jahr vor der Einschulung festzustellen. Während die Grenzsteine zu bestimmten Altersstufen der Kinder angewendet werden, sollte insbeson- dere die WESPE im Juli des Jahres vor der

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Einschulung des Kindes zum Einsatz kom- men. Kinder, bei denen sich durch diese allge- meinen Entwicklungsbeobachtungen bzw.

Screening-Verfahren keine Hinweise auf Sprachförderbedarf ergeben, sind von der Ver- pflichtung zur Teilnahme an der Sprachstands- feststellung befreit (§ 3 Abs. 2 Entwurf der GVO). Ergeben sich Anhaltspunkte für einen möglichen Sprachförderbedarf, werden die ent- sprechenden Kinder mit der KISTE auf ihren Sprachentwicklungsstand hin differenzierter betrachtet. Die KISTE ist demnach nicht flä- chendeckend bei allen Kindern des Jahrgangs anzuwenden, sondern nur bei denjenigen Kin- dern, bei denen es Hinweise auf einen mögli- chen Sprachförderbedarf gibt.

Diejenigen, die bereits mit der KISTE arbeiten, wissen: Die Anwendung der KISTE ist nicht nur für die Erzieherinnen eine anspruchsvolle Aufgabe, auch den Kindern verlangt die Testsi- tuation einiges an Aufmerksamkeit und Kon- zentration ab. Der Test sollte daher zu Zeiten gemacht werden, zu denen die Kinder ausge- ruht und aufnahmefähig sind.

Aus dem Ergebnis der KISTE leitet sich in der Folge eine mögliche Teilnahmeverpflich- tung an einem Sprachförderkurs ab, daher ist sie als Instrument für diesen Schritt verbind- lich vorgegeben. Ein Förderbedarf ist dann gegeben, wenn ein Kind in einer der Testska- len WO (Wortschatz), IKO (Erkennen seman- tischer und grammatikalischer Inkonsisten- zen) und SB (Satzbildung) den C-Wert von 4 nicht erreicht (Entwurf d. VV zu § 3 Abs. 3 GVO).

Die Kitas übermitteln nach Abschluss der Sprachstandsfeststellung den jeweils zustän- digen Grundschulen bis zum 31. Oktober, welche Kinder von der Sprachstandsfeststel- lung mit der KISTE befreit waren, welche Kin- der teilgenommen und mit welchem Ergebnis diese abgeschlossen haben. Erreicht ein Kind in einer der Testskalen WO (Wort- schatz), IKO (Erkennen semantischer und grammatikalischer Inkonsistenzen) und SB (Satzbildung) nicht den C-Wert 4, erlässt das staatliche Schulamt einen Förderbescheid, über den auch die Kita informiert wird. Kinder mit einem C-Wert von 4 werden als „Risiko- kinder“ bezeichnet. Wenn es die Ressourcen der Kita erlauben, können sie in die Sprach- förderkurse einbezogen werden.

Grundsätzlich gilt aber: Die kompensatori- sche Sprachförderung als zusätzliche Auf- gabe richtet sich an Kinder mit eindeutigem Förderbedarf; gleichzeitig muss die Rege- laufgabe der allgemeinen Sprachförderung so umgesetzt werden, dass alle Kinder ent- sprechend ihrem Entwicklungsstand unter- stützt und gefördert werden. Eine hohe Anzahl von „Risikokindern“ kann daher auch ein Zeichen für die Kita sein, ihr Angebot in diesem grundlegenden Bildungsbereich kri- tisch zu überprüfen und ggf. zu verbessern.

Der Einsatz des Kindersprachtests für das Vorschulalter KISTE führt mitunter zu Miss- verständnissen: Die KISTE ist kein Übungs- programm, sondern ein allen Kriterien der Testdiagnostik genügendes entwicklungsdi- agnostisches Instrument! Damit sie ein ver-

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lässliches Diagnoseinstrument bleibt, muss gewährleistet werden, dass das Verfahren allein in der Test-Situation Verwendung findet und nicht etwa daraus entnommene Aufga- ben zu Übungs- oder Förderzwecken in der Kindertagesstätte gemacht werden. Wenn Kinder die KISTE-Aufgaben bzw. ähnliche Aufgaben zuvor geübt haben, kann das dazu führen, dass ein tatsächlicher Förderbedarf nicht mehr erkannt wird und nicht alle förder- bedürftigen Kinder identifiziert werden kön- nen. Die Anwendung der KISTE darf daher auch nur durch Erzieherinnen erfolgen, die sich in einer entsprechenden Fortbildung diagnostisches Basiswissen und die richtige Durchführung und Auswertung des Verfah- rens KISTE angeeignet haben! Unabhängig davon, dass die KISTE natürlich im Team vorgestellt werden soll, sollte sie in der Kin- dertagesstätte so aufbewahrt werden, dass sie wirklich auch nur geschulten Personen zugänglich ist.

Sprachförderung

Anders als bei der Sprachstandsfeststellung ist für die kompensatorische Sprachförderung kein verbindliches Instrument oder Programm festgeschrieben – ein Bezug zu dem festge- stellten Sprachförderbedarf muss jedoch gegeben sein (§ 3 Abs. 5 Entwurf d.GVO). So knüpft zwar das Würzburger Trainingspro- gramm zur Verbesserung der phonologischen Bewusstheit sehr gut an das Förderprogramm

„Handlung und Sprache“ an; sein alleiniger Einsatz wird aber zum Beispiel eher nicht aus- reichen, das Verständnis grammatikalischer Strukturen zu verbessern.

Der Sprachförderkurs soll in Kleingruppen und in einem Zeitraum von mindestens zwölf Wochen erfolgen (§ 3 Abs. 5 Entwurf d. GVO);

am meisten Verbreitung wird sicher das in Brandenburg entwickelte und bundesweit in einem guten Ruf stehende Sprachförderpro- gramm „Handlung und Sprache"

(Häuser/Jülisch 2006) finden, das wesentliche Bereiche der Sprachentwicklung abdeckt und in den landesweiten Fortbildungen des BIfF gelehrt wird. Dieses Programm zielt auf die Erweiterung des aktiven Wortschatzes und auf die Verbesserung der Sprachverarbeitung und Sprachproduktion: Alltagsbezogen und z. B.

mithilfe von Rollen-, Rate- und Sprachspielen werden die Kinder systematisch darin unter- stützt, Bedeutungszusammenhänge zu ver- stehen und syntaktisch und grammatikalisch richtig auszudrücken.

Die Größe und Anzahl der Fördergruppen werden ebenso wie der Rhythmus der Förde- rung von den Bedingungen in den einzelnen Kitas geprägt sein; dabei gilt jedoch, dass eine Fördergruppe höchstens aus sechs Kindern bestehen sollte. Unerlässlich für eine regelmä- ßige und erfolgreiche Förderung ist dabei sicher eine verlässliche dienstplanmäßige Absicherung der Sprachförderung.

Die Organisation und Durchführung des Sprachförderkurses sowie die Beaufsichti- gung der Kinder in dieser Zeit liegen in der Verantwortung der Kindertagesstätte; sie kann auch kurzzeitige Freistellungen von der Teilnahme an dem Sprachförderkurs zulas- sen, wenn dadurch der Erfolg der Sprachför-

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derung nicht gefährdet wird (§ 3 Abs. 7 Ent- wurf d. GVO).

Hauskinder

Die Kitas haben bei Vorliegen der Vorausset- zungen bereits seit 1. Juli 2007 die Aufgabe, Sprachstandsfeststellung und Sprachförder- kurse anzubieten. Um Hauskinder können und sollen die Kindertagesstätten und Grundschu- len bis zum Schuljahr 2009/10 (gemeinsam) werben. Erst dann werden in einem mit dem Meldeverfahren abgestimmten Verfahren und aufgrund der Meldungen der Kitas über die Kinder, deren Sprachstand bereits erfasst wurde, die Hauskinder ermittelt und direkt von den Schulen benachrichtigt. Nimmt ein Haus- kind an der Sprachstandsfeststellung teil und weist diese einen Sprachförderbedarf aus, so wird das Kind – wie die Kita-Kinder auch – über einen Förderbescheid zur Teilnahme an einem Sprachförderkurs verpflichtet und hat in der Folge auch zu diesem Angebot in der Kita zu erscheinen. Zur Planung gehört dabei auch eine Abstimmung der Förderzeiten mit den Eltern der Hauskinder (ggf. Fahrpläne des öffentlichen Nahverkehrs beachten, Mitfahr- gelegenheiten anregen etc.). Neben Überle- gungen, wie die Hauskinder gut in die Förder- gruppe integriert werden können, wird es – insbesondere in ländlichen Räumen – Auf- gabe der Kitas sein, den Eltern von Hauskin- dern die Möglichkeit zu geben, während des Förderzeitraumes an einem geeigneten Ort sinnvoll ihre Zeit verbringen zu können.

Nach Berechnungen des MBJS sind unter den rund 18.000 Kindern im Jahr vor der Einschu-

lung 2,34% Hauskinder. Geht man von einem Anteil von 35% sprachförderbedürftiger Kinder unter den Hauskindern aus, so werden insge- samt im Land ca. 145 Hauskinder zur Teil- nahme an einem Sprachförderkurs in einer Kindertagesstätte verpflichtet sein. Die Sprach- standsfeststellung und kompensatorische Sprachförderung für Hauskinder sind für kom- munale Einrichtungen eine Pflichtaufgabe; für freie Träger ist dies aufgrund ihrer besonderen Stellung eine freiwillige Aufgabe (§ 3 Abs. 1 KitaG). Insbesondere dort, wo wenige Kitas zur Auswahl stehen oder viele freie Träger Kinder- tagesbetreuung anbieten, wird das Jugendamt mit diesen das Gespräch suchen müssen, um ein hinreichendes Angebot auch für Hauskin- der zu gewährleisten – viele freie Träger haben hierzu bereits ihre Bereitschaft erklärt.

Kinder mit sprachtherapeutischem Förderbedarf

Kinder, die bereits in logopädischer oder sprachheiltherapeutischer Behandlung sind, müssen nicht an einer Sprachstandsfeststel- lung in der Kita teilnehmen, da hier ein Förder- bedarf bereits erkannt ist und in der Regel eine andere Förderung erfolgen muss, als sie das Landesprogramm bieten kann (§ 3 Abs. 4 Ent- wurf der GVO). In Absprache mit den Eltern und den behandelnden Fachkräften können diese Kinder jedoch an der Sprachförderung teilnehmen; die Entscheidung wird die Kita entsprechend ihren Ressourcen fällen. Hat die Erzieherin den Eindruck, es könnte ein sprachtherapeutischer Förderbedarf gegeben sein - ein starkes Indiz ist zum Beispiel ein T- Wert von unter 35 bei der KISTE ( der T-Wert

12 LANDESPROGRAMM…

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ist auf dem Profilauswertungsbogen aus dem C-Wert abzulesen), der bis jetzt noch nicht erkannt wurde, so wird sie das Gespräch mit den Eltern suchen und diesen raten, eine medizinische Abklärung herbeizuführen. In Absprache mit den Eltern können dazu auch die Kinder- und Jugendgesundheitsdienste der Kreise und kreisfreien Städte hinzugezo- gen bzw. den Eltern als Anlaufstellen empfoh- len werden. Dabei gilt: Je früher auch ein sprachtherapeutischer Förderbedarf erkannt wird, desto besser kann die Zeit vor der Ein- schulung für eine entsprechende Förderung genutzt werden! Nicht zuletzt aus diesem Grund sollte die Sprachstandsfeststellung ein Jahr vor der Einschulung stattfinden.

Leistungen der Eingliederungshilfe, der Hilfe zur Erziehung oder fachärztlich verordnete therapeutische Leistungen werden jedoch nicht durch den Sprachförderkurs ersetzt und dürfen nicht mit dem Verweis auf die Förder- kurse der Kindertagesstätten unterbleiben oder abgebrochen werden!

Finanzielle Umsetzung

Das Land Brandenburg stellt für die kita-inte- grierte Sprachstandsfeststellung und kompen- satorische Sprachförderung ab dem Jahr 2007 zusätzliche Mittel in Höhe von rund 2,5 Mio € bereit. Die verpflichtende Sprachstandsfest- stellung und die Durchführung der erforderli- chen Sprachförderkurse lösen nach den Berechnungen des MBJS landesweit einen zusätzlichen Personalaufwand von insgesamt knapp 66 Stellen aus (als Berechnungsgrund- lage wurde von einem Förderbedarf bei 15%

der Kinder bzw. 35 % der Hauskindern im Jahr vor der Einschulung und einem täglichen zusätzlichen Personalvolumen pro förderbe- dürftigem Kind von 15 Minuten über das ganze Jahr hinweg ausgegangen). Dieser soll den Trägern der Einrichtungen durch die örtli- chen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, sprich die Kreise und kreisfreien Städte, aus- geglichen werden, die dafür wiederum einen Ausgleich durch das Land erhalten. Die Vertei- lung dieses zusätzlichen Landeszuschusses an die Kreise und kreisfreien Städte erfolgt nach einem Schlüssel aus der Kinderzahl und einem Sozialindex aus den Schuleingangsun- tersuchungen. Dieser Schlüssel berücksichtigt die unterschiedliche Belastung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe durch Kin- der aus sozial schwachen Familien; die örtli- chen Träger der öffentlichen Jugendhilfe kön- nen bei der Weiterleitung der Mittel an die Trä- ger noch weiter nach sozialen Kriterien diffe- renzieren (§ 16 Abs. 2 KitaG).

In Kitas mit bereits in der Sprachstandsfest- stellung und Sprachförderung qualifizierten Erzieherinnen sind diese Mittel für zusätzli- ches Personal zu verwenden; bis zur flächen- deckenden Umsetzung können sie in allen anderen Kitas für die personelle Absicherung der Fortbildungen bzw. zusätzliche Maßnah- men oder zusätzliches Personal zur Sprach- förderung eingesetzt werden.

Im Rahmen des Programms für Familien- und Kinderfreundlichkeit der Landesregierung wur- den darüber hinaus auch in 2007 422.000 € für die kompensatorische Sprachförderung

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zur Verfügung gestellt. Diese Mittel werden vor allem für die Fortbildungen und die über- regionale Begleitung durch das BIfF aufge- wendet; in diesem Jahr wurden z.B. aber auch den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugend- hilfe 110.000 € zur Praxisunterstützung der flä- chendeckenden Umsetzung zur Verfügung gestellt. Damit unterstützen diese die Kinder- tagesstätten u.a. durch Sachmittel, spezifische Beratungen oder die Unterstützung regionaler Arbeitskreise. Des Weiteren kann in 2007 jeder Landkreis bzw. jede kreisfreie Stadt zusätzlich zu den regionalen Fortbildungen und Reflexionstreffen zwei weitere Fortbil- dungstage zur Vertiefung regionaler Fragestel- lungen beim BIfF abrufen.

Verfahren

Bis zum Schuljahr 2009/2010 wird ein abge- stimmtes Verfahren zwischen Jugendämtern, Kitas und Schulen entwickelt und erprobt, damit einerseits alle Kinder erreicht werden, andererseits aber auch der Verwaltungsauf- wand möglichst gering gehalten wird. Dabei kann bereits auf den Erfahrungen der Fach- kräfte und der Einrichtungen aufgebaut wer- den, die sich schon im vergangenen Jahr frei- willig und mit hohem Engagement dieser Auf- gabe gestellt haben.

In der folgenden Ablaufskizze wird das Ver- fahren bis 2009/10 näher beschrieben:

bis 31. Juli – Die Kitas, in denen die Voraus- setzungen zur Sprachstandsfeststellung und - förderung vorliegen, melden dies dem Jugendamt (wegen der Personalkostenförde- rung) und den Grundschulen, in deren Bezirk

sie liegen (wegen der Sprachstandsfeststel- lung und Sprachförderung; § 16 Abs. 2 Abs.

Entwurf der GVO).

Mai bis Juli – In Abstimmung mit den Kin- dertagesstätten macht die zuständige Schule Zeitpunkt und Ort der Sprachstands- feststellung bekannt oder teilt ihn den Eltern schriftlich mit. Auch die Kindertagesstätten weisen in geeigneter Form auf die Sprach- standsfeststellung hin und werben für die Teilnahme.

Juli/August – Die Kitas erfassen ein Jahr vor der Einschulung den Sprachstand aller Kinder. Bei Kindern, bei denen es Hinweise auf einen Sprachförderbedarf gibt, erfolgt dies mit der KISTE.

bis Ende Oktober – Sprachstandsfeststel- lung; die Kindertagesstätten teilen der zuständigen Schule bis zum 31. Oktober des laufenden Schuljahres mit, welche Kinder von der Sprachstandsfeststellung mit der KISTE befreit waren, welche Kinder teilge- nommen und mit welchem Ergebnis diese abgeschlossen haben. (§ 3 Abs. 3 Entwurf der GVO).

bis Ende des Jahres – Kinder mit festge- stelltem Sprachförderbedarf werden durch das staatliche Schulamt mit einem Bescheid aufgefordert, an einem geeigneten Sprach- förderkurs teilzunehmen; darüber werden die Kitas informiert.

Januar – Die Sprachförderung beginnt.

14 LANDESPROGRAMM…

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Juni/Juli – Die Durchführung der Sprachför- derung wird den zuständigen Schulen gemeldet.

Die Aufgabe der Sprachstandsfeststellung und kompensatorischen Sprachförderung (dort wo die Voraussetzungen gegeben sind) ebenso wie die Verpflichtung der Kinder zur Teilnahme gelten bereits; die Grundschulver- ordnung und die dazu gehörige Verwaltungs- vorschrift werden im August in Kraft treten.

Das heißt, dass der nächste rechtlich ver- bindliche Schritt nach der Sprachstandsfest- stellung die Meldung der Ergebnisse an die zuständigen Grundschulen bis zum 31. Okto- ber ist. Wichtig ist also insbesondere die Kontaktaufnahme zu den Grundschulen. Das MBJS wird die Kitas und Grundschulen mit Verfahrenshinweisen und Formularmustern unterstützen.

Nicht zuletzt

Die Einführung und landesweite Verankerung des Programms zur Sprachstandsfeststel- lung und kompensatorischen Sprachförde- rung ist ein großes und anspruchsvolles Vor- haben und stellt alle Beteiligten vor hohe Anforderungen. Entgegen manch skepti- scher Stimme, die eine Überforderung des Kita-Bereichs befürchtete und ihm eine quali- fizierte Umsetzung nicht zutrauten, zeigte sich von Anfang an und fast überall ein immenser Einsatz und ein starkes Engage- ment von Erzieherinnen, Praxisberaterinnen, kommunaler Ebene und freien Trägern auf hohem fachlichem Niveau. Insbesondere den Pionierinnen, die zu einem Zeitpunkt an den

Fortbildungen teilgenommen und sich an die Umsetzung gewagt haben, als einiges noch im Unklaren war, sei an dieser Stelle Respekt gezollt und Dank gesagt: Sie haben viele hilf- reiche Fragen gestellt und auf Schwachstel- len aufmerksam gemacht, die dazu beigetra- gen haben, das Projekt besser voranzubrin- gen. Sicher wird auch in der kommenden Zeit noch einiges zu verbessern und nachzusteu- ern sein: Seien Sie mit Ihrer konstruktiven Kritik auch weiterhin dabei behilflich, damit bis zur flächendeckenden verbindlichen Umsetzung des Programms ab dem Schul- jahr 2009/10 eine wirklich „runde Sache“

daraus wird!

Verbindung der kompensatorischen Sprach- förderung zur allgemeinen Bildungsarbeit der Kindertagesstätten

Das Programm zur kompensatorischen Sprachförderung im Jahr vor der Einschulung hat zum Ziel, den Kindern den Übergang in die Schule zu erleichtern und ihre Startchancen in dieser nächsten Stufe des Bildungssystems zu verbessern. Diese Maßnahme ist notwen- dig, weil zu viele Kinder bei der Einschulung als sprachauffällig erkannt werden. Kinderta- gesbetreuung darf sich jedoch nicht darauf beschränken, kompensatorische Fördermaß- nahmen durchzuführen: Die Förderung sprachlicher Kompetenz ist eine grundlegende Aufgabe der Bildungsarbeit der Kindertages- betreuung vom ersten Tag an; sie ist nicht nur ein Thema für besondere Förderkurse, son- dern vielmehr in die Alltagsarbeit zu integrie- ren, und sie richtet sich an alle Kinder (siehe Grundsätze elementarer Bildung). Ergän-

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zende Materialien zu den Grundsätzen, die gegenwärtig erarbeitet und demnächst veröf- fentlicht werden, werden Beispiele und Anre- gungen für die Alltagsarbeit und viele andere Gelegenheiten aufzeigen, bei denen Kinder zu Wort kommen können.

Ulrike Klevenz, MBJS,

Referat für Kindertagesbetreuung und familienunterstützende Angebote

Informationen zum Landesprogramm er- halten Sie bei den örtlichen Jugendämtern oder auf den Kitaseiten der Homepage des MBJS unter:

www.mbjs.brandenburg.de/kita/kita-startseite

16 LANDESPROGRAMM…

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Schlüsselkompetenz Sprache – gegenwärtige Aufgaben für Kindertagesstätten

Detlef Häuser und Bernd-Rüdiger Jülisch Die Kita auf dem Weg zur

Bildungseinrichtung

Kindertagesstätten nehmen eine strategische Schlüsselstellung in der Bildungskarriere eines jeden heranwachsenden Kindes ein. Sie sind Lernumgebungen für den Erwerb von Basis- wissen und -fertigkeiten, sie bieten Lerngele- genheiten für die Aneignung so wichtiger Eigenschaften wie Neugier, Wissensdurst, Motivation, Anstrengungsbereitschaft und sie stellen Erfahrungsfelder zum Erlernen sozial kompetenten Verhaltens dar. Der Erwerb einer altersgerechter Sprach- und Kommunikations- fähigkeit ist in diesem Entwicklungs- und Lern- geschehen von zentraler Bedeutung, denn Sprache ist das Medium, welches den Zugang für die Aneignung von Wissen, Fertigkeiten, Werten, Einstellungen und Verhalten sichert.

Für Familien in Brandenburg waren und sind Kindergärten selbstverständlicher Bestandteil des Aufwachsens von Kindern. Sowohl früher wie auch gegenwärtig hatten und haben Eltern die Erwartung, dass in Kitas ihre Kinder nicht nur betreut, sondern auch Bildung und Förde- rung erfahren, so dass ein guter Schulstart und eine weitere erfolgreiche Bildungskarriere ermöglicht werden. Obgleich Betreuung, Bil- dung und Förderung im Kitagesetz des Landes Brandenburg als zentrale Aufgaben festge- schrieben waren und sind, kam es in den 90er- Jahren in den Kitas zur einseitigen Überbeto-

nung des Betreuungsauftrages bei gleichzeiti- ger Vernachlässigung von Bildung und Förde- rung. Drei Gründe haben diese Situation bewirkt. Der erste war der gesellschaftlich bedingte Modernisierungsrückstand der alten Bundesrepublik auf dem Gebiet der Kinderta- gesbetreuung. Dieser Nachholebedarf spiegelt sich aufschlussreich auch in den gegenwärti- gen öffentlichen Diskussionen zur Verbesse- rung des Krippenangebotes wider. Der zweite Grund war die ideologische Ausrichtung des Vergesellschaftungsaspektes von Sozialisation bei gleichzeitiger Unterordnung von Individua- tion in den pädagogischen Konzeptionen und in den Krippen- und Kindergartenprogrammen der DDR. Beides führte dazu, dass zunächst die Chance nicht nur in Brandenburg vertan wurde, Bildung und Förderung in einer wissen- schaftlich begründeten Konzeption frühkindli- cher Sozialisation neu zu definieren und prak- tisch umzusetzen. Verunsicherungen bei Erzie- herinnen waren natürliche Folgen, die durch den dritten Grund, durch die gravierend verän- derten Sozialisationsbedingungen für die heranwachsenden Kinder, noch verstärkt wur- den.Mit der Teilnahme Deutschlands an den inter- nationalen Bildungsstudien der OECD wurden die Modernisierungsrückstände des deutschen Bildungswesens offenkundig. Gemessen an den Empfehlungen des deutschen Bildungsra- tes erfolgte nun mit jahrzehntelanger Verspä- tung die Anerkennung der Kindertagesstätten als eigenständiger Bereich der elementaren

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Bildung. Es wurden allgemeine Rahmenpro- gramme für frühkindliche Bildung in Kinderta- gesstätten in den Bundesländern ausgearbei- tet, im Land Brandenburg die Grundsätze ele- mentarer Bildung.

Das Land Brandenburg initiierte 2006 das Lan- desprogramm „Sprachstandfeststellung und sprachliche Förderung von Kindern im Jahr vor der Einschulung in Kindertagesstätten“. Die zweifache Aufgabe, welche die Kindertages- stätten zu bewältigen haben, d.h. sowohl Bil- dung für alle Kinder zu gewährleisten und dabei gleichzeitig Kinder mit Entwicklungsrisi- ken spezifisch zu fördern, ist eine äußerst anspruchsvolle Herausforderung. Die „Grund- sätze elementarer Bildung“ und die Landesini- tiative zur Sprachförderung bieten dafür gute Rahmenbedingungen. In diesem Beitrag wird über Erfahrungen berichtet, die dazu beitragen können, Bildungs- und Förderprozesse im Bereich sprachlicher Entwicklung nachhaltig zu gestalten. Hierbei stützen wir uns

erstens auf die Ergebnisse des Modellpro- jekts „Sprechverhalten und Sprachförde- rung in der Kita“, das vom Landesjugend- amt des Landes Brandenburg bereits 1999 initiiert wurde,

zweitens auf Befunde, die aus weiteren Sprachförderstudien resultieren, die wir in Brandenburg und Berlin durchführten.

drittens auf vielfältige Rückmeldungen aus Weiterbildungskursen, die wir als Netzwerk Integrative Förderung in mehreren Bundes- ländern durchführten.

Bildungsziel Sprachkompetenz

Für Wilhelm von Humboldt, preußischer Bil- dungsreformer und Sprachwissenschaftler,

war die Sprache das bildende Organ des Gedankens, als Werkzeug, als Mittel zwar end- lich, aber zugleich in der Anwendung von nie endender Bestimmbarkeit. Es ist faszinierend, wenn man die Sprachentwicklung bei Kindern begleitet, wie Kinder sich kreativ im humboldt- schen Sinne die Sprache als Mittel aneignen und zugleich die sich erweiternden sprachli- chen Mittel nutzen, um ihre natürliche und soziale Umwelt zu entdecken, eigenes Han- deln in ihrer Welt zu verstehen und zu steuern, zu kommunizieren und in ihrer Fantasie die Endlichkeit ihrer realen Welt überwinden, um auch im virtuellen Handeln sich und die Welt zu erkunden. Für Kita-Erzieherinnen, die dieses spannende Entwicklungsgeschehen begleiten, ergeben sich hier zwei bedeutsame Aufgaben- felder.

Das erste Aufgabenfeld, das die Gestaltung der sprachlichen Sozialisation - als Einheit von Spracherwerb und sozial-kultureller Sprach- verwendung – für alle Kinder beinhaltet, umfasst drei Kernaufgaben:

• Konzipierung von passfähigen, d.h. auf das Alter und auf die Entwicklungs- und Lernvoraussetzungen der Kinder zugeschnittenen Angeboten zur Unterstüt- zung des natürlichen Spracherwerbs,

• Bereitstellung von altersgerechten Angebo- ten zur sprachlichen Sozialisation im Kon- text alltäglich stattfindender Bildung und Kommunikation,

• Gestalten von passfähigen Angeboten kul- tureller Sprachprodukte, um nachhaltig Literalität anzubahnen und zu ermöglichen.

18 SCHLÜSSELKOMPETENZ SPRACHE

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Für die erste Kernaufgabe gibt es z. B. zahlrei- che Sammlungen von Sprachspielen, meist mit Hinweisen, in welchem Alter solche Spiele zur Unterstützung des Spracherwerbs besonders sinnvoll sind. Für die Kernaufgaben zwei und drei finden sich Grundsätze und Leitlinien in den Bildungsprogrammen der Bundesländer.

Jedoch verfügt gegenwärtig noch kein Bundes- land z. B. über ein „Curriculum für die sprachli- che Bildung“, das durch entwicklungsbezogen strukturierte Handlungsorientierungen und Handlungsbeispiele dazu beiträgt, die Kluft zwischen solchen Grundsätzen und Leitlinien und dem täglichen Handeln von Erzieherinnen zu überwinden.

Kommunikationsmuster in Familien mit sprachauffälligen Kindern

Das zweite Arbeitsfeld für den Kindergarten, die kompensatorische Sprachförderung, ergibt sich aus der Tatsache, dass es immer mehr Kinder gibt, die Entwicklungsauffälligkeiten auf- weisen, weil die Herkunftsfamilien ihre Funk- tion als „Entwicklungsanreger“ aus unter- schiedlichen Gründen nur unzureichend erfül- len können. Es scheint Hinweise zu geben, dass die Bedingungen für diese Erhöhung z.

B. bei Sprachauffälligkeiten in deutlichen Ver- änderungen in der familiären und außerfamiliä- ren Sozialisation von Kindern zu suchen sind.

So gibt es einen empirisch vielfach belegten Zusammenhang zwischen Sozialstatus von Eltern und den Sprachleistungen ihrer Kinder.

Es gilt: Je höher der Sozialstatus, umso besser sind durchschnittlich die Sprachleistungen der Kinder. Solche Ergebnisse sind erklärungsbe-

dürftig, denn der Sozialstatus ist lediglich ein Indikator für andere mit dem Sozialstatus ver- bundene Prozesse, die in einem engeren Zusammenhang mit Sprachleistungen stehen.

Häufig wird das Ausmaß des Fernsehkonsums genannt. Der negative Zusammenhang zwi- schen Fernsehdauer und Sprachleistungen ist jedoch nicht eindeutig. Nach den Ergebnissen einer Längsschnittstudie von Ennemoser et al.

(2003) bei 135 Vorschulkindern scheint es so zu sein, dass exzessives Fernsehen zwar in allen Sozialstatusgruppen mit geringeren Sprachleistungen einhergeht, andererseits aber durchschnittliche oder geringe Fernseh- dauer bei Vorschulkindern in keiner Status- gruppe bedeutsame Beziehungen zu Sprach- leistungen aufweist. Keine belastbaren Hin- weise fanden sich in dieser Studie für die Annahme, dass durch häufiges Fernsehen andere anregende kognitiv-sprachliche Tätig- keiten verdrängt werden. Interessant ist die Überlegung der Autoren, ob möglicherweise aus bestehenden Sprachproblemen eine Bevorzugung des Mediums Fernsehen resul- tieren könnte. In einem Vergleich von Sprach- heil- mit Regelschülern im Grundschulalter zeigte Schröter (2001), dass Sprachheilschüler häufiger fernsehen und elektronische Spiele nutzen und weniger Printmedien und Hörspiel- kassetten rezipieren als altersgleiche Regel- schüler. Dieses Ergebnis deutet ebenfalls darauf hin, dass im Freizeitverhalten – hier bei Sprachheilschülern - auf Medien ausgewichen wird, die weniger „widerständig“ sind. Sollte es tatsächlich so sein, dass sprachauffällige Kin- der Medien und Kommunikationsmöglichkeiten bevorzugen, die mit einem geringerenAnstren-

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gungs- und auch Frustrationsaufwand nutzbar sind, dann würde dieses zwar nicht unbedingt Spracherwerbsprobleme bedingen, wohl aber verstärken können, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: Erstens, die genutzten elektroni- schen Medien- und Kommunikationsformen sind – was in der Regel der Fall ist – nicht spracherwerbsförderlich gestaltet und zweitens sind imAlltag der Kinder spracherwerbsförder- liche Kommunikationsangebote nur in einem deutlich eingeschränkten Umfang vorhanden.

Interessant sind auch einige Ergebnisse aus Elterninterviewstudien (Würbach & Scheer- barth, 20011; Heiser, 20052), die wir ergänzend zu Förderstudien durchführten. In beiden Stu- dien, es handelte sich um anfallende, nicht repräsentative Stichproben, wurden die Mütter von sprachförderbedürftigen Kindern und von altersgleichen sprachlich gut entwickelten Kin- dern u.a. zum sozialökonomischen Status, zur Mediennutzung, zu familiären Routinen, zum Erziehungsverhalten, zum Funktionsniveau der Familie, zu persönlichen und familiären Belastungen befragt. Heise beobachtete zusätzlich noch das Mutter-Kind-Interaktions- verhalten beim Betrachten von Bilderbüchern.

Hier einige Ergebnisse: Zunächst einmal gilt auch für diese Studien, dass bei den sprach- auffälligen Kindern Eltern mit einem geringeren

Sozialstatus überrepräsentiert sind3. Sprach- auffällige Kinder haben weiterhin bedeutsam häufiger schon ein eigenes Fernsehgerät im Zimmer. Sie sitzen im Vergleich zu nicht sprachauffälligen Kindern sowohl wochentags wie auch am Wochenende bedeutsam länger vor dem Fernseher oder spielen schon ausgie- biger mit elektronischen Medien wie Computer, Play-Station oder Game-Boy. Gleichzeitig sind sprachförderliche Routinen, wie z. B. das tägli- che Vorlesen einer Gute-Nacht-Geschichte, in den Familien der sprachauffälligen Kinder bedeutsam weniger häufig anzutreffen. Die Mütter der sprachauffälligen Kinder fühlen sich häufiger gestresst und äußern signifikant häufi- ger Gefühle der Hoffnungslosigkeit und Resig- nation. In der Mutter-Kind-Interaktion, wie z. B.

bei der gemeinsamen Bilderbuchbetrachtung, wurden die Mütter der sprachauffälligen Kinder als weniger ausdauernd, als unduldsamer gegenüber ihren Kindern und als weniger annehmend und empathisch eingeschätzt.

Die hier berichteten Ergebnisse können zu einem Kommunikationsmuster verdichtet wer- den, das auch durch Erfahrungen in der Fami- lien- und Erziehungsberatung Bestätigung fin- det. Mütter sprachauffälliger Kinder sind oft- mals emotional belastet, sozial isoliert, fühlen

20 SCHLÜSSELKOMPETENZ SPRACHE

1 Würbach, S. & Scheerbarth, I. (2001): Familiärer Kontext und Sprachentwicklung: Eine vergleichende Ana- lyse familiärer Bedingungen bei sprachentwicklungsauffälligen und unauffälligen Kitakindern. Diplomarbeit (unveröffentl.), Institut für Psychologie, Humboldt-Universität zu Berlin.

2 Heiser, K. (2005): Zur Identifikation von Unterschieden in Familienkontexten sprachentwicklungsauffälliger und sprachentwicklungsunauffälliger Vorschulkinder - eine Interviewstudie. Diplomarbeit (unveröffentl.), Institut für Psychologie, Humboldt-Universität zu Berlin.

3 Verwendet wurde der gleiche Sozialstatusindex wie in den brandenburgischen Berichten zur sozialen Lage Gesundheit bei Einschülern.

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sich unzufrieden und weichen der Kommunika- tion mit ihrem Kind aus. Sind die Kinder in ihrem Zimmer vorm Fernseher, dann sind sie beschäftigt und können nicht „stressen“. Und diese Mütter scheinen aufgrund ihrer subjekti- ven Belastungen auch weniger in der Lage zu sein, entwicklungsförderliche Routinen wie gemeinsame Mahlzeiten der Familie (wenn der Fernseher nicht dabei läuft, können gemein- same Mahlzeiten ja durchaus nützliche Kom- munikationssituationen sein) oder aber das abendliche Vorlesen einer Geschichte durch- zuhalten. Nicht selten ist schon bei jungen Familien mit Vorschulkindern hinsichtlich der Gestaltung eines altersgerechten, mit festen und entwicklungsförderlichen Routinen verse- henden Tagesablaufes eine nicht zu überse- hende Erosion zu beobachten. Solche proble- matischen familiären Kommunikationsmuster erklären natürlich nicht allein Spracherwerbs- probleme, sie führen aber mit hoher Wahr- scheinlichkeit dazu, dass bestehende Sprach- rückstände im Wortschatz und in der Gramma- tik sich verfestigen und chronifizieren. Vor allem belegen die aus solchen Ergebnissen abgeleiteten familiären Szenarien die Notwen- digkeit einer kompensatorischen Sprachförde- rung.

Sprachauffällige Kinder in der Kita Doch schauen wir, ob die kommunikativen Möglichkeiten des Kindergartens den betref- fenden Kindern ausreichende Möglichkeiten bieten, ihre Sprachdefizite aufzuholen?

In einer kleinen Studie (Blume, Heintze, Kuschinke & Tönjes 1999)4wurde der Frage nachgegangen, mit wem entwicklungsauffäl- lige Kinder in der Regel in der Kita kommuni- zieren und spielen. Es zeigte sich, das entwick- lungsauffällige Vorschulkinder im freien Spiel vorrangig mit Kindern spielen, die ebenfalls entwicklungsauffällig oder aber jünger sind.

Mit anderen Worten: Unabhängig davon, ob sich die Kinder in altershomogenen oder aber in altersgemischten Gruppen befinden, wählen sie überwiegend solche Spiel- und Kommuni- kationspartner, die in etwa ihrem Entwicklungs- stand oder ihrem Fähigkeitsniveau entspre- chen und von denen sie kaum die notwendigen sprachlichen Anregungen bekommen. Hinzu kommt, dass in der Gruppenkommunikation häufig die sprachlich altersgerecht entwickel- ten Kinder dominieren und überwiegend auch die kommunikative Aufmerksamkeit der Erzie- herin für sich beanspruchen.

Aber auch das übliche Sprachangebot der Gruppenerzieherin hilft diesen Kindern in der Regel nicht. Die Alltagssprache der Erzieherin ist – verständlicherweise – überwiegend an die Gruppe gerichtet, sie beinhaltet viele Anwei- sungen und Erklärungen und dient zur Regulie- rung der alltäglichen Abläufe. Bei den Beschäf- tigungen mit den Kindern, z. B. beim gemein- samen Betrachten von Bilderbüchern oder beim gemeinsamen Handeln, zeigt sich darü- ber hinaus, dass das natürliche Gesprächsver- halten der Erzieherinnen stark darauf orientiert 4 Blume, Heintze, Kuschinke & Tönjes (1999): Merkmale des Kommunikationsverhaltens in altersgemischten

vs. altershomogenen Kindergartengruppen unter besonderer Berücksichtigung entwicklungsauffälliger Vor- schulkinder. Unveröffentl. Bericht, Institut für Psychologie, Humboldt-Universität zu Berlin

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ist, Inhalte und Wissen zu vermitteln. Es ist weniger darauf gerichtet, den Kindern das Erkennen von sprachlichen Strukturen zu erleichtern. Notwendige sprachförderliche Techniken, wie das Parallelsprechen, das handlungsbegleitende Sprechen oder das Stel- len von offenen Fragen, die das Kind zum Sprechen anregen, treten zu selten auf. Glei- ches gilt auch für solch förderliche Dialogtech- niken wie die Expansion und Vervollständigung der kindlichen Äußerung, der modellhaften Selbstkorrektur oder des grammatisch oder semantisch korrektiven Feedbacks. Generell kann zu den Bedürfnissen der sprachauffälli- gen Kinder gesagt werden, dass die Möglich- keiten, mit der Erzieherin in einen Dialog zu tre- ten, bei dem die Vermittlung und Verdeutli- chung von sprachlichen Strukturen im Vorder- grund stehen, in der großen Gruppe nicht aus- reichend gegeben sind.

Kita – als Ort der kompensatorischen För- derung und die brandenburgische Landes- initiative

Mit anderen Worten: Für die Gruppe der förder- bedürftigen Kinder, die nicht selten aus einem wenig anregenden häuslichen Kommunikati- onsmilieu kommen, bedeutet der Kindergarten- besuch mit seinen ausgeprägt kindorientierten Abläufen und Interaktionsangeboten immer eine wesentliche Verbesserung der Entwick- lungsbedingungen. Aber für viele sprachauffäl- lige Kinder reichen die üblichen kommunika- tiven Angebote der Kita nicht aus. Für diese Kinder müssen, unter geschützten Bedingun- gen, stabile entwicklungsförderliche Interakti- ons- und Kommunikationsgelegenheiten

geschaffen werden, die ihre sprachlichen Besonderheiten und Bedürfnisse berücksichti- gen. Diese entwicklungsförderlichen Interaktio- nen sollten systematisch erfolgen, möglichst auf der Basis eines Programms, sie sollten fest in den Tagesablauf des Kindes eingebettet sein, sie bedürfen einer hohen zeitlichen Dichte und unter anderem einer gut qualifizierten Erzieherin, die sich mit voller Aufmerksamkeit und Kompetenz dieser Aufgabe widmen kann und dabei nicht vergisst, die Eltern mit einzube- ziehen.

Diese kompensatorische Förderfunktion der Kindertagesstätte ist deshalb einzigartig und kaum auf nachfolgende Bildungsstufen über- tragbar, weil z. B. die mit der neuronalen Rei- fung des kindlichen Gehirns verbundene hohe Plastizität und Kompensationsfähigkeit einma- lige Lernvoraussetzungen für kompensatori- sche Förderinterventionen bieten. Es handelt sich beim natürlichen Spracherwerb um ein Aneignungsfenster, das nur zeitlich begrenzt offen ist und sich schrittweise schon innerhalb der ersten drei Lebensjahre zu schließen beginnt und sich mit dem 8. bis 9. Lebensjahr wohl vollkommen geschlossen hat. Aus die- sem Grund muss diese so einmalige Entwick- lungsphase für kompensatorische Frühförder- maßnahmen von Sprache und Kognition unbe- dingt genutzt werden.

Das Land Brandenburg hat die Zeichen des notwendigen Handelns zeitig erkannt. Noch vor der Veröffentlichung der Ergebnisse der ersten PISA-Studie wurde 1999 ein Landes- modellprojekt „Sprachverhalten und Sprachför- derung in der Kita“5initiiert, in dessen Rahmen

22 SCHLÜSSELKOMPETENZ SPRACHE

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das Konzept der kitaintegrierten Sprachförde- rung entwickelt und unter den Bedingungen der Praxis in 10 Kitas des Landes evaluiert worden ist. Dieses Konzept beinhaltet, dass die zu fördernden Kinder in ihrem natürlichen Lebensumfeld Kita verbleiben und durch eine natürliche Bezugsperson (d.h. eine ihnen bekannte Erzieherin aus der Einrichtung) eine hoch frequente zielgerichtete, systematische Förderung erhalten, ohne dass sie aus ihrer Ursprungsgruppe herausgelöst werden müs- sen. Praktisch erfolgt die Förderung so, dass die sprachauffälligen Kinder in kleinen Grup- pen (von 4 - 6 Kinder) zusammen-gefasst wer- den und sie täglich unter geschützten Bedin- gungen, d.h. 5-mal in der Woche für 30 bis 40 Minuten über einen Zeitraum von mindestens 12 bis 14 Wochen, eine systematische Sprachförderung nach dem Programm „Hand- lung und Sprache“ erhalten.

Die Vorteile dieses Herangehens gegenüber anderen Konzepten der Frühförderung liegen auf der Hand:

• Es handelt sich um ein niedrig schwelliges Angebot, da über 95 % der 3- bis 6- Jähri- gen die Kita besuchen und somit die Eltern diese Einrichtung beim Bringen und Abholen täglich betreten. So bietet allein dieser Fakt viele perspektivische Möglich- keiten für die Elternarbeit.

• Die Erzieherin ist den betreffenden Kindern vertraut. Damit entfällt die oftmals doch zeitbeanspruchende Phase des Beziehungsaufbaus, die bei anderen För- derkonzepten, z.B. in Fällen, in denen die

Fördererzieherin von außen kommt, not- wendig ist.

In diesem Konzept können die natürlichen Erfahrungen der dort tätigen Erzieherinnen z.

B. für diagnostische Aufgaben genutzt werden.

Dadurch, dass eine entsprechend qualifizierte Sprachfördererzieherin aus dem Kita-Team die Förderung durchführt, besteht die große Chance, dass wichtige methodische und inhalt- liche Prinzipien des Förderprozesses, welcher ja im Grunde ein optimiertes Lernszenarium darstellt, auch auf die übrige Bildungsarbeit in der gesamten Einrichtung ausstrahlen.

Wie sieht das Aufgabenprofil einer Sprach- fördererzieherin in der Kita aus?

Das Land Brandenburg hat sich für die Landesinitiative „Sprachstanderhebung und Sprachförderung im Jahr vor der Einschulung“

für das Konzept der kitaintegrierten Sprachför- derung und damit für die programmbasierte Förderung in kleinen Gruppen entschieden. Da die Identifizierung und Förderung sprachauffäl- liger Kinder eine von den Kenntnissen und not- wendigen Kompetenzen her anspruchsvolle Aufgabe sind, hat das Land in einer beispiel- haften Weiterbildungsinitiative den künftigen Sprachfördererzieherinnen ein 80 Stunden umfassendes, in seinen theoretischen Grund- lagen einheitliches und anspruchsvolles Wei- terbildungsangebot zuteil werden lassen. So wird aus jeder der etwa 1450 Kindertagesstät- ten des Landes eine Erzieherin zur Sprachför- dererzieherin qualifiziert.

Das Aufgabenprofil der Sprachfördererzieherin 5 Das Landesmodellprojekt „Sprachverhalten und Sprachförderung in der Kita“ (Häuser & Jülisch, 2003)

wurde vom Landesjugendamt des Landes Brandenburg gefördert.

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kann mit einem Satz beschrieben werden: Die Sprachfördererzieherin ist für alle Arbeiten zur Durchführung der Sprachstandserhebung und der Sprachförderung in der Einrichtung verant- wortlich.

Es lassen sich hierbei 4 Arbeitsphasen unterscheiden:

In der Screeningphase werden mithilfe der

„Grenzsteine der Entwicklung“ bzw. der

„WESPE“ sprachförderbedürftige Kinder in allen Gruppen der Einrichtung identifiziert. Diese beiden Verfahren sind nicht von der Sprachför- dererzieherin, sondern von den betreffenden Gruppenerzieherinnen durchzuführen.

In der zweiten diagnostischen Phase wird der nun schon eingegrenzte Kreis an sprach- auffälligen Kindern mithilfe des Kindersprach- tests (KISTE; Häuser, Kasielke & Scheiderei- ter, 1994) sprachdiagnostisch untersucht und werden die zu fördernden Kinder bestimmt.

In einer dritten organisatorischen Phase werden u.a. die Gespräche mit den Eltern vor- bereitet. Das Ziel dieser Elterngespräche besteht zum einen darin, sie über den Sprach- entwicklungsstand und über die beabsichtigte Förderung ihrer Kinder zu informieren und mit ihnen einen Fördervertrag abzuschließen.

Häufig bietet ein solches Gespräch auch die Gelegenheit, mit den Eltern gemeinsam darü- ber nachzudenken, was sie vielleicht zu Hause zur Förderung ihres Kindes tun können, um die Bemühungen im Kindergarten zu unterstüt- zen6. Zu der organisatorischen Phase gehört auch, dass in der Einrichtung selbst alle Vorbe-

reitungen getroffen werden, wie z. B. das Suchen eines ruhigen Raumes, es ist ein fester Zeitplan zu erstellen, Absprachen mit der Lei- tung und mit dem Team sind zu führen und Materialen vorzubereiten.

Als Viertes schließt sich die Förderphase an:

Dazu gehört auf der Basis des Programms

„Handlung und Sprache“ u.a. die vorbereitende didaktisch-methodische Gestaltung der einzel- nen Förderzusammenkünfte mit den Kindern.

Nach Abschluss der Förderung mit dem Pro- gramm „Handlung und Sprache“, so unsere Empfehlung, könnte mit dem Würzburger Trai- ningsprogramm „Hören, Lauschen, Lernen“ die Förderung fortgesetzt werden.

Welche Veränderungen werden durch die Sprachförderung bei Kindern erreicht?

Die bisherigen Evaluationsstudien zu dem Pro- gramm „Handlung und Sprache“ belegen, dass durch die Förderung in kleinen Gruppen bei den sprachauffälligen Kindern der aktive Wort- schatz signifikant erweitert wird, dass die Fähigkeiten in der Sprachproduktion und Sprachverarbeitung eine deutliche Verbesse- rung erfahren und – obwohl nur indirekt ange- zielt – sich auch die Grammatikalität der sprachlichen Äußerungen der geförderten Kin- der verbessert. Auffallend und bei fast allen Kindern zu beobachten ist jedoch, dass bereits bestehende Sprachhemmungen und Ängste vor sprachlichen Anforderungen (z. B. vor der Gruppe zu sprechen) reduziert werden konn- ten. So berichteten Gruppenerzieherinnen, dass bei vielen der geförderten Kinder eine

24 SCHLÜSSELKOMPETENZ SPRACHE

6 Hierfür fehlt im Grunde noch ein Programm zur familienintegrierten Sprachförderung, an diesem wird im Netzwerk integrative Förderung zurzeit gearbeitet.

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regelrechte Wandlung in ihrer Alltagskommuni- kation zu beobachten war. Bei einer kompetent durchgeführten Förderung – so die Effekte in bisherigen Förderstudien – erzielen die betref- fenden Kinder in den 12 bis 14 Wochen der Förderung durchschnittlich einen Sprachent- wicklungsgewinn, der in etwa dem natürlichen Sprachfortschritt eines ganzen Jahres ent- spricht.

Anschaulicher und vorstellbarer werden die Fortschritte der geförderten Kinder, wenn Fördererziehrinnen7mit ihren Worten über die Veränderungen bei den einzelnen Kindern berichteten:

Erz.M.: „...Vorher hat man die Kinder viel- leicht gar nicht aussprechen lassen, weil man wusste, was sie sagen wollten und jetzt nach diesem Lehrgang warte ich ab und ich spreche auch viel mehr mit den ganz Kleinen...“

Erz.I.: „.. Ich habe ein Mädchen, aus meiner Fördergruppe, die man vorher kaum gesehen oder bemerkte. Ich kann das überhaupt nicht beschreiben, wenn ich mit den Älteren jetzt Vorschulstunden mache - Michele ist Spitze!

....Also, sie traut sich, sie spricht frei, sie spricht deutlich, sie spricht freundlich. Und sie ist auch grammatikalisch besser geworden, was ich vorher gar nicht gedacht hätte, also auch der Dativ wird ganz deutlich gesprochen.Also, eine Kollegin hat mal zu mir gesagt: Wie spricht denn die Michele jetzt, so übertrieben, so deut- lich im Satz...“ ...“ Was ich auch immer sehr schön finde, dass die Eltern mir auch dieses

positive Feedback geben. Ich habe von allen fünf Eltern nur das Beste gehört. Sie sprachen mich auf der Treppe an, ich habe eine wun- derschöne Pflanze zum Abschied bekommen:

„Für dich Inge und alles Gute!“ Ich stand da und konnte gar nichts sagen. Und dann dachte ich mir, ist doch schön, da ist doch etwas herausgekommen.“

Erz. M.: „....Nicht einmal habe ich die Kinder sagen hören: „Oh, das geht schon so lange und müssen wir noch weiter machen.“ Die Kin- der stehen schon immer parat, bevor ich über- haupt im Raum bin. Es macht mir wirklich große Freude und man hat sich da wirklich reingearbeitet. Es macht einfach Spaß. Schön finde ich es auch, dass man einen Rücklauf von den Kollegen bekommt z. B., dass die Kin- der sehr davon profitieren, dass sie was dazu gelernt haben, dass sie mehr sprechen und sie sich jetzt auch trauen, das Gelernte anzuwen- den. Ich hatte zwei Kinder in der Gruppe, sie haben sich am Anfang gar nicht getraut zu sprechen, überhaupt, waren sie sehr zurück- haltend und jetzt sprudeln sie nur so. Ich find es sehr schön, wenn man merkt, dass man im Laufe der Zeit etwas aufgebaut hat, auf das die Kinder im Alltag zurückgreifen. Ich freue mich schon auf die nächste Fördergruppe.“

Aber auch über Reaktionen von Eltern geförderter Kinder wurde berichtet:

Erz.U.: „... Aber gerade heute ist ein Vater auf mich zugekommen, eine Vietnamese, den man ansonsten wirklich sehr, sehr schlecht versteht und der hat sich da vor mich hingestellt, sich

7 Es handelt sich um Berichte von Erzieherinnen eines Berliner Trägers, die in ihren Einrichtungen Kinder för- derten.

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verbeugt und mir die Hand gereicht und gesagt: „Ich danke der Kita, dass sie so etwas für meinen Sohn möglich macht“. Er muss sich das zu Hause aufgeschrieben haben, da er sonst kaum mit uns spricht. Ich stand da, musste schlucken und wusste kaum, was ich sagen sollte, ich war so gerührt...“

Sowohl die Begleitforschung als auch die uns verfügbaren mündlichen Berichte der Förderer- zieherinnen belegen, dass es während und nach der Förderung gelungen ist, die Mehrheit der Kinder in die sprachlichen Sozialisations- prozesse der großen Gruppe zu integrieren.

An dieser Stelle ein kleiner Exkurs zu der Frage, ob die Förderung in der kleinen Gruppe notwendig ist. Eine unserer Thesen lautet, dass sprachauffällige Kinder nur in kleinen Gruppen bei systematischer und hoher zeitli- chen Dichte effektiv gefördert werden können.

In Förderstudien haben wir geprüft, was Erzie- herinnen nach intensiver und inhaltlich gleicher Fortbildung bewirken können, wenn sie entwe- der sprachauffällige Kinder in den großen Kin- dergruppen – gemäß den sich im Tagesablauf ergebenden Möglichkeiten – fördern oder aber wenn die Förderung in kleinen Gruppen erfolgt.

Das Ergebnis war eindeutig: Nach vier Mona- ten waren die Entwicklungsfortschritte der in kleinen Gruppen geförderten Kinder im Ver- gleich zu den in den großen Gruppen geförder- ten Kindern doppelt so groß.

Wie weiter nach der Fortbildung zur Sprachfördererzieherin?

Mit der Weiterbildung werden die Vorausset- zungen für die Sprachförderung, aber auch für

die qualitative Verbesserung der Bildungsarbeit im Bereich Sprache insgesamt geschaffen.

Doch diese Investitionen in die Weiterbildung werden erst dann nachhaltig praxiswirksam, wenn sie vor Ort in Bildungs- und Förderpro- zessen umgesetzt werden.

Betrachten wir hierzu verschiedene Facetten von Nachhaltigkeit:

Der erste und wichtigste Nachhaltigkeits- aspekt sind natürlich dauerhafte Veränderun- gen der Sprachleistungen bei geförderten Kin- dern. Die Ergebnisse aus drei Förderstudien mit dem Programm „Handlung und Sprache“ in Brandenburg und Berlin belegen, dass diese Nachhaltigkeit unter den Bedingungen der kitaintegrierten Förderung gegeben ist. Im Lan- desmaßstab würde das bedeuten, dass bei professioneller Sprachförderung in drei bis vier Jahren hoffentlich konstatiert werden kann, dass der Anteil an sprachauffälligen Einschü- lern im Land Brandenburg sichtbar zurückgeht.

Aber der Ansatz der kitaintegrierten Förderung enthält auch noch Reserven. Bereits mit den jetzt verwendeten Diagnostik- und Fördermate- rialien ist eine Vorverlegung des Beginns von Diagnostik und Förderung auf jüngere Alters- gruppen möglich.

Der zweite Nachhaltigkeitsaspekt bezieht sich auf die Professionalität der Sprachförder- tätigkeit. Die Qualifizierung der etwa 1450 Erzieherinnen im Rahmen des brandenburgi- schen Landesprogramms stellt die personelle Basis für die kitaintegrierte Sprachförderung dar. Doch erst in der praktischen Förderarbeit vor Ort entfaltet die Fortbildung ihre tatsächli- che Wirkung. Indem die Erzieherinnen Erfah- rungen sammeln und Erfolge in ihrer Arbeit

26 SCHLÜSSELKOMPETENZ SPRACHE

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erleben, wird der Wunsch entstehen, die eigene Sprachfördertätigkeit noch weiter zu professionalisieren, d.h. ergänzende Fortbil- dungen zu besuchen. Aus diesem Grunde muss ein Angebot weiterführender Fortbil- dungsangebote bereitgestellt werden.

Ein dritter Nachhaltigkeitsaspekt betrifft die Bildungsarbeit in der gesamten Kita. Hat aus einer Kita eine Erzieherin an der Fortbildung zur kitaintegrierten Sprachförderung teilge- nommen und ist sie in ihrer Fördertätigkeit erfolgreich, dann sind für alle Erzieherinnen der Einrichtung weitereAnreize gegeben, auch das allgemeine sprachliche Bildungsangebot für alle Kinder weiter zu verbessern. Durch die erworbenen Kompetenzen der Fördererziehe- rin sind hierfür günstige Bedingungen gege- ben. Durch geeignete Teamfortbildungen kön- nen solche Qualifizierungsprozesse weiter unterstützt werden.

Praxisbegleitung durch Supervision und ergänzende fachliche Fortbildung Mit der durch das Land Brandenburg bewirkten beispielhaften Qualifizierungsinitiative ist der Initialanstoß für die kompensatorische Förde- rung von sprach- und meist noch in anderer Hinsicht entwicklungsauffälligen Kindern gege- ben. Dieses landesweit dichte Netz an Förder- erzieherinnen vereinigt in sich ein hohes Maß an pädagogischen Erfahrungen, an Engage- ment und professionellen Kompetenzen. Damit dieses Fördernetzwerk seine volle Wirksamkeit nachhaltig entfalten kann, muss es bildungspo- litisch und auch fachlich weiter „betreut“ und

„qualifiziert“ werden. Was könnten solche begleitende Formen der Betreuung und Qualifi- zierung sein?

Ganz wichtig ist es, dass die Fördererzieherin- nen untereinander in Kontakt bleiben und den fachlichenAustausch pflegen. Gerade in einem Flächenland könnten die Bildung regionaler Sprachförder-AG`s oder die Einrichtung von Stützpunkt-Kitas für Erfahrungsaustausch und Supervision sowie solche Veranstaltungsfor- men wie Workshops in Kombination mit Team- fortbildungen geeignete Formen sein, um Nachhaltigkeit zu erzeugen.

Für diese praxisbegleitende Supervision und für die ergänzende fachliche Weiterbildung der Sprachfördererzieherinnen, aber auch anderer interessierter Erzieherinnen bietet sich ein brei- tes Spektrum möglicher Themen an:

• Übungen zur entwicklungs- und sprachför- derlichen Interaktions- und Dialoggestaltung,

• videogestützte Supervision bei schwierigen Kindern, um z. B verhaltensauffällige Kinder besser in die Kleingruppenförderung zu inte- grieren,

• begleitende Prozesssupervision zu Fragen der methodisch-didaktischen Umsetzung von bestimmten Fördereinheiten,

• sprachdiagnostische Verfahren und Sprach- förderansätze für Kinder im Kleinkind- bzw.

im Krippenalter,

• Möglichkeiten und Wege der Evaluation von Sprachförderinterventionen,

• verstärkte Förderung grammatikalischer Kompetenz,

• der gesteuerte Zweitspracherwerb oder die programmorientierte Sprachförderung bei Kindern nicht deutscher Herkunftssprache mit dem Programm „Verstehen, Handeln, Sprechen“,

• kognitiv-sprachliche Bildung für alle Kinder,

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• Programme zur Prävention bei Kindern mit Rechenschwierigkeiten,

• Förderung sozialer Integration und interkultu- reller Kompetenz,

• die Kommunikation mit „schwierigen“ Eltern und Gestaltung von Beratungsgesprächen,

• Einbeziehung von Eltern in die Förderbemü- hungen,

• Konzepte familienintegrierter Sprachförde- rung.

Das Netzwerk Integrative Förderung Berlin- Brandenburg8 ist gegenwärtig dabei, ein ent- sprechendes konzeptionelles Weiterbildungs- angebot für die weitere fachliche Begleitung und Qualifizierung von Fördererzieherinnen und weiteren interessierten Erzieherinnen vor- zubereiten.

Nachhaltigkeit ist kein Selbstläufer, sondern das Ergebnis langfristiger gemeinsamer Arbeit auf der Grundlage eines verlässlichen Kon- zepts zur Entwicklung von Kitas zu Bildungs- und Fördereinrichtungen. Das Land Branden- burg befindet sich mit seinem bald landeswei- ten Netz an ausgebildeten Sprachfördererzie- herinnen auf einem sicheren Erfolgskurs mit der Chance, Modell für die deutsche Kinder- gartenlandschaft zu werden, wenn es im nächsten Schritt gelingt, dieses Netz fachlich zu begleiten und zu professionalisieren.

Anschrift der Autoren:

Dr. habil. Detlef Häuser

Leiter der Erziehungs- und Familienberatungs- stelle des Landkreises Märkisch-Oderland Hegermühlenstraße 58, 15344 Strausberg detlef_haeuser@landkreismol.de Tel.:03341/382630

PD Dr. habil. Bernd-Rüdiger Jülisch Humboldt-Universität zu Berlin Institut für Psychologie

Rudower Chaussee, 12489 Berlin bernd.juelisch@psychologie.hu-berlin.de Tel.: 030/20939432

28 SCHLÜSSELKOMPETENZ SPRACHE 8 http://www.integrative-foerderung.de

Abbildung

Abbildung 1 gibt eine tabellarische Übersicht über die Verteilung der untersuchten Gruppen, Einrichtungen und Untersuchungsinstrumente.
Abb. 3: Mittelwerte der Qualitätsbereiche aller 2003/2004 und 2005/2006 untersuchten Krippengruppen
Abbildung 5 stellt die Mittelwerte grafisch dar:

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