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Ein Fragebogen, drei Fortbildungsrunden…

und die Umsetzung in der Praxis – der Zwischenstand im Projekt „Kompensato-rische Sprachförderung im Jahr vor der Einschulung“

Katja Braukhane

Berliner Institut für Frühpädagogik Im Juli 2006 ging der erste Fortbildungsdurch-gang zur kompensatorischen Sprachförderung im Jahr vor der Einschulung zu Ende. Die Fort-bildung fand zeitgleich in 10 Land-kreisen/kreisfreien Städten1(Barnim, Cottbus, Frankfurt (Oder), Märkisch-Oderland, Oberha-vel, Oder-Spree, Prignitz, Spree-Neiße, Teltow-Fläming, Uckermark) statt.

Für diese erste Gruppe fand im Oktober und November 2006 das erste Reflexionstreffen zur Umsetzung der kompensatorischen Sprachförderung im Land Brandenburg statt.

Im Vorfeld des Reflexionstreffens wurde vom Berliner Institut für Frühpädagogik (BIfF) ein Fragebogen an die ErzieherInnen geschickt, in dem es um verschiedene Aspekte der Umset-zung in der Praxis geht, speziell um die Hand-habung des Kindersprachtests für das Vor-schulalter KISTE und um das Sprachförderpro-gramm Handlung und Sprache.

Die Auswertungen der Fortbildungen zeigten einen sehr hohen Bedarf seitens der 199 Teil-nehmerInnen, sich bei der Umsetzung weiter-hin begleiten zu lassen.

Die ersten Fördergruppen sind eingerichtet

Insgesamt haben108 Erzieherinnen (54%) den Fragebogen ausgefüllt und über ihre Dozentin-nen an das BIfF zurückgegeben.

In 92% der befragten Kitas werden die Grenz-steine der Entwicklung regelmäßig angewandt.

Innerhalb der Landkreise gibt es eine hohe Dif-ferenz, in manchen Landkreisen werden ledig-lich in 70% der Kitas die Grenzsteine ange-wandt, in anderen wiederum werden sie dage-gen in allen Kitas angewandt.

Die Anzahl der Kinder, die mit den Grenzstei-nen in dem Bereich Spracherwerb eine Auffäl-ligkeit zeigten, liegt bei 41%. Hier zeigt sich, dass die Grenzsteine ein sehr grobes Scree-ningverfahren sind, das lediglich erste Anhalts-punkte liefert, um genauer den Entwicklungs-stand des Kindes in den Blick zu nehmen. Um den Bereich Sprache näher zu betrachten, füh-ren die GruppenerzieherInnen in den Einrich-tungen mit allen Kindern im Jahr vor der Ein-schulung die WESPE durch. Dies ist vier Monate nach der Fortbildung in 92% der Ein-richtungen bereits geschehen. In 64% der Kitas werden auch schon mit dem Kinder-sprachtest KISTE die Sprachstandsfeststellun-gen mit den Kindern durchgeführt, die sich bei der WESPE als sprachauffällig zeigten. Die Anzahl der Kinder, die mit der KISTE getestet wurden, liegt in den einzelnen Landkreisen unterschiedlich hoch. In Oberhavel z. B. wur-1 Im Folgenden nur noch Landkreise genannt. Gemeint sind jedoch alle wur-14 Landkreise

und 4 kreisfreien Städte.

den insgesamt 109 Kinder in zehn Kitas getes-tet, in Spree-Neiße lediglich 19 Kinder in drei Kitas. Insgesamt wurden 510 Kinder in 69 Kitas mit der KISTE getestet. 80% der ErzieherInnen gaben dabei an, dass die Anwendung der KISTE 60 bis 90 Minuten pro Kind dauert. Dies ist ein ziemlich langer Zeitrahmen, in dem es nicht nur der Erzieherin schwerfällt, sich aus dem Gruppengeschehen „auszuklinken“, son-dern es auch für die Kinson-dern schwer ist, kon-zentriert dabei zu bleiben. Die KISTE muss nicht „am Stück“ mit den Kindern durchgeführt werden, die Testsituation kann sich auch auf zwei Tage verteilen.

Schlussendlich wurde mit 381 sprachauffälli-gen Kindern die Sprachförderung mit dem Pro-gramm Handlung und Sprache durchgeführt.

Dies sind durchschnittlich 27% der Kinder im Alter ein Jahr vor der Einschulung. Auch hier lässt sich zwischen den Landkreisen eine hohe Differenz ausmachen. Die Zahlen schwanken zwischen 15% und 57%.

Insgesamt wurden 89 Fördergruppen in 68 Kitas eingerichtet, verteilt über die zehn Land-kreise, die an dem ersten Fortbildungsdurch-lauf teilnahmen. Zwei Drittel der ErzieherInnen führen die Sprachförderung fünfmal pro Woche durch, meistens zwischen acht und zehn Uhr.

Eine Fördereinheit dauert dabei rund 40 Minu-ten. Dieser Zeitrahmen schließt in der Regel die Vorbereitungszeit mit ein, die es braucht, um die Kinder aus den Gruppen zu holen, den Raum vorzubereiten und hinterher wieder auf-zuräumen.

Die Umsetzung der kompensatorischen Sprachförderung im Jahr vor der Einschulung

ist nur möglich, wenn die Erzieherin, die die Sprachförderung durchführt, von ihren Kolle-gInnen unterstützt wird. Das wird bei 48% der Befragten durch das Team geleistet. Im glei-chen Atemzug wird jedoch auch von 44% der ErzieherInnen benannt, dass nicht ausrei-chend Personal in den Kitas vorhanden ist, um dieser Aufgabe gerecht zu werden.

Welche Faktoren sich als förderlich für die Umsetzung der kompensatorischen Sprachför-derung in den Einrichtungen gezeigt haben, sind:

• gute Räumlichkeiten, in denen ungestört mit den Kindern gespielt werden kann,

• eine, der Förderung angepasste Dienst-plangestaltung,

• zusätzliche Personalstunden,

• Unterstützung durch die Leitung und

• der Zuspruch und das Interesse der Eltern und des Trägers.

Natürlich haben wir auch danach gefragt, wie die ErzieherInnen rückblickend die Fortbildung einschätzen. Neben den positiven Rückmel-dungen, dass die Fortbildung als sehr „praxis-tauglich“ eingeschätzt wird, die eine hohe Qua-lität hat und starke Anforderungen an die Teil-nehmerInnen stellt, gibt es ebenfalls auch kriti-sche Anregungen. Diese bezogen sich häufig darauf, dass die Übungen und Spiele zu kurz kamen, besonders für spezielle Situationen mit dem Kind (die Testsituation mit der KISTE, För-dereinheiten mit Handlung und Sprache, der intuitive Mutter-Kind-Dialog) und Gespräche mit den Eltern über Sprachauffälligkeiten, die das Kind zeigt.

30 EIN FRAGEBOGEN…

Die Fortbildung ist gewachsen

Um die Anregungen aus der Praxis in die Fort-bildung einzubauen, findet nach jedem Fortbil-dungsdurchlauf eine Veranstaltung der Dozen-tinnen statt, die in der Fortbildung für die kom-pensatorische Sprachförderung tätig sind. Hier geht es zum einen um den reflexiven Erfah-rungsaustausch untereinander und zum ande-ren darum, wie die Qualität in den Fortbildun-gen erhöht werden kann, welche Inhalte besonders wichtig sind und was in unseren Möglichkeiten liegt, damit die ErzieherInnen die Sprachstandsfeststellung und die Förderung in der Praxis möglichst gut umsetzen können.

Wir haben die Fortbildung dahingehend über-arbeitet, dass die Anteile der Übungen stark gestiegen sind. Hier vielleicht kurz zum Ver-ständnis: Die Fortbildung besteht aus fünf jeweils zweitägigen Modulen (und einem Refle-xionstreffen einige Monate später). Das erste Modul, in dem es um die Grundlagen der kitain-tegrierten Sprachförderung geht, wird klarer strukturiert und gekürzt. Dadurch kann mehr Zeit für das zweite Modul gewonnen werden.

Dieses ist sehr theoretisch angelegt, es geht um die Grundlagen und die Bedeutung der Sprache, Sprachentwicklung und -förderung.

Das dritte und vierte Modul, praktisch die Herz-stücke der Fortbildung, werden noch stärker mit praxisnahen Beispielen unterfüttert, damit die TeilnehmerInnen viele Möglichkeiten haben, den Kindersprachtest KISTE und das Sprachförderprogramm Handlung und Spra-che zu üben. Das fünfte und letzte Modul mit dem Thema Zusammenarbeit mit Eltern wird in Zukunft noch ausreichend Zeit bieten, um im Nachhinein Fragen zu klären, die in den

Übungssituationen in der Praxis aufgetaucht sind. Zu fast jedem Modul wurden von den DozentInnen Zusammenfassungen und Über-sichten erstellt, die die Inhalte noch einmal dar-stellen und wertvolle und hilfreiche Tipps sowie weitere Anregungen bieten.

Weiterhin ist der Reflexionstag zu einem Stan-dard geworden. Die Fortbildung war ursprüng-lich mit zehn Tagen angedacht, jetzt sind es elf Tage mit insgesamt 88 Stunden.

Was jedoch bleibt, ist die hohe Anforderung an die ErzieherIn und das Team der Einrichtung.

Es muss auch neben den Fortbildungstagen Zeit investiert werden, um verschiedene Dinge noch einmal nachzulesen, über die Fortbil-dungsinhalte generell mit dem Team ins Gespräch zu kommen oder auch die Testsitua-tionen zu üben.

Schwierig bleibt die Handhabung der KISTE, da sie ein sehr aufwendiges Instrument ist. Auf der einen Seite gibt die Profilauswertung zum Sprachstand des einzelnen Kindes, die die Erzieherinnen machen, ein sehr detailliertes Bild wieder, auf der anderen Seite bleibt die Anwendung sehr zeitintensiv, selbst wenn das Instrument bekannt und vertraut ist.

Unterstützung der Praxis

Nachdem die Fortbildungen erfolgreich ange-laufen, und die Kitas dabei sind, die Sprach-standserhebung und Sprachförderung in der Praxis umzusetzen, geht es jetzt in einem nächsten Schritt darum, wie die Umsetzung in der Praxis gesichert und unterstützt werden kann. Dafür wurden vom Ministerium für Bil-dung, Jugend und Sport zusätzliche finanzielle Mittel bereitgestellt. Zum einen beinhaltet dies

Gelder, über die die Jugendämter verfügen können, um Personal und/oder Materialien zur Sprachförderung einzukaufen und dann in geeigneter Form an die Kitas weiterzugeben.

Zum anderen besteht die Möglichkeit, zwei zusätzliche Fortbildungstage in jedem Land-kreis anzubieten, die entsprechend dem indivi-duellen Bedarf im Rahmen der Sprachförde-rung genutzt werden können. Die Themen rei-chen dabei über eine breite Palette von „Refle-xion des Einsatzes der KISTE“, „Wie ist meine Rolle als LeiterIn, welche Aufgaben habe ich?“

bis hin zu allgemeinen „Informationstagen für die Träger der Einrichtungen“. Dieses Angebot wird durch die kommunalen Praxisberaterin-nen in den Landkreisen sehr gut genutzt. Es gibt in fast allen Landkreisen bereits Termine für ErzieherInnen, LeiterInnen oder auch Schulvertreter.

Ein weiteres Angebot, das die Fortbildungen flankierend begleitet ist das Internetforum (www.biff.eu). Hier sollen verstärkt die Profes-sionalisierung und die Unterstützungsmöglich-keiten in den Blick genommen werden. In dem Internetforum können regelmäßig die neuesten Infos zum Projekt nachgelesen werden. Das Ziel ist es, durch lebhafte Diskussionen einen Austausch zu initiieren, der alle Beteiligten in der Umsetzung der Sprachförderung in der Kita unterstützt. Es dauert lange, ein Internetfo-rum „in Betrieb“ zu nehmen, aber das „Rein-schauen“ lohnt sich immer.

Ein weiterer Dreh- und Angelpunkt der Imple-mentierung ist die telefonische Beratung im BIfF. Den ErzieherInnen und natürlich auch allen anderen Interessierten wird ein persönli-cher Kontakt geboten, der es erleichtern soll,

Fragen zu stellen, Kritik zu äußern und Anre-gungen zu geben.

Die Beratungsanliegen werden natürlich zur ständigen Weiterentwicklung der Fortbildungs-koordination und der fachlichen Qualität genutzt. Nichts ist an dieser Stelle hilfreicher, als die Rückmeldungen aus der Praxis, was gut läuft und was nicht gut funktioniert. Nur auf diesem Wege kann die Umsetzung gelingen und praxisnah sein.

Was passiert jetzt gerade?

Im Juli 2007 geht der dritte Fortbildungsdurch-lauf zu Ende (ohne das Reflexionstreffen mit einzubeziehen, dieses findet in dem Zeitraum Oktober/November 2007 statt). In diesem Durchlauf wurden das erste Mal knapp 320 TeilnehmerInnen geschult, da die Veranstaltun-gen erstmals in 16 Landkreisen und Städten gleichzeitig durchgeführt wurde.

Im Sommer 2007 haben knapp 720 ErzieherIn-nen im Land Brandenburg an der Fortbildung teilgenommen und sind die FachexpertInnen in ihren Einrichtungen für den Bereich Sprache, Sprachstandsfeststellung Sprachförderung.

Für das nächste Jahr ist geplant, ab dem Som-mer die Möglichkeit zu eröffnen, bei sehr hohem Bedarf eine zweite KollegIn aus dem Kitateam zu schulen. Dies trifft insbesondere für die Kitas zu, die sehr groß sind, in einem sozialen Brennpunkt liegen oder aufgrund von Krankheit oder Personalwechsel keine fortge-bildete ErzieherIn mehr haben.

Im September 2007 wird in folgenden Land-kreisen und Städten die Fortbildung wieder

32 EIN FRAGEBOGEN…

starten: Barnim, Cottbus, Dahme-Spreewald, Elbe-Elster, Havelland, Märkisch-Oderland, Oberhavel, Oberspreewald-Lausitz, Ostpri-gnitz-Ruppin, Potsdam-Mittelmark, Prignitz, Spree-Neiße, Teltow-Fläming, Uckermark.

Im Internetforum zur kompensatorischen Sprachförderung auf der Seite www.biff.eu/pro-jekte/sprache/sprache.html

finden Sie immer neue Informationen, aktuelle Kommentare und spannende Diskussionen rund um das Projekt.

Kontakt:

Katja Braukane

Berliner Institut für Frühpädagogik e.V. (BifF) Marchlewskistraße 101

10234 Berlin

Telefon: 030/74 73 58 66 E-Mail: buero@biff.eu