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Archiv "Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung: Über die EBM-Reform zu offensiven Zukunftsstrategien" (26.12.1994)

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Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

••

Uber die EBM-Reform

zu offensiven Zukunftsstrategien

Die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung hat das vom Vorstand vorgelegte Konzept für die EBM-Re- form einstimmig gebilligt. Damit sind nicht nur die Weichen für die künftige Honorarpolitik gestellt. Mit dem überzeugenden Votum der Delegierten signalisiert die Kassenärzteschaft darüber hinaus ihre Bereitschaft, sich geschlossen den Herausforderungen der

kommenden Jahre stellen zu wollen. In welchem Maße die Interes- sen der niedergelassenen Ärzte tatsächlich bedroht sind, hatte zu- vor Dr. med. Winfried Scharre in einer bemerkenswerten Grund- satzrede dargelegt. Zugleich zeigte der Vorsitzende der KBV aber auch Perspektiven auf, wie sich die Kassenärzteschaft in ei- nem zusehends schärfer werdenden Wettbewerb behaupten kann.

N

ach fast zweijähriger Diskus- sion über den künftigen Kurs in der kassenärztlichen Honorarpolitik ist die Grundsatzentscheidung jetzt gefal- len: Der Einheitliche Bewertungs- maßstab für ärztliche Leistungen (EBM) wird eine neue Struktur er- halten. Die Delegierten der KBV- Vertreterversammlung votierten auf ihrer Sitzung am Samstag, dem 10. Dezember 1994, einstimmig für das Konzept des Vorstandes, das im Deutschen Ärzteblatt, Heft 49/1994 bereits vorgestellt worden ist. Die Reform verfolgt im wesentlichen drei in sich abgestimmte Ziele:

Der neue EBM soll erstens un- ausgewogene Leistungsbewertun- gen korrigieren und angemessene Bewertungsrelationen herstellen.

Er soll zweitens eine medizinisch nicht begründbare Mengenentwick- lung wirksam begrenzen. Daraus folgend soll der neue Bewertungs- maßstab schließlich zu mehr Ho- norargerechtigkeit zwischen und in- nerhalb der verschiedenen Arzt- gruppen führen.

50 Leitleistungen als Orientierungsgrößen Die notwendigen Orientie- rungsgrößen für die anstehende Neubewertung erwartet der KBV- Vorstand von den Ergebnissen ei- ner betriebswirtschaftlichen Kalku- lation. Insgesamt 50 „Leitleistun- gen" sollen auf diese Weise auf an- gemessene Bewertung überprüft —

die Erkenntnisse dann auf entspre- chende „Nachbarleistungen" über- tragen werden, erläuterte Dr. med.

Lothar Wittek, Mitglied des KBV- Vorstandes und Vorsitzender der Gebührenordnungskommission.

Bereits jetzt stehe fest, daß es sehr viel mehr unterbewertete als zu hoch bewertete Leistungen gebe, so daß eine sachgerechte Korrektur zu.

einem Anstieg des Punktzahlvolu- mens in Höhe von rund 1,5 Milliar- den DM führen werde.

Das zweite Ziel der Reform, die wirksame Mengenbegrenzung, will der neue EBM hauptsächlich mit Hilfe komplexer Vergütungsfor- men erreichen. An erster Stelle steht dabei die arztgruppenspezifi- sche Ordinationsgebühr, in der die am häufigsten erbrachten, typi-

Das Plenum aus Sicht des KBV-Vorstandes: Neben den 110 Delegierten verfolgten zahlreiche Gäste und Beobachter die KBV-Vertreterversammlung. Fotos (8): Eifrig

Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 51/52, 26. Dezember 1994 (13) A-3545

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Vorstandskollegen (v.I.): Dres. Klaus Penndorf, Wolfgang Mohr und Roderich Nehls Dres. Peter Schwoerer, Lothar Wittek, Ulrich Oesingmann und Oliver Funken (v.r.)

Gespräch am Rande der Vertreterversammlung:

der KBV-Vorsitzende Dr.

med. Winfried Scharre (I.) und Dr. med. Klaus-Dieter Kossow, früheres KBV- Vorstandsmitglied und jet- ziger Vorsitzender des Be- rufsverbandes der Prakti- schen Ärzte und Ärzte für Allgemeinmedizin (BPA).

In der Mitte: KBV-Haupt- geschäftsführer Dr. jur.

Rainer Hess

schen Untersuchungs- und Bera- tungsleistungen zusammengefaßt sind.

Wie Dr. Wittek vor der Vertre- terversammlung erklärte, soll die Ordinationsgebühr aus den EBM- Nummern 1, 4, 8, 9, 10, 14, 61, 62

und 63 gebildet werden. Sie kann vom Arzt nur einmal im Quartal ab- gerechnet werden, und zwar beim ersten persönlichen Arzt-Patienten- Kontakt. Neben der Ordinationsge- bühr sieht der neue EBM ein soge- nanntes Therapiemodul vor. Damit

sollen bestimmte kleinere therapeu- tische und gegebenenfalls auch dia- gnostische Leistungen gesondert komplex abgegolten werden. Für alle weiteren Konsultationen des- selben Patienten im selben Quartal kann der Arzt Konsultationszu- schläge berechnen — auch für telefo- nische Kontakte.

Die zweite strukturelle Neue- rung betrifft die Bildung von ab- laufbezogenen Leistungskomple- xen. Hierbei ist an die Zusammen- fassung jener Leistungen gedacht, die immer in derselben Abfolge er- bracht werden müssen, beispiels- weise die einzelnen Verrichtungen bei der ambulanten Operation eines Karpaltunnelsyndroms oder etwa die Abfolge bei einer retrograden Pyelographie.

Schließlich sieht das EBM- Konzept frequenzabhängige Ab-

Abstimmung: Die Delegierten stimmten geschlossen für das vom Vorstand vorgelegte EBM-Konzept. Sitzungsleitung: Dr. med. Horst Kohne

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staffelungen bei Leistungen mit ei- nem hohen medizinisch-techni- schen Kostenanteil vor. Auch hier ist die betriebswirtschaftliche Kal- kulation eine wesentliche Voraus- setzung. Die Einführung solcher Abstaffelungen, so Dr. Wittek, kön- ne entweder stufenweise oder kon- tinuierlich erfolgen. Weil aber zuvor äußerst schwierige und aufwendige Berechnungen angestellt werden müßten, habe diese Maßnahme zwangsläufig nicht die höchste Prio- rität.

Die Vergütungsform für präventive Leistungen wird unver- ändert bleiben. Auch werden nach wie vor die meisten, überwiegend aufwendigen Leistungen einzeln vergütet. Komplettiert wird der neue Bewertungsmaßstab schließ- lich durch die hausärztliche Grund- vergütung.

Vorgespräche mit den Berufsverbänden

Daß das EBM-Konzept bereits im Vorfeld der Vertreterversamm- lung zwischen dem KBV-Vorstand und den Berufsverbänden erörtert worden war, machte sich im Verlauf der Versammlung positiv bemerk- bar. So zeichnete sich der grund- sätzliche Konsens über die neuen Strukturen recht bald ab. Nur ver- einzelt gab es Kritik an der Tatsa- che, daß überhaupt Leistungskom- plexe gebildet werden sollen. Viel- mehr richteten sich die Bedenken der Vertreterversammlung auf die gegenwärtig nicht voraussehbaren finanziellen Auswirkungen der Re- form. So meinte der niedersächsi- sche KV-Vorsitzende, Dr. med. Bo- do Strahl: „Den Grundsatzbeschluß können wir treffen. Einen Blan- koscheck wollen wir aber hier nicht ausstellen."

Aus den Reihen der Kas- senärztlichen Vereinigung Nord- rhein kam der Antrag, den neuen EBM erst nach Ablauf der Budge- tierungsphase, also frühestens zum 1. Januar 1996, einzuführen. Außer- dem sei vorab ein Probelauf anzu- beraumen. Dagegen spricht, daß der KBV-Vorstand die Reform der Gebührenordnung aus guten Grün-

den noch vor Ende der Budgetie- rungsphase abgeschlossen haben möchte. Wenn es nämlich um die dritte Stufe der Gesundheitsreform geht und zugleich der Wettbewerb der Krankenkassen einsetzt, dann Dr. med. Lothar

Wittek: Der Vor- sitzende der KV Bayerns und der KBV-Gebühren- ordnungskom- mission hat das EBM-Konzept maßgeblich mit- gestaltet. Das einstimmige Vo- tum der Vertre- terversammlung nach fast zwei- jähriger Vorar- beit ist für Dr.

Wittek auch ein

persönlicher Erfolg. Der zuletzt gefundene Kompro- miß erwies sich als konsensfähig für alle Gruppen.

will und muß der Vorstand der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung den Rücken frei haben, um Ant- worten geben können. Mit anderen Worten: Streiten sich die niederge-

Hausärzliche Grundvergütung Ordinationsgebühr

Therapiemodul

Konsultationszuschlag Prävention

Einzelleistungen

Einzelleistungen

Therapie

Ablaufbezogene

Leistungskomplexe

Die Grafik zeigt die „Bausteine" der EBM-Reform.

Neu sind in erster Linie die Ordinationsgebühr, das Therapiemodul und die Konsultationszuschläge.

lassenen Ärzte auch dann noch um die Grundlage ihrer Gebührenord- nungen, haben Politik und Kassen leichtes Spiel.

Dennoch: Die Furcht vor un- liebsamen Auswirkungen der Re- form bestimmte weiterhin die De- batte, bis Dr. med. Winfried Schor- re mit einer persönlich gehaltene- nen Erklärung in die Diskussion eingriff. Der KBV-Vorsitzende be- wies dabei jene Führungsstärke, die ihm von Kritikern in der Vergan- genheit wiederholt abgesprochen worden war. Schorre erteilte den Forderungen nach Modellversu- chen eine klare Absage, zeigte aber zugleich Verständnis für den Wunsch der Delegierten, über die zu erwartenden Auswirkungen in- fomiert zu werden.

„Ich stehe persönlich dafür ge- rade", sicherte Dr. Schorre zu, „daß die Interessen der Ärzteschaft im gemeinsamen Bewertungsausschuß mit den Kassen vertreten werden.

Ich stehe persönlich gerade für Transparenz und Informationen an Sie."

Der Einsatz des KBV-Vorsit- zenden zeigte Wirkung: Mit star- kem, lang anhaltendem Beifall do- kumentierten die Delegierten, daß sie dem Appell folgen wollen. In der sich anschließenden Abstim- mung ging der Leitantrag des KBV- Vorstandes glatt durch — jedoch in Verbindung mit einem Änderungs- antrag der Doctores Strahl und Kir- sten (beide KV Niedersachsen).

Danach soll neben die auch im Vorstandsantrag enthaltenen Mo- dellberechnungen über vier Quarta- le eine Parallelabrechnung für ein Quartal gestellt werden, um auf die- se Weise die vermuteten Auswir- kungen des neuen EBM zu über- prüfen. Weiter heißt es in dem Än- derungsantrag: „Alle Erkenntnisse, die vorliegen, sollen vor dem In- krafttreten des neuen EBM von der Vertreterversammlung bewertet werden und Änderungen des EBM aufgrund der vorliegenden Er- kenntnisse noch vor seinem Inkraft- treten bewirkt werden können."

Die Möglichkeit, auch nach der Einführung des neuen EBM kurz- fristig Korrekturen anbringen zu können, war zudem von vornherein Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 51/52, 26. Dezember 1994 (15) A-3547

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Gegenstand des Leitantrages. Ge- stützt auf das einstimmige Votum der Vertretersammlung wird der KBV-Vorstand als nächstes mit den Spitzenverbänden der Krankenkas- sen über die Grundsätze und die Struktur des neuen EBM verhan- deln. Anschließend wird es um die Bewertungsentscheidungen gehen.

Korrekturen und Nachverhandlun- gen sollen in allen weiteren Arbeits- schritten bis zur Einführung des neuen EBM möglich sein — notwen- dige Anpassungen schließlich mit der laufenden Überprüfung der Ab- rechnungsergebnisse erfolgen kön- nen.

Gefahr droht von den Krankenkassen Sollte all dies gelingen, kann die Kassenärztliche Bundesvereini- gung aus einer gestärkten Position heraus den großen gesundheitspoli- tischen Herausforderungen der nächsten Zeit begegnen. Darauf hatte Dr. Schorre bereits vor der Diskussion um den EBM in seinem Bericht zur Lage deutlich hingewie- sen. Der KBV-Vorsitzende warnte eindringlich davor, sich in der Dis- kussion über die Verteilung des ökonomischen Mangels zu verlie- ren, weil sonst andere über die Zu- kunft der Kassenärzte bestimmen

„und wir den Rest an beruflicher Freiheit dann auch noch verlieren werden".

Gefahr, fuhr Schorre fort, dro- he zum einen von den Krankenkas- sen, die ihren Wettbewerb mit Hilfe von Einkaufsmodellen auf den Schultern der Kassenärzte austra- gen wollen. Zum anderen fordere die Deutsche Krankenhausgesell- schaft eine weitergehende Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Funktionen — bis hin zu Fachambu- lanzen. Die Gesundheitsminister der Länder schließlich verfolgten.

ein Konzept, das die gesamte medi- zinische Versorgungsstruktur grundsätzlich verändern wolle.

Vor allem die Länderinitiative bereitet dem KBV-Vorsitzenden Sorgen. Denn: „Bei den derzeitigen Machtverhältnissen in der Bundes- republik droht hier echte Gefahr."

Gesetzesvorhaben, die der Zustim- mung des Bundesrates bedürfen, könnten entweder an dieser Hürde scheitern, oder anstehende Ent- scheidungen würden nach dem

„Lahnsteiner Modell" von einer

„Großen Koalition" gefällt, wobei dann die Handschrift der Oppositi- on deutlich erkennbar sein dürfte.

Gerade aufgrund der gegen- wärtigen Lage habe die Kassenärz- teschaft allerdings eine Reihe von Forderungen an die Politik zu stel- len, um die negativen Auswirkun- gen des Gesundheitsstrukturgeset- zes zu bereinigen. Allen voran: Das Budget müsse weg. Die Niederlas- sungswelle mit einem bislang bei- spiellos hohen Zugang von rund 10 000 Ärzten habe zu rückläufigen Fallzahlen und damit zu sinkenden Umsätzen geführt. Besonders be- troffen seien davon die Allge- meinärzte, Praktischen Ärzte, Kin- derärzte und Nervenärzte.

Die Kassenärzte in den neuen Ländern liegen mit ihren Umsätzen nochmals um durchschnittlich 22 Prozent dahinter zurück, was allein durch die höhere Grundlohnsum- menentwicklung in den nächsten Jahren nicht aufzuholen sein werde.

Hier bedürfe es darüber hinausge- hender Anstrengungen, um vor al- lem das Niveau der fachärztlichen Versorgung anzuheben und die nie- dergelassenen Ärzte gegenüber den staatlich geförderten Krankenhaus- fachambulanzen konkurrenzfähig zu machen.

Mit Blick auf das ambulante Operieren bekräftigte der KBV- Vorsitzende die Forderung nach Budgeterhöhungen: „Ambulante operative Leistungen werden, trotz gesetzlicher Förderung, heute nach Punktwerten vergütet, die unter de- nen des Jahres 1991 liegen." Schor- re drängt hier auf Sofortlösungen über das GKV-Anpassungsgesetz, das von Bundesgesundheitsminister Seehofer in absehbarer Zeit wieder aufgegriffen werden wird.

Verärgert zeigte sich der KBV- Vorsitzende über die eklatante Un- gleichbehandlung der ambulanten und stationären Versorgung. So drängten die Kassen schon seit Be- ginn der Budgetierungsphase auf die Einführung neuer Leistungen —

ohne Rücksicht auf die Tatsache, daß durch die gestiegenen Arztzah- len das vertragsärztliche Honorar- budget ohnehin übermäßig belastet sei. Während aber für die Kranken- häuser bei einer Erweiterung des Leistungsspektrums durchaus Bud- getanhebungen ermöglicht werden, gelte dies im niedergelassenen Be- reich als völlig indiskutabel und werde als Bruch der Verabredung von Lahnstein behandelt.

Beim Arzneimittelbudget steht die Kassenärztliche Bundesvereini- gung vor dem Problem, daß aus bundesweiter Sicht das Budget zwar voraussichtlich nicht überschritten werden dürfte, einzelne Kassenärzt- liche Vereinigungen aber mit ihren regionalen Budgets nicht hinkom- men werden. Dr. Schorre dazu:

„Wir lehnen für das Jahr 1994, auch wenn es regional zu Überschreitun- gen kommt, eine Haftung der Kas- senärztlichen Vereinigungen für re- gionale Budgetüberschreitungen kategorisch ab und werden alle Rechtsmittel ausschöpfen, um sol- che Haftungen auszuschließen."

Im Zusammenhang mit den ge- setzlichen Auflagen des Gesund- heitsstrukturgesetzes ging Dr.

Schorre schließlich auch nochmals auf die Gliederung der ambulanten Versorgung in einen hausärztlichen und fachärztlichen Bereich ein.

Während sich die KBV mit dem moderat gestalteten Hausarztver- trag um innerärztliche Konfliktlö- sung bemüht habe, entfache nun die Forderung der Gesundheitsminister der Länder nach Einführung des Primärarztsystems die Kontroverse aufs neue.

Getrennte Vergütung noch kein Thema Im Rahmen dieser Diskussion werde nun aus den Reihen der Hausärzte die Forderung laut, die Gesamtvergütung zu trennen.

Schorre griff dies in seinem Bericht zur Lage auf und sagte: „Wir müs- sen emotionslos die Möglichkeiten oder die Notwendigkeit einer ver- traglichen Vereinbarung entspre- chender Teilbudgets überprüfen, um auf dieser Grundlage das

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arbeitsteilige Zusammenarbeiten zu verstärken und insbesondere die ambulante Abklärung von Krank- heitsbildern vor Krankenhausein- weisung durch eine intensivere Ko- operation zu gewährleisten. Ande- rerseits müssen wir uns die Frage vorlegen, ob in einer solchen Bil- dung von Teilbudgets der Gesamt- vergütung nicht die Spaltung der Kassenärzte eher forciert als bekämpft wird und diese damit un- ter allen Umständen zu vermeiden ist."

Eine solche Diskussion, sagte der KBV-Vorsitzende, könne aber nicht auf dieser Vertreterversamm- lung geführt werden. Vor allem dür- fe die anstehende EBM-Entschei- dung nicht an einer derartigen Strukturfrage scheitern. Statt des- sen lenkte Dr. Schorre die Auf- merksamkeit der Delegierten auf die notwendigen Handlungskon- zepte, mit deren Hilfe die KBV die Positionen der Kassenärzteschaft sowohl im Wettbewerb der Kran- kenkassen als auch gegenüber den Vorstellungen der Politik durchset- zen will.

Die Forderungen zum GKV- Anpassungsgesetz seien klar abge- steckt: Anhebung der hausärztli- chen Vergütung und des Budgets für das ambulante Operieren, Mög- lichkeiten zur Budgetanhebung ins- besondere für die Einführung neuer Leistungen, Angleichung der Ver- gütungen in den alten und neuen Bundesländern sowie der ver- tragsärztlichen Vergütungen in Ber- lin und die Ermöglichung von Er- probungsregelungen in der ver- tragsärztlichen Versorgung.

Starken Beifall erntete Dr.

Schorre für seine Stellungnahme gegenüber den Wettbewerbsideen der Krankenkassen: „Wir dürfen nicht zulassen, daß die Krankenkas- sen einzelne Ärzte zu den ihnen ge- nehmen Bedingungen für von ihnen einseitig entwickelte Versorgungs- strukturen einkaufen, sondern wir müssen auf solidarischer Grundlage der Vertragsärzte von uns aus den Krankenkassen alternative Versor- gungsstrukturen als Vertragsange- bot anbieten."

Mit anderen Worten: Die KBV will dem Einkaufsmodell der Kas-

sen ein „Verkaufsmodell" unter der Regie der Kassenärztlichen Vereini- gungen entgegenstellen. Ansätze dazu finden sich bereits im Eck- punktepapier der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Weiterent- wicklung des Gesundheitswesens.

Der Vorstand, sagte Dr. Schorre in diesem Zusammenhang, habe sich in einer Klausurtagung mit der Er- arbeitung konkreter Kooperations- modelle befaßt und werde sein ent-

sprechendes Handlungskonzept in Kürze vorstellen.

Auf denVorstoß der Deutschen Krankenhausgesellschaft, die das ambulante Behandlungsrecht für Krankenhausärzte zum Ziel hat, reagierte der KBV-Vorsitzende ebenso offensiv. Gegensteuern wer- de die KBV über die Qualität der ambulanten Versorgung in Verbin- dung mit der Präsenz und einem guten Notdienst, mit der Übernah- me neuer Aufgabenfelder in den Bereichen Rehabilitation und Pfle- ge sowie mit organisatorischen Ver- besserungen der eigenen Versor- gungsstrukturen.

„Wenn es uns gelingt, über die- sen Weg und eine kritische Einwei- sungspraxis die Tätigkeit im und am Krankenhaus zu begrenzen auf die wirklich stationäre Strukturen er- fordernden Krankheitsfälle, dann ließen sich so auch noch die immen- sen Kosten im Krankenhaus redu- zieren", fügte Dr. Schorre hinzu.

Die Vertreterversammlung selbst verabschiedete dazu eine Entschließung, in der sich die Dele- gierten entschieden gegen die Pläne der Deutschen Krankenhausgesell- schaft aussprechen. Darin heißt es unter anderem: „Die Weiterent- wicklung des Gesundheitswesens muß vom Grundsatz getragen sein, Patientenprobleme auf der jeweils angemessenen und damit kosten- günstigsten Ebene zu lösen. Eine

Fast 90 Minuten dauerte der Bericht zur Lage des KBV- Vorsitzenden. Dr. med. Win- fried Schorre zeigte dabei die Gefahren auf, denen sich die Kassenärzteschaft in naher Zukunft gegenüber- sieht. Mit entsprechenden Handlungskonzepten will sich die KBV an der Diskussi- on um die dritte Stufe der Gesundheitsreform beteili- gen. Insbesondere geht es dabei um Alternativen zum Einkaufsmodell der Kran- kenkassen und zur Auswei- tung der Krankenhäuser auf die ambulante Versorgung.

Schorres Rede zeigte Per- spektiven auf, die Delegier- ten reagierten mit Beifall.

zunehmende fachärztliche Versor- gung an den Krankenhäusern ist nicht nur unwirtschaftlich, sie macht eine wohnortnahe Versor- gung unmöglich und führt zwangs- läufig zu Wartelisten."

Die KBV sieht unterdessen an- dere Möglichkeiten, die ambulante und stationäre Versorgung besser miteinander zu verzahnen. Sie will den Weg für eine freiberufliche Tätigkeit am Krankenhaus ebnen und damit zugleich den Druck auf hochspezialisierte und hochqualifi- zierte Krankenhausärzte zur Nie- derlassung in eigener Praxis abbau- en. Dr. Schorre verwies in diesem Zusammenhang auf Überlegungen, die zur Zeit zwischen der Bundes- ärztekammer, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Mar- burger Bund angestellt würden. Da- bei solle geprüft werden, ob ein ent- sprechendes Vertragsmodell erstellt und in Modellversuchen erprobt werden könne. Josef Maus Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 51/52, 26. Dezember 1994 (17) A-3549

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