Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 22⏐⏐30. Mai 2008 A1237
B R I E F E
Der selbstbestimmte Suizid zur Beendigung eines absehbaren (Krebs)-Leidenstodes ist eine indivi- duelle Entscheidung.
Wir Ärzte machen uns die Diskussi- on leicht, haben wir doch in der ge- gebenen Situation die Mittel und Möglichkeiten, uns von unseren Lei- den zu befreien (z. B. Sigmund Freud). Dies unseren Patienten mit dem teilweise schmerzhaften und entwürdigenden Tod vor Augen zu versagen, ist bigott. Auch die Zusi- cherung: Wir lindern palliativ allen Schmerz und alle Angst, reicht nicht immer aus. Eine Todesmaschine ist aber ganz sicher nicht die Lösung.
Ich möchte das Vorgehen im US- Staat Oregon anführen (aerzte- blatt.de vom 27.9.2007 und Spek- trum der Wissenschaft 6/2006). Dort wird Pentobarbital in letaler Dosis an Patienten mit begrenzter Lebenszeit ausgegeben; nach ärztlichem Urteil – besonders zum Ausschluss psychia- trischer Erkrankungen. Nicht wie bei teuren Sterbehilfeorganisationen mit Begleitung, sondern zu Händen des Patienten. Die Patienten haben das Medikament dann vorrätig, und kön- nen es selbstbestimmt benutzen. Die Patienten erhalten damit einen Not- anker, wenn die gesamten und re-
flektierten Umstände ein Ende not- wendig machen. Erstaunlich selten wird davon Gebrauch gemacht. Hier- bei handelt es sich dann um eine „er- trägliche, selbstbestimmte Selbsttö- tung“.
Matthias Ertel,Ahornweg 10, 27299 Langwedel
ORGANSPENDE
Der Hirntod muss nach Ansicht der Bundesärztekammer das Kriterium blei- ben, um Organe ent- nehmen zu dürfen (DÄ 16/2008: „Non- Heart-Beating-Donors: ,Herztote‘ Organ- spender“ von Dr. med. Vera Zylka-Men- horn und Dr. rer. nat. Nicola Siegmund- Schultze).
Klare Absage
Einmal davon abgesehen, dass ich persönlich das Konzept der Non- Heart-Beating-Donors aus medizini- scher und ethischer Sicht nicht teilen kann, hat auch der Gesetzgeber in Deutschland Teilhirntodkonzepten eine klare Absage erteilt. Zwar heißt es in § 3 Abs. 1 Nr. 2 Transplantati- onsgesetz (TPG): „Die Entnahme
von Organen ist . . . nur zulässig, wenn . . . der Tod des Organspenders nach Regeln, die dem Stand der Er- kenntnisse der medizinischen Wis- senschaft entsprechen, festgestellt ist.“ Dabei weist er die Richtlinien- kompetenz der Bundesärztekammer zu und lässt diese die Verfahrensre- geln bestimmen, nach denen der Tod nachzuweisen ist. Gleichzeitig heißt es aber in § 3 Abs. 2 Nr. 2 TPG: „Die Entnahme von Organen ist unzuläs- sig, wenn . . . nicht . . . der endgülti- ge, nicht behebbare Ausfall der Ge- samtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms . . . festgestellt ist.“ Damit ist per Gesetz eine Mindestanforderung für die To- desbestimmung festgelegt, hinter der auch die Ärzteschaft nicht zurück- bleiben kann und darf. Damit lässt sich das Konzept der Non-Heart- Beating-Donors in Deutschland ohne eine Änderung des TPG nicht umset- zen. Ich hielte es bei der ohnehin schwierigen Akzeptanz der Organ- spende auch für kontraproduktiv, und das Vertrauen in die Transplantati- onsmedizin würde nachhaltig er- schüttert.
Dr. Sven Eisenreich,
Hospital zum heiligen Geist GmbH, Lange Straße 4–6, 60311 Frankfurt am Main