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Archiv "Wer darf die Ärzteschaft informieren?" (16.10.1975)

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Die Information:

Bericht und Meinung

Vorwurf zu ersparen, nicht recht- zeitig jeden einzelnen Kassenarzt darauf aufmerksam gemacht zu ha- ben, daß gerade heute mit einem weiteren Anstieg der Kosten im ambulanten Bereich, der nicht mit der Ausweitung der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu begründen ist, Auswirkungen verbunden sein können, die dann nicht nur die wirtschaftliche Situa- tion jedes einzelnen Kassenarztes drastisch beeinflussen, sondern die ihm möglicherweise durch eine Sy- stemänderung auch unwieder- bringbar den Rest seines freien ärztlichen Handlungsspielraums entziehen könnten.

Erkennen wir alle die Zeichen der Zeit!

Bemühen wir Kassenärzte uns, in dem so guten System ambulanter ärztlicher Versorgung in unserer Bundesrepublik durch verantwor- tungsvolles Handeln zu beweisen, daß dieses System neben der frei- en Arztwahl und der Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versor- gung unserer Bevölkerung durch freipraktizierende Ärzte auch ko- stengünstiger ist als alle anderen Versorgungssysteme, dann habe ich trotz der heute so schwierigen Zeit die Zuversicht, daß es gelin- gen wird, die bisherigen Gegeben- heiten in ihrem Grundsatz auch in der in Kürze zu erwartenden ge- setzlichen Neuregelung der Reichsversicherungsordnung zu erhalten.

Erkennen wir auch alle, daß die kassenärztliche Selbstverwaltung, und damit die Stellung der deut- schen Kassenärzte, heute mehr denn je nur so stark ist, wie jeder einzelne Kassenarzt sie durch sein tagtägliches Wirken macht.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Hans Wolf Muschallik Erster Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung 5 Köln 41 (Lindenthal) Haedenkampstraße 3

Wer darf

die Ärzteschaft informieren?

Prof. Dr. jur. habil. Günther Kü- chenhoff, emeritierter o. ö. Profes- sor der Universität Würzburg, hat in einem Privatgutachten der Arz- neimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (Ausschuß der Bundes- ärztekammer) das Recht bestritten, durch ihre Bekanntgaben die Ärz- teschaft über Probleme der Arznei- behandlung zu informieren. Sie sei zu „amtsähnlichen Verlautbarun- gen nicht befugt".

Seine privatgutachtlichen Ausfüh- rungen sind in der Zeitschrift „Die Sozialgerichtsbarkeit" veröffent- licht worden. Soweit seine Angriffe rein juristische Probleme berühren, werden sie von kompetenter juristi- scher Seite beantwortet werden.

Soweit sie aber die ärztliche Sorg- faltspflicht auf dem Arzneimittel- sektor betreffen, bedürfen einige Punkte schon jetzt der Klärung.

I. Es überrascht, daß das so wichti- ge Problem der Verantwortung des einzelnen Arztes bei der Arzneiver- ordnung (Abwägen von Nutzen und Risiko) in den Küchenhoffschen Darstellungen kaum eine Rolle spielt.

Warum ärztliche Beobachtungen über unerwünschte Arzneimittel- wirkungen gesammelt, ausge- wertet und international verglichen werden müssen und warum dies seit 1961 in enger Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisa- tion und mit dem Bundesgesund- heitsamt getan wurde, wird von Kü- chenhoff überhaupt nicht berück- sichtigt. Die Zusammenarbeit der Arzneimittelkommission der deut- schen Ärzteschaft mit dem Bundes- verband der Pharmazeutischen In- dustrie- e. V. zum Schutz der Ver- braucher findet keine Erwähnung,

— ebenso wenig wie ihre intensive Mitarbeit an der Vorbereitung des ersten und zweiten deutschen Arz- neimittelgesetzes.

II. Weder die Contergan-Katastro- phe noch das „Estil-Urteil" des Bun- desgerichtshofes vom 11. 7. 1972 scheinen Küchenhoffs Überlegun- gen beeinflußt zu haben. Dabei sind für die Informationsarbeit der Arzneimittelkommission der deut- schen Ärzteschaft auch juristische Zitate von großer Bedeutung:

1. Im schriftlichen Einstellungsbe- schluß der Ersten Großen Straf- kammer des Landgerichts Aachen vom 30. 4. 1971 im sog. Contergan- Verfahren wird u. a. ausdrücklich hervorgehoben:

„Es kann nach Auffassung der Kammer keinem Zweifel unterlie- gen, daß das Interesse des Ver- brauchers, sich durch die Einnah- me eines Arzneimittels keiner Schädigung seiner Gesundheit auszusetzen, dem Interesse des Arzneimittelherstellers an einem uneingeschränkten Vertrieb seines Präparates vorzugehen hat. Die Gesundheit ist das höherwertige Rechtsgut."

„Die Kammer übersieht dabei nicht, daß dem Verbraucher gege- bene Warnhinweise — worauf ins- besondere Professor Kreienberg hingewiesen hat — auch zu einer Verunsicherung des Verbrauchers führen können. Doch ist diese Ge- fahr, zumindest bei ersetzbaren Arzneimitteln, nicht sehr hoch zu veranschlagen, weil der Verbrau- cher, falls er infolge gegebener Warnhinweise Bedenken hat, ein bestimmtes Mittel weiterzunehmen, auf therapeutisch gleichwertige, aber unschädliche Präparate aus- weichen kann."

„Die Kammer verkennt zwar nicht, daß die Arzneimittelkommission keine hoheitlichen Befugnisse hat.

Man hätte aber gleichwohl bei- spielsweise erwarten können, daß sie angesichts der unzureichenden Informierung der Ärzte durch die Firma Chemie-Grünenthal selbst die Ärzte schnell und ausführlich über den gegen Contergan beste- henden Verdacht unterrichtete.

Auch durfte sie sich nicht zu sehr auf die Angaben des Herstellerwer- kes verlassen, deren Unvollstän- digkeit sie frühzeitig erkannt hat- te."

DER KOMMENTAR Sparsamkeit

2882 Heft 42 vom 16. Oktober 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(2)

2. Im sogenannten "Estii-Urteil" des Bundesgerichtshofes vom 11. Juli 1972 wird der ärztlichen Informa- tion über unter Umständen gefähr- liche Arzneimittel-Nebenwirkungen ebenfalls große Bedeutung zuge- messen. An die Aufklärung über mögliche Gefahren, die von Arznei- mitteln ausgehen, seien besonders strenge Anforderungen zu stellen, - ohne Rücksichtnahme auf die Absatzinteressen des Herstellers.

Auch sei es keineswegs zuläs- sig, eine bestimmte Zwischenfalls- quote von vornherein in Kauf zu nehmen.

Die Pflicht der Gefahrenvermei- dung treffe in erster Linie den Arzt, weil er - in Abstimmung mit dem Patienten - Herr der Behandlung bleiben müsse. Die gleiche Verant- wortung und Sorgfaltspflicht gelte aber auch für den Hersteller, zumal wenn er durch intensive Arztwer- bung Einfluß auf die therapeuti- sche Entscheidung des Arztes er- strebe und gewinne.

111. Der Umgang mit den modernen Arzneimitteln der technischen Weit ist - das dürfte unbestritten sein schwierig. Die Arzneiverord- nung erfordert komplizierte Überle- gungen über Wirksamkeit und Un- bedenklichkeit, viel präsentes Wis- sen und daher auch zuverlässige und aktuelle wissenschaftliche In- formationen. Anders ist eine hinrei- chende Übersicht und Auswahl nicht möglich.

..,.. Je besser die Information und Rückinformation innerhalb der Ärz- teschaft funktioniert, desto mehr an Arzneimittelsicherheit kommt dem Patienten zugute. Die Arzneimittel- kommission der deutschen Ärzte- schaft, die seit Jahren mit den Bundes- und Länderbehörden und ihren Ausschüssen eng zusammen- arbeitet, betrachtet diese verant- wortungsvolle Informationsarbeit als wichtige ärztliche Aufgabe und Berufspflicht.

Auch die Öffentlichkeit wird gewiß kein Verständnis dafür haben, wenn die Arbeit der Arzneimittelkommis- sion mit versteckten Drohungen zu stören versucht wird. DÄ

Bundesärztekammer plant Seminar

über Filmgestaltung

Ein neuartiges Seminar für "filmen- de Ärzte" wird von der Bundesärz- tekammer vorbereitet. Es gibt in der Bundesrepublik, schätzungs- weise, einige Dutzend Ärzte, die (zumeist als Autodidakten) bereits seit Jahren innerhalb ihrer Lehr- oder Fortbildungsarbeit mit dem Medium Film arbeiten. Viele von ih- nen hatten bisher kaum die Mög- lichkeit, sich entsprechende film- technisch-dramaturgische Grund- kenntnisse anzueignen. Vor allem an diesen Kreis richtet sich das

Die Information:

Bericht und Meinung NACHRICHTEN

Seminar, das an drei Wochenen- den Anfang 1976 stattfinden soll (27./29. Februar; 26./28. März; 23./

25. April). Mit der Entwicklung des Programms und der Leitung des Seminars wurde ein bekannter Fachmann beauftragt: der Film-Au- tor, Regisseur und Produzent Dr.

Pierre Kandorfer (Köln und Mül- heim/Ruhr).

Weitere namhafte Experten wurden für die Arbeit gewonnen. So wer- den Hans Mahl (Gesundheitsmaga- zin "Praxis"), Dr. Günter Siefarth ("Bilder aus der Wissenschaft"), Winfried Göpfert (ARD-Ratgeber

"Gesundheit") und der vielfache Medizinfilm-Preisträger Dr. med.

"Umfassende Krankenversicherung"

Erwerbstätige nach Art der Krankenkasse und Stellung im Beruf lin10001

Krankenkasse

AOK und ähnliche 1.1LI6 1.010 2.947 11.859

Ersatzkassen..... 474 138 261 5.490 333

Private Krankenvers. 646 200 808 300 20

nicht versichert... 32 8 7 7

insgesamt' 12.528

t

11.492

~ !

2.086

t

18.744

t

112.213 ..

(ondor

Der Krankenversicherungsschutz der Erwerbstätigen in der Bundesrepublik Deutschland ist nahezu umfassend. Eine Aufgliederung der Erwerbstätigen nach Art der Versicherung und Stellung im Beruf ergibt: Mit rund 40 Pro- zent sind die Beamten weitaus häufiger privat krankenversichert als alle üb- rigen Berufsgruppen. 50 Prozent der Beamten sind gesetzlich versichert oder haben Heilfürsorge der Polizei beziehungsweise der Bundeswehr. Die übrigen Erwerbstätigen sind meist versicherungspflichtig und Mitglied der Orts-, Betriebs- oder landwirtschaftlichen Krankenkasse oder einer Ersatz- kasse. Freiberufler und Selbständige sind zu 25 Prozent privat versichert, mithelfende Familienangehörige zu 13 Prozent. Die Angestellten - zumeist versicherungspflichtig - sind mit 63 Prozent, also weit überwiegend, ln den Ersatzkassen und zu gut einem Drittel in den Pflichtkrankenkassen versi- chert. Fast jeder zehnte Erwerbstätige verfügt außerdem über eine zusätzli-

che private Krankenversicherung. WZ/DÄ

DEUTSCHES ARZTEBLA'IT Heft 42 vom 16. Oktober 1975 2883

Referenzen

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