• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "„Wer Kassenarzt werden will, braucht einen langen Atem”" (27.08.1990)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "„Wer Kassenarzt werden will, braucht einen langen Atem”" (27.08.1990)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

TAGUNGSBERICHTE

Für den technischen Dienst im Baden-Badener Kurhaus stand das Ergebnis des berufspoliti- schen Seminars im Rahmen der Medica offenbar von vornherein fest: „Kassenarzt - ein Berufs- ziel", hatte der Hausmeister in großen Buchstaben auf das Hin- weisschild im Foyer montiert - ohne Fragezeichen. Im Sinne des Erfinders, sprich Referenten, war dies freilich nicht. Im Ge- genteil: Dr. med. Klaus-Dieter Kossow, Erster Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen und Vorstands- mitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, hatte ganz bewußt ein Fragezeichen hinter das Thema des Abends gesetzt.

A

uch wenn der Hausmeister anderer Meinung ist", nahm Kossow die unfrei- willige Vorlage schlagfer- tig auf, „könnte es das Thema doch in sich haben." Nicht anders sahen es wohl die Teilnehmer des gut besuch- ten Seminars, die etwa zur Hälfte aus der DDR kamen Sie besonders wollten wissen, ob „Kassenarzt"

denn tatsächlich ein Berufsziel sei, das angestellten Ärzten den Weg in die Niederlassung lohnend erschei- nen lasse.

„Wenn man diese Frage aus rein finanziellen Erwägungen heraus stellt, hieße die Antwort sicherlich nein", sagte Kossow. „Denn auch im angestellten Bereich gibt es eine or- dentliche Vergütung." Allerdings ha- be die Tätigkeit als Kassenarzt, die genau genommen kein eigenständi- ges Berufsbild, sondern lediglich ei-

ne besondere Form der ärztlichen Berufsausübung darstelle, trotz bü- rokratischer Einengung schon mehr Freiheiten zu bieten.

Gesetzliche Vorgaben und Richtlinien machten zwar aus dem Arzt-Patient-Kontakt eine „geregel- te Begegnung", doch was wären die Alternativen? Im Extrem ein „verge- sellschaftetes" System mit aus- schließlich angestellten Ärzten oder aber die „freie Wildbahn" Marke USA. Beides, so Dr. Kossow, könne wohl kaum mit der kassenärztlichen Versorgung hiesiger Prägung kon- kurrieren.

Kriterien für Erfolg oder Mißerfolg

Wie sich nun der einzelne Arzt im System der kassenärztlichen Ver- sorgung zurechtfinde, hinge ent- scheidend von ihm selbst ab. Kos- sow: „Es reicht nicht aus, einfach ein guter Arzt zu sein. Der Kassenarzt muß zudem in der Lage sein, seinen Arbeitsplatz bis ins Detail selber zu organisieren, unternehmerisch zu denken und Belastungen auszuhal- ten."

Wichtige Kriterien für Erfolg oder Mißerfolg in der Kassenpraxis seien vor allem anderem:

• die Standortwahl der Praxis,

• eine solide Praxisfinanzie- rung,

• das richtige Augenmaß bei den Investitionen,

• ein gutes Verhältnis zu den Patienten im Praxisalltag.

„Wer heute Kassenarzt werden will, braucht eine sehr qualifizierte

Vorbereitung, eine hohe Qualität in seinen Leistungen und nicht zuletzt einen langen Atem." Warum dies so ist, erläuterte Kossow an der Arzt- zahlentwicklung in der Bundesrepu- blik. Der sogenannte Altersberg von Kassenärzten über 60 Jahren sei in- zwischen weitgehend abgebaut. Heu- te träfen junge Ärzte auf „eine Mau- er von gut eingesessenen, noch reich- lich 20 Jahre wettbewerbsfähigen 40jährigen, die ihre Praxen bestens ausgerüstet haben".

In den vergangenen zwei Jahr- zehnten sei die Versechsfachung der Arztzahlen problemlos geschluckt worden, was in den kommenden 20 Jahren ganz sicher nicht mehr gelin- gen werde. Kossow: „Heute liegt das Durchschnittsalter der Kassenärzte um 15 Jahre niedriger." Vor diesem Hintergrund sei die Prognose, daß in absehbarer Zeit Praxisinvestitionen in Höhe von mehr als 300 000 DM nicht mehr möglich sind, alles ande- re als gewagt.

Und eine weitere Prognose: Im- mer mehr Ärzte werden sich in einer Gemeinschaftspraxis niederlassen.

Schon jetzt ist jeder fünfte Kassen- arzt in dieser Praxisform tätig — eine Kooperationsform, die im Span- nungsfeld von weiter steigenden Arztzahlen und gleichzeitig anhal- tendem Druck auf die Gesundheits- kosten zahlreiche Vorteile bietet.

Daß dabei die Gebiets- und Fachzugehörigkeit sehr viel weniger die wirtschaftliche Lage des Kassen- arztes bestimmt, als häufig angenom- men wird, verdeutlichte Kossow in diesem Zusammenhang an den Um- satzzahlen verschiedener Arztgrup- pen im Verhältnis zu den anteiligen Betriebskosten. Sein Rat an nieder- lassungswillige Ärzte:

„In der Höhe der Investitionen liegt mit das größte Risiko. Hier soll- te man besonders gründlich darüber nachdenken, was man für notwendig hält."

Kossows Fazit nach der gut zweistündigen Veranstaltung in Ba- den-Baden: Kassenarzt ist nach wie vor ein Berufsziel, wenn man sich persönlich dem zunehmenden Wett- bewerb gewachsen fühlt. Der Haus- meister im Kurhaus von Baden-Ba- den lag also wohl doch nicht so ver- kehrt . . . JM

„Wer Kassenarzt werden will, braucht einen langen Atem”

Viele DDR-.Ärzte beim berufspolitischen Seminar mit Dr. Kossow in Baden-Baden

Dt. Ärztebl. 87, Heft 34/35, 27. August 1990 (25) A-2529

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Wenn heute die deutsche Polarforschung wieder zu größeren Unternehmungen aufbricht und mit dem Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven endlich auch über ein eigenes

Dabei wurde herausgearbei- tet, daß individuelles Lernen nicht mit organisationellem Lernen gleichzusetzen ist, obwohl eine Organisation nur durch die Erfahrungen und Handlungen

Bei einer überhöhten oralen Dosis jedoch ist die Kapazität der Leber während dieser ersten Passage rasch erschöpft und ein entsprechender Teil des Nalo- xons gelangt unverändert in

Der Gemeinderat beantragt dem Einwohnerrat als rechtliche Grundlage für die Bewirtschaf- tung des Parkraums in Riehen die Verabschiedung einer entsprechenden Ordnung.. An-

kis als Umbildung von ki scheitert daran, daß in diesem Fall auch andere wortscbließende k{i) zu kis hätten werden mUssen. Übrigens bleiben für den, der dieses ki-s anders

Dieser Ablativ bezeichnet einen Gegenstand (oder eine Person), von. dem (bzw. der) ein anderer Gegenstand (oder eine andere

der Kulturrevolution in China eine starke religiöse Komponente zugesprochen.. Bei näherer Uberprüfung läßt sich diese Diesseits-Jenseits-Un¬.. terscheidung, so sehr sie

In der gemeinsamen Sitzung der beiden Vorstände sah es zeit- weise zwar so aus, als nähere man sich einem solchen Kom- promiß, vorausgesetzt freilich, auch die Entscheidungsgremien