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IOK, ursprüngliches Substantiv zu trennen von — o
(—tti). ursprünglichem Pronoxninalstamm.
Von ' Fritz Hommel.
Die schon öfter — so zuletzt von Stade — vermuthungs¬
weise ausgesprochene Ansicht, iSJtJ, das gewöhnliche Pronomen
relativum des Hebräischen, sei ein ursprünghches Substantivum
Ö-E
und nach dem bekannten semitischen Lautgesetz mit arab. ^
,Spur, Ort", äth. /iXUC* „Spur", syr. „Ort, Wohnsitz",
„nach", „hinter — her", wozu jetzt noch das assyrische a&ru „Ort" *)
kommt, zu identificiren, hat neuerdings durch Dr. A. G. Sperling ')
eine ziemhch eingehende imd nicht ungeschickt durchgeführte
Widerlegung erhalten. Theils nun, um dieselbe zu entkräften,
theils um der Ansicht Stades einige neue zwingende Beweise aus
dem Assyrischen zur Bekräftigung hinzuzufügen, habe ich die
folgenden Ausführungen zusammengestellt, durch welche ich die
Sache ihrem Ahschluss näher gebracht zu haben hofife.
Dass das weder an Zahl noch an Geschlecht gebundene "ittjN
auf den ursprünghchen unbestimmten relativen Begriff' „wo" *)
zurückgeht, der, zumal wenn iibn als Object stehen soll, erst durch
zurückweisende Pronominalsuffixa näher bestimmt werden muss,
konnte wohl nie in Abrede gesteUt werden. „Zu grosse An¬
forderungen aber würden" (sagt Sperling) „an die geschichtliche
VorsteUung sprachhcher Wandlung der Bedeutung gestellt, wenn
man den Uebergang eines Subst. „Ort" in den relativen Begriff
1) In den „Morgenländischen Forschungen" S. 187, Anm. 2.
2) passim, so z. B. aiar piristiiunv „der Ort ihrer Orakel" Asurb. VI, 48.
3) Die Nota Relationis im Hebräischen. Ein Beitrag zur hebräischen Lexicographie und Grammatik. Leipzig 1876.
4) Vgl. das schon von Stade angeführte analoge „wo" der süddeutschen micht blos thüringischen) Dialecte; so sagt man im Fränkischen allgemein „der Mann, wo kommt", .,der. wo jetzt fortgeht" etc.
4 9 *
Hommel, Itit» urtpräiigUche* Substantiv ete. 709
„WO u. s. w.', wie ihn i^ repräsentirt, annehmen wollte'. Auf
diese Weise ist aUerdings die Schwierigkeit schneU und dictatorisch
aus dem Weg geräumt; bevor wir aber hier beistimmen können,
müssen wir uns drei Fragen beantworten. Kann "rngN etwa der
Form nach gar kein Substantiv sein? Haben vrä nicht etwa in
anderen semitischen Sprachen Spuren von einem ähnhchen Gebrauch
des ursemitischen ataru „Ort'? und finden sich vieUeicht nicht
auch in irgend einer derselben schlagende Analogien zum Ueber¬
gang eines lursprüngUchen Substantivs in ein Pronomen? Diese
Fragen können sämmthch mit ja beantwortet werden.
kann der Form nach ganz wohl der Status constructus
eines vorauszusetzenden iiD^ sein (ICN fiir licN wegen des Hauch¬
lauts, und dies für ION, wie der regelmässige' st c. von b^B =
6 - -
Jje lautet; das Pathach hat sich, wie so oft im Hebräischen, des
häufigen Gebrauchs halber, in Segol abgeschwächt). Der nach¬
folgende Genitiv vrird durch einen ganzen Satz repräsentirt ^).
Etwas anderes wäre es, wenn ION, so vrie uns seine Punctation
überhefert ist, eine überhaupt nicht möghche Nominalform dar¬
bieten würde ^). — Das Wort airu ') ist im Assjrrischen die ge¬
wöhnhche Bezeichnung für Ort; das gewöhnUche assyr. Belativ-
pronomen ist Sa. Nun habe ich aber bis jetzt 6ine SteUe gefunden,
die klar zeigt^ wie im Semitischen eine Verwendung dieses Nomens
als Eelativpronomen wirkhch vorkommen konnte; eine andere Er-
^ ß ^ 03 c ^
1) Vgl. im Arabischen äStze wie q^^oiaJ |^ ^\ „bis zu dem Tag,
- s
(da) sie auferweckt werden" Kor. 7,13 u. ö., und im Assyr. den gleich-' zuerwähneuden Satz aus dem Sanherib-Cyliuder.
2) Die ursprüngliche vou mir soeben vorausgesetzte Form "IOM oder 'ION hat ims das im Samaritanischen als hebr. Lehnwort sich findende BelatiT '^'^^
eidr noch aufbewahrt; das gewöhnliche Relativ im Samar. ist <2e und wenn
Suffixe dazukommen , ^ ed. Dass eiar im Samaritanischen Lehnwort ist,
sieht inui aus dem Wort '^^^ atar „Ort"; aber auch zugegeben, 11DN h&tte mit gar nichts zu thun, sondem wäre etwa (wie Sperling meint) Weiter¬
bildung von Ö und ON, so würde das samarit. eiar keine Beweisstütze dafiir sein, denu auch O geht, wie ich weiter unten noch darthun werde, auf ein nr-
semitiscbes ta (nicht ia) zurück; muss abo hebr. Lehnwort sein, da
es sonst '^yV./^ la"to" müsste.
3) Semitisches Juts wird im Assyrischen stets zu pa'lu (stat. constr. pa'al), während assyr. pa'cdu immer pa'älu auszusprechen ist; letzteres ist der gewöhnliche Infinitiv im A.ssyrischeii.
710 Hommel, uraprüagliches Substantiv etc.
klärung ist in jener SteUe, wie Jedermann zugeben wird, ganz
ausgescblossen. Dieselbe (aus der grossen, sonst auch durch E. J.
H. bezeichneten Nebukadnezarinschrift, IRawl. 59, Gol. II Z. 14fF.
genommen) lautet: 14 sadirn nisvXi 15 istu tihamti üiti 16 adi
tihamti sapliti, 17 urhu'^ astHtifn, 18 padani^i pihüti, 19 asar
kibsisu arrusu 20 äipila ibdsu '), 21 hardna'">' namrasa"*^ 22 uruh
zumami 23 iriidi*) d. h. „14 ein Gebirge der Höbe 15 vom obem
Meer 16 bis zum untern Meer, 17 "Wege der Holprigkeit, 18 ein
Terrain der Verschlossenheit, 19 dessen Pfad und Steg 20 hügelig
war, 21 unzugängliche "Wege, 22 eine Strasse .der Verzäunung
23 durchzog ich". Und wie man sicb den Uebergang von der
ursprünglichen Bedeutung „Ort' zu der rein relativen ("noN) zu
vermitteln habo, zeigt folgende SteUe (Sanherib-CyUnder VI, 22—24):
22 narkabdti süsija umdhir arkisun 23 munnaribsunu ^) sa
ana napsdti usü, 24 asar ikdSadu urassapu ina kakki d. h.
„22 "Wagen und meine Eosse sandte ich hinter ihnen her; 23 ihre
Plüchtlinge(?), welche herausgegangen waren, ihr Leben zu retten,
24 am Ort (wo) sie (sie) treffen, da durchbohren sie sie mit der
Waffe'. Zu beachten ist der st. c. asar, während der st. abs.
asTM lauten würde. — Aber das ursemitische atairu Ist nicht das
einzige Substantiv, das als Pronomen verwendet vrurde. Wenn
der erstarrte Accusativ eines auch noch im Nominativ vor¬
kommenden assyrischen Subst. malü „Fülle" (sbu) eines der ge-
bräuchUchsten assyrischen Indefinitpronomina = „alles was", „so¬
viel als nur" ist [z. B. IV Rawl. 26, 59a: ina ilani mala sum{a)
nabü „unter den Göttem, soviele einen Namen nennend (sind)" ;
Xerx. E. 9 gabbi mala ipuiu „alles soviel ich od. was ich gethan
habe" etc.] , so kann ebensogut in dem ursprüngl. Substantiv -löN die ursemitische Bedeutvmg „Ort, Spur" (dann in seinem relativen Gebrauch vom „Ort" überhaupt auf die „Beziehung" übertragen)
pronominal geworden sein. Uebrigens hätten wir nicht einmal
nöthig, zu dem scheinbar so grossen Sprung von Subst. zu Pro¬
nomen Analogien zu suchen ; denn zunächst ist ja blos ein Ueber¬
gang von der Bedeutung „Ort' in die des relativen Begriffs „wo"
(was Sperling für unmöghch hält) zu postuliren, dazu aber, als
zum Uebergang eines Substantivs in eine Conjunetion des Orts
1) Orthogr. ungenau im Original ibaiSu, ge.schrieben; arrusu für ärrui-m.
2) Im Original graphisch ungenau irtiddi. — Die Beispiele für obige An¬
wendung von aSar ira Assyr. lassen sich jetzt unschwer vermehren,
3) Geschrieben mmi-na rib-üu-nu (part, nif.); statt rib kann aucb dan und kal geleseu werden. Ersteres (munnadanSanu) hiosse wörtl. „die dahin- gegebenen", doch ist eino part. pass.-Form mukattal oder munkatal im Ass.
sonst nicht nachzuweisen.
4) So malü IV Kawi. 69,42 „FüUe, Inhalt, Wesen", daher synonymum von basu „sein", asäbu |,wohnen" (avU") und känu (^^^) , alle vier = sumerisch GAL; und mala gr. Syll. 141 (dort Synon. von iakälu „wägen", „Gewicht einer Sache") sumerisch LAL.
Hommel, 1©« ursprüngliche» Substantiv etc. 711
(und der Zeit), braucht nach Analogien in den semitischen Sprachen
nicht lange gesucht zu werden.
Ein Grund, den man öfter gegen die Zusammengehörigkeit
von "nfflN und ataru „Ort" vorgebracht '), dass nämlich gerade dem Hebräischen sonst das entsprechende subst "löN „Ort" fehlt, spricht
eher fiir dieselbe; denn dazu, dass sich Nomina der semitischen
Sprachen in einer derselben nur noch in einer erstarrten Form,
z. B. als Präposition, Adverbium erhalten haben, giebt es Beispiele in Menge , vgl. nur isa „sehr" , ebenfalls nur noch im st. constr.
erhalten, ursprüngl. „in Menge von", „Ausdehnung von", von einem
im Hebräischen verloren gegangenen st. absol. niNtt, der dem im
Assyrischen gewöhnlichen Wort für Menge mudu (z. B. Asarh.
1,23 ana mu'di „in Menge" u. ö., vgL auch ma'du „viel", ma'dutu
„Menge" , adv. ma'diS „zahlreich") entspricht und mit dem Stamm
nichts zu thun hat, sondem zu einem Stamm nt<72 (W. mad
„ausdehnen") gehört. Auch ist hier die Analogie des oben ange¬
führten assyr. mala zu beachten; in den Texten finden wir malu
„FüUe" nicht mehr ^ , nur noch andere Ableitungen des St. Nb73
(so das Verbum selbst, z. B. irrdü „er füUt", dann andere Nomina
wie milu „Hochwasser" u. a.), wie wir ja auch im Hebräischen
noch andere Ableitungen des Stammes niSN (so das Verbum TÖN,
dann nicN u. a.) haben.
Im Hebräischen gibt es, wie bekannt, noch ein anderes seltener
vorkommendes Eelativpronomen, das Wörtchen —ffl oder — ic (mit
folgendem Dagesch), das bereits in den ältesten Stücken der hebr.
Literatur vorkommt und somit sich als echt hebräisches Sprachgut
ausweist. Es lag nun nahe, die beiden hebr. Eelativpronomina
nÖN und tb in irgend einen Zusammenhang bringen zu wollen ;
zwei Wege hat man dabei eingeschlagen und entweder — ib als
Verkürzung aus "laiN (für welchen Fall es gleich ist, ob 'itbn
ursprüngl. Subst. oder ursprüngl. Eelativconjunction) oder umge¬
kehrt IIBN als WeiterbUdung aus ö zu erklären versucht, in welch
letzterem PaU natürlich die Aufstellung liBN st. constr. von "löN =
Jt etc. „Ort" ausgeschlossen bleibt. Das vermittelnde phön; Ee¬
lativpronomen ÖN giebt beiden, zumal der letzteren, das Dagesch
forte nach ö der ersteren Ansicht die scheinbar kräftigsten Beweis¬
stützen, und doch müssen beide Versuche, jene zwei Eelativ¬
pronomina zusammenzubringen, als verfehlt gelten. Betrachten wir
zunächst den ersten.
Gegen die Ansicht Ewald's, liÖN (das er übrigens für ein
Deutewort, nicht für den st. c. eines Nomens „Ort" hält) sei zu
1) Schräder in seiner Keeension der oben erwähnten Abhandlung StadeV, und Sperling a. a. 0., 2. Abschnitt.
2) Die S. 3, Anm. 8 aufgeführten Beispiele sind aus den sumerisch- assyrischen Nationallo-xicis ; nur malu „voll" komrat auch in Texten vor.
712 Hommel, TiSM ursprüngliche» Substantiv etc.
b©N, dann einerseits (im Phönizischen) mit Verwerfung des b zu
CN, andrerseits (im Hebräischen) mit Wegwerfung des N (wie
bin zu —Tl) zu -'-ID und geworden, wird von Sperling mit
Erfolg der primäre Character des IB nachgewiesen '), ,da letzteres
sonst aus der Entwicklung der Belativformen der semitischen
Sprachen herausgerissen vrürde"; nur ist die Aufstellung eines
ursemitischen Deuteworts ta verfehlt. Wenn Sperling hier Sanskrit-
imd Zendanalogien beibringt, so ist das wohl ein Irrthum, denn
auch im Indogennanischen nimmt man jetzt zwei von Anfaiig an
neben einander bestehende Deutestämme sa und ta an, und im
Semitischen sind die feststehenden und regelmässig durchgeführten Lautgesetze
ursemitiscb arabisch ätliiopisch hebräisch assyrisch aramäisch
t C> fl rä m (Äa) l
d j H t
W (z«) 1•
t O t- n ►=TfT (/«) L
d o ^ T
^rri (da) j
V
M LT fl O m (Äa) A
H /•
Ul is m (Äa) 5P
8 U" Jft D
?ffM 5P
die allein schon jedes Durcheinanderwerfen von s und t verbieten,
von ihm ganz übersehen*). Im Ursemitischen sind t und d*) vom
reinen s (resp. S) und t, z und d streng geschieden. — Die Haupt¬
stütze derjenigen, welche © aus ION verkürzt ansehen, ist das Da¬
gesch in dem auf © folgenden Consonanten und man hat sich nach
Analogie der durch die Vergleichung des arab. Artikels ziemhch
sicher gemachten Entstehung de^ hebr. Artikels — n aus bri, nun
auch ein aus "i©(n) entstandenes bo*) zu obigem ~=-ö construirt.
Es ist aber, wie Sperling schlagend bevriesen hat, kein zwingender
1) A. B. O., 2., 5- nnd 6. Abschnitt.
2) Die Beispiele, die man dafür anführt, dass und i3 anch hie und da in andem semitischen Sprachen als dem Aramäischen als t und d auftreten, sind alle anders zu erkläreu.
3) Ihrem Wesen nach (und wohl anch ihrer urspr. Aussprache nach, die wir freUich nicht mehr kennen) Hittellaute zwbchen Zischlaut und Dental; die arab. Aussprache des CIJ und ,3 (== neugr. d" und S) ist natürlich eiue ver¬
hältnissmässig moderne.
4) Dies so construirte b© stimmt mit dem spätem b©, welches, wie das daneben (und schon im Althebr.) vorkommende b "1©M beweist, aus © und der Dativpräposition b zusammengerückt 1st, nur zufällig überein.
Hommel, 'ION urtprüiiglichee Subttantiv etc. 713
Grund vorhanden, wegen der durch ö herbeigeführten Dageschirung
des folgenden Consonanten hier irgend welche Assimilation an¬
znnehmen. Dass das Dagesch im Hebräischen keineswegs stets
Ausdruck einer Assimilation oder absoluten Verdopplung sei, son¬
dem oft nur den Zweck habe, den Lautkörper des vorhergehenden
Wörtchens zu erhalten und es hervorzuheben, ist bisher viel zu
wenig berücksichtigt worden. Es wäre doch zu gewagt, beim Waw
consecutivum etwa ein wa-la „und fürwahr" voraussetzen wollen,
nur um hier nicht zustimmen zu müssen. Ob aber Sperling zu
weit geht, die Nichtannahme einer Assimilation auch auf den
Artikel auszudehnen, ist doch fraglich ; mir steht nicht nur wegen
o -
des dialectischen J^, sondem hauptsächlich wegen der Gleichheit
von njin und i_5j>J!, die nicht so schnell bei Seite geschoben
werden kann '), die Entstehung von — n aus einem schon fürs
Ürsemitische anzunehmenden Artikel — oder (wem ich hier zu
weit gehe) unabhängigen Demonstrativpronomen — hol sicher.
Dieses hal übrigens hat sonst Spuren im Semitischen hinterlassen,
vgl. assyr. uUu dieser, jener *), hebr. mVn , arab. ülü, ulä'ika und
ath. ellü „diese" (pl.).
Der zweite Versuch, ION und lö zusammenzubringen, findet
sich bei Sperling ') und hat vor dem Ewald's den Vorzug der
Einfachheit und Originalität, ist aber meiner Ansicht nach ebenso¬
wenig zu halten wie der erstere. Danach soll mm ö zu on
(phön.), dessen N als unabhängiger Pronominalstamm a erklärt
wird, und dies vermehrt durch den im Semitiscben vorkommenden
Deutestamm lä, der auch im arabischen Relativpronomen alladi
sich findet, zu boN weiter gebildet worden sein; das b der so
gewonnenen, aber auch in keiner Spur nachweisbaren Form boN
habe sich dann schliesslich zu 1 verdichtet oder verhärtet. Dass
natürlich in diesem Fall von der ursprünghchen Substantivnatur
von "TON keine Rede sein kann, ist klar, und ich könnte, da ich
oben gerade das GegentheU aufgestellt, sofort über den Versuch
Sperling's hinweggehen, es den Lesem überlassend, ob für sie
1) Dass unabhängig von einander das Hebräische und Arabische beide vor -ladt (hebr. lozä) ihren (nach Sperling nicht identischen) Artiliel ha und al gesetzt hätten (so dass das hebr. _ ursprünglich ha-läzä wäre, das dann erst durch das Dagesch conjunct, halläzä gesprochen wurde) kann ich nicht glauben.
Auch Wright (Arab. Gramm. I, p. 306, rem. c; hält jene beiden für ursprüng¬
lich identisch.
2) 1 hat im Assyrischen Vorliebe für den u-Vocal, vgl. ul „nicht", tulu
„weibliche Brust" = 't'AÖli neben iStu „aus, von" (s wird
vor Dentalen leicht zu 1, ass. Lautgesetz), ulau „Frohlocken", uläpu „Ver¬
trautheit, Genossenschaft" (= aldpu*) u. a.
3) Schluss des 2. und 3. und 4. Abschnitt.
Bd. xxxn. *6
714 Hommel, "näN ursprüngUches Substantiv etc.
durch meine obige Beweisführung die Substantivnatur von itön
vrirklich bevriesen scheint oder nicht. Doch auch wenn ein Sub¬
stantiv ataru ,Ort', mit welchem ich "Tipt* identificirt habe, gar
nie im Semitischen existirt hätte, würde ich aus zwei Gründen
hier nicht beistimmeii können, nämlicb einmal, weü icb den Wechsel
von 1 imd r im Semitischen (ausgenommen höchstens den dialec¬
tischen Wechsel in einzelnen der semitischen Sprachen, vgl. z. B.
die Wörter, die Sujüti fürs Arabische anführt) für nicht erwiesen,
ja einfach für unmöghch halte, und dann weil wir in keiner
Conjunetion oder Adverbialpartikel irgend einer semitischen Sprache,
auch des Assjrrischen nicht, ein r als Pronominalstamm verwendet
finden *). Nur beiläufig sei hier bemerkt, dass es ein Irrthum ist,
wenn Sperling behauptet, das Altägyptische habe für 1 und r
nur ein Zeichen gehabt; der hegende Löwe ist das Zeichen für 1,
und der an beiden Seiten zugespitzte Mond das Zeichen für r.
Meiner Ansicht nach haben "tbN und ir gar nichts mit ein¬
ander zu thun. Ueber die Substantivnatur von iicN wurde schon
oben ausführhch verhandelt, und so bleibt nur noch übrig, das
Eelativum © näher zu besprechen und ihm seine Stellung (resp.
Verwandtschaft mit andem Partikeln) in den semitischen Sprachen
anzuweisen. Die ältere Aussprache ist natürUch lä. Es ist von
Sperling verfehlt, nbiain5a in in7j („Eigentbum") ö imd nb = onb
zu zerlegen und daraus die Ursprünglichkeit des e-Vocals in aä
beweisen zu woUen; Methusä'el (ein rein assyrisches Wort: mu^tu
äa ili „Mann Gottes") und Methuselah sind dieselbe Person, folg-
Uch sind auch die Namen ursprünghch dieselben, nur dass letzterer
hebräische Volksetymologie des Elohisten ist, der dabei an nbo
„Gescboss" dachte. Dass das a bei o das ursprüngliche und ur¬
semitisehe ist, beweist ausser dem o in den von Sperling citirten
SteUen, deren Alter er ja selbst verficht, schon hinreichend das
assyrische Relativpronomen äa, sovrie die Analogie des den weichem
Zischlaut aufweisenden äthiopischen fj;
Im Ursemitischen haben nun nebeneinander folgende zwei
(resp. vier) Belativconjunctionen bestanden:
a) mit der weichem Nüance des Dentalzischlauts
da (äth. fj;, aram. j, •n),
woneben vielleicht aueh schon im Ursemitischen das einfach durch
Umspringung des Vokals entstandene ad (vgl. samar. '^/^ ed-,
V I ^ . I* • *
1) Dm r in ^ „wo nur, wo" (neben „hier, da"), in |SfOt „hier, da"
p ", 0
und in ^],fO( „ebendaselbst" ist eine specielle Eigenthüinlichkeit des Syrischen, welches eine besondere Vorliebe für den r-Laut gehabt zu haben scheint; vgl.
•♦3, r:^l.
Hommel, lÖN ursprüngliches Substantiv etc. 715
vvie dort das Belativpronomen mit Suffix lautet, während es sonst
de heisst) existirt haben mag.
b) mit der starkem Nüance des Dentalzischlauts ta (ass. sa, hebr. m, aj),
woneben (wahrscheinlich auch schon im Ursemitischen) ein at (vgl.
phön. on) sich gefunden hat '). Dass die Grundform von und is
nicht sa, sondem la ist, wird durch die auffallende Analogie von
da (daneben ad) zu iä (daneben ISN) zur höchsten Wahrschein¬
lichkeit erhoben; auch ist zu bedenken, dass, während wir das
reine IS sonst nie in Pronominalstämmen verwendet finden, in
solchen vorkommt üö, ass. summa).
1) Dass wir hier einfach eine Umspringung des Vokals vor uns haben, C"
beweisen andre Beispiele, z. B. r|N und ö , Nfb {)i , ass. la), IN (^i)
und 1 , ass. tea) nnd andere. Einen semitischen Pronominalstamm a
(Sperling) giebt es nicht; man darf von der indog. Sprachvergleichung nicht ohne weiteres alles au& Semitische Ubertragen. Aus demselben Grund ist auch TSK keine „Weiterbildung" vou TB.
V
46*
716
Varena.
Von Fr. Spierel.
In meiner Anzeige der Darmesteter'schen Schrift über Ormazd
■und Ahriman (Jenaer Lit.-Zt. nr. 19 von 1878) habe ich geäussert,
dass mir die Gleichsetzung von Varena und Varuna bedenklich
erscheine, ohne mich jedoch auf weitere Gründe für meine Zweifel
einzulassen. Da nun solche Zweifel nicht blos mit den jetzt all¬
gemein geltenden Anschauungen, sondem auch nüt meiner eigenen
firiiher geäusserten Ansicht im Wider Sprache stehen, so halte ich
es für nützlich, sie hier nüt einigen Worten zu rechtfertigen.
Dabei bemerke ich im Voraus, erstens, dass ich die Gleichsetzung
von Varena und Varuna selbst Jahre lang gebilligt habe vmd erst
durch genauere Untersuchungen bei dem Studiuin des oben ge¬
nannten Werkes an meiner früheren Ansicht irre geworden bin, vmd
zweitens, dass ich auch jetzt nicht beabsichtige, die gewöhnliche
Annahme definitiv zu vriderlegen, sondem nur sie als zweifelhaft
erscheinen zu lassen. Dass aber zu Zweifeln in der That Grund
vorhanden ist, mögen die nachfolgenden Bemerkungen zeigen.
Fragen wir, wie oft das Wort Varena im Awesta vorkonmae
und was dasselbe bedeute, so ist die Antwort höchst einfach.
Es findet sich Varena an folgenden vier SteUen:
Vd. 1, 07—«9. cathrada^em a^a^hämca shoithranSmca vahistem
fräthwere9em azem yo ahuro mazdäo varenem yim cathragaoshem
yahmäi zayata Thraetaonö jaflta azhois dahäkäi. Als den vier¬
zehnten besten der Orte und Plätze schuf ich, der ich Ahura
Mazda bin, Varena mit den vier Winkeln, für welches geboren
wurde Thraetaona, der die Schlange Dahaka schlug.
Yt. 9,13. tSm yazata vi90 puthro äthwyanois vi90 QÜrayäo
Thraetaonö upa varenem cathra-gaoshem. Dir opferte der Sohn
des athvyyanischen Glanes, (der Sohn) des starken Glanes: Thrae¬
taona bei Varena dem viereckigen. Ganz gleichlautend Yt. 15, ss.
Yt. 5, S3. Diese Stelle ist ganz identisch mit der ehen an¬
geführten, nur dass am Schlüsse der Plural statt des Singulars
steht, upa varenaeshu cathra-gaoshaeshu. Dieser Plural kann bei