Gesundheitswesen
Unlautere Methoden
Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht
D
ie Zentrale zur Bekämp- fung unlauteren Wettbe- werbs hat im Jahr 2003 rund 1 600 Anfragen und Be- schwerden aus dem Gesund- heitswesen bearbeitet. Davon betrafen 200 Ärzte oder Krankenhäuser, 148 die Apo- thekenbranche.Aktuell gab es auch bereits Beschwerden zur Praxisge- bühr. Die Einführung der Ab- gabe an Krankenkassen be- wog etwa einen Software-Her- steller dazu, Ärzte zu Koope- rationen mit Apothekern auf- zufordern. Der Arzt sollte den Patienten an eine bestimmte Apotheke verweisen, die dann als Entgelt für die Zuweisung des Patienten die Praxisge- bühr für diesen übernimmt.
Die Wettbewerbszentrale hat die Rechtmäßigkeit dieser Werbeaktion beanstandet und
lässt sie gerichtlich prüfen. Um etwa 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr haben die Fäl- le unzulässiger Provisionszah- lungen an Ärzte zugenom- men. In drei Fällen ging die Wettbewerbszentrale gericht- lich gegen Krankenhäuser vor, die niedergelassenen Ärz- ten für die Zuweisung von Pa- tienten zu ambulanten Augen- operationen „Zuweiserpau- schalen“ zahlten. Die Gerich- te teilten die Auffassung der Wettbewerbszentrale, dass es sich bei den Zahlungen nicht um Maßnahmen der Qua- litätssicherung, sondern um Werbemaßnahmen handelte mit dem Ziel, die ambulanten Operationen im eigenen Haus zu fördern.
Zum Verhalten der Kran- kenkassen wurden an den Ver- band 88 Beschwerden gerich- tet. Offenbar neigen manche Krankenkassen dazu, hohe Beitragssätze mit irreführen- den Aussagen zu „schönen“. In einem Fall griff die Wettbe- werbszentrale ein, weil ein mit- telständisches Unternehmen seinen Angestellten den Wech- sel in eine bestimmte Kran- kenkasse mit günstigen Bei- tragssätzen aufdrängte.
Auch die Aufhebung des Arzneiversandverbotes führte zu Beschwerden. Ende 2003 mahnte die Wettbewerbszen- trale neun Unternehmen ab, die sich im Versandhandel en- gagieren wollten, obwohl dies nur Apotheken erlaubt ist. JF
Betreuung Dementer
Entlastung für Angehörige
Barmer fördert Kurse der Alzheimer Gesellschaft.
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ie Vorsitzende der Deut- schen Alzheimer Gesell- schaft hat bedauert, dass die Reform der Pflegeversiche- rung ausgesetzt wird und da- mit auch eine Verbesserung für Demenzkranke. „Es wäre aber sowieso nur ein Tropfen auf den heißen Stein gewe- sen“, sagte Heike von Lützau- Hohlbein. Geplant war ein Zeitzuschlag von 30 Minuten täglich zum Hilfebedarf. Um Dementen und ihren Betreu- ern gerecht zu werden, müsseman den Pflegebegriff anders fassen und den -bedarf neu definieren, forderte Lützau- Hohlbein. Dass bei Demenz- kranken viel Anleitung und Aufsicht bei Alltagsverrich- tungen notwendig sei, spiele kaum eine Rolle. Die Vorsit- zende der Alzheimer Gesell- schaft unterzeichnete in Ber- lin einen Vertrag mit der Barmer. Die Krankenkasse will pflegende Angehörige von Alzheimer-Kranken künf- tig durch professionelle Schu- lung entlasten. Sie finanziert dafür mehrstufige Kurse für jeweils acht bis zwölf Betrof- fene mit rund 900 Euro. In- formationen: Deutsche Alz- heimer Gesellschaft, Telefon:
0 30/25 93 79 50. Rie A K T U E L L
Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 927. Februar 2004 AA537
Allergien
Eine Systemkrankheit, keine Bagatelle
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aum eine Erkrankungsgruppe ist von solch einem Anstieg der Prävalenz gekennzeichnet wie die der Allergien.Um 70 Prozent nahmen diese Erkran- kungen in den letzten acht Jahren zu.
Jeder dritte Deutsche ist allergiekrank.
Betroffen sind häufig bereits Kinder: Je nach Region leiden drei bis 21 Prozent der Fünf- bis 15-Jährigen an allergi- scher Rhinitis, sechs bis 19 Prozent an atopischer Dermatitis und drei bis sie- ben Prozent unter allergischem Asth- ma. Diese Zahlen gab Prof. Johannnes Ring,Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und kli- nische Immunologie (DGAI), bei der Vorstellung der zweiten, aktualisierten Ausgabe des „Weißbuch Allergie in
Deutschland“ in Berlin bekannt. Ob- wohl Allergien keine Bagatellerkran- kungen, sondern Systemkrankheiten seien, werde nur ein Viertel der Allergi- ker in Deutschland ärztlich versorgt, kritisierte Ring. Von einem qualifizier- ten Allergologen würde gar nur jeder Zehnte behandelt.
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rstmals belegt hat die Unterver- sorgung allergiekranker Menschen im vergangenen Jahr eine große deutsche Studie (VAM-Studie: Allergo Journal, 2003, 12: 521–528). Angesichts der Versorgungsdefizite richten jetzt die Herausgeber des Weißbuches, der Ärzteverband Deutscher Allergologen (ÄDA) und die DGAI unter dem Dach der Deutschen Akademie für Allergologie und Umweltmedizin, ih- re Forderungen sowohl an Politik als auch an die verfasste Ärzteschaft. Not- wendig seien eine umfassende Infor- mation der Öffentlichkeit über aller- gische Erkrankungen, eine Förderungder Früherkennung im Kindesalter sowie die finanzielle Sicherung der Therapie.
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öllig unverständlich sind Dr. med.Josef Wenning, Vorstandsmitglied des ÄDA, daher die jüngsten Überle- gungen des Gemeinsamen Bundesaus- schusses, allergische Erkrankungen als
„geringfügige Gesundheitsstörung“ zu klassifizieren. Denn dies würde bedeu- ten, dass Medikamente gegen allergi- sche Erkrankungen nicht mehr von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden. An die Ärzteschaft appellie- ren die 29 Autoren und 43 Kommenta- toren des Weißbuches, die Kompetenz der Allergologen fachgebietsüberschrei- tend zu erweitern, die Qualität der allergologischen Weiterbildung zu si- chern, das Fach verpflichtend in die me- dizinische Ausbildung aufzunehmen so- wie Lehrstühle und Abteilungen für Al- lergologie an den Hochschulen aufzu- bauen. Dr. med. Eva A. Richter-Kuhlmann Akut