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Archiv "Der Hartmannbund nimmt Stellung" (04.10.1979)

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Die Information:

Bericht und Meinung PRESSESTIMMEN

Nach dem Urteil kommentiert:

„Das Verschulden der Ärzte"

„Der Kölner Ärzteprozeß ist zu En- de, und an diesem Ende stehen die Verurteilungen zweier hoch- angesehener Chirurgen. Sie sind schuld am Tode eines Menschen, hat das Gericht festgestellt und gleichzeitig die Rollenvertei- lung jener tragischen Nacht fest- gelegt.

Die deutsche Justiz hat im Laufe der Jahre, was die sogenannten Kunstfehlerprozesse angeht, ei- nen bemerkenswerten Wandel durchgemacht. Mediziner sind längst nicht mehr sakrosankt, sie müssen sich mittlerweile der öf- fentlichen Kritik aussetzen wie an- dere Berufsstände auch, es weht ihnen — um einen saloppen Aus- druck zu benutzen — ein schärferer Wind um die Nase ...

Indes: Es gibt einen großen Unter- schied zwischen der Vertuschung offensichtlichen ärztlichen Versa- gens und einem Organisations- mangel, wie er in Köln angeklagt war ...

Was dem Kölner Chefarzt Dr. Horst Bourmer geschah, kann auf allen Ebenen passieren: in Kfz-Werk-

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stätten ebenso wie in Redaktions- stuben, in einem Chemieunterneh- men oder in einer Bundeswehrein- heit. Ein dem Chef unterstellter oder vom Chef engagierter Mitar- beiter versieht seinen Dienst nicht so wie angeordnet — irgendwer kommt zu Schaden. Natürlich droht nicht überall der tragische Verlust eines Menschenlebens. In- sofern liegt das Kölner Urteil —was den verantwortlichen Chefarzt be- trifft — weitab von tatsächlichen Gegebenheiten. Es greift einen Tatbestand an, der durch Sach-

zwänge geboren wurde. Wieweit dies einer strafrechtlichen Würdi- gung unterliegt, dürfte sicherlich heftig umstritten sein."

Georg Bönisch

Richtungweisend für künftige vergleichbare Prozesse?

„Die Entscheidung könnte für künftige Prozesse vergleichbarer Art richtungsweisend werden.

Doch der erste Satz, den die Vor- sitzende Richterin Bohner dem Schuldspruch folgen ließ, hörte sich fast wie eine Entschuldigung an: ,Dem Gericht ist die Entschei- dung schwergefallen.' Es seien Fehler gemacht worden, die bei- nahe jedem passieren könnten, der anderen vertraut. Aber: Fehler von Ärzten seien eben folgen- schwerer, weil sie unter Umstän- den Menschenleben kosten kön-

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nen. Trotzdem seien Freiheitsstra- fen wegen ,der Persönlichkeit der Angeklagten' nicht in Betracht ge- kommen. Die Verurteilung des Chefarztes und Vorsitzenden des Hartmannbundes, Dr. Horst Bour- mer, begründeten die Richter im wesentlichen mit der Beschäfti- gung des ungeeigneten, seit mehr als zehn Jahren nicht mehr prakti- zierenden Gastarztes Dr. Alfred Frisse. Sein Einsatz auf der chirur- gischen Ambulanz sei ein hohes Risiko für die Patienten gewesen und habe letzendlich zum Tod des 22jährigen Kusch geführt. Bour- mer hätte berücksichtigen müs- sen, daß Frisse neue Behand- lungsmethoden überhaupt nicht gekannt habe. Er hätte ihn — so das Gericht — prüfen müssen.

Strafmildernd berücksichtigte die Kammer, daß Bourmer Frisse ‚re- sozialisieren' wollte. Oberarzt Ye- kebas, so das Gericht, hätte Kusch nicht der Behandlung eines Assi- stenzarztes überlassen dürfen, selbst wenn dieser erfahrener als

Frisse gewesen wäre. Die Über- zeugung der Kammer: In jedem Fall wäre es Yekebas' Pflicht ge- wesen, sich in einem so kritischen Fall, wie bei Uwe Kusch, selbst an das Bett seines Patienten zu set- zen.

Chefarzt Bourmer demonstriert trotz der Verurteilung Gelassen- heit, Die Frage, ob er nun mögli- cherweise als Funktionär des Hart- mannbundes zurücktrete, beant- wortet er eindeutig — er denke nicht daran: ,Das ist eine Sache derjenigen, die mich gewählt ha- ben."' Jürgen Wessalowski

Der Hartmannbund nimmt Stellung

„Der schon seit Tagen in Zeitun- gen und Zeitschriften dargestellte Prozeß gegen den Kölner Chefarzt Dr. Horst Bourmer, Vorsitzender des Hartmannbundes, und den in seinem Kölner Krankenhaus täti- gen Oberarzt Dr. Balkar Yekebas fand am 11. September mit dem Urteil der 8. Kammer des Landge- richts Köln seinen vorläufigen Ab- schluß. Die beiden Ärzte wurden bei gleicher Strafzumessung zu ei- ner einkommensbezogenen Geld- strafe von 54 000 DM bzw. 13 500

DM verurteilt. Die Vorsitzende Richterin wies ausdrücklich dar- auf hin, daß aufgrund der Persön- lichkeit der beiden Ärzte, aufgrund ihrer untadeligen Lebensführung und aufgrund der Tatsache, daß beide weder vor noch nach dem tragischen Tod des Patienten Uwe Kusch einen Kunst- oder Behand- lungsfehler begangen hätten, höchstens eine Geldstrafe zu rechtfertigen sei.

Der Vorfall, der zu dem Prozeß in Köln führte, liegt mehr als neun Jahre zurück und wäre Mitte 1980 verjährt gewesen. Die Richterin würdigte die vorbildliche Haltung und uneingeschränkte Offenheit der beiden Ärzte, die ohne jede Verzögerungs- oder Verschleie- rungstaktik zur Aufklärung des Vorfalles beigetragen haben.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 40 vom 4. Oktober 1979 2545

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Die Information:

Bericht und Meinung PRESSESTIMMEN

Was war vor fast zehn Jahren ge- schehen? Ein Arzt, der über lange Jahre von einer kriegsbedingten Medikamentenabhängigkeit frei war, wurde mit Zustimmung der Stadt Köln (als Krankenhausträ- ger) und des Kölner Gesundheits- amtes von Chefarzt Dr. Bourmer als Gastarzt in das Krankenhaus aufgenommen, um ihn nach seiner medizinischen Rehabilitation auch sozial zu rehabilitieren, das heißt, ihm eine Rückkehr in den ärztli- chen Beruf zu ermöglichen. Nach- dem dieser Arzt schon vier Monate mit zufriedenstellenden Leistun- gen am Köln-Worringer Kranken- haus tätig war, kam es zu dem tragischen Vorkommnis am 7. Juli 1970. Als nachtdiensthabender Arzt beurteilte er die inneren Blu- tungen eines Patienten nicht rich- tig, verständigte den Oberarzt in Rufbereitschaft zu spät und folgte dessen Anweisungen zur Behand- lung nicht. Die in den frühen Mor- genstunden des 8. Juli 1970 vorge- nommene Notoperation konnte den Tod des Patienten nicht mehr verhindern. Der Oberarzt Dr. Yeke- bas wurde der Fahrlässigkeit be- schuldigt, weil er sich nicht aus eigener Entscheidung persönlich ins Krankenhaus begeben und nicht regelmäßig in kurzen Ab- ständen telefonische Informatio- nen über den Zustand des Patien- ten eingeholt, sondern sich auf die Kompetenz des diensthabenden Arztes verlassen hatte.

Chefarzt Dr. Bourmer wurde der Fahrlässigkeit beschuldigt, weil er bei zwei nichtbesetzten Assisten- tenstellen den Gastarzt zum Nachtdienst eingeteilt hatte und auch — so das Gericht — die Jahre zurückliegende Medikamentenab- hängigkeit, die Dr. Bourmer aller- dings auch nur kursorisch be- kannt war, bei der Verwendung des Gastarztes nicht berücksich- tigt hatte. Der Gastarzt ist im übri- gen nach dem Worringer Vorfall noch jahrelang als Krankenhaus- arzt tätig gewesen. Heute ist er aus gesundheitlichen Gründen ver- handlungsunfähig, so daß sein Prozeß abgetrennt wurde.

In ihrer Urteilsbegründung trug die Vorsitzende Richterin einen Ge- sichtspunkt vor, der während der sechstägigen Verhandlung nicht zur Sprache gekommen war. Der Gastarzt habe aufgrund seiner Ausbildung und ärztlichen Praxis keine Kenntnis von Schockbe- handlungen gehabt und folglich aus Unkenntnis Unterlassungen begangen und ebenfalls aus Un- kenntnis Anweisungen des Ober- arztes nicht befolgt. Der Chefarzt, der von den Vorfällen in der Nacht vom 7. zum 8. Juli 1970 — in der er keine Rufbereitschaft hatte — erst am nächsten Morgen erfuhr, hätte nach Meinung des Gerichtes die- sen Mangel kennen müssen und aus dieser Kenntnis heraus den Gastarzt nicht zum Nachtdienst

einsetzen dürfen. Auf der Basis dieser Argumentation wurde das Urteil gesprochen. Gegen das Ur- teil wird auch aus diesem Grunde Revision eingelegt werden."

Rosmarie Hennigs,

Geschäftsführerin, Abt. Presse + Information des Hartmannbundes

Folge des Urteils:

Türkischem Arzt

Berufserlaubnis entzogen

„Überrascht und verärgert rea- gierte am Freitag die Worringer Bevölkerung auf die Entscheidung des Regierungspräsidenten in Düsseldorf, dem am vergangenen Dienstag wegen fahrlässiger Tö- tung eines Patienten zu einer Geldbuße von 13 500 Mark verur- teilten türkischen Oberarzt des

Binddudernundschau]

Krankenhauses Köln-Worringen, Dr. Balkar Yekebas, mit sofortiger Wirkung die Berufserlaubnis zu entziehen. Pastor Gerhard Dane vom katholischen Pfarramt Köln- Worringen erklärte, die Bevölke- rung sei erregt darüber, daß ein türkischer Arzt anders behandelt werden soll als ein deutscher Me- diziner ..." (Reuter)

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NICHT KLAGEN

2546 Heft 40 vom 4. Oktober 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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