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Archiv "Zahl der Polikliniken nimmt weiter ab" (12.03.1993)

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Mütter und Großmütter begleiten die Kinder ins feeding center, Foto: Sabine Joo

Feeling center

Mehr Nachteile als Vorteile

Wer kennt aus den Medien nicht die Bilder von ausgemergelten Kin- dern. Dazu erfährt man dann, daß in diesem oder jenem Notstandsgebiet ein feeding center eingerichtet wur- de. Daß solche feeding center auch Nachteile haben können, soll hier dargestellt werden.

Zu den Beobachtungen und Schlußfolgerungen kam die Autorin nach einer 5monatigen Tätigkeit in einem Neuansiedlungsprojekt für su- danesische Flüchtlinge in Uganda.

In einem feeding center erhalten in der Regel stark unterernährte Kleinkinder im Alter zwischen neun Monaten und drei Jahren täglich drei eiweißreiche Mahlzeiten. Die Kinder werden von der Mutter, Großmutter, Tante, Schwester oder manchmal auch vom Bruder täglich ins center gebracht und dort tags- über betreut. Wegen der Entfernun- gen lohnt es sich nicht für sie, zwi- schen den Mahlzeiten zurück nach Hause zu gehen. Bis das unterer- nährte Kleinkind annähernd sein Normalgewicht wieder erreicht hat, vergehen oft Wochen bis Monate.

Opfer zum Wohl eines Kindes

In dieser langen Zeit fehlt im Haushalt die Arbeitskraft einer Frau:

Sie kann sich nicht um die übrigen Kinder kümmern, kein Essen besor- gen und zubereiten, kein Wasser ho- len oder Feuerholz sammeln, keine Wäsche waschen oder nicht auf dem Feld arbeiten. Das hat zur Folge, daß die Ernte zum Nachteil der ganzen Familie geringer ausfallen wird.

Handelt eine Frau also tatsäch- lich verantwortungslos, wenn sie das unterernährte Kind nicht täglich zum feeding center bringt, so wie es ihr vom Personal des feeding center vorgeworfen wird? Der Tag im fee- ding center ist für sie jedenfalls eine angenehme Erholung, eine Zeit, in

der sie keine schwere körperliche Arbeit verrichten muß.

Wird das Kleinkind nicht von ei- ner Erwachsenen, sondern von ei- nem Schulkind im feeding center be- treut, versäumt dieses den Unter- richt.

Die Opfer, die eine Familie zum Wohl eines Kindes bringen muß, sind also ganz erheblich. Dabei kön- nen meist nur Symptome, nicht aber die Ursache für die Unterernährung kuriert werden. Die Gründe sind in der Regel sozialer Art: Sehr oft wird die Mutter des betreffenden unterer- nährten Kindes zu schnell nach sei- ner Geburt erneut schwanger. Zu früh stillt sie das Kind ab und stellt es auf Erwachsenenernährung um, was das Kind nicht verträgt und des- wegen rapide an Gewicht verliert.

Ein weiterer Grund ist in der Polygamie zu suchen. Wenn Nah- rungsmangel herrscht, wird der Ehe- mann zwar einer seiner Frauen aus- reichend zu essen geben, für die üb- rigen und die Kinder bleibt dann je- doch zu wenig übrig. Genauso trifft es die Kleinkinder dann am schlimm- sten, wenn der Vater krank, invalide oder Alkoholiker ist oder wenn er sie ablehnt. Ganz besonders benachtei- ligt sind Waisenkinder, die keinen Elternersatz finden. Sie werden manchmal von ihren Großmüttern be- treut, die kaum für sich selbst sorgen können. Schließlich und endlich gibt es noch medizinische Gründe für die Unterernährung einiger Kinder. Sie leiden an chronischen, schwer oder unheilbaren Krankheiten.

Kann einem unterernährten, Kleinkind auch geholfen werden, oh- ne daß die Familie in der geschilder- ten Weise in Mitleidenschaft gezo- gen wird? Ich meine, es sei besser, der Mutter wöchentliche Rationen für das unterernährte Kleinknd mit nach Hause zu geben. Dabei besteht zwar die Gefahr, daß davon auch ih- re übrigen Kinder profitieren könn- ten. Regelmäßige Gewichtskontrol- len des kleinen Patienten könnten den „Mißbrauch" aufdecken helfen.

— Ohne Nachteile ist diese Alternati- ve auch nicht, sie sind aber geringer als die des feeding center.

Anschrift der Verfasserin:

Dr. med. Dipl. Trop. Techn.

Sabine Joo

Georgstraße 22 • W-5000 Köln 90

Zahl der Polikliniken nimmt weiter ab

Die Zahl der Polikliniken und anderer zugelassener Einrichtungen in den fünf neuen Bundesländern ist weiter rückläufig. Mitte Dezember 1992 existierten nur noch 343 Ein- richtungen in Ostdeutschland. Dort waren insgesamt 1 464 Ärztinnen und Ärzte tätig. Das hat die Bundes- regierung auf eine Anfrage der Gruppe PDS/Linke Liste mitgeteilt.

Detaillierte Informationen zur Wirtschaftlichkeit zugelassener Ein- richtungen lägen auch nach Rück- sprache mit der Kassenärztlichen Dt. Ärztebl. 90, Heft 10, 12. März 1993 (23) A1-695

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Bundesvereinigung nicht vor. „So- weit bekannt ist, ist die Auflösung zugelassener Einrichtungen in erster Linie auf das Bestreben der Arzte zurückzuführen, sich in eigener Pra- xis niederzulassen. Die Schließung von Einrichtungen basiert auf Ent- scheidungen der Träger (in der Re- gel Landkreise, Städte und Gemein- den) und ist nicht in jedem Fall auf fehlende Wirtschaftlichkeit zurück- zuführen", heißt es in der Antwort der Bundesregierung.

Darin wird auch darauf hinge- wiesen, daß der Bundesminister für Gesundheit sich an der Förderung zweier Poliklinik-Projekte beteilige:

Zum einen an der Umstrukturierung poliklinischer Einrichtungen nach dem sogenannten Brandenburger Modell, zum anderen an der Zusam- menfassung von 13 Gesundheitsein- richtungen Ost-Berlins in einem Be- trieb namens Gesundheitlich-Soziale Zentren Berlin. EB

In der Broschüre „Gesundheitszentren mit Zukunft" des brandenburgischen Gesund- heitsministeriums wird ein erstes Resümee des eigenen gesundheitspolitischen Wegs gezogen: In diesem Bundesland wurden 1990 aus dem Landeshaushalt knapp 120 Millionen DM zur „geordneten Umstruktu- rierung der noch vorhandenen Polikliniken, Ambulatorien und staatlichen Arztpraxen"

zur Verfügung gestellt. Das Westberliner In- stitut für Gesundheits- und Sozialforschung nahm seinerzeit die ambulanten Einrichtun- gen unter die Lupe und entwickelte ein Um.- wandlungskonzept. Ergebnis: Heute existie- ren in Brandenburg rund 30 Gesunheitszen- tren unterschiedlichster Form.

Zitierbarometer

Der „Focus", neues Montags- blatt mit großer Ambition, hat sich an einer Arzte-Positivliste versucht.

Ein „Ranking" (vulgo Warentest), ob es nun Restaurants, Waschma- schinen, Universitäten oder Ärzte betrifft, bewegt sich in der Regel zwi- schen kompetentem Geniestreich und datensammelnder Fleißarbeit.

Die Liste der „Top-Spezialisten" der Medizin wirkt hingegen, wie wenn ein Sportreporter die Tennis-Welt- rangliste referiert. Es geht nicht um die ansprechende Umdekoration von Quantität, sondern deren Umschlag in Qualität. Es baut auch nicht zwangsläufig der die besten Autos, der am meisten baut.

So wird die Rangliste zur Fleiß- arbeit, aufbauend auf einer für sol- ches nicht ausreichend tragfähigen, weil sachlich unbefriedigenden Fleißarbeit (dem Lehrlschen Zitier- barometer SII). Vor dem Hinter- grund dieser merkwürdigen Symbio- se sendungsbewußter Fleißarbeiter drängt sich der Eindruck auf, daß der inhaltlich fertiggestellte und schon vor Monaten als im Druck avi- sierte SII von Dr. Lehrl rücksichts- voll nur deshalb noch immer nicht ausgeliefert wird, weil man dann die

„Focus"-Listen kennen würde.

Der „Medizinführer" erhöht si- cher erwartungsgemäß die Auflage (13 Wochen lang!), auch wenn sein Nutzwert gegen null tendiert. Ein Geheimtip ist nicht zu finden, die Namen sind weitgehend bekannt.

Was nützt es einem Patienten, wenn er die Adresse eines in der Regel überlaufenen und nur noch privat li- quidierenden Spitzenmediziners liest? Grundsätzlich gilt: Der Unter- schied der 500 besten zu den näch- sten 1000 besten ist nicht so gravie- rend. Wenn man dem Patienten et- was Gutes tun will, dann sollte man sich trauen und die hundert schlech- testen nennen. Anreiz für die (rela- tiv) schlechten und nicht die Krö- nung der besten ist auch das seriöse Ziel der allerorten geforderten Qua- litätssicherung in der Medizin.

Wahrscheinlich aber hat der Justitiar zum gefahrlosen „Top-Spitzen"- Geplauder geraten.

Am Rande: Warum keine Au- genärzte? Was waren die Kriterien für die Auswahl der 200 Referenz- ärzte, die bundesweite Empfehlun- gen (wie viele Empfehlungen geben einen Pluspunkt?) abgegeben ha- ben?

Spieglein, Spieglein an der Wand, wer sind die besten Recher- cheure im ganzen Land . . . Der „Fo- cus" ist erst mal unter der Meßlatte durchgesprungen.

Dr. med. Wolfgang Rühle, Lübeck

Akzente

Manche Zeitgenossen haben durchaus liebenswerte Eigenheiten.

Denken wir doch nur etwa an die Akzente: So behaupten viele, man könne Sachsen, Holsteiner, Berliner usw. bereits an ihrem Idiom erken- nen. Doch darf man die dabei vor- handenen Schwierigkeiten nicht übersehen. Denn es gibt auch soge- nannte Akzentverschiebungen: So wurde etwa ein Westfale zum Spit- zensachsen oder ein Hesse zum Nordrhein-Westfalen, wobei ich im letzteren Vorgang allerdings keine Spitze erkannt habe, eher schon eine Talfahrt. Und doch glauben einige, mit einer derartigen Verschiebung bereits neue Akzente gesetzt zu ha- ben. Weit gefehlt: Der alte Slang — andere sprechen auch von Trott — dringt halt immer wieder durch.

Es wird auch behauptet und auch filmisch in Szene gesetzt, daß Dreiecksgeschichten zur Akzentuie- rung, zur wachsenden Spannung in einer geradezu aufsteigenden Linie beitragen. Nun konnte man zwar im Dreieck der christdemokratischen Bundesgesundheitsminister eine an- fängliche Gespanntheit zwischen Herrn Blüm und Frau Hasselfeldt bemerken. Dennoch muß heute fest- gestellt werden, daß eine aufsteigen- de Linie wohl nur für die Anfangs- buchstaben B-H-S im Alphabet fest- gestellt werden kann. Sonst spricht man wohl besser von einem abstei- genden Ast.

Dr. med. Hans Heimerzheim, W-5000 Köln 1

A1 -696 (24) Dt. Ärztebl. 90, Heft 10, 12. März 1993

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