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Archiv "Das Krankenhaus der Zukunft: Medizin der kurzen Wege" (27.05.2005)

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or der Parkhaus-Baustelle arbeiten sich zwei Bagger durch aufgeschüttete Sand- hügel, doch sonst erstrahlen In- neres und Äußeres des neu er- öffneten Sana-Klinikums Rem- scheid in hellem Glanz: freund- liche Farben, warme Holzoptik und elektronische Kommunika- tionsmöglichkeiten von Internet bis Video-on-Demand empfan- gen die Patienten. Nach nur vier Jahren Planungs- und zwei Jah- ren Bauzeit ist eines der modern- sten Krankenhäuser der Region entstanden. Das betrifft nicht nur die bauliche und (informations-) technische Konstruktion und Ausstattung, sondern auch das fachübergreifende Behandlungs- konzept, das in Remscheid um- gesetzt wird. „Wie schaffen wir es im Medizinbetrieb der Zukunft, wirtschaftlich zu handeln und gleichzeitig eine exzellente medi- zinische und pflegerische Versor- gung der Patienten sicherzustel- len?“ fragte Bundesgesundheitsmini- sterin Ulla Schmidt in ihrer Ansprache zur Eröffnung des Neubaus und gab auch gleich die Antwort: „Wir brauchen eine stärkere Patientenorientierung, ei- ne stärkere Medizinorientierung und die Durchdringung des Systems mit Qualitätssicherung.“ Das Krankenhaus der Zukunft sei eines, in dem die Be- handlungsprozesse um den Patienten herum organisiert werden müssten.

Der Spagat zwischen Wirtschaftlich- keit und Patientenorientierung scheint im „Klinikum der kurzen Wege“ gelun- gen. Bereits das Aufnahmeprocedere verläuft für die Patienten anders als üb- lich: Bei der Erstuntersuchung in der zentralen ambulanten Aufnahmestation stellen Fachärzte unterschiedlicher

Fachrichtungen gemeinsam die Diagno- se. Die interdisziplinäre Erstuntersu- chung spart Zeit, vermeidet Doppelun- tersuchungen und bringt den Patienten schneller zur fachlich zuständigen Stati- on. Notfallaufnahme, Zentralambulanz mit der Aufnahme- und Röntgendia- gnostik, der Saal für Notoperationen und der Aufwachraum der Intensivstati- on liegen unmittelbar nebeneinander.

Ein Beispiel für die patientenfreundli- che und effiziente Gestaltung ist auch die räumliche Kombination von Kinder- und Frauenklinik, Kreißsaal und Kinder- intensivstation im zweiten Oberge- schoss. Nur wenige Meter liegen zwi- schen den Stationen, sodass bei einem Notfall im Kreißsaal das Neugeborene direkt an die Kinderintensivstation

übergeben und dort sofort be- handelt werden kann. Zusätz- lich unterstützt diese enge Ver- zahnung zwischen den Fachge- bieten den optimalen Einsatz der Pflegekräfte. Mit versetzba- ren Türen lassen sich die Statio- nen darüber hinaus je nach Be- darf vergrößern oder verklei- nern (Floatingbereiche).

„Durch optimierte Schnitt- stellen zwischen den Stationen und kurze Wege wird eine Ver- netzung zwischen den Fach- abteilungen erreicht, die in Deutschland bislang einzigartig ist“, betonte Dr. Reinhard Schwarz, Vorsitzender der Ge- schäftsführung der Sana Klini- ken GmbH & Co. KGaA, Mün- chen. Die privatwirtschaftliche Klinikgruppe, getragen von 30 Unternehmen der privaten Krankenversicherung, hat mit mehr als 70 Millionen Euro ihre bislang größte Investition in ein Krankenhaus getätigt und will mit der Klinik noch 2005 schwarze Zah- len schreiben. Personelle Einsparungen sind dabei zurzeit nicht geplant. Seit 2001 verfügt Sana über eine 75-prozen- tige Mehrheitsbeteiligung an der Ein- richtung; 25 Prozent der Anteile hält weiterhin die Stadt Remscheid. In Nordrhein-Westfalen wurde damit die bislang größte Privatisierung eines kom- munalen Krankenhauses vollzogen.

Ursprünglich bestand das Klinikum aus zwei Standorten in verschiedenen Stadtteilen Remscheids, die innerhalb der baulich-organisatorischen Neu- strukturierung zusammengeführt wur- den. Die Mitarbeiter waren bei der Kon- zeption von Anfang an wesentlich betei- ligt. Als Zwischenlösung wurde ein mobiles Klinikum – ein Modulbau aus P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 2127. Mai 2005 AA1483

Das Krankenhaus der Zukunft

Medizin der kurzen Wege

Die Krankenhäuser müssen sich dem wachsenden Wettbewerbsdruck im Gesundheitswesen stellen. Das Sana-Klinikum Remscheid hat ein Erfolg versprechendes Konzept für den effizienten Einsatz von Ressourcen und fachübergreifende Behandlungsabläufe entwickelt.

Daten und Fakten zum Sana-Klinikum Remscheid

Vollständig privat finanziertes Krankenhaus, Neubauinvestition: 70 Millionen Euro (davon 2,5 bis drei Millionen für Informationstech- nologie); Planungs- und Bauzeit: vier Jahre

Lehrkrankenhaus der Ruhr-Universität Bochum; Schwerpunkt- krankenhaus der Region mit 684 Planbetten; Tagesklinik für alle Fachdisziplinen; circa 1 400 Mitarbeiter, davon 168 Ärzte und mehr als 640 Pflegekräfte; erwartete Patienten jährlich: 41 000

Vernetzung: integriertes internetbasiertes Kommunikationsnetz für Ärzte, Verwaltung, Alarmierungssystem, Abrechnung und Fernse- hen; WLAN (Wireless Local Area Net) mit 260 Accesspoints und 380 WLAN-Handys; 600 vernetzte PC-Arbeitsplätze, davon 500 Thin Clients (Technologie: ISIS Multimedia Net, Düsseldorf)

Foto:Isis Multimedia Net

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55 (wiederverwendbaren) Einzelteilen – entwickelt, das auf 2 400 Quadratme- tern Abläufe und Prozesse des 684-Bet- ten-Hauses, wie zum Beispiel die zentra- le Aufnahmestation mit der interdiszi- plinären Erstbetreuung, erprobte. Da- mit ließ sich nicht nur der Kranken- hausbetrieb während der Um- und Neu- bauphasen seit 2002 aufrechterhalten, sondern das Modellprojekt konnte in der zweijährigen Testphase optimiert werden. Dies trug mit dazu bei, dass der Neubau zwei Jahre früher als geplant fertig gestellt werden konnte.

Zu den wichtigsten Innovationen gehört in Remscheid die Informations- technologie (IT). Sämtliche bislang ge- trennt voneinander genutzten Kommu- nikationsnetze, sei es für Telefon, für die medizinische Information und Daten- speicherung oder für die IT-Systeme der Verwaltung, werden künftig über ein einziges lokales Netzwerk (LAN) geführt. „Ziel ist es, die Ressourcen bei Diagnostik, Geräteverfügbarkeit, Raum- belegung und Ärzteeinsatz besser zu managen, die Versorgung zu optimieren und vor allem, die Liegezeiten der Pati- enten zu verkürzen“, erklärte der Ge- schäftsführer des Klinikums, Richard Kreutzer. Ein Beispiel ist die durchgän- gige Digitalisierung der Radiologie: Di- gital erstellte Aufnahmen stehen unmit- telbar – auch auf mobilen Endgeräten – zur Verfügung und tragen zur Beschleu- nigung der Behandlung bei. Generell lassen sich durch Prozessoptimierung und -flexibilisierung Wartezeiten beim Röntgen, beim Ultraschall und anderen Diagnosegeräten erheblich verkürzen.

Gleichzeitig spart das integrierte Kom- munikationssystem auch Kosten, weil auf parallele Verkabelung verzichtet werden kann.

Sämtliche Kommunikationsprozesse laufen auf der Basis von Internet-Tech- nologie. In vielen Bereichen werden die Endgeräte per Funk (WLAN – Wireless LAN) an das Netz angeschlossen. 260 Zugangspunkte (Accesspoints) sind hierfür über das gesamte Gelände auch im Außenbereich verteilt. Die Ärzte sind mit WLAN-Handys ausgestattet, sodass sie beispielsweise Alarme aus Krankenzimmern oder der Notaufnah- me empfangen können. Später sollen auch die Patienten damit ausgestattet werden, damit sie sich auf dem Klinik-

gelände bis zum nächsten Untersu- chungstermin frei bewegen können.

Zu den technischen Neuerungen zählen auch die ebenfalls per WLAN an die Netzinfrastruktur angeschlossenen Webcams. Mit diesen können Schlagan- fallpatienten ebenso überwacht werden wie die Außenanlagen und das Park- haus. Der TÜV hat die Wireless-Technik hinsichtlich Sicherheit und gesundheitli- cher Unbedenklichkeit für den Einsatz im Krankenhaus positiv begutachtet.

Die etwa 600 PC-Arbeitsplätze für das medizinische Personal sind überwie- gend mit Thin Clients ausgestattet; das sind Monitorsysteme ohne Festplatte, die ihre Softwareapplikationen von zen- tralen Servern beziehen und auf Ein- und Ausgabefunktion bechränkt sind.

Dadurch lassen sich nicht nur Lizenz- und Wartungskosten für die Anwen- dungssoftware einsparen, sondern auch Gefährdungen des internen Netzes, zum Beispiel durch Viren, ausschließen. Das

Krankenhausnetzwerk wird von einem externen Dienstleister zentral gemanagt und überwacht. Gleichzeitig kann je- doch auch das Krankenhaus selbst jeder- zeit online auf die Steuerung zugreifen.

Zwischen 2,5 und drei Millionen Euro von 70 Millionen Euro Investitionen wurden in die IT gesteckt. Jährlich soll der Anteil am Gesamtbudget hierfür bei mehr als zwei Prozent liegen. Damit be- findet sich das Sana-Klinikum auf einem Spitzenplatz. Mit der fortschreitenden Digitalisierung und Vernetzung fallen je- doch gleichzeitig andere Kosten weg, wie etwa die Entwicklung herkömmlicher Röntgenfilme, die Softwarelizenzen für PC-Arbeitsplätze oder die Wartung ver-

schiedener Netze. Die Hightech-Infra- struktur erhöht darüber hinaus den Komfort für den Patienten: Ob Surfen im Internet, Videoabruf oder Kaffeebe- stellung – das Gewünschte steht dem Pa- tienten auf Knopfdruck zur Verfügung.

Der Patient kann die Dienste über den Schwenkarmmonitor am Krankenbett abrufen. Gleichzeitig nutzt der Arzt die- sen Monitor bei der Visite, um über eine gesicherte VPN(Virtual Private Net- work)-Verbindung die vertraulichen Patientendaten abzurufen oder dem Patienten seinen Befund zu erläutern.

Qualität als

Wettbewerbsvorteil

Durch den hohen technischen Stan- dard, der in Remscheid hinsichtlich Be- handlung, Betreuung, Administration und Kosten geschaffen wurde, ist das Klinikum gut gerüstet für die schwieri-

gen Zeiten, die auf die Krankenhäuser zukommen werden. „Wirtschaftlichkeit und Qualität sind keine Gegensätze“, betonte Geschäftsführer Schwarz. Das Konzept der kurzen Wege zeige, wie den schwierigen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen einerseits und ei- ner hohen Patientenzufriedenheit an- dererseits Rechnung getragen werden könne. Vielen kommunalen Kranken- häusern fehlt jedoch das Geld für not- wendige Investitionen. So steht die „di- gitale Aufrüstung“ der Krankenhäuser noch ganz am Anfang. Zurzeit geben sie durchschnittlich nur rund 0,8 bis 1,5 Prozent ihres Budgets für Informati- onstechnologie aus. Heike E. Krüger-Brand P O L I T I K

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A1484 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 2127. Mai 2005

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt: „Der Medizinprozess muss um den Patienten herum organisiert werden.“

Foto:Tobias Steinhäußer

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