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Archiv "Krankenhaus: Die Zukunft ist „nicht rosig“" (27.03.1992)

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Die Zukunft

ist „nicht rosig"

AKTUELLE POLITIK

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

W

enn Dr. Rainer Will, Vor- standsvorsitzender des AOK-Landesverbandes Bayern von Arbeitgeberseite, bei den „Hersbrucker Gesprächen 1992"

(dazu auch Heft 12: „Kostendämp- fung im Gesundheitswesen. Und seit Jahren dreht sich alles im Kreis") die Versorgung durch Krankenhäuser und deren Finanzierung „auf dem Prüfstand" sah und zugleich die Hoffnung äußerte, die Weichen in die Zukunft ließen sich „doch noch richtig" stellen, so spricht das für Zu- versicht und gegen Resignation. Zu- mal dann, wenn er für die Kranken- kassen einen Selbstzweck ebenso we- nig gelten ließ wie für die Kranken- häuser und beiden die gemeinsame Aufgabe zuwies, „die zeitgemäße Versorgung jedes einzelnen Patien- ten zu einem finanzierbaren Preis zu sichern".

Die fachkundige Gesprächsrun- de hätte nicht einmal der ausgiebi- gen statistischen Unterfütterung sei- ner Bestandsaufnahme bedurft, um die Größenordnung des Beitrags würdigen zu können, den die Allge- meinen Ortskrankenkassen zur Be- wältigung des Kostenbrockens Kran- kenhaus zu leisten haben: Allein die 30 bayerischen AOK brachten im Jahr 1990 rund 4 Milliarden Mark für Krankenhaus-Behandlungen auf, 1991 ist mit einer Zuwachsrate von 6,6 Prozent zu rechnen. Für Wills Bemühen um differenzierende Ana- lyse sprach, daß er diese Erhöhungs- quote im Verhältnis zu anderen me- dizinischen Leistungsbereichen als

„noch akzeptabel" und die künftige Entwicklung im Krankenhausbereich vorsichtig als „stark dynamisch" ein- stufte.

Um so kräftiger zeichnete er die Lage, in die die AOK geraten müs- sen, falls die starke Dynamik unge- bremst zu wirken beginnt. Wenn das Krankenhaus schon jetzt fast ein Drittel aller Leistungsausgaben ei- ner AOK in Anspruch nimmt (ge- genüber noch 29,9 Prozent vor zehn Jahren), so könnten Zuwachsraten, die über den Beitragseinnahmen lie- gen, auf Dauer nicht ohne Erhöhung der Beiträge verkraftet werden.

Wie wenig fest der Boden ist, auf dem man sich hier bewegt, zeigt sich an etlichen verunsichernden Er-

Krankenhaus

fahrungen: Einige Universitätsklini- ken liegen mit ihren Mehranforde- rungen in Höhe von 51,9 Prozent und 53,9 Prozent weit über der durchschnittlichen 21,5 Prozent- Marke der Krankenhäuser; auch Schiedsverfahren konnten in vielen Fällen keine Dämpfung bewirken;

einige Bezirksregierungen setzten sich sogar über Schiedssprüche hin- weg und veränderten sie zu Lasten der Krankenkassen nach oben.

Willi Heitzer, AOK-Vorstands- vorsitzender von Arbeitnehmerseite

— auch er übrigens weit entfernt von resignativen Anwandlungen und stets auf Vernunftlösungen bedacht

—, konnte daher keine überschauba- ren Perspektiven anbieten: „Ich bin überzeugt davon, daß eine Hoch- rechnung der zukünftigen Kosten- entwicklung nicht möglich ist."

Der Unsicherheit gegenüber der künftigen Entwicklung im stationä- ren Bereich stand in Hersbruck aller- dings ein bemerkenswert hohes Maß an Sicherheit gegenüber, wenn es darum ging, die Ursachen bezie- hungsweise die Verursacher der Un- sicherheit beim Namen zu nennen.

Vom „Wilden Westen" in der staatli- chen Praxis war die Rede. Den aus Bonn kommenden Vorwurf, die Selbstverwaltungen schöpften den Handlungsrahmen des GRG auch im Krankenhausbereich nicht aus, ver- wies man in den Bereich „ministe- rieller Phraseologie". Gesetzespoliti- schen „Kraftentscheidungen" wurde die Notwendigkeit pragmatischer Maßnahmen gegenübergestellt.

Den eigentlichen aktuellen Schwerpunkt in den Beziehungen zwischen Krankenkassen und Kran- kenhäusern sah Will in der Finanzie- rung der Betriebskosten, die er in Personalprobleme und Abrech- nungsprobleme gliederte. Nahezu

automatisch brachte seine Feststel- lung, die Personalbesetzung eines Krankenhauses bilde den Kern von Budgetverhandlungen, auch die be- rühmt/berüchtigten Anhaltszahlen von 1969 ins Gespräch. Aufsehener- regende Mitteilung: Über diese Pa- rameter werde in Bayern schon seit langem nicht einmal mehr diskutiert, die Zeit sei über sie längst hinwegge- gangen.

Kehrseite der Medaille Nicht ohne einen Anflug von Sarkasmus gewann der Referent die- ser Medaille eine zweite, nicht allge- mein bekannte und zu überlegter Handhabung gemahnende Seite ab:

Höhere Mark-Beträge, die man vor allem dem Pflegedienst zuerkannt hatte, konnten gar nicht ausgegeben werden, weil es beispielsweise in München weder den Städtischen Krankenhäusern noch den Uniklini- ken gelang, die entsprechende An- zahl von Pflegekräften aufzutreiben.

In der wieder aufgelebten Dis- kussion über Änderungen am Kran- kenhausfinanzierungsgesetz hat man offenbar eine Warteposition bezo- gen. Zwar bestätigte die Fehlbele- gungsstudie dem tagesgleichen Pfle- gesatz fehlsteuernde Impulse, doch über alternative Regelungen und de- ren Rechtfertigung könne erst nach Probeläufen befunden werden.

Auf dem Gebiet der Investiti- onsfinanzierung erwarten die baye- rischen AOK von den zuständigen Staatsministerien mittelfristig einen höheren Mitteleinsatz, wie ihn auch der Krankenhausplanungsausschuß immer wieder fordert. Mit Nach- druck wird weiterhin moniert, daß Krankenhäuser nach wie vor nicht als Zweckbauten, sondern als Status- Dt. Ärztebl. 89, Heft 13, 27. März 1992 (21) A1-1089

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symbole für eine Stadt oder einen Landkreis betrachtet werden.

Für die Krankenhausplanung wurde ein ganzer Katalog von Not- wendigkeiten aufgestellt: Konkur- renzinitiativen unter Krankenhäu- sern aufzudecken und die Leistungs- angebote abzustimmen, die Kassen frühzeitig über Planungsabsichten und -maßnahmen zu unterrichten, Betriebskostenschätzungen zwischen Krankenhaus und Krankenkasse ge- meinsam zu erörtern, die Leistungs- entwicklung gemeinsam festzulegen.

Zur Kündigungspflicht gemäß Para- graph 110 BGB V wurde mitgeteilt, im Verlauf von zehn Jahren hätten in Bayern 1200 Betten und 27 Kran- kenhäuser abgebaut werden können, ohne daß es zu ernsthaften Schwie- rigkeiten gekommen wäre.

Beklagt wurde auch in Hers- bruck wieder, daß der ordnungspoli- tische Widerspruch zwischen der Forderung nach Beitragsstabilität (deren alleinseligmachende Wirk- samkeit bezweifelt wurde) und dem Selbstkostendeckungsprinzip (das Will schon früher als „jeder markt- wirtschaftlichen Vernunft hohn- schreiend" klassifiziert hatte), bis- lang nicht beseitigt werden konnte.

Auch hier erging daher ein Ap- pell an die Politik: sie müsse die ver- fügbaren Mittel so effektiv wie mög- lich einsetzen, das Preis-Leistungs- Verhältnis im Krankenhaus stimmig machen und, gegebenenfalls durch Kompromisse, neue Beziehungen zwischen Krankenhaus und Kran- kenkasse finden. Heitzer billigte der Politik zwar zu, daß sie bei der Neu-

ordnung des Krankenhauswesens und seiner Finanzierung — das zähe Problem der Pflegeversicherung ein- geschlossen — nur geringe Möglich- keiten habe, so daß die Zukunft

„nicht besonders rosig" aussehe. Um so schärfer warf er ihr aber vor, nicht den Mut zu haben, sich eine sehr einfache Formel zu eigen zu machen:

daß nämlich das, was keine Wirkung hat, nicht in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversiche- rung gehört.

Warum der Politik dieser Mut fehlt, unterliegt für Heitzer von jeher keinem Zweifel: „Der Lobbyismus der Nebenprodukte des Medizinge- schehens ist größer als die Einfluß- nahme der Krankenversicherung auf eine korrekte, konsequente Darstel- lung des Leistungsnotwendigen." KG

Die effektive Verlängerung des Patentschutzes um fünf Jahre auf 15 Jahre ist Gegenstand eines „Ge- meinsamen Standpunktes" des EG- Ministerrates für einen EG-Verord- nungsentwurf. Diese Regelung dient dem Innovationsschutz im Arznei- mittelsektor und ist damit Bestand- teil der gemeinschaftlichen Gesund- heitspolitik.

Die Europäische Gemeinschaft sieht die Innovationsfähigkeit der pharmazeutischen Industrie durch den zu knapp bemessenen Zeitraum der ausschließlich wirtschaftlichen Verwertung des Patents für Arznei- mittel von durchschnittlich nur acht Jahren als gefährdet an. Denn von der gesetzlichen Patentschutzdauer in Europa von im allgemeinen zwan- zig Jahren muß der Inhaber eines Arzneimittelpatentes einen durch- schnittlichen Zeitraum von zwölf Jahren abziehen, der von den Ge- sundheitsbehörden für das Geneh- migungsverfahren in Anspruch ge-

nommen wird. Entsprechende pa- tentschutzverlängernde Korrekturen seien auf dem amerikanischen und japanischen Markt schon im Jahr

1984 und 1988 erfolgt.

Eine Benachteiligung der Gene- rikahersteller ist nach Ansicht der EG-Kommission nicht zu befürch- ten. Denn die Existenz von Generika hänge von der Entwicklung neuer Arzneimittel in Forschungslaborato- rien ab, was durch die geplante Neu- regelung nur gefördert wäre.

Mit dem Inkrafttreten der Ver- ordnung ist im Jahr 1993 zu rechnen.

Auf eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die homöo- pathischen Arzneimittel haben sich die Minister im Rat der Europäi- schen Gemeinschaft im Rahmen des

„Gemeinsamen Standpunktes" prin- zipiell geeinigt. Im wesentlichen sol- len dabei die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über Arzneimit- tel auf homöopathische Arzneimit- tel, die bisher ausgeklammert waren,

ausgedehnt und den Besonderheiten dieser Arzneimittelgruppe Rech- nung getragen werden.

Kernstück der Regelung ist ein vereinfachtes Registrierungsverfäh- ren für solche traditionellen homöopathischen Arzneimittel ohne besondere therapeutische Indikati- on, die in ihrer Zubereitungsform und Dosierung kein Risiko für den Patienten darstellen. Für homöopa- thische Arzneimittel, die jedoch mit therapeutischem Indikationsan- spruch oder nur parenteral verab- reicht werden können, sollen die üb- lichen Regeln für das Inverkehrbrin- gen von Arzneimitteln gelten.

Gleichwohl soll den Mitglied- staaten die Möglichkeit eingeräumt werden, auf das vereinfachte Regi-

strierungsverfahren zu verzichten und ihre bisherigen Registrierungs- regeln beizubehalten. Ab 1996 hat ein Mitgliedstaat, der hiervon Ge- brauch gemacht hat, jedoch die Ver- wendung von in anderen Mitglied- staaten nach dem vereinfachten Re- gistrierungsverfahren zugelassenen homöopathischen Arzneimitteln zu gestatten.

Mit der Entscheidung des EG- Ministerrates und gleichzeitigem In- krafttreten der Richtlinie ist zu Mit- te des Jahres zu rechnen. Die Mit- gliedstaaten sollen die Richtlinie be- reits zum Ende dieses Jahres umge- setzt haben. Stefan Gräf, Bonn

EG will Patentschutz

für Arzneimittel verlängern

Zwei Initiativen auf dem Gebiet des EG-Arzneimittelrechts werden zur Zeit in Brüssel behandelt: der Patentschutz für Arzneimittel und die Rechtsvorschriften über die homöopathischen Arzneimittel. Der folgende Beitrag informiert über den aktuellen Sachstand.

A1-1090 (22) Dt. Ärztebl. 89, Heft 13, 27. März 1992

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