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Archiv "Im Krankenhaus erworbene Infektionen – eine Herausforderung auch in Zukunft" (20.09.2013)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 38

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20. September 2013 625

M E D I Z I N

EDITORIAL

Im Krankenhaus erworbene Infektionen – eine Herausforderung auch in Zukunft

Tobias Welte

Editorial zu den Beiträgen:

„Nosokomiale Infektionen und Antibiotika- Anwendung – Zweite nationale Prävalenzstudie in Deutschland“

von Michael Behnke et al.

und „Klinische Leitlinie, Erwachsene Patienten mit nosokomialer

Pneumonie – Epidemiologie, Diagnostik und

Therapie“ von Klaus Dalhoff und Santiago Ewig auf den folgenden

Seiten

über die Jahre deutlich verändert, Krankenhauspatien- ten sind heute deutlich älter und multimorbider als 1994, trotzdem hat sich die Krankenhausverweildauer deutlich verkürzt. Ein Vergleich zwischen 1994 und heute ist daher nur eingeschränkt möglich.

Mit dem von der ECDC standardisierten, für ganz Europa gültigen Protokoll ist jetzt eine Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Ländern möglich geworden.

Die im Juli publizierten europäischen Zahlen zeigen (3), dass Deutschland im internationalen Vergleich nicht schlecht abschneidet, die niedrigsten Infektions- raten werden jedoch erstaunlicherweise in osteuropä - ischen Ländern wie Rumänien, der Slowakei und Bul- garien sowie in Teilen Großbritanniens ermittelt. Das lässt Zweifel aufkommen, ob die beteiligten Kranken- häuser wirklich repräsentativ für das jeweilige Land sind. Die Niederlande, die eigentlich als das Vorbild- land in Sachen Infektionsprävention bekannt ist, wei- sen höhere Infektionsraten als Deutschland auf. Mögli- cherweise ist jedoch aufgrund der guten finanziellen und vor allem auch personellen Ausstattung der Infekti- onsepidemiologie die Erfassung besser.

Zunehmender Antibiotikaverbrauch

Der von Behnke et al. berichtete deutliche Anstieg des Antibiotikaverbrauchs in Krankenhäusern ist das Er- gebnis der deutschen Untersuchung, das am meisten zum Nachdenken zwingt. Die Zunahme der Fälle mit antibiotika-assoziiertem Durchfall zeigt beispielhaft auf, welche Komplikationen durch einen Anstieg des Antibiotikaverbrauchs ausgelöst werden können. Noch bedrohlicher scheint die seit Jahren zu beobachtende Zunahme von Antibiotikaresistenzen bei wesentlichen Krankenhauserregern. Diese sind allerdings nicht nur als Folge des steigenden Antibiotikaverbrauchs im Krankenhaus, sondern auch und vor allem als Resultat einer hohen – und oft unnötigen – Antibiotikaverschrei- bung im ambulanten Bereich anzusehen (4). Die Angst des Arztes, eine bakterielle Infektion zu übersehen, und eine übertriebene Erwartungshaltung im Hinblick auf die Wirksamkeit von Antibiotika bei Arzt und Patient mögen wesentliche Gründe dafür sein. Neben einem primär nicht indizierten Einsatz von Antibiotika spielen auch Anwendungsfehler beim Gebrauch von zu Recht eingesetzten Antibiotika eine Rolle im Hinblick auf die Resistenzentwicklung. Die sogenannte perioperative Antibiotikaprophylaxe, die während einer Operation

I

m Krankenhaus erworbene, sogenannte nosokomia- le Infektionen haben in den letzten Jahren ein großes öffentliches Interesse erzeugt. Dabei zeichnet sich die öffentliche Berichterstattung selten durch Detailkennt- nisse aus. Die Darstellung – oft dramatischer Einzel- schicksale – bestimmt die Patienten- und oft auch die politische Meinung. In dieser Ausgabe des Deutschen Ärzteblatts widmen sich zwei Beiträge dem Thema no- sokomiale Infektionen, die dem Arzt in der Praxis we- sentliche Informationen für den klinischen Alltag ver- mitteln.

Infektionen im Krankenhaus

Michael Behnke und Mitarbeiter berichten in ihrem Ar- tikel von den Ergebnissen der in Deutschland durchge- führten Studie zur Prävalenz nosokomialer Infektionen und zur Antibiotikaanwendung in deutschen Kranken- häusern und vergleichen diese Daten mit denen der ers- ten deutschen Studie aus dem Jahr 1994 (1). Dabei wur- den ein einheitliches, vom European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) entwickeltes Protokoll zur Erfassung von Infektionskrankheiten benutzt und an einem Tag in insgesamt 132 Krankenhäusern 41 539 Patienten erfasst. Die Prävalenz der während des Kran- kenhausaufenthalts erworbenen nosokomialen Infek- tionen betrug 3,8 %, die aller – einschließlich der be- reits vor diesem Krankenhausaufenthalt erworbenen nosokomialen Infektionen 5,1 %, was in etwa der be- reits im Jahr 1994 ermittelten Prävalenz entsprach (2).

Die am häufigsten anzutreffenden Infektionen waren dabei Wundinfektionen (24,3 %), Infektionen der Harnwege (23,2 %) und der unteren Atemwege (21,7 %). Der größte Anstieg an Infektionen war bei dem durch Clostridium-difficile-Toxin ausgelösten Durchfall, also der antibiotika-assoziierten Diarrhö zu verzeichnen. Dazu passend stieg der Anteil an Patien- ten, die am Untersuchungstag mit Antibiotika behan- delt wurden, um fast 45 %.

Limitationen der Studie

Natürlich haben solche Untersuchungen immanente Li- mitationen. So muss man sich für die Diagnose einer nosokomialen Infektion auf wenige Parameter be- schränken, weil sonst eine so große Anzahl an Patien- ten gar nicht zu erfassen ist, sowohl eine Unter- als auch eine Überschätzung von Infektionszahlen ist mög- lich. Zudem haben sich die Patientencharakteristika

Klinik für Pneumologie, Medizinische Hochschule Hannover:

Prof. Dr. med. Welte

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die Ausschwemmung von Bakterien verhindern soll, wird, wie Behnke et al. zeigen, viel zu häufig über den Operationssaal hinaus als Langzeittherapie eingesetzt, obwohl für den langdauernden prophylaktischen Ein- satz von Antibiotika jegliche Evidenz fehlt.

Leitlinie nosokomiale Pneumonie

Die Infektiologie ist in Deutschland ein Querschnitts- fach, um das sich alle Fachdisziplinen ein wenig, je- doch nicht schwerpunktmäßig kümmern. Eine struktu- rierte Ausbildung in Diagnostik, Therapie und Präven- tion von Infektionskrankheiten fehlt in der studenti- schen Ausbildung genauso wie in der ärztlichen Fort- und Weiterbildung. Deshalb kommt evidenzbasierten Leitlinien als Orientierungshilfe für den klinisch täti- gen Arzt im Alltag eine große Bedeutung zu. Gerade für nosokomiale Infektionen fehlt jedoch Evidenz aus guten Studien, weil Studien bei schwer kranken Patien- ten und im Bereich der Intensivstation aufgrund vieler Faktoren (heterogenes Patientenkollektiv, nicht einwil- ligungsfähige Patienten und andere) schwer durchzu- führen sind. Die meisten Leitlinien zur Behandlung no- sokomialer Infektionen sind daher veraltet, für die no- sokomiale Pneumonie wurde zuletzt im Jahr 2005 eine Leitlinie publiziert. Vor diesem Hintergrund stellen Dalhoff und Ewig in dieser Ausgabe die wesentlichen Ergebnisse der deutschen Leitlinie zur nosokomialen Pneumonie vor, an der sich alle in diesem Feld tätigen Fachgesellschaften beteiligt haben und die auf höchs- tem Evidenzniveau entstanden ist (5). Diese Leitlinie nimmt Stellung zu allen wesentlichen Fragen rund um die nosokomiale Pneumonie und gibt – auch in Feldern, in denen Evidenz fehlt – praxisrelevante Empfehlun- gen. Man muss diese Leitlinie wohl als die aktuellste und umfassendste zur Zeit weltweit ansehen.

Nie ganz vermeidbar

Nosokomiale Infektionen werden nie ganz vermeidbar sein, wahrscheinlich kann man sogar nur eine Minder- heit der Erkrankungen durch gute Prävention verhin- dern. Eine standardisierte, qualitativ hochwertige Er- fassung wie bei Behnke et al. und eine die vorhandene Evidenz praxisnah umsetzende Leitlinie, wie sie Dal- hoff und Ewig für die nosokomiale Pneumonie vorle- gen, haben für den Umgang mit nosokomialen Infektio- nen Vorbildcharakter.

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

LITERATUR

1. Behnke M, Hansen S, Leistner R, Peña Diaz LA, Gropmann A, Sohr D, Gastmeier P, Piening B: Nosocomial infection and antibiotic use—a second national prevalence study in Germany. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(38): 627–33.

2. Rüden H, Gastmeier P, Daschner F, Schumacher M: Nosokomiale Infektionen in Deutschland: Epidemiologie in den alten und neuen Bundesländern. Dtsch Med Wschr 1996; 121: 1281–7.

3. European Centre for Disease Prevention and Control: Point pre - valence survey of healthcare-associated infections and antimi - crobial use in European acute care hospitals 2011–2012. Available at: www.ecdc.europa.eu/en/publications/Publications/Forms/

ECDC_DispForm.aspx?ID=1155 (Last accessed on 6. September 2013).

4. Burkhardt O, Ewig S, Haagen U, et al.: Procalcitonin guidance and reduction of antibiotic use in acute respiratory tract infec tion.

Eur Respir J 2010; 36: 601–7.

5. Dalhoff K, Ewig S; on behalf of the Guideline Development Group:

Clinical Practice Guideline: Adult patients with nosocomial pneumonia—epidemiology, diagnosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(38): 634–40.

Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Tobias Welte Klinik für Pneumologie

Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1

30625 Hannover

welte.tobias@mh-hannover.de

Englischer Titel:

Nosocomial Infections: A Present and Future Challenge

Zitierweise

Welte T: Nosocomial infections: A present and future challenge.

Dtsch Arztebl Int 2013; 110(38): 625–6. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0625

@

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

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