Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
KONGRESS-NACHRICHTEN
Individualisieren oder schematisieren?
Bei 401 Geburten aus Becken- endlage betrug die Sectiofre- quenz 34,2 Prozent, die perinata- le Mortalität 4,4 Prozent, aus- schließlich bedingt durch Kinder unter 2000 Gramm. Es werden folgende Forderungen aufge- stellt: als absolute Indikation für die Sectio aus Beckenendlage gilt (Züllich, G., und Woldt, P., Hamburg):
• Mißverhältnis oder Plazen- tainsuffizienz
• Großes Kind (zu erwartendes Geburtsgewicht über 3300 g)
• Intrauterine Asphyxie.
Als relative Indikation zum Kai- serschnitt sollten gelten:
• Frühgeborene mit einem ge- schätzten Geburtsgewicht unter 2000 Gramm
• Alte Erstgebärende
• Vollständige Fußlage MS
(Vortrag auf der 84. Tagung der Nordwest- deutschen Gesellschaft für Gynäkologie Hamburg, November, 1977)
Antibiotika bei Salmonellen
Die Salmonellen gehören in un- seren Breiten bekanntlich mehr oder weniger zu den endemi- schen Infektionsrisiken. Das Er- krankungsrisiko ist dabei vor al- lem ein quantitatives Problem.
Mit einigen hundert Keimen (Sal- monellen) wird der gesunde Or- ganismus im allgemeinen pro- blemlos fertig, nicht dagegen mit einer plötzlichen Überflutung durch einige hunderttausend oder gar Millionen Keime (Prof.
Dr. D. Winterhoff, Hygiene-Insti- tut der Universität Münster). Das spielt eine wichtige Rolle bei den Nahrungsmittelinfektionen.
Je weniger Zeit zur Keimvermeh- rung bei einer infizierten Speise bestand, desto geringer im allge- meinen der Infekt. Bei sofortigem Verzehr sind gerade infizierte
Nahrungsmittel unschädlich. Be- drohlich wird eine solche Infek- tion vor allem dann, wenn Le- bensmittel, die mit Salmonellen infiziert sind, lange genug ste- hen, daß sich die Keime unüber- sehbar vermehren konnten. Den- noch nicht bei jedem Durchfall oder bei jeder leichteren gastro- enteralen Infektion gleich mit An- tibiotika einsteigen (Prof. Dr.
H. Knothe, Hygiene-Institut der Universität Frankfurt). Antibiotika sind nur bei schweren Erkran- kungsfällen indiziert, dann aber gründlich! WP
(XIV. Symposium der deutschen Gesell- schaft für Fortschritte auf dem Gebiet der inneren Medizin, November 1977, Frei- burg)
Onkologische Schwerpunktpraxis
Bestimmte strukturelle und fach- liche Voraussetzungen müssen natürlich gegeben sein. Dann kann man in der Praxis durchaus auch Onkologie betreiben (Pri- vatdozent Dr. U. R. Kleeberg, Max-Brauer-Allee 52, 2000 Ham- burg 50). Der Kranke hat davon nur Vorteile. Er wird nach statio- närer Diagnostik und Primärthe- rapie nach Hause entlassen und dann so wenig wie möglich von seiner gewohnten Umwelt iso- liert. Dennoch kann er nach on- kologischen Maximen weiter be- handelt werden. Eine solche Schwerpunktpraxis kann auch wirtschaftlich bestehen. Eine Nacht im Krankenhaus kostet heute etwa so viel wie eine 14- tägige aktive Induktionstherapie oder wie eine vierwöchige adju- vante Polychemotherapie oder wie eine dreimonatige zytostati- sche Erhaltungstherapie (Klee- berg). Engste Kooperation mit Klinik bzw. Tumorzentrum ist na- türlich unerläßlich. Ohne Koope- ration kann man einem Tumorpa- tienten in der Praxis nicht annä- hernd so wirksam helfen. WP
(90. Tagung der Nordwestdeutschen Ge- sellschaft für innere Medizin, Januar 1978, Hamburg)
Nosokomiale Infektionen
auf Intensivstationen
Die Ausbreitung antibiotikaresi- stenter Keime, speziell auf Inten- sivstationen, bereitet aller Welt Sorge.
In der Hälfte der Fälle von bakte- riellem Hospitalismus handelt es sich zwar um endogene Infektio- nen, also um die Ausbreitung von im Körper vorhandenen Keimen, die nicht durch Desinfektion von Flächen oder der Luft verhindert werden können (Prof. Dr. F.
Daschner, Universitätsklinikum Freiburg). Die Antibiotikaresi- stenz indes stammt ebenso wie die exogene Infektion an sich aus der Umwelt der Patienten, vom Pflegepersonal und von den Ge- räten (Hände, Katheter, Beat- mungsgerät, zentraler Venenka- theter usw.). Händewaschen, ge- schlossene Urindrainagesysteme und peinlichste Desinfektion aller Gerätschaften auf Intensivstatio- nen unterbrechen solche Infek- tionsketten noch am ehesten.
Wenig oder keinen Einfluß haben dagegen aufwendige bauliche Veränderungen wie beispielswei- se Schleusen oder Fußboden- und Luftdesinfektion. Das Geld kann man sparen (Daschner);
denn eine gewisse Minimalrate an nosokomialen Infektionen muß schließlich akzeptiert wer- den, etwa in der Größenordnung von ein bis zwei Prozent Wundin- fektionen nach sterilen Operatio- nen, freilich auch kein Prozent mehr.
Die Infektionsrate ist weniger ein technisches Problem als viel- mehr eine Funktion der persönli- chen Haltung aller Beteiligten (Prof. Dr. E. H. Bock, Tübin- gen). WP
(XIV. Symposium der deutschen Gesell- schaft für Fortschritte auf dem Gebiet der inneren Medizin, November 1977, Frei- burg).
702 Heft 12 vom 23. März 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT