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Archiv "Gesundheitsbewußtsein im Krankenhaus am Beispiel Hypertonie" (20.11.1992)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Gesundheitsbewußtsein im Krankenhaus

am Beispiel Hypertonie

m Dezember 1991 veranstaltete 1 die Sektion „Patienteninformati- on" der Deutschen Liga zur Be- kämpfung des Hohen Blutdrucks (Leiter Prof. Lohmann, Berlin) eine Tagung zum Thema Gesundheitsbe- wußtsein im Krankenhaus — Der Hochdruckpatient im Umfeld von Risikofaktoren. An den exemplari- schen Themen Rauchen, Blutdruck- messung, Ernährung sollte aufge- zeigt werden, wie gesundheitserhal- tend, -fördernd das „Krankenhaus"

sich selbst erweist. Am Beispiel des Hypertonikers — so die beiden Orga- nisatoren Frau Dr. S. Gleichmann (Bad Oeynhausen) und Prof. Dr. G.

Wambach (Köln) — wird deutlich, daß die Erkrankung eine komplexe Behandlung notwendig macht, die neben der medikamentösen Thera- pie gleichwertig nichtmedikamentö- se Maßnahmen und weitere Risiko- faktoren berücksichtigt. Die Erwei- terung der therapeutischen Maßnah- men stellt das Krankenhaus vor die Frage: Werden hier die Erkenntnisse der Prävention auch von ihren Trä- gern (Ärzte, Pfleger, medizinische Hilfskräfte) erkannt und befolgt?

Wie glaubwürdig können den Patien- ten gesundheitsfördernde Verhal- tensregeln während ihres Klinikauf- enthaltes vermittelt werden?

Der Risikofaktor „Rauchen"

Zigarettenrauchen ist eine der bedeutsamsten Einzelursachen für vermeidbare Erkrankungen, sowie vorzeitige Invalidität und frühzeiti- gen Tod. Kritisch betrachtet gibt es jedoch keine Erkrankung, die nicht durch das Rauchen verschlechtert oder deren Heilungschancen nicht ungünstig beeinflußt werden. Dar- über hinaus belegen retrospektive Studien, daß Patienten, die nach ei-

nem Herzinfarkt das Rauchen aufga- ben, eine Letalität von 17 Prozent gegenüber 45 Prozent bei weiterrau- chenden Patienten nach fünf Jah- ren aufweisen. Ebenso eindrucksvoll sind die Ergebnisse bei Patienten mit peripherer Verschlußkrankheit, die sich einer chirurgischen Intervention unterziehen mußten. Das Aufgeben des Rauchens verbessert ihre Über- lebenschancen nach fünf Jahren um fast 50 Prozent. Die Sekundärprä- vention im Krankenhaus zu begin- nen, ist eine lohnende, die Qualität der ärztlichen Maßnahmen erwei- ternde Aufgabe.

Diesen Erkenntnissen zum Trotz besteht in den deutschen Krankenhäusern kein generelles Rauchverbot. Eine Erhebung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ergab, daß 30 Prozent der Krankenhausärzte und 39 Pro- zent bis 57 Prozent des Pflegeperso- nals Raucher sind. Appelle an die Einsicht haben wenig Erfolg, daran etwas zu ändern. Ihr erfolgreiches Konzept zur Abschaffung des Rau- chens haben drei amerikanische Krankenhäuser vorgestellt. Eine grundlegende Voraussetzung eines solchen Projektes ist der Konsensus gegen das Rauchen in allen Füh- rungspositionen: ärztliche und pfle- gerische Krankenhausleitung, eben- so Verwaltung und technische Ver- sorgung müssen an einem Strang zie- hen. Ein gemeinsamer Arbeitskreis entwirft dann einen Stufenplan zur Durchsetzung des Rauchverbots und ist Anlaufstelle für Beschwerden.

Bevor einzelne Maßnahmen ergrif- fen werden, sollten alle Betriebsan- gehörigen persönlich über das Vor- haben informiert werden und Gele- genheit bekommen, das Für und Wi- der zu diskutieren. Auch jeder Pa- tient muß bei seiner Aufnahme über das Projekt „rauchfreies Kranken- haus" unterrichtet werden. Während

der Übergangsphasen sind Raucher- bereiche und rauchfreie Zonen deut- lich zu kennzeichnen, an die sich Pa- tienten aber auch Beschäftigte hal- ten müssen. Bewährt hat sich die Einrichtung von Raucherzimmern, die durchaus entfernt vom Stations- betrieb und „ungemütlich" sein sol- len. Sehr wichtig ist es, die Aufent- haltsräume des Pflegepersonals und die Arztzimmer „rauchfrei" zu de- klarieren. Die Gestaltung der Hin- weisschilder sollte nicht vernachläs- sigt werden. Appelle an die Koope- ration führen zu einer größeren Ak- zeptanz und verstärken positiver die Mitarbeit als distanziert formulierte Verbotsschilder. Der Verkauf von Zigaretten am Krankenhauskiosk so- wie durch den Automaten sind abzu- schaffen. Die Durchsetzung aller dieser Maßnahmen erfordert Zeit (ein bis drei Jahre). Widerstände sind eher von Besuchern und Be- schäftigten als von den Patienten selbst zu erwarten. Erhebungen er- gaben, daß sechs Monate nach dem einschneidenden Erlebnis eines Herzinfarktes oder nach Bypass- Operation etwa 60 Prozent der Er- krankten auch ohne zusätzliche Ab- stinenztherapie Nichtraucher sind.

Einsichtige „gesunde" Raucher be- nötigen meist drei Anläufe.

Kontrollierte Blutdruckmessung

Kontrolle von Körpertempera- tur, Puls und Blutdruck eines Patien- ten gehören zu den täglich erhobe- nen Parametern einer internisti- schen Station. Die Messung des Blutdruckes ist ein Verfahren, das vom Pflegepersonal nicht selten als lästig, weil aufwendiger in der Durchführung und zeitraubend emp- funden wird. Für den Hochdruckpa- tienten ist es das Verfahren schlecht- hin, das ihn als Patienten kennzeich- net und allen Therapiemaßnahmen zu Grunde liegt. Die korrekte Be- stimmung des Blutdruckes erfordert genaue Kenntnisse über die Meßbe-

dingungen, den technischen Ablauf

und die Bewertung des erhobenen Befundes. Pflegerisch Tätige, aber auch Ärzte, die nicht regelmäßig mit Dt. Ärztebl. 89, Heft 47, 20. November 1992 (69) A1-4021

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dem Bestimmen des Blutdruckes vertraut sind - vor allem in nicht-in- ternistischen Abteilungen -, verken- nen häufig die Chance, die sich für ihren Patienten bietet, neben der einweisenden Erkrankung Begleit- erkrankungen zu entdecken oder besser zu therapieren. Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen zum Thema Blutdruckmessung für Schwestern und Pfleger haben sich als sehr hilfreich erwiesen. Die so ausgebildeten Pfleger können ihrer- seits den Hochdruckpatienten anlei- ten, seinen Blutdruck täglich selbst zu kontrollieren. Das Ubertragen der RR-Kontrolle auf den geschul- ten Patienten entlastet das Pflege- personal. Durch das bessere Ver- ständnis über die Zusammenhänge seiner Erkrankung ist er stärker mo- tiviert, seine medikamentöse Thera- pie über einen langen Zeitraum kon- sequent einzuhalten. Die Einbezie- hung des Patienten in den therapeu- tischen Vertrag erhöht die Therapie- disziplin (Compliance) und gestaltet sie erfolgreicher, sicherer und ne- benwirkungsärmer.

Ernährung

des Hypertonikers

Bei der Therapie des Hypertoni- kers kommt der Beachtung des Li- pid- und Cholesterinstoffwechsels als der Regelgröße, die an der Schä- digung der Gefäßwände beteiligt sind, ein zentraler Stellenwert zu.

Reduktion des Körpergewichts und Einschränkung der Kochsalzzufuhr verbessern darüber hinaus die medi- kamentöse Einstellung des erhöhten Blutdrucks. Zudem mehren sich Studien, die auch nach eingetrete- ner Gefäßwandläsion, dokumentiert durch die Koronarangiographie, eine Stagnation dieses Prozesses durch konsequente Senkung der Blutfette beobachten. Für den behandelnden Arzt bedeutet dies, seine Hyperto- niepatienten über den Zusammen- hang von Gefäßwandschädigung und Nahrungsaufnahme aufzuklären. Ei- ne Änderung von Eßgewohnheiten einzuleiten, stößt - ähnlich wie beim Rauchen - auf großen Widerstand und verlangt viel Energie vom The-

rapeuten. Diese Aufgabe können Di- ätassistentinnen leisten Eine Plan- stelle für Diätassistenz ist meist nur in großen Kliniken vorgesehen. Die selbstverständliche Verknüpfung von medikamentöser Therapie und Diät beim Hypertoniker, vergleich- bar dem Diabetiker, wird von den behandelnden Ärzten noch nicht konsequent genug geleistet. Dabei bietet der Klinikaufenthalt eine gute Chance, eine cholesterin- und salzar- me und dennoch schmackhafte Kost vorzuführen.

Trotz intensiver langzeitiger Be- treuungs- und Aufklärungsarbeit er- scheint die objektivierbare Verände- rung nur mäßig auszufallen. In der Heidelberger Universitätsklinik wur- den 38 Patienten mit stabiler Angina pectoris und angiographisch doku- mentierten Gefäßwandveränderun- gen über einen Zeitraum von fünf Jahren betreut. 18 Patienten wurden in der Gruppe regelmäßig diätetisch angeleitet, konnten zweimal wö- chentlich an einer Herzsportgruppe teilnehmen und am Heimfahrrader- gometer täglich trainieren. In Ab- ständen sollten die Patienten ein selbstgeführtes Diätprotokoll vorle- gen. Diese Angaben wurden zu den Serumlipiden in Beziehung gesetzt.

In der Kontrollgruppe waren eben- falls 18 Patienten mit vergleichbarem Krankenstatus. Sie wurden zu Be- ginn der Studie ebenfalls in der Klinik betreut, diätetisch beraten und zu Bewegungstraining angehal- ten. Nach dem Verlassen des Kran- kenhauses oblag die Durchführung ihrer eigenen Initiative. Lipidsenker wurden keinem der Patienten ver- ordnet.

Nach fünf Jahren lag in der In- terventionsgruppe das Körperge- wicht, das Gesamtcholesterin und LDL-Cholesterin deutlich unter dem Ausgangswert, während diese Para- meter bei der Kontrollgruppe ange- stiegen waren. Dagegen bestand bei der Interventionsgruppe keine Kor- relation zwischen den Angaben des selbstgeführten Diätprotokolls, auf- genommener Energiemenge und Körpergewicht oder zwischen dem verzehrten Fett und dem Serum- Cholesterin. Leichter fiel den Pa- tienten offensichtlich die Umstellung der Nahrung auf ungesättigte Fett-

säuren, welche durch die Fettgewe- bebiopsie verifizierbar waren.

Fazit: Patienten, die ihre Le- bensgewohnheiten umstellen sollen, benötigen eine umfassende, fortwäh- rende Einbindung in das therapeuti- sche Konzept mit einem engen räumlichen und zeitlichen Bezug.

Christiane Wambach

Prof. Dr. med. Gerhard Wambach Medizinische Klinik II

der Universität Köln Ostmerheimer Straße 200 W-5000 Köln 91

FÜR SIE REFERIERT

Colon irritabile in

der Allgemeinbevölkerung

Das Reizdarmsyndrom stellt die häufigste funktionelle Erkrankung des Gastrointestinaltraktes dar, un- ter der bis zu 30 Prozent der Allge- meinbevölkerung zu leiden scheinen.

Die Autoren führten eine Umfrage in Southampton durch, wobei von 2280 angeschriebenen Patienten in acht Allgemeinpraxen 1620 antwor- teten. 25 Prozent berichteten über mehr als sechs Episoden von Bauch- schmerzen im vergangenen Jahr. 23 Prozent gaben Symptome an, die sich mit der Diagnose eines Colon ir- ritabile deckten. Das Verhältnis Männer zu Frauen betrug 1:1,38. Die meisten Patienten klagten über Obstipation und Diarrhoe. 35 Pro- zent gaben gelegentlich peranale Blutungen an. Häufig genannte Symptome umfaßten ferner Sod- brennen, Dyspepsie, Palpitationen, Migräne und Dysurie. Nur ein Drit- tel der Angeschriebenen hatten me- dizinische Hilfe gesucht. Aufgrund der geschilderten Symptome glauben die Autoren, daß es sich beim Colon irritabile um eine Dysfunktion der glatten Muskulatur handelt.

Jones R., S. Lydeard: Irritable bowel in the general population. Brit. Med. J. 304;

87-90, 1992.

University of Southampton, Southampton.

A1-4022 (70) Dt. Ärztebl. 89, Heft 47, 20. November 1992

Referenzen

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