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Archiv "Krise und Zukunft der Medizin" (13.10.1977)

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Allgemeinarzt oder „Barfußpraktiker"

Es gibt ihn also auch weiterhin noch, den „Praktischen Arzt" oder einfach: den „Arzt", und wenn die Entwicklung so weiterläuft wie bis- her, werden wir bald wieder mehr Praktiker als Allgemeinärzte haben, die dann allmählich von selber aus- sterben werden.

Bis jetzt war dieser Zustand noch einigermaßen erträglich, hatten doch die jetzt niedergelassenen Praktischen Ärzte ohne Weiterbil- dung (speziell zum Allgemeinarzt) immerhin eine mehrjährige Assi- stentenzeit hinter sich oder entspre- chend lange, allerdings oft einseiti- ge ärztliche Erfahrungen als Arzt auf einem anderen Fachgebiet.

Doch was kommt jetzt auf uns zu?!

Nach Multiple-choice-Studium und einem Jahr Unterweisung an einem Lehrkrankenhaus ist der Arzt voll approbiert, braucht in Zukunft keine Medizi nalassistententätigkeit mehr abzuleisten und kann sich sofort in eigener Praxis niederlassen. Die Vorbereitungszeit für die Kassen- praxis ist auf sechs Monate Tätigkeit als Vertreter oder Assistent bei ei- nem Kassenarzt begrenzt worden und bei Ableistung auf dem Lande verkürzt sich diese Zeit auf drei Mo- nate. Eine Vorbereitungszeit im Krankenhaus ist nicht mehr erfor- derlich und wird auch nicht als Vor- bereitung auf die kassenärztliche Tätigkeit angerechnet (DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Nr. 29/77, Seite 1842).

Damit haben wir den neuen „Barfuß- arzt" westlicher Prägung, der unter Umständen mangelhaft ausgebildet und unerfahren die Bevölkerung versorgen soll. Ihm gegenüber steht der vier Jahre nach den Vorschriften der Weiterbildungsordnung weiter- gebildete und demnächst, auch ge- prüfte Arzt für Allgemeinmedizin.

Dazwischen liegt dann die Grauzone der teilweitergebildeten oder auch einseitig in einem Fach weitergebil- deten Praktiker.

Alle sollen sie nun dieselben Aufga- ben erfüllen, und alle haben sie die gleichen Kompetenzen. Ebenso wol- len sie alle dasselbe Honorar erar-

beiten, ob Praktiker oder weiterge- bildeter Allgemeinarzt. Hier könnte die Diskrepanz unerträglich werden, und es zeigen sich die verheerenden Folgen, wenn Kammern, Bundesbe- hörden und EG-Kommissionen mit unterschiedlichen Konzepten und unter völlig unterschiedlichen Ge- sichtspunkten nebeneinander her ihre Bestimmungen erlassen.

Die Deutsche Akademie der Prakti- schen Ärzte (trotz des wohlklingen- den Namens ein Ausschuß der Bun- desärztekammer), hat sich jetzt um- genannt in Deutsche Akademie für Allgemeinmedizin. Man macht sich in diesem Gremium viel Mühe und Gedanken über die Weiterbildung der zukünftigen Allgemeinärzte, und ausgezeichnete Vorschläge zur Ver- besserung dieser Weiterbildung werden ausgearbeitet. Doch hat man sich hier einmal gefragt, warum 90 Prozent der Niederlassungen in der Allgemeinmedizin als Praktiker erfolgen und nur etwa 10 Prozent als Allgemeinärzte? Will die Akademie die 90 Prozent aus ihrer Verantwor- tung ausklammern? Wo bleiben die

Lösungsvorschläge dieser Akade- mie? Wie will man den Arzt, der sich der vierjährigen Weiterbildung und einer Prüfung unterzogen hat, in den Augen der Bevölkerung deutlich von dem nichtweitergebildeten Arzt unterscheiden?

Eine Lösung dieses Problems über den Honorarsektor, wie sie in eini- gen EG-Ländern üblich ist, wo der Facharzt anders honoriert wird als der Praktische Arzt, verbietet sich bei unserem deutschen Honorie- rungssystem von selbst.

Eine obligatorische Weiterbildung für die Allgemeinmedizin wird jetzt in einigen EG-Staaten angestrebt.

Doch in der Bundesrepublik hat der Gesetzgeber den Weg versperrt, da man die Vorbereitungszeit auf die Kassenpraxis entgegen aller Ver- nunft durch Gesetzesbestimmung verkürzt hat.

Es ist an der Zeit, daß sich Kammern, Verbände und auch die Behörden dazu aufraffen, hier eine Lösung zu finden. Es sollte ein klarer Tren-

nungsstrich gezogen werden, zwi- schen den weitergebildeten und den nichtweitergebildeten Ärzten, und zwar so, daß er auch für die Bevölke- rung erkennbar wird. Der unglück- selige Kompromiß des Ärztetages in Westerland, die Abschaffung des Facharzttitels, sollte wieder rück- gängig gemacht werden. Der weiter- gebildete und geprüfte Arzt muß den Titel „Facharzt" erhalten, sei es für ein Spezialfach, sei es für die Allge- meinmedizin.

Die Zeiten seit dem Ärztetag von We- sterland haben sich grundsätzlich geändert. Damals stand man unter dem Eindruck einer Zahl von Tau- senden von Praktischen Ärzten, die sich aufgrund der Übergangsbe- stimmungen nun auf einmal „Arzt für Allgemeinmedizin" nannten, und man kann verstehen, daß man die- sen den Facharzttitel nicht ohne weiteres zugestehen wollte. Doch die Zahl dieser Ärzte hat aus Alters- gründen inzwischen abgenommen und wird weiterhin abnehmen. Für diese Kollegen wird auch kein Zak- ken aus der Krone brechen, wenn sie sich weiter „Arzt für Allgemein- medizin" und nicht „Facharzt" nen- nen. Doch den jungen Ärzten, die sich einer vierjährigen Welerbil- dung und einer Prüfung unterzogen haben, sollte man den Titel „Fach- arzt für Allgemeinmedizin" zuerken- nen, genau wie den anderen weiter- gebildeten und geprüften Fachärz- ten. Der Begriff des Facharztes ist so fest in der Bevölkerung verankert, daß er sich nicht wieder eliMinieren lassen wird. Auf ärztlicher Seite sollte man hier umzudenken lernen und auch den Mut haben, Fehlent- scheidungen aus vergangener Zeit wieder zu korrigieren.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Hans Hugo Wrede Arzt für Allgemeinmedizin

Hauptstraße 11 6571 Simmertal

2458 Heft 41 vom 13. Oktober 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

FORUM

Krise und Zukunft der Medizin

August Vogl

Fortsetzung und Schluß

Zukunft der Medizin

Versucht man sich auf Grund der abgelaufenen Geschichte der Me- dizin ihre weitere Entwicklung aus- zumalen, so neigt man zuerst zu ei- ner Einteilung und Zuordnung zu politischen Systemen, also eine verstaatlichte Medizin in totalitären und eine marktwirtschaftliche in demokratischen Staaten. Bis zu ei- nem gewissen Grade decken sich die Begriffswelten wohl. Indessen besitzen auch demokratische Staa- ten verstaatlichte Gesundheitsdien- ste. Es sind nicht zufällig jene, die sich durch konfiskatorische Steu- ern auszeichnen.

Die eigentlichen medizinischen Probleme liegen aber tiefer, halten sich an keine Grenzen und sind mehr oder weniger zugegeben überall einander ähnlich. Ob Kran- kenhaus hier oder dort, ob Grup- penpraxis hier oder Ambulatorium dort, die „Kostenexplosion", das Hauptsymptom der Krise der Medi- zin, stören weder Namen noch Staatsformen, wenn sie sich auch manchmal spaßig in verschleierter Buchführung tarnt. Im Staatshaus- halt rundet es sich aus.

Es scheint also zweckmäßig, die wichtigsten Fragen gemeinsam in vier Abschnitten abzuhandeln, wie sie sich zwanglos um das Kranken- haus, die ärztliche Behandlung, die Arzneimittel und die zahnärztliche Behandlung als kostspieligste und daher gefährlichste Brocken der Explosion gruppieren.

Krankenhaus

Die Krankenhauskosten sind abso- lut und relativ in den letzten Jahren am stärksten gestiegen. Wundern

wir uns, wenn wir die neuen Palä- ste erblicken, Glas, Marmor, Ka- cheln, Schmiedeeisen, mit ihren

raffiniert-automatisch-technischen Einrichtungen, etwa Selbstbedie- nungsbetten, die zwar kein Patient selbst bedienen kann, in welchen er aber wenigstens am Morgen kopftief aufwacht, wenn er am Abend kopfhoch eingeschlafen ist, mit Apparaturen, die höchstens einmal im Jahr benötigt werden, mit Patienten, die längst entlas- sungsreif noch umherwandeln, um die gehobene Atmosphäre zu ge- nießen, sich von nimmermüden Schwestern bedienen zu lassen, oder aus „medizinischer" Indika- tion zurückgehalten werden, weil die Verwaltung auf Vollbelegung des Hauses zwinkert. Die Kranken- hausleitungen gleichen Fabrikdi- rektoren, die sich an immer stei- genden Kurven berauschen, bestä- tigen und erweitern zu müssen glauben. Ihr zu verarbeitendes Rohmaterial bilden die Patienten.

Sie müssen auf die Fließbänder.

Die Idee, daß Krankenhäusern in- nerhalb des gesamten Gesund- heitsdienstes die einzige Aufgabe zufällt, sich so rasch wie möglich überflüssig zu machen und aufzu- lösen, scheint ihnen unbegreiflich, abwegig, ja pervers. Ein Gesund- heitsdienst, der statt weniger im- mer mehr Kranke produziert, ver- blüfft sie nicht. Sie sind auf Wachs- tum programmiert und wollen ihre Stellung halten.

Wenigstens 10 Prozent entlas- sungsreife „Kranke" liegen heute durchschnittlich in den Kranken- häusern. Wären die Patienten an den Krankenhauskosten selbst be- teiligt, dann flüchteten wohl 20 Pro- zent von ihnen sofort in häusliche Pflege, ohne den geringsten Scha-

den zu nehmen. Zahlreiche Unter- suchungen und Behandlungen, die heute stationär laufen, ließen sich ebensogut ambulant abwickeln, besonders auch bei Kindern. Damit ließe sich gleichzeitig auch der bakterielle und psychische Hospi- talismus entschärfen. Die Pionier- zeit der alltäglichen Krankheiten ist doch längst vorbei. Routine- behandlung und verläßliche Pro- gnosen bieten sich an. Wir le- ben auch in keiner Wildnis mehr.

Der Patient ist jederzeit sofort zu Hause erreichbar oder kann rasch zur Ambulanz gefahren werden.

Die Begründung, es könnte aber doch einmal etwas Unvorhergese- henes eintreten, sticht nicht. Damit wäre jede Erkrankung spitalsbe- dürftig. Allerdings sollte dies auch die Presse verstehen und höchst seltene, schicksalsbedingte Vor- kommnisse nicht ausschlachten.

Damit werden gewöhnlich nur im- mer neue Absicherungen angeregt, und die Kostenexplosion, welche dieselbe Presse ebenfalls anpran- gert, wird nur noch weiter ange- facht. Von der damit gleichfalls verbundenen Lähmung des ärztli- chen Verantwortungsgefühles wol- len wir gar nicht reden. Ein letztes Risiko bleibt im Leben überall und immer bestehen. Wer es ausschlie- ßen möchte, hat weder Leben noch Sterben begriffen. Selbst seine Urne kann noch von einem Bagger zertrümmert werden.

Die Ärzte haben auf den Universi- täten zu wenig die Möglichkeiten ambulanter Behandlung gelernt.

Dort wurde ihnen eine Kranken- hausmedizin gelehrt, mehr sich selbst als dem Praktiker zuge- wandt, etwas eitel in der Demon- stration des Ausgefallenen, ganz erhaben über die Kostenfrage. Wer hat schon je einen Ordinarius ne- ben der Güte auch die Preise der Medikamente abwägend beurteilen gehört? Preise! Nicht daß man spart, sondern wie man spart, ver- ursacht Kopfzerbrechen. Eine Prise Psychotherapie kann manches Re- zept überflüssig machen. Wo zei- gen aber auch die Krankenkassen den Mut, den Patienten die Kran- kenhausbehandlung einzuschrän-

Heft 41 vom 13. Oktober 1977 2459 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Krise und Zukunft der Medizin

ken, indem sie ihm die Kosten da- für vorrechnen und gleichzeitig freundlich mitteilen, daß bei zu viel Krankenhaus dann eben wieder die Mitgliedsbeiträge erhöht werden müssen. Leider versichern sie am Schalter nur beflissen, selbstver- ständlich alles zu bezahlen, was der Arzt verordnet, setzen aber gleichzeitig den Arzt unter Druck, mit allen Verordnungen einschließ- lich Krankenhaus zu bremsen.

Fein!

Geschwellt aus der Vorstellungs- welt der Kliniken, woher er kommt, übernimmt ein junger Chefarzt eine Krankenhausabteilung. Man darf es seinem Ehrgeiz nicht verübeln, wenn er jetzt eine Mini-Universität aufziehen will. Was dort für For- schung und Lehre notwendig war, erweist sich für praktische Anwen- dung vielfach als überflüssig, dafür aber teuer. Welche Verschwen- dung von Kräften und Mitteln, je- desmal minuziöse Anamnesen mit unbedeutendsten Details anzule- gen, jedesmal die ganze Litanei des Labors ablaufen zu lassen, an- statt gezielt zu fragen und zu su- chen, im Weglassen sein Können zu beweisen und mit weniger Rönt- gen-, aber mehr Gehirnstrahlen zu arbeiten. Die überwiegende Mehr- zahl der Patienten leidet doch an längst hundertmal durchforschten Leiden mit vorgeschriebenem Be- handlungsschema. Problemfälle bilden die Ausnahme, und doch werden alle Leiden so angegan- gen, als wären sie welche. Was für eine Verwechslung von Gründlich- keit mit Betrieb um des Betriebes willen. Zahlreiche Sekretärinnen könnten eingespart und kürzere, dafür aber zum Entlassungstag fer- tiggestellte Arztbriefe den Patien- ten für ihre Hausärzte gleich mitge- geben werden. Jetzt müssen diese oft Wochen, ja Monate darauf war- ten und erhalten dann ein umfang- reiches Papier zugestellt, zeitlich oft schon überholt, gespickt mit Zahlen, die von Normalwerten kaum abweichen, aber die Wissen- schaftlichkeit des Autors beweisen sollen, und mit Behandlungsvor- schlägen versehen, welche kassen- fremd anmuten.

Endlich, sind Krankenhäuser über- haupt noch Krankenhäuser? Zum Teil gewiß, zum Teil sind sie aber Geburten- und Sterbehäuser ge- worden, Vorgänge, die man nur mit Mühe als Krankheiten definieren kann. Immerhin, wir kommen und gehen schon fast alle in ihnen und halten es für selbstverständlich.

Die Zahl der Siechen, die nur auf den Tod warten, übertrifft oft dieje- nige der noch heilbaren Kranken.

Man wird sie in einfacheren Häu- sern unterbringen müssen, die des- wegen nicht schlechter sein müs- sen und Altenheimen angeschlos- sen werden könnten. Wo der Tod so kostspielig wird, daß er die Le- benden in ihrer Existenz einengt, verliert vieles seinen Sinn. Noch ein Schritt weiter, und wir landen beim Totenkult und der Einbalsa- mierung. Welch neues großes Ge- schäft mit dem Tode, in USA be- reits in Ansätzen zu erkennen.

Jetzt nicht mehr Religion wie im Pharaonenreich.

Ärztliche Behandlung

Die Kosten für ärztliche Behand- lung sind absolut an zweiter, relativ aber an letzter Stelle gestiegen. In einer sozialen Marktwirtschaft mit ständiger Inflationsrate und stei- genden Preisen überall können sie nicht sinken. Die Bevölkerungszu- nahme stagniert hierzulande. Die Zahl der Ärzte, besonders der Fachärzte nimmt zu. Die Konkur- renz wächst. Sie überbieten einan- der in Untersuchung und Behand- lung. Sie wenden, von ihrer Kran- kenhausausbildung her überdrillt, immer mehr Technik an. Einerseits verlangen es die von den Massen- medien medizinisch zehntelgebil- deten, krankheitsbewußt gemach- ten und nur gegen die „objektiven"

Apparateergebnisse nicht miß- trauischen Patienten (oh, wüßten sie doch um die Ablesungsfehler und Deutungen und umgekehrt um das Gewicht ärztlicher Erfahrung), andererseits müssen die Apparatu- ren amortisiert werden. Die einen können und die anderen wollen es nicht wissen: 70 Prozent aller Krankheiten lassen sich aus der Anamnese, 20 Prozent aus der Un-

tersuchung mit des Arztes körper- eigenen Apparaturen, also Augen, Ohren, Nase, Händen und Gehirn erkennen, und nur für 10 Prozent benötigt man die aufwendige mo- derne Diagnostik. Für so einen Satz muß man gewärtig sein, ge- steinigt zu werden. Ein Heer von Arbeitslosen vieler Industrien hängt daran. So muß eben die Ge- sundheits- oder (wie man will) Krankheitsmaschinerie laufen. Die medizinische Überaktivität in Dia- gnostik und Therapie wird na- türlich auch von der Presse wie von hochgelahrten Gutachten mit- verschuldet. Man muß sich eben gegen alle Angriffe vermeintlicher Oberflächlichkeit durch übervor- sichtiges Handeln unter Einbezie- hung aller nur erdenklichen Metho- den absichern. Bald wird in jede Gruppenpraxis auch ein Jurist ein- gebaut werden müssen.

Weiter verteuert wird die ärztliche Behandlung durch die ständige, bereits erwähnte Ausweitung des Krankheitsbegriffes auf ganz natür- liche Lebensläufe, besonders das Alter. Der Hormonspiegel sinkt, ge- wiß. Muß ihn aber der Nachbar oder die Nachbarin auf meine Ko- sten wieder hochjagen lassen?

Die Süchte, Tabak und Alkohol, breiten sich trotz Aufklärung und Gegenwerbung immer noch aus.

Ihre Behandlung einschließlich der Invaliditätsfolgen kostet bald schon dreimal soviel, wie der Staat an ih- nen aus Steuern verdient. Ein nicht nur bedenkliches, sondern viel mehr noch ein schlechtes Ge- schäft. Auch die Vorsorgeuntersu- chungen, deren Nutzen sich in ih- rer heutigen Form erst erweisen muß, weil sie ja nur früher erken- nen lassen, aber nicht vorbeugen, was wichtiger wäre, tragen zur Verteuerung bei. Erstens als Unter- suchung für sich und zweitens des- wegen, weil sich dabei manche sonst unbeachtet gebliebene, harmlose, aber doch behancllungs- fähige Nebenbefunde ergeben, welche dann therapeutisiert wer- den. Hämorrhoiden stören oft so lange nicht, bis man sie anrunzelt.

Sehr ins Gewicht der Kostenexplo- sion aus ärztlicher Behandlung fällt

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 2460 Heft 41 vom 13. Oktober 1977

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Krise und Zukunft der Medizin

auch die Entmythologisierung der Arztrolle, die Demontage seiner Autorität durch umstürzlerische Angriffe, schlicht — aus Neid. So- fern wir Ärzte, Politiker und Jour- nalisten zu den Intelligenzberufen zählen, muß man als glaubhaft un- terstellen, daß sich der Prozentsatz an Gaunern unter ihnen etwa in gleicher Höhe bewegt. Stoßen Sie sich bitte nicht an dem Wort. Die Sprache hat sich auf diesem Par- kett leider etwas vergröbert. Man wird mich um so besser verstehen.

Statistik ist eben so, sie lebt von großen Zahlen und bleibt immer unpersönlich.

Ob es sich indessen mit der Intelli- genz ebenso verhält, bleibt zweifel- haft. Denn wo man um die Sen- kung der Behandlungskosten ringt, darf man die Autorität des Arztes nicht herabsetzen, sondern müßte sie vielmehr erhöhen. Von ihr hängt doch die ganze Wirksamkeit jeder Psychotherapie ab, und diese bleibt in ihrer Alltagsform immer und entschieden wohlfeiler als in solchen Fällen sonst eingesetzte vielfarbige Pillen, Säftchen und die funkelnden und summenden Appa- rate. Die Hälfte bis zwei Drittel al- ler Krankheiten sind ganz oder teil- weise psychisch geprägt und or- ganprojiziert. Der Medizinmann im besten Sinne seiner Aura vermag sie allein durch sein überzeugen- des Auftreten, wenn Sie wollen sei- ne magische Kraft, sein weisendes und den Patienten entlastendes Gespräch zu beseitigen. Die Psy- chotherapie bewegt sich in allen Schattierungen immer noch um Beichte, erläuternde Absolution und Suggestion, ob die Rollen nun in oder außerhalb der Person lie- gen. So wird es auch immer blei- ben. Wer ernstlich krank ist, fällt in die Kindesrolle zurück, will und kann auch nicht mehr debattieren, sondern ersehnt nur Hilfe. Ohne Zweifel fehlt den Wühlern noch das Erlebnis einer schweren Erkran- kung mit ihrer abgrundtiefen Hilf- losigkeit. Man kann ihnen nicht ein- mal wünschen, es bald nachzuho- len. Wird diese Ur-Behandlung ver- weigert, dann gehen sie eben zum Heilpraktiker, der seine Aura bes-

ser zu wahren vermochte und des- halb auch unbehelligt teurer sein darf. Zur Autorität gehört leider auf der ganzen Erde auch ein Quent- chen Wohlhabenheit, weil nur sie Freiheit garantiert. Auch der Medi- zinmann im Busch ist gewöhnlich begüterter als der Häuptling.

Arzneimittel

Die Steigerung der Kosten für Arz- neimittel steht sowohl absolut wie relativ an dritter Stelle. Wieweit diese Steigerung durch die allge- meine Verteuerung der Waren be- dingt ist und wieweit in den Prei- sen auch die immer kostspieliger werdende Entwicklung neuer Medi- kamente ihren Niederschlag finden muß, kann hier nicht untersucht werden. Es geht hier um die Ver- ordnung der Arzneimittel durch den Arzt im Krankenhaus und in der Praxis. Es gibt einige unent- behrliche Medikamente, es gibt aber unübersehbar viele entbehrli- che. Letztere wirken oft mehr durch Neuheit oder über die Per- sönlichkeit des verschreibenden Arztes. Wie dem auch sei, man braucht nur auf die Tabletts der in- ternen Stationen und in die Nacht- schränke der Hauspatienten zu gucken, um die Schätze zu ermes- sen, welche da ununterbrochen verteilt und vertilgt werden oder vermodern. Bei dem Heer der chronisch Kranken ohne nachhalti- gen Erfolg. Arzneikonsumenten aus Gewohnheit. Setzt man die Medika- mente ab, wundern sie sich, daß sie weiterleben. Sie könnten nur durch ein Kostenbewußtsein, also eine Selbstbeteiligung aus ihrem Mißbrauch gerissen werden. Im Arztwechsel umgehen sie jede noch so gut gemeinte Strenge. Die Patienten müssen eben erfahren, wieviel das alles kostet: Kranken- haus, Medikamente, Behandlung.

Sie wären schockiert, und viele — nicht alle — würden sparsamer krank sein.

Selbstbeteiligung? Selbstverständ- lich, sogar in Rußland und China bekannt, sei es an der Behandlung oder an den Medikamenten oder an beiden. Geschenkt gilt auch in

der Medizin weniger als gekauft.

Nur wer mitbezahlt, ist an rascher Genesung interessiert und erweist sich damit als ein wertvoller Ge- nosse, weil er damit auch an die anderen denkt. Socius, Genosse, brüderlicher Helfer, wer denkt da nicht an Eidgenossen, Hugenotten?

Und welche Bedeutung schleicht sich bei uns in den Begriff „Sozial"

ein: „Sozialparasiten", „Kurlau- ber", „Omas auf Krankenschein",

„Mimosisten" und wie sie alle hei- ßen und am Sozialeuter melken.

Einmal versagt auch bei der gedul- digsten Kuh die Milch. Dann bleibt selbst für die wirklich Bedürftigen nichts übrig. Krankenversicherung ja, aber was wir einzahlen, das wollen wir doch auch wieder her- ausholen! Daß die Krankenversi- cherung nur das in unsere Zeit übersetzte gebräuchliche Opfer an Asklepios darstellt, damit er uns gesund erhält und eben auch — hoffentlich unnötig — im Krank- heitsfall beisteht, daß so ein Opfer aber nicht wie eine Bankeinlage gut verzinst später wieder abgeho- ben werden kann, das, ach, das müssen Sie den Patienten selbst erklären. Den Kassen als Asklepios darf man es nicht zumuten. Den stärksten Reiz bilden in unserer Gesellschaft nicht die Ehre (was ist das eigentlich?), nicht das Pflicht- bewußtsein gegen sich selbst und seine Mitmenschen (und was ist das wieder?), sondern eben allein das Geld. Bedauerlich oder nicht, man muß es dann auch bei der Steuerung des Gesundheitswesens anwenden. Bei gewecktem Ge- sundheitsbewußtsein und eingehal- tenen Vorbeugungsuntersuchun- gen wäre eine Verschleppung von Krankheiten aus falscher Sparsam- keit nicht zu befürchten. Für mögli- che Härtefälle stünde ein Aus- gleichsfond der Kassen zur Verfü- gung. Für die weit überwiegende Mehrzahl leichter Erkrankungen bedeutete die Selbstbeteiligung eine gewaltige Bremse für sonst sozialverschleuderte Mittel.

Bevölkerungspolitik

Mehr als die kurative Medizin hat die ihr schwisterlich verbundene

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 41 vom 13. Oktober 1977 2461

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Krise und Zukunft der Medizin

Hygiene zu der Krise der Medizin beigetragen. Ohne sie wäre die Erdbevölkerung niemals zu Milliar- den angeschwollen, wohl der Kern- punkt aller Übel. Seuchen hätten stets rechtzeitig regulativ eingegrif- fen und damit auch alle Flanken- probleme nicht aufkommen lassen.

Nachtsheim meint, daß, solange sich die Menschenmassen den eher schrumpfenden Siedlungsräu- men der Erde nicht in ebenso sin- kenden Zahlen angepaßt hätten, die Bevölkerungsfrage der Erde also nicht quantitativ gelöst, jede qualitative Einflußnahme (Eugenik) zwecklos wäre. Die Weltbevölke- rungs-Konferenz in Bukarest hat bewiesen, daß die Staaten für eine quantitative Lösung jedoch noch nicht reif sind. Sie wittern darin mit Recht auch Machtfragen. Das Ein- frieren der Bevölkerungszahlen auf dem heutigen Stand entspräche ebenso nicht der in ständigem Wandel begriffenen Lebenssub- stanz der Rassen, Völker und Staa- ten, deren Sein im Wechselspiel der Kräfte mit ihren Auf- und Un- tergängen und damit optimalen An- passungen an die jeweils gebote- nen Umweltbedingungen dahin- fließt. Während die hochtechnisier- ten Industrienationen Geburten- kontrolle üben, vermehren sich die unterentwickelten Völker planlos und werden bei unverändertem Verhalten jene überwuchern und auslöschen. Bisher ist unter ihnen nur in China eine Familienplanung gelungen. Spätheirat und zwei Kin- der. Mehr gestattet der gute Ton (Zwang) nicht. Statt Kinder, welche ihre Eltern im Alter versorgen, gibt es jetzt die Altersrenten. Nur eine solche abgerundete Lösung ver- spricht Erfolg und Nachahmung.

ln China hat man auch erkannt, wie wichtig es ist, die Menschenmas- sen in übersichtlich autonomen Gemeinschaften leben zu lassen, also in Größenordnungen von Zehntausenden, wie es die Polis oder die mittelalterliche Stadt war, wo noch jeder jeden gerade kannte und sich alle gegenseitig beauf- sichtigen und beeinflussen konn- ten. Die Anonymität der Riesen- städte entleert den Menschen.

Ebenso soll ein Gleichgewicht zwi- schen Land- und Stadtbevölkerung von 5:1 erhalten bleiben, selbst un- ter Verzicht auf höheren Lebens- standard. Das wären wirklich neue Orientierungsmarken. Bisher ha- ben nur religiös gebundene Min- derheiten dem überall lockenden Materialismus widerstehen k"önnen.

Wir sind mit solchen Betrachtun- gen nur scheinbar vom Thema ab- gekommen. Das Wort von Nachts- heim läßt sich nämlich auch so an- wenden: Was hat es für einen Sinn, mit ungeheueren, die Sozialhaus- halte zerrüttenden Mitteln auf eini- gen Arealen der Erde Kranke und Sieche mit teuersten Methoden am Leben zu erhalten, während an an- dereren Orten viel mehr Gesunde in Armut und Elend verkommen?

Solche gefährliche Fragen wollen wir aber besser gleich wieder in der Versenkung verschwinden las- sen und uns in der stillen Einsicht entschuldigen, es gäbe eben noch keine Weltregierung und wir wä- ren dazu sowieso nicht berufen.

Probieren Sie es aber trotzdem einmal an sich selbst: Essen Sie je- den Tag nur die Hälfte (Sie werden aufblühen) und schenken Sie die andere einem Inder (auch er wird aufblühen). ln Indien gilt eine Hun- gersnot als Fehlschlag, wenn nur einige Zehntausende sterben.

Aber, es schmeckt eben selbst so gut, und die sollen sich nur erst einmal selber anstrengen, weniger Kinder zeugen, ihre Kühe schlach- ten und ihre Ratten vertilgen. Rich- tig! Ein Faß ohne Boden.

Recipe (nach P. B.: 0 Jupiter) Die Geschichte der Medizin kann erst mit dem letzten Menschen en- den. Wir haben gesehen, wie sich zur immer wirksameren kurativen Medizin allmählich die Hygiene ge- sellte und sie bald überholte. Die Präventivmedizin war geboren. Ihre enormen Erfolge - in der Übervöl- kerung der Erde zwar noch so lan- ge negativ, bis die Geburtenbrem- se mit ihren Pillen und Spiralen greifen wird - fordern dazu auf, sie auf immer mehr Erkrankungen auszudehnen. Durch eine breite, über die Massenmedien gesteuerte

2462 Heft 41 vom 13. Oktober 1977 DEUTSCHES ARZTEBLATT

Aufklärung der Bevölkerung sowie einen obligaten Gesundheitsunter- richt in allen Schulen (nur frühzeiti- ge Prägung haftet), aber auch ge- setzliche Vorschriften, wie sie uns von der Seuchenbekämpfung und Impfung her bekannt sind, muß die Präventivmedizin zum allgemeinen Bildungsgut werden.

Gesundheit gehört zur Kultur. Zum Arzttyp des individuell heilenden Mediziners, dem heute allerdings auch schon Präventivmaßnahmen obliegen, kam als zweiter Typ der Amtsarzt in den Gesundheitsäm- tern, bereits Spezialist für Hygiene.

Folgerichtig muß jetzt als dritter Arzttyp der Lehrarzt kommen (der Titel Schularzt ist ja bereits verge- ben), welcher hauptamtlich an al- len Schulen, von der Volksschule bis zum Abschluß jeder Berufsaus- bildung, aber auch an Volkshoch- schulen und anderen Bildungsstät- ten Gesundheitsunterricht erteilt und prüft, eine unendlich fruchtba- re und befriedigende Tätigkeit, in ihrer Ausstrahlung unabsehbar, nicht zuletzt in der Ersparnis von vielen Milliarden. Nur voll ausgebil- dete Ärzte können dieses Lehramt ausfüllen, nur sie verfügen über die für bohrende Lehrgespräche erfor- derlichen Kenntnisse.

~ Lehrarzt, vielleicht, nein sicher, einmal der wichtigste Facharzt.

Zu dieser dreigestuften ärztlichen Tätigkeit muß dann ein ökonomi- scher Vertrieb der Heilkunst kom- men, angeboten vor allem in den Gruppenpraxen. Es folgen die klei- neren Krankenhäuser mit ihren personalmäßig und technisch be- grenzten und daher sparsameren Möglichkeiten und endlich die Großkrankenhäuser mit ihren teue- ren, dann aber ausgelasteten Spe- zialausrüstungen. Interdisziplinäre lntensivpflegeeinheiten. Zwischen diesen Krankenhäusern wendige Zusammenarbeit mit vielfachen Verlegungen von Patienten je nach Fall (weise Selbstkritik, zuvorkom- mende Kollegialität, schwer!).

Dazu muß der Bettenberg drastisch reduziert werden, was ganz von

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

selbst die Verweildauer senken wird. Der Bettenschlüssel liegt überall viel zu hoch. Mehr ambu- lante Behandlung aller Leiden nach genormten Verfahren, wie es die moderne Medizin einfach ver- langt. Rasche Weiterleitung der Krankenhauspatienten aus der pflegerischen Krankenhausatmo- sphäre in die Wohnatmosphäre, sei es in angeschlossene Pensionen oder gleich nach Hause in ambu- lante Behandlung zum Hausarzt.

Selbstbeteiligung an allen Krank- heitskosten, sowohl bei ambulanter wie stationärer Behandlung, gestaf- felt nach Einkommen, aber immer spürbar. Heute der einzige Anreiz zur Sparsamkeit und Selbstdiszi- plin. Ermahnungen lösen nur platte Witze aus.

Krankheitssteuern auf adle Produk- te, die Krankheiten einwandfrei verursachen, bei uns also haupt- sächlich Tabak und Alkohol. Wer davon nicht lassen kann, muß eben die Behandlung seines Bronchial- karzinoms oder seiner Leberzirrho- se schon beim Kauf dieser Genüs- se vorfinanzieren. Die Firmen über- weisen diese Steuern ohne Umweg direkt an die Krankenkassen. Un- vorstellbar, eine solche Gerechtig- keit.

Schärfste Strafen für den Vertrieb und Verbrauch von Suchtmitteln.

Respektierung des Todes als na- turgegebenes Lebensende. Das Gefühl für Lebenssinn ist selbst der Medizin so weit verlorenge- gangen, daß sie darüber nur mehr quantitativ befindet. Die Lebenslän- ge bedeutet ihr alles, der Lebens- inhalt nichts. Wer gibt ihr das Recht, längst todgeweihtes und seiner selbst kaum mehr bewußtes Leben gewaltsam unter einem Rie- senaufwand auf Kosten anderer, welchen damit (auf dem Steuer- weg) echte Lebensfreude genom- men wird, zu erhalten, es sinnlos hinzuziehen und ihm seine Würde zu rauben? Einst ein Sterbegebet oder die letzte Ölung im Kreise der Angehörigen in dem Bewußtsein, nun bald Rechenschaft über die ir-

Krise und Zukunft der Medizin

dische Pilgerfahrt abgeben zu müs- sen, ob nun mit gutem oder schlechtem Gewissen, egal, es ging eben weiter, heute die letzte Infusi- onsflasche mit dem Plumps in das Nichts, oft ganz stilgerecht einsam in einem Abstellraum. Eine Medizin ohne Glaüben bleibt ein Haus ohne Fundament.

Die Krise der Medizin beruht, wie wir erkannt haben, in ihrer Überdo- sierung. Um sie zu überwinden, muß die Dosis herabgesetzt wer- den. Das Medikament an sich ist gar nicht so schlecht, wie etwa II- lich meint, der sich wahrscheinlich noch nie ein Bein gebrochen hat.

Woher auch hinter dem Schreib- tisch.

Umdenken, umlernen, kein Fort- schrittswahn mehr, dafür Beschei- denheit, Einschränkung, Sinnge- bung, Selbstverantwortung, Ge- sundheitsbewußtsein. Machen Sie das sich selbst und Ihren Mitbür- gern aber einmal klar. Versichern Sie ihnen aber auch, daß durch herausgepickte wahlwirksame Teil- änderungen oder sonstige Tricks diese Krise der Medizin nicht über- wunden werden kann.

Glauben Sie (das bin ich, Sie fra- gen mich) an Ihre Überwindung?

Ja!

Da stehen die jungen Mediziner, viele unbefriedigt, aber doch von Idealen beseelt. Natürlich nicht alle. Viele wollen auch nur Geld verdienen, so viel und so leicht wie nur möglich. Auf sie kommt es nicht an. Aber einige sehen es und sind fasziniert. Da liegt das weite Feld der Präventivmedizin vor ih- nen, wo sie nicht mühselig zu flik- ken und nur immer Löcher zu stop- fen brauchen, sondern wahrhaft souverän die Krankheiten noch vor ihrem Ausbruch heilen können.

Welche Aufgabe!

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. habil. August Vogl Grillchaussee 100

2208 Glückstadt

FORUM

Anästhesie-

Zwischenfälle und das anästhesio- logische Risiko

Zu dem Beitrag von Dr. med. h. c.

Walther Weißauer und

Professor Dr. med. Rudolf Frey in Heft 1/1977, Seite 29

Den Verfassern ist zuzustimmen, daß moderne Betäubungsverfahren trotz aller Fortschritte der Anästhe- siologie mit nicht zu unterschätzen- den Gefahren verbunden sind. Gera- de wegen der technischen Perfek- tion dieser Verfahren (Intubation, komplette Muskelrelaxierung und kontrollierte Beatmung) können technische Fehler und/oder menschliche Sorgfaltsmängel dele- täre Folgen haben. Es ist daher ver- dienstvoll, thesenartig Sorgfaltsre- geln für diesen ärztlichen Tätigkeits- bereich aufzustellen.

Den von Weißauer und Frey formu- lierten Thesen 1 bis 8 stimmen wir uneingeschränkt zu. Dagegen könn- ten These 9 und die Schlußfolge- rung aus den Erörterungen zur

„Problematik der Parallelnarkosen"

mißverstanden werden. Die bei Übersichtsarbeiten unerläßliche Kurzfassung läßt hier die Gefahr ent- stehen, daß in Strafverfahren gegen anästhesiologisch tätige Ärzte diese Postulate ohne Berücksichtigung der näheren Umstände des Einzel- falles als feststehende Kunstregeln von Staatsanwalt und Richter und selbst vom Sachverständigen unbe- sehen übernommen werden.

Die Verfasser führen in These 9 aus:

„Bei jeder Narkose müssen Puls und Blutdruck fortlaufend überwacht werden. Die Ergebnisse sollten in ein Narkoseprotokoll eingetragen werden ...". Diese Forderung er- scheint uns zu apodiktisch. Kein Zweifel besteht daran, daß der An- ästhesist die Herz-Kreislauf-Funk- tion während der Narkose zu über-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 41 vom 13. Oktober 1977 2463

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