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Archiv "Krise in der Medizin?" (29.12.1977)

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Krise in der Medizin?

Carl Erich Alken

In letzter Zeit ist über die Medizin in unserem Lande viel Vernünftiges, aber auch sehr viel Unvernünftiges gesagt und geschrieben worden, wobei zum Teil mangelnde Sachkenntnis und ideologische Akzente zu registrieren waren. Legitimiert durch eine vierzigjährige Tätigkeit als Arzt, davon zwanzig Jahre als Hochschullehrer, möchte ich den Versuch einer kritischen Bestandsanalyse machen und einige Gedan- ken zur Besserung sich ergebender Mängel vortragen.

Forschende Medizin

Ambulante Medizin

Darstellung 1: Gliederung der Me- dizin in vier Begriffskreise

Deutsche Nobelpreisträger 1900-1975

10 •••

•••• • • • • •

• •

25 1950 1975

Darstellung 2: Kurve der deut- schen Nobelpreisträger für Che- mie, Medizin und Physik von 1900 bis 1975

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Die Information:

Bericht und Meinung

THEMEN DER ZEIT

Das von der Natur dem Menschen gegebene Adaptationsvermögen er- möglicht es ihm, sich der komplexen Palette des Umweltgeschehens in seinem Leben relativ leicht anzupas- sen, „sich daran zu gewöhnen".

1945 hatte das deutsche Volk ein Chaos erlebt, das in seiner ganzen Geschichte nur noch mit dem Drei- ßigjährigen Krieg verglichen werden kann. Mit der Stunde Null angefan- gen, haben sprichwörtlicher deut- scher Fleiß, Energie, Einsatz und Leistungsbereitschaft in dreißig Jah- ren für alle Schichten der Bevölke- rung einen Wohlstand geschaffen, den unser Volk auch nie zuvor erlebt hatte. Wir sind wieder eine der stärk- sten Wirtschaftsmächte der Welt, Bankier und Zahlmeister Europas, soziales Paradies mit sehr guter ärztlicher Versorgung, mit hohem medizinisch-technischen Niveau - anfänglich bewundert, heute wieder beneidet und nicht sonderlich be- liebt -. Wir haben uns daran ge- wöhnt und sehen diesen Zustand als normal, selbstverständlich und von Dauer an.

Seit einigen Jahren knistert es nun im Gebälk des stolzen Wirtschafts- wundergebäudes, und heute spricht man offen von einer Krise der Wirt- schaft, der Energiepolitik, der So- zialpolitik, der Kulturpolitik, der In- nenpolitik und auch von einer Krise der Medizin, die nun einmal mit ih- ren vielfältigen Verbindungen zum Menschen in das gesamte gesell-

schaftspolitische Geschehen inte- griert ist. Vor etwa sechs Jahren ging die Hexenjagd auf Ärzte auf, so im Januar 1976 von Albert Müller in

„Die Welt" charakterisiert. Es fing an mit den „weißen Millionären", dann kamen die „Halbgötter in Weiß", die Klinikchefs, besonders die Chirurgen, und letztlich uniform alles, was den weißen Mantel trägt, die Weißkittel. Gezielte und gesteu- erte Gesellschaftskritik an einem Stand, der über die Jahrtausende in jedem Kulturkreis der Welt eine Son- derstellung hatte, heute aber durch die zivilisatorische und soziale Ent- wicklung der Neuzeit sehr stark im Blickwinkel der Öffentlichkeit und der Massenmedien steht. Ist diese Kritik berechtigt, steckt unsere Me- dizin in einer Krise?

Der Begriff Krise entstammt der Me- dizin: kritischer Gipfel eines Krank- heitsbildes, das letal endet oder, durch die Therapie, in die Phase der Besserung oder Heilung übergeht.

Werden wir als Ärzte mit einer ähnli- chen Situation konfrontiert, setzt automatisch die klassische Routine ein - Anamnese, Symptomatik, Kau- salpathogenese, Diagnose und The- rapie. Bei einem Objekt mit Mono- struktur ist dieses analytische Vor- gehen relativ einfach. Handelt es sich aber um einen Organismus von polyvalenter Struktur, müssen wir primär seine Gliederung einzeln analysieren, um abschließend zu ei- ner diagnostischen oder therapeuti-

schen Synthese zu kommen. Die Medizin als Dach- oder Sammelbe- griff läßt sich zwanglos in vier Kreise einteilen (s. auch Darstellung 1):

Forschende, lehrende, klinische und ambulante Medizin.

Forschende Medizin

Seitdem der Nobelpreis geschaffen wurde, gilt er weltweit ohne nationa- le oder rassische Grenzen als Aner- kennung für die hervorragende wis- senschaftliche oder geistige Lei- stung einer Einzelperson oder, in unserer Zeit, eines Teams (s. dazu die Darstellung 2).

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 52 vom 29. Dezember 1977

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Die Information:- Bericht und Meinung Krise in der Medizin?

Um die Jahrhundertwende war die an den deutschen Universitäten er- arbeitete geistige Substanz einer der Hauptexportartikel des damaligen Reiches. Kernenergie, Düsenflug und Raumfahrt haben ihre Wurzeln in dieser Substanz mit Namen wie Heisenberg, Hahn und Planck. Sul- fonamide und Hormone kamen aus den Retorten dieser Zeit, in der auch die Grundlagen einer rationalen Pharmakotherapie erarbeitet wur- den. Unsere Kliniken waren Wall- fahrtsstätten für Ärzte aus aller Welt, und an den entlegensten Orten die- ser Erde war das Bayer-Kreuz ein Gruß aus der Heimat.

Klammert man nun den Zeitraum von 1935 bis 1955 aus, kann man in etwa sagen, daß mit Einschluß der Pharma-Industrie die sachlichen Voraussetzungen zur Grundlagen- forschung wieder gegeben waren.

Richtungweisende Impulse, die oh- ne Nobelpreis von der deutschen Medizin um die Mitte dieses Jahr- hunderts ausgingen, kann man an den fünf Fingern einer Hand abzählen:

1. Der Küntschernagel, der eine neue Epoche der Extremitätenchir- urgie bis zur Endoprothese einlei- tete,

2. die Anwendung der Xenohoch- drucklampe und des Lasers durch Schwickerath bei pathologischen Veränderungen der Retina,

3. die orale Diabetestherapie durch Franke und Bertram,

4. die Totalsynthese des Insulinmo- leküls von Zahn (Biochemie).

Es gibt natürlich auf allen Gebieten der Medizin eine Fülle diagnosti- scher und therapeutischer Weiter- entwicklungen auch mit origineller Kreativität, aber ohne grundlegend richtungweisende Impulse. Zum No- belpreis muß man allerdings sagen, daß seine Bewertungsmaßstäbe in den letzten Jahren international dis- kutiert werden. Man ist der Ansicht, daß z. B. die klinische Medizin zu kurz kommt. Küntscher mit seinem Nagel wäre wohl ein verdienter An-

wärter, ebenso wie der Holländer Kolff und der Schwede Alwall mit ihrer Idee der künstlichen Niere.

Kausalpathologie

Was sind die 1irs9r•hen. wes sind die Hintergründe dieses Wandels'? In zwei Weltkriegen der Verlust von sechs bis sieben Millionen Men- schen, eines Teils der jungen Gene- ration, die im Kriegsgeschehen überwiegend die dynamischen Ele- mente betrafen Der Verlust der assi- milierten jüdisch-deutschen Intelli- genz. Ahwanderung von qualifizier- ten jungen Wissenschaftlern nach 1945. Vom selbstverständlich ge- wordenen Wohlstandserlehen ge- zeugte Trägheit des Geistes und mangelnde 1. eistungsbereitschaft.

Materialistische, gegenwartsbezo- gene Denkweise. Berufung derer, die weder vom Intellekt noch vom Wissen und Können her berufen sind, oder letztlich eine ideologisch ausgerichtete Kulturpolitik mit stän- digem Experimentieren ohne klares Konzept. Bei der Vielzahl der kausal- pathologischen Faktoren fällt es schwer, eine Antwort zu geben, und noch schwerer, ein Rezept vorzu- legen.

Bei einer derartigen Bestandsanaly- se muß man jedoch einige Fakten erwähnen. Echte Grundlagenfor- schung kann heute nur noch in der theoretischen Medizin, der Bioche- mie bzw. Biophysik betrieben wer- den, in sehr engem Kontakt mit der klinischen Medizin und nur noch im Team. Der normale, noch so qualifi- zierte Kliniker verfügt nicht mehr über die theoretischen Vorausset- zungen. Er kann Ideen haben und Impulse geben, sie aber selbst nicht mehr realisieren. Alle Forschungs- vorhaben laufen über Jahre und er- fordern ständig zunehmend neben Hem persönlichen Engagement ei- nen sehr großen apparativen und personellen Kostenaufwand. Auf die einfachste Formel gebracht: Eine Versuchsreihe mit 100 weißen Mäu- sen hat weniger Aussicht auf ein si- gnifikantes Ergebnis als eine Ver- suchsreihe mit 10 000 Mäusen. Hin- zu kommt, daß die Fernziele, welche

die biomedizinische Grundlagenfor- schung anstrebt, z. B. in der Human- genetik, sehr fern im noch unbe- kannten Raum liegen und nicht be- rechenbar sind. So ist es auch leich- ter, auf den Mond zu fliegen als die Pathogenese einer Krebszelle zu er- fassen. Die Flugbahn eines Raum- schiffes kann bis auf die 25. Stel- le nach dem Komma berechnet werden.

In dem etwas grauen Bild zeichnet sich jedoch ein schmaler Silberstreif am Horizont ab. Die Deutsche Stu- dienstiftung hat anläßlich ihres fünf- zigjährigen Jubiläums über eine re- präsentative Analyse feststellen las- sen, daß etwa 0,7 bis 0,8% der Stu- dierenden über einen überdurch- schnittlichen IQ und überdurch- schnittliche Leistungsbereitschaft verfügen. Die genetische geistige Substanz der jungen Generation des Volkes der Dichter und Denker ist also noch nicht verbraucht. Dazu ei- ne interessante Feststellung: Jene 0,8 Prozent kommen überwiegend aus Orten mit einer vierstelligen Postleitzahl, also aus Gebieten mit einer noch gesunden Umweltatmo- sphäre, Familie und Schule, und nicht aus den großen städtischen Zentren. Man kann natürlich keine Prognose für die Zukunft stellen, aber eines ist sicher, auch das gei- stige Leben eines Volkes ist einfa- chen Naturgesetzen unterworfen.

Wenn die Quellen versiegen, versan- det der Strom.

Abschließend zum Kreis „Forschen- de Medizin" noch eine Frage, die völlig offen ist, über die wir aber nachdenken müssen:

Das Quellgebiet der modernen Me- dizin lag im klaren, berechenbaren Bereich der Naturwissenschaft, sim- plifizierter Sammelbegriff für alle ih- re medizinbezogenen Zweige in der Biotechnik. Ohne sie wären die vie- len spektakulären Erfolge unserer Zeit nicht möglich. Sind aber Bio- technik und technisierte Medizin noch harmonisierbar mit dem ur- alten Begriff Heilkunde? Sind wir noch Herren der Technik oder schon ihre Diener? Haben wir uns auch daran schon gewöhnt? Ohne sie

3032 Heft 52 vom 29. Dezember 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Die Information:

Bericht und Meinung

können wir nicht mehr leben. Aber die Technik hat ihre Grenzen, wenn das archaische Bios im Raum steht.

Es sollte unsere Aufgabe sein, diese Grenzen zu ziehen, alte Quellen der Kunst des Heilens wieder zu er- schließen oder neue zu suchen.

Lehrende Medizin

Lehren und Lernen werden auf allen Wissensgebieten von pädagogisch- schulischen Gesichtspunkten be- stimmt. Dies galt auch vor 500 Jah- ren für die hohen Schulen von Pa- dua, Paris und Prag. Magister und Schüler waren jedoch ein kleiner Kreis, in dem auf humanistischer Basis in freier Lehre alles Wissen vermittelt wurde, das aber keinen di- rekten Bezug zu einer praktischen Berufstätigkeit hatte.

Die Universität Humboldts hatte noch die gleiche geistige Struktur, war aber in ihrer organisatorisch- administrativen Form schon den so- zialen Gegebenheiten ihrer Zeit an- gepaßt: noch humanistische Vorbil- dung, aber große Studentenzahlen, auf einen Beruf ausgerichtete Stoff- pläne, Studiengänge, Wissenskon- trolle durch staatliche Prüfungen.

Inzwischen ist ein Jahrhundert ver- gangen, und wir leben in einer Zeit, in der alle Begriffe, Formen und Werte des geistigen und materiellen Lebens einem Prozeß unterworfen sind, dessen Kontrolle wir anschei- nend verloren haben. Es ist wohl selbstverständlich und bedarf kei- nes Kommentars, daß auch die Hochschule und ihre Träger in einer Zeit des Gestaltwandels nach neuen Strukturen und Formen suchen müssen, um ihre eigentlichen Werte, die geistige Substanz, nicht zu verlieren.

Aktuelles, man kann wohl sagen glü- hendheißes, Problem in der lehren- den Medizin ist die neue Approba- tionsordnung. In der Diskussion auch mit Hochschullehrern kann man feststellen, daß überwiegend die Meinung besteht, ihre Problema- tik sei erst sieben Jahre alt. Schon

1919 hat Hellpach zur „Neugestal-

tung des medizinischen Unter- richts" Ausführungen gemacht, die heute noch zum Teil Geltung haben.

Etwa um 1950 mehren sich die Stim- men von bekannten medizinischen Ordinarien, die mit scharfer, sachli- cher Kritik des alten Systems Refor- men der Ausbildung und eine Ände- rung der alten Bestallungsordnung verlangen.

Für die meisten ist sicher vergessen, daß Professor Sewering im Jahre 1959 auf dem 62. Deutschen Ärzte- tag in Lübeck ein Referat über die- ses Thema hielt, das an Aktualität nichts verloren hat. Ich zitiere wört- lich:

„Die ärztliche Ausbildung in Deutschland, die in ihrer früheren Form zweifellos einmal Weltgeltung hatte, ist erstarrt. Es wurde ver- säumt, sie der Entwicklung der Me- dizin der letzten Jahrzehnte anzu- passen. Die Ausbildung ist viel zu weitgehend im Theoretischen ver- fangen, sie vermittelt zuviel Wissen, aber nicht annähernd das notwendi- ge praktische Können. Der Student ist im weitesten Umfang sich selbst überlassen, es fehlt der ständige persönliche Kontakt mit dem Lehrer, die Betreuung, die Leistungskon- trolle.

Das Ziel einer Reform der ärztlichen Ausbildung sollte es demnach sein, dem Studierenden theoretisches Wissen und praktische Ausbildung in lebendiger Verbindung zu vermit- teln. Dabei sollte bedacht werden, daß der zunehmende Wissensstoff Überblick und Integration immer mehr erschwert, daß das Dargebote- ne also mehr die funktionellen Zu- sammenhänge als die Einzelheiten aufzuzeigen hat und in weiser Be- schränkung mehr erreicht als die Überfütterung mit schwerverdauli- chem Spezialwissen. Der Student muß im ganzen Verlauf seines Stu- diums zur aktiven Mitarbeit heran- gezogen und angehalten werden. Er muß Gelegenheit bekommen, in kleineren Arbeitsgruppen sein Ver- ständnis und sein Wissen unter Be- weis zu stellen, und vor allem zu gegebener Zeit wieder in der kleinen Gruppe den direkten persönlichen

Kontakt mit dem kranken Menschen bekommen, dessen Betreuung und Versorgung Kernpunkt seines späte- ren Berufslebens sein wird."

Was ist aus der Reform geworden?

Die Gründe für eine Reform der Aus- bildung waren zusammengefaßt:

1. Zunahme des Lehrstoffvolumens um etwa 40%, neue Fächer und Teil- fächer, Allgemeinmedizin, Onkolo- gie, medizinische Soziologie, So- zialmedizin, Psychosomatik, Psy- chologie, Psychotherapie, Human- genetik, Strahlenkunde, Urologie usw.

2. Entwicklung und Verbreitung des Wissensstoffes in fast allen alten Disziplinen bis auf die Anatomie, Halbwertzeit des medizinischen Wissens reduziert auf fünf Jahre.

3. Lehre und Unterricht in der klei- nen Gruppe, vor allem am Kranken- bett, etwa nach dem Modell des

„stage" in Frankreich.

Was ist nun aus dem Planungsent- wurf von 1959 geworden?

Bei dieser Situation war auch dem Außenstehenden klar, daß Lehrstoff und Zeitpläne eine bundesweite schulmäßige Regelung erforderlich machten, wenn die Effektivität erhal- ten bleiben sollte.

Die Lehrfreiheit der alten Universitä- ten wird eingeengt durch genormte Lehrverpflichtungen des akademi- schen Hochschullehrers. Der Inhalt ist festgelegt durch den Gegen- standskatalog der verschiedenen Fächer, aus dem auch die Fragen für die einzelnen Prüfungen program- miert werden.

Der Student, der vor einem Berg von Wissensstoff steht, hat aber leider nicht registriert, daß der Katalog ei- ne Minimalforderung unter Prü- fungsgesichtspunkten bedeutet und somit nur das Gerippe eines Roh- baues, dessen Fertigstellung noch ein Vielfaches von geistigem Mate- rial erfordert. Die Eigeninitiative des

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 52 vom 29. Dezember 1977 3033

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Die Information:

Bericht und Meinung Krise in der Medizin?

Lernens z. B. über Lehrbücher und freiwillige Famulatur geht dabei ver- loren. Untersuchungsmethoden, technisches Wissen, Labormedizin usw. werden in scheinpflichtigen Praktika erworben. Das Wesentli- che, was das Bild eines jungen Arz- tes bestimmt, nämlich der Umgang mit dem kranken Menschen, sollte durch den Unterricht am Kranken- bett in kleinen Gruppen besonders im Internatsjahr vermittelt werden.

Das Bed-side-teaching ist ein wirk- lich ideales Konzept, setzt aber eine große Anzahl qualifizierter jüngerer Lehrkräfte voraus und ein großes, sehr großes vielfältiges Krankengut.

Es war abzusehen und kann heute nur noch bestätigt werden, daß man keinem Patienten zumuten kann, mehrmals verschiedenen Studenten vorgestellt, geschweige denn, mehr- fach untersucht zu werden. Der Pa- tient, der kranke Mensch, wird damit zu dem limitierenden Faktor der Ausbildungskapazität. Ein Massen- studium, am grünen Tisch geplant, wird nicht nur vom Standpunkt der Lehre aus gesehen, sondern vor al- lem von ärztlichen Gesichtspunkten aus zu einem unrealistischen Phan- tom. Ich komme später noch darauf zurück.

In den Reformplänen der fünfziger Jahre taucht erstmals der Begriff der

„medical school" auf. Versucht man ihn mit dem Stand von heute zu in- terpretieren, so ergibt sich eindeu- tig, daß die Lehre, der Unterricht,

der unmittelbar zur praktischen Be- rufsausübung überleitet, juristisch mit dem Recht, ärztlich tätig sein zu können und zu müssen, auch in ei- ner akademischen Disziplin nicht mehr frei sein kann. Ebensowenig können aber ärztliches Denken und Handeln durch Gegenstandskatalo- ge vermittelt werden, wenn nicht ein breitangelegtes, praxisnahes klini- sches Fundament sie trägt.

In den Diskussionen über die Re- form des medizinischen Unterrichts ist vielen Hochschullehrern ein Irr- tum unterlaufen. Sie haben die

„Lehrfreiheit" mit „Freiheit der Leh- re" identifiziert. Dies aber sind zwei völlig verschiedene Begriffe. Lehren

ist ein pädagogischer Begriff, Ver- mittlung eines Lehrstoffes, der ei- nem international anerkannten Wis- sensstandard entspricht.

Die Freiheit der Lehre ist ungebun- den. Sie beinhaltet das Recht, eine These, Ergebnisse eines Denkvor- ganges oder einer Forschungsar- beit, also etwas Geistiges, zu vertre- ten und zu verkünden. In unserer noch freien Welt ist es nicht mehr die Tür der Schloßkirche zu Witten- berg, an der man wie Martin Luther seine Thesen anschlagen kann. Da- für stehen die wissenschaftlichen Gesellschaften, die Kongresse in al- ler Welt und die Erfindung Guten- bergs — das gedruckte Wort — zur Verfügung.

Wie soll der Arzt der Zukunft aussehen?

Schon bei der Planung der neuen AO entstand eine heftige Kontrover- se um den Gegenstandskatalog, die

— wie die meisten von Ihnen wissen — immer noch anhält. Ich war selbst Mitglied der Fachvertreter-Kommis- sion und habe die erbitterten Kämp- fe um die Gewichtigkeit der einzel- nen Fächer mit Lehrstundenzahl, Praktika und Zusatzvorlesungen er- lebt. Man hatte dabei den Eindruck, daß viele Kollegen ihr eigenes Fach als Nabel der Medizin ansehen und sich nicht als Glied einer Kette füh- len, die in echter Kooperation und oft in überschneidendem Einsatz nur ein Ziel haben kann: einen guten Arzt auszubilden, dessen Wissen und Können den Anforderungen un- serer Zeit entspricht. Von den Gege- benheiten unserer Ausbildung her läßt es sich nun einmal nicht vermei- den, daß fakultative Nobelpreisträ- ger, Theoretiker, Kliniker und prakti- zierende Ärzte aus einer Quelle kommen und die gleichen Schleu- sen passieren müssen. Es wurde auch häufig übersehen, daß die Ver- mittlung von Spezialwissen nicht in die Basisausbildung gehört, son- dern die Aufgabe der Weiterbildung nach abgeschlossenem Basisstu- dium ist.

Das Ausbildungsziel des Medizin- studenten wurde bei der neuen AO

ebenfalls eingehend diskutiert. Nach dem gesunden Menschenverstand ist es völlig klar; er sollte ein guter Arzt sein, mein Doktor, unser Dok- tor, nach dem Typ des alten Haus- arztes. Ob an seinem Praxisschild nur einfach „Dr. Müller" steht oder

„Arzt für Allgemeinmedizin", er ist in jedem Fall ein Vertreter der konser- vativen Medizin, ein kleiner Internist, wobei ich das „klein" nicht als ab- wertend aufzufassen bitte. Die Ent- wicklung der letzten dreißig Jahre hat hier zu einer Akzentverschie- bung geführt. Er betreibt keine Ge- burtshilfe mehr, nur Frauenheilkun- de. Er behandelt auch keine Säug- linge und kaum noch Kleinkinder.

Die sogenannte kleine Chirurgie wird bis auf ausgesprochen ländli- che Gebiete nicht mehr in der Praxis ausgeübt. Das Netz der kleinen re- gionalen Krankenhäuser, eigene Motorisierung und dichtes Ver- kehrsnetz haben zusätzlich dazu beigetragen. Patienten mit Augen- und Hals-Nasen-Ohren-Leiden, Haut- und Nervenleiden, orthopä- dischen und urologischen Krank- heitsbildern gehen spontan zum Spezialisten oder werden überwie- sen. Der eigentliche Kern der Praxis ist die innere Medizin in ihrer ge- samten Breite.

Hier noch eine Bemerkung zu den neuen Zweiggebieten der klassi- schen Psychiatrie. In dem Irrgarten unserer psychosoziologischen Ge- sellschaftsstruktur werden sie ge- braucht! Der Spruch: „Ich habe mich so geärgert, daß mir die Galle hochkam", ist alter Volksmund — sprich Psychosomatik. Es ist auch durchaus möglich, um ein typisches Beispiel zu nennen, daß ein vegetati- ver Typ mit kontinuierlichem berufli- chem oder persönlichem Streß über eine hyperazide Gastritis zum Ulkus- träger werden kann. Obwohl ich Vertreter einer operativen Disziplin bin, habe ich diesen Standpunkt im- mer vertreten.

Die neuen Disziplinen der Psychia- trie sollten aber in einer für Praxis und Klinik praktikablen Form gelehrt werden. Ich wehre mich dagegen, Fortsetzung auf Seite 3047

3034 Heft 52 vom 29. Dezember 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 52 vom 29. Dezember 1977

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Arteriitis cranialis

Eine Vaskulitis des alten Menschen

Peter Haller, Udo Patzold und Hans Schliack

Aus der Neurologischen Klinik

der Medizinischen Hochschule Hannover (Direktor: Professor Dr. med. Hans Schliack)

Die Arteriitis cranialis ist keine seltene Erkrankung älterer Menschen. Aküt auftretende, ungewohnte Kopfschmerzen, druckschmerzhafte, verdickte und meist pulslose Temporal- arterien und exzessiv be- schleunigte Blutsenkungsge- schwindigkeiten ermöglichen die Diagnose mit einfachen Mitteln. Sie wird gesichert durch Biopsie. Eine konse- quente Kortikosteroidtherapie verhütet die gefürchtete Kom- plikation: die einseitige, selte- ner sogar doppelseitige Er- blindung durch irreparable Optikusmalazie.

Der schottische Arzt Jonathan Hut- chinson (10)*) berichtete 1890 über eine eigentümliche, thrombosieren- de Arteriitis alter Menschen, die eine Gangrän der Kopfhaut hervorgeru- fen hatte. Er hatte einen über 80jäh- rigen Kammerdiener aus seiner Nachbarschaft wegen äußerst unan- genehmer Stirnkopfschmerzen be- handelt. Die Haut über den ge- schwollenen Temporalarterien war gerötet und so druckempfindlich, daß der alte Herr seinen Hut nicht mehr tragen mochte. Wochen später klang die entzündliche Rötung ab.

Die Temporalarterien pulsierten nicht mehr.

Hutchinson hatte damit nach Jahr- hunderten ein Krankheitsbild erneut beschrieben, das zur Blütezeit der arabischen Medizin schon bekannt war. Im 10. Jahrhundert hatte der am Hofe des Kalifen von Bagdad prakti- zierende Ophthalmologe Ali Isa bin in seinem „Erinnerungsbuch für Au- genärzte" eine entzündliche Erkran- kung der Temporalarterien erwähnt, die mit heftigem Schläfenschmerz beginne und nicht selten zur Erblin- dung führe. Als Therapie wurde die Exstirpation der Temporalarterie empfohlen, für den ungeübten mit dem Brenneisen und für den chir- urgisch geschickten durch Heraus- schneiden eines Arterienstückes nach doppelter Ligatur mit einem speziellen Messer (12).

Erst 40 Jahre nach Hutchinson hat Horton 1932 (8) das Krankheitsbild erstmals systematisch untersucht.

Im deutschen Sprachgebrauch ist der Arteriitis cranialis erst nach 1945 Beachtung geschenkt worden. Ob- wohl typische Beschwerden und einfache Laboruntersuchungen die Arteriitis cranialis leicht erkennen lassen, wird sie auch heute noch zu selten rechtzeitig diagnostiziert.

Synonyma sind: Arteriitis temporalis Horton, Riesenzellarteriitis, Arteriitis of the aged.

Symptomatologie

Wegweisendes Symptom sind hart- näckige, nie gekannte, erstmals im hohen Lebensalter auftretende Kopfschmerzen. Sie sind vorwie- gend im Stirn- und Schläfenbereich, nicht selten aber auch ausschließ- lich im Hinterkopf und Nacken loka- lisiert. Sie können sich in Gesicht und Ohr projizieren. Der andauern- de Schmerz ist dumpf oder ste- chend. Er steigert sich bald bis zur Unerträglichkeit.

Nicht selten und nahezu beweisend ist eine schmerzhafte Ermüdbarkeit der Kau- und Zungenmuskulatur,

`) Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.

3035

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Abbildung 1: Entzündlich geschwollene Temporalarterie

Abbildung 2: Histologischer Befund bei Arteriitis temporalis

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Arteriitis cranialis

die beim Essen und Sprechen auf- tritt und die Nahrungsaufnahme zur Qual machen kann (Claudicatio in- termittens der Zungen- und Kiefer- muskulatur).

Den Kopf- und Gesichtsschmerzen gehen in der Regel über Wochen und Monate sich hinschleppende

Muskel- und Gliederschmerzen vor- aus oder begleiten sie (Polymyalgia rheumatica sive arteriitica) (4,9). Sie betreffen vorwiegend die Schulter- und Beckengürtelmuskulatur. Sie sind bewegungsabhängig, so daß die Erkrankten bettlägerig werden können. Sie fühlen sich elend, kla- gen über Appetitlosigkeit und Ge-

wichtsabnahme. Diese Beschwer- den und die Feststellung einer enorm beschleunigten BSG wie ei- ner leichten Anämie führen ver- ständlicherweise oft zu der Annah- me eines malignen Tumors oder von Hirnmetastasen, und mancher unse- rer Kranken wurde uns als Hirntu- morverdacht zugewiesen.

Sehstörungen gehören in der Regel nicht zu den ersten Krankheitssym- ptomen. Nur selten stellen sie sich ohne vorausgehende Kopf- oder Gliederschmerzen ein. Im weiteren Verlauf der Erkrankung sind sie eine häufige und gefürchtete Komplika- tion.

Der krankhafte klinische Befund ist trotz der heftigen Schmerzen nicht eindrucksvoll. Stehen Kopfschmer- zen im Vordergrund, sind Arteria temporalis oder Arteria occipitalis ein- oder beidseits druckempfind- lich. Der Druckschmerz ist oft sehr umschrieben und kann auf einzelne Äste der genannten Arterien be- schränkt sein. Die Temporalarterie ist besonders im Anfangsstadium verdickt und geschwollen. Sie tritt stärker hervor, was von den Kranken vielfach selbst bemerkt wird. Im Ge- gensatz zur Arteriosklerose ist das Gefäß dann aber nicht vermehrt ge- schlängelt. Es fällt vielmehr durch seinen gestreckten Verlauf auf (Ab- bildung 1). Das Gefäß kann throm- bosieren. Es wird pulslos und ist nur noch schwer tastbar. Kommt der Pa- tient, wie es häufig der Fall ist, erst in diesem Stadium zur Behandlung, darf Fehlen von Druckschmerz und Schwellung der Temporalarterien nicht als Beleg gegen das Vorliegen einer Arteriitis cranialis gewertet werden. Man muß dann alle Kopf- schwartenarterien und ihre Äste sehr sorgfältig nach einem um- schriebenen Druckschmerz untersu- chen.

Während der initialen Muskel- und Gliederschmerzen kann der Befund an den Kopfschwartenarterien noch normal sein. An den Gliedmaßen selbst fällt Druckschmerzhaftigkeit der proximalen Muskulatur und ei- ne schmerzhafte Bewegungsein- schränkung der großen Gelenke auf.

3036 Heft 52 vom 29. Dezember 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Abbildung 3: Kopfhautnekrose durch Arteriitis cranialis

Abbildung 4: Zungennekrose durch Arteriitis cranialis

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Es Kann das Bild einer ein- oder beidseitigen schmerzhaften Schul- tersteife beziehungsweise Periar- thritis humeroscapularis mit Druck- schmerz der Gelenkkapsel und Seh- nenansätze imponieren.

Der weitere allgemeine und spezielle neurologische Befund ist in kompli- kationslosen Fällen stets regelrecht.

Die oft hochbetagten Patienten fal- len vielmehr immer wieder durch ih- re geistige Frische und Regsamkeit auf.

Diagnose

Die Diagnose ist klinisch mit Hilfe einfachster labortechnischer Unter- suchungen möglich. Die BSG ist im akuten Krankheitsstadium meistens stark beschleunigt, oft betragen Ein- stundenwerte über 100 mm n.W. Sie ist auch dann schon beschleunigt, wenn lediglich Muskel- und Glieder- schmerzen bestehen. Während einer Spontanremission kann die BSG aber auch nur leicht oder mäßig be- schleunigt sein. Die Alpha-2-Globu- line sind in der Elektrophorese er- höht. Hinzu kommen leichte Anämie und Leukozytose. Vereinzelt lassen sich Antikörper gegen glatte Musku- latur nachweisen.

Die Temporalarterienbiopsie gestat- tet die diagnostische Sicherung. Sie ist ein kleiner gefahrloser Eingriff, der auch ambulant in Lokalanästhe- sie durchgeführt werden kann. Die Biopsie ist in jedem Verdachtsfall zur Sicherung der Diagnose indiziert und sollte auch bei sehr alten Men- schen gerade in klinisch uncharak- teristischen Fällen, bei denen poly- myalgische Beschwerden vorherr- schen, nicht unterlassen werden. In vielen Fällen von Muskel- und Glie- derschmerzen im hohen Lebensalter mit beschleunigter Blutsenkungsge- schwindigkeit gestattet erst die Temporalarterienbiopsie, die Art der Erkrankung aufzuklären. Sie wird meist einseitig am drdckschmerz- haften Abschnitt der Temporalarte- rie durchgeführt. Bei negativem bioptischen Befund aber begründe- tem klinischen Verdacht wird zu- sätzlich ein Arterienstück auf der an-

deren Seite entnommen

(n

Selbst-

verständlich schließt das negative Ergebnis auch einer doppelseitigen Temporalarterienbiopsie eine Arte- riitis cranialis nicht aus, weil der ent zündliche Gefäßprozeß nicht eile Gefäßabschnitte gleichermaßen be trifft In diesen Fällen kann die hist() logische Sicherung der Gefäßer- krankung auch durch Beckenkamm- biopsie versucht werden.

Mit der Angiographie der Temporal- arterien zum Nachweis entzündli- cher Gefäßwandstenosierungen und Erweiterungen haben

wir

selbst kei- ne Erfahrung_

Epidemiologie

Die Arteriitis cranialis tritt aus- schließlich im hohen Lebensalter auf. Nur sehr vereinzelt ist sie schon im sechsten Lebensjahrzehnt beob- achtet worden. Am häufigsten mani- festiert sie sich zwischen 70 und 80 Jahren. Männer und Frauen erkran- ken gleich häufig. Nach eigenen Un- tersuchungen an Altersheimbewoh- nern in Hannover beträgt die Präva- lenzrate (Erkrankungshäufigkeit pro 100 000 pro Jahr) bei über 60jähri- gen 400 pro 100 000 Einwohner. Die lnzidenzrate wurde in Rochester USA mit 2,9 Neuerkrankungen pro

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 52 vom 29. Dezember 1977 3037

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Arteriitis cranialis

100 000 Einwohner pro anno errech- net (5) und in Malmö mit 2/100 000 I Jahr(11).

lnzidenz- und Prävalenzraten neh- men mit steigendem Lebensalter zu.

Bei über 80jährigen muß man mit einem Erkrankten unter 100 Gleich- altrigen rechnen.

Pathologie, Pathogenese und Pathophysiologie

Die Arteriitis cranialis ist eine gene- ralisierte lmmunvaskulitis alter Men- schen, die sich schwerpunktmäßig an Kopf- und Halsarterien abspielt.

Eine Beteiligung der Nierenarterien und der Vasa nervorum kommt im Gegensatz zu anderen Vaskulitiden wie zum Beispiel der Panarteriitis nodosa und dem Lupus erythemato- des selten vor (1). Histologisch fin- den sich Zellinfiltrate in den Vasa vasorum, Ersatz der Media durch entzündlich granulomatöse Gewebe mit Riesenzellen, fibrinoiden Nekro- sen, Elastiksuntergang und Wand- verdickungen. Gleichzeitig ist das Gefäßlumen durch thrombotische Intimaauflagerungen eingeengt be- ziehungsweise verschlossen (2,3) (Abbildung 2).

Die bei der Arteriitis cranialis auftre- tenden Schmerzen sind einerseits durch den entzündlichen Gefäß- wandprozeß selbst, zum anderen aber auch durch die hierdurch her- vorgerufene lokale Ischämie be- dingt.

Letzteres gilt besonders für die Claudicatio intermittens der Zun- gen- und Kaumuskulatur und die Polymyalgia rheumatica. Auch die Komplikationen sind Folge einer Ischämie.

Die Pathogenese der Arteriitis cra- nialis ist bislang ungeklärt. Am wahrscheinlichsten wird sie durch eine immunologische Reaktion her- vorgerufen, die sich gegen die. Ge- fäßwand richtet. Ihr im Gegensatz zur Panarteriitis milder Krankheits- verlauf resultiert möglicherweise aus einer altersbedingten vermin- derten lmmunantwort.

Verlauf

Die Krankheit verläuft schubförmig mit Spontanremissionen und Rezidi- ven. Im Krankheitsverlauf wechseln die vorherrschenden Symptome nicht selten. Zum Beispiel wird eine Polymyalgie von Kau- und Schluck- störungen abgelöst, bis sich plötz- lich Sehstörungen einstellen. Bei bekannter Arteriitis cranialis müssen deshalb zunächst alle erneut auftre- tenden Krankheitssymptome den Verdacht auf ein Rezidiv erwecken, besonders wenn gleichzeitig die Blutsenkungsgeschwindigkeit an- steigt.

Komplikationen

Gefürchtetste und häufigste Kompli- kation sind Sehstörungen, in Form von Visusminderung, Gesichtsfeld- defekten, meist aber totaler einseiti- ger oder auch doppelseitiger Erblin- dung. Sie werden durch Befall der Arteria ophthalmica mit ischämi- scher Optikusschädigung hervorge- rufen. Sehstörungen treten bei etwa 50 Prozent der unbehandelten Krankheitsfälle zumeist in Wochen bis Monaten nach Krankheitsbeginn auf. Im Gegensatz zu den sonstigen Symptomen stellen sich die Sehstö- rungen stets dramatisch ein. Amau-

Tabelle: Differentialdiagnose von Kopf- und Gesichts- schmerzen im höheren Lebensalter

a) mit BSG-Beschleunlgung Arteriitis cranialis

chron. Meningitis (vor allem Meningitis tuberculosa) Schädelmetastasen (z. B. Plas- mozytom)

Hirnmetastasen Meningealkarzinose Otitis externa maligna b) ohne BSG-Beschleunlgung

Subdurales Hämaton Hirntumor

Trigeminusneuralgie Zosterneu ralgie Hirnarteriosklerose Glaukom

3038 Heft 52 vom 29. Dezember 1977

DEUTSCHES ARZTEBLATT

rosis-fugax-Attacken können der vollständigen einseitigen Erblin- dung aber wenige Stunden voraus- gehen. Die Erblindung durch Opti- kusmalazie ist irreversibel.

Nur selten werden beide Sehnerven gleichzeitig geschädigt. Bei einseiti- ger Erblindung tritt nicht selten in- nerhalb von Stunden bis Wochen auch die Erblindung des anderen Auges ein (6).

Die klinische Untersuchung ergibt neben einer amaurotischen Pupil- lenstarre am Augenhintergrund ein weißlich-blasses Pupillenödem oh- ne Blutungen, oft aber initial keinen krankhaften Befund.

Weitere Komplikationen sind Kopf- haut- und Zungennekrosen (Abbil- dungen 3 und 4). Selten kommt es durch Beteiligung der zerebralen Gefäße zu Hirninfarkten bzw. transi- torischen ischämischen Attacken. Auch Myokardinfarkte kommen vor.

Differentialdiagnose

Differentialdiagnostische Erwägun- gen ergeben sich bei der Arteriitis cranialis hinsichtlich

~

0

des Kopfschmerzes,

~

8

des Gesichtsschmerzes.

~

8

der Gliederschmerzen,

~

8

der Sehstörungen.

0

Jeder im höheren Lebensalter neu auftretende Kopfschmerz ist ein ernst zu nehmendes Krankheitssym- ptom und bedarf der sorgfältigen Analyse. Man darf ihn nicht als arte- riosklerotisch bedingten oder hyper- toniebedingten Kopfschmerz abtun.

Vasomotorische, habituelle oder funktionell überlagerte Kopfschmer- zen stellen sich im hohen Lebensal- ter nicht mehr ein. Deshalb muß man sich zur Regel machen, bei allen neu auftretenden Kopfschmerzen alter Menschen sofort die BSG zu prüfen. Die weiteren differentialdiagnosti- schen Erwägungen hängen davon ab, ob die BSG beschleunigt ist oder nicht (Tabelle).

(9)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Arteriitis cranialis

O

Die kauabhängigen Gesichts- schmerzen bei der Arteriitis cranialis dürfen nicht mit dem blitzartig ein- schießenden und nur sekundenlang anhaltenden stechenden Schmerz der idiopathischen Trigeminusneur- algie (Tic douloureux) verwechselt werden, der oft durch Sprechen oder Berühren eines umschriebenen Areals am Oberkiefer ausgelöst wird. Narben im Versorgungsgebiet eines Trigeminusastes, meist des er- sten, zeigen schon bei der Inspek- tion, daß es sich um eine Zoster- neuralgie handelt. Bei ihr ist der Schmerz anhaltend brennend und streng auf das Versorgungsgebiet des betroffenen Trigeminusastes beschränkt.

Vom akuten Glaukomanfall läßt sich der ischämische, bewegungsabhän- gige Gesichtsschmerz bei der Arte- riitis cranialis anamnestisch leicht unterscheiden.

(9

Muskel- und Gliederschmerzen bei beschleunigter BSG machen die Differentialdiagnose zur Polymyosi- tis erforderlich. Bei ihr sind die be- troffenen Muskeln stets paretisch, später auch atrophisch. Die Kreati- ninphosphokinase ist im Gegensatz zur Polymyalgia rheumatica stets er- höht. Elektromyographie und Mus- kelbiopsie bestätigen die Diagnose.

C)

Hinsichtlich der akuten Sehstö- rungen ist nach Ausschluß einer pri- mär okulären Erkrankung an eine Optikusmalazie anderer Ursache, vor allem die arteriosklerotische Op- tikusmalazie zu denken. Hierbei ist der ophthalmologische Befund mit Papillenödem und nachfolgender Optikusatrophie nicht von dem bei der Arteriitis cranialis zu unterschei- den. Hinweise geben das Fehlen von Kopfschmerzen und BSG-Beschleu- nigung. Eine sichere Differentialdia- gnose ist allein durch eine Tempo- ralarterienbiopsie möglich (3).

Zu beachten ist auch, daß akut auf- tretende Hemianopsien infolge einer Ischämie des Okzipitallappens von vielen Kranken zunächst als Erblin- dung eines Auges fehlinterpretiert werden.

Therapie und Prognose

Die Therapie der Wahl ist eine initial hochdosierte Kortikoidbehandlung, zum Beispiel täglich 80-100 mg Prednisolon, mit langsamer Dosisre- duktion auf eine Erhaltungsdosis unter der Cushing-Schwelle. Die weitere Dosierung richtet sich nach den Beschwerden und der BSG-Be- schleunigung. Innerhalb von 48 Stunden nach Beginn der Therapie bessern sich Kopfschmerzen und Polymyalgie schlagartig. Dies darf aber nicht zu einer raschen Dosisre- duktion verleiten. In der Regel ist eine langfristige mehrmonatige Dauermedikation mit geringen Do- sen, zum Beispiel täglich 5 bis 10 mg Prednisolon, erforderlich. Zur Zeit ist noch nicht endgültig geklärt, ob durch eine langfristige immunsup- pressive Behandlung mit Azathio- prin die Kortikoidbehandlung abge- kürzt werden kann. Eine gewissen- hafte medikamentöse Einstellung und Überwachung verhindert zuver- lässig das Auftreten von Erblindung und anderen ernsten Komplikatio- nen. Ist eine Optikusmalazie aber eingetreten, ist die Erblindung auch unter einer hochdosierten Kortikoid- behandlung irreversibel. Die Pro- gnose der Arteriitis cranialis quoad vitam ist günstig. Eine Verminde- rung der Lebenserwartung läßt sich statistisch nicht feststellen (5).

Literatur

Garzoli, G., und Leu, H. J.: Zur Pathologie der Polymyalgia rheumatica sive erteriitica, VASA 6 (1977) 128-136 - Goder, G.: Durchblutungsstö- rungen des Auges und Biopsie der Arteria tem- poralis, Abhandlungen auf dem Gebiete der Augenheilkunde, Bd. 36, Leipzig: VEB Thieme, 1968 - Hollenhorst, R. W., Brown, J. R., Wag- ner, H. P., and Chick, R. M.: Neurologic as- pects of temporal arteritis. Neurology (minn.) 10 (1960) 490-498 - Hollwich, F., Schiffer, H.- P., und Weihmann, J.: Arteriitis temporalis, Kli- nisches Bild, Prognose und Therapie, Klin.

Mbl. Augenheilkunde 167 (1975) 62-69 - Nor- ton, B. T., Magath, T. B.. and Brown, G. E.: An undiscribed form of arteritis of the temporal vessels, Proc. Staff. Meet. Mayo Clin. 7 (1932) 700 701

Anschrift für die Verfasser:

Professor Dr. med. Hans Schliack Neurologische Klinik der

Medizinischen Hochschule Karl-Wiechert-Allee 9 3000 Hannover 61

FÜR SIE GELESEN

Brust-Vorsorge-

untersuchung der Frau

Zur Früherkennung des Mamma- karzinoms sollte die Zusammenar- beit zwischen Arzt und Patientin weiter intensiviert werden. Das gilt vor allem für die regelmäßige Selbst- untersuchung der Brust. Die Einstel- lung dazu (500 Frauen) wurde mit einem Fragebogen und psychome- trischen Tests erfaßt. Die ärztliche Untersuchung der Brust wird von vier Fünftel der Frauen als „sehr wichtig" erachtet. Das gilt beson- ders für Frauen mit höherem Schul- abschluß, überdurchschnittlicher In- telligenz und extravertierten Persön- lichkeitseigenschaften. Brust-Vor- sorge-Aufklärungs-Kampagnen soll- ten sich vor allem an weniger gebil- dete und introvertierte Frauen rich- ten. Die Hälfte der Frauen sprach sich für halbjährliche Brust-Vorsor- geuntersuchungen aus, bei den jün- geren Frauen mit höherem Schulab- schluß waren es noch mehr.

Selbstuntersuchungen der Brust werden von einem Drittel regelmä- ßig, einem Fünftel gar nicht und vom Rest unregelmäßig durchgeführt.

Ein Fünftel bezeichnet solche Unter- suchungen als „belastend", ein Drit- tel als „nicht bblastend" und der Rest als „beruhigend". Mit zuneh- mendem Lebensalter werden die Frauen häufiger durch das Auffin- den eines Knotens in der Brust ver- ängstigt. Das gilt besonders für Frauen mit geringerer Bildung.

Nach Auffinden eines schmerzhaf- ten Knotens wollten zwei Drittel der Frauen umgehend den Arzt aufsu- chen, ein Drittel hingegen eine Wo- che und länger abwarten. Im und unter dem Mamillenbereich erwarte- ten weniger als 3 Prozent der Frauen eine Knotenbildung, obwohl etwa 17 Prozent aller Mammakarzinome in diesem Bereich lokalisiert sind. Ins- gesamt ist nach dieser Studie mehr verständliche Laieninformation not- wendig. Enn

Wenderlein, J. M.:

Brust-Vorsorgeuntersuchung der Frau Fortschr. d. Med. 95 (1977) 2117

Universitäts-Frauenklinik Erlangen, Universi- tätsstraße 21/23,8520 Erlangen

3040 Heft 52 vom 29. Dezember 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(10)

Blutungen bei Antikoagulantientherapie

Hämorrhagische Komplikationen stellen strenggenommen keine „Nebenwirkung" oraler Antikoagulan- tien dar, sondern sind als Steigerung ihrer Hauptwirkung anzusehen. Man rechnet ungefähr mit einem Todesfall auf 500 Behandlungsjahre und mit einer klinisch relevanten Blutung auf 10 bis 20 Behand- lungsjahre. Die intrazerebralen Blutungen — 80 Prozent verlaufen tödlich — machen dabei die Mehrzahl der Todesfälle aus. Unterschieden werden spontane und traumatisch bedingte Blutungen, wobei je nach Ausmaß und Lokalisation leichtere (Epistaxis) und schwere Blutungen (intrakraniell) auftreten können. Als Ursachen für spontane Blutungen kommen in Betracht:

4i)

Überdosierung und Überdosierungseffekt durch Interaktion mit anderen Medikamenten (zum Bei- spiel Phenylbutazon, Clofibrat. Bei Phenylbutazon ist besondere Vorsicht geboten. Bei jeder Änderung der Medikation sind kurzfristige Laborkontrollen angezeigt).

Zusätzlicher Hämostasedefekt durch andere Erkrankungen (zum Beispiel Hepatitis).

• Nichtbeachtung von Kontraindikationen (zum Beispiel Hypertonus, Malignome).

(I) Fehlerhafte Laborwerte.

Die beste Blutungsprophylaxe besteht in einer strengen Indikationsstellung, die von Zeit zu Zeit überprüft werden muß, in der genauen Beachtung der Kontraindikationen und in der Kenntnis der Interaktionen mit anderen Medikamenten. Darüber hinaus sind eine spezielle Ausbildung und therapeu- tische Erfahrung des Arztes wünschenswert und zuverlässige Laborkontrollen unabdingbare Voraus- setzung. Die Laborkontrolle der Antikoagulantientherapie wird mit der Prothrombinzeit nach Quick und dem Thrombotest nach Owren durchgeführt; der therapeutische Bereich von 15-25 Prozent bezie- hungsweise 5-15 Prozent sollte nicht über- und nicht unterschritten werden. Die Kontrollintervalle hängen ab von der Stabilität der Einstellung und der Zuverlässigkeit des Patienten.

Symptomatik

Spontane Blutungen Wesentliche Lokalisationen:

O Niere und ableitende Harnwege

© Magen-Darm-Trakt

© ZNS

Häufig sind lokale Erkrankun- gen wie Hämorrhoiden, Ma- gen- und Duodenalulzera, Darmpolypen, Nierensteine, Tumoren blutungsauslösend.

Sichtbare Blutungen sind leicht zu erkennen. Dazu gehören:

C) Blutungen aus dem Nasen- und Rachenraum

0 Hautblutungen

0

Hämorrhoidalblutungen

Diagnose

Zur Diagnosestellung erfor- derlich:

C) Lokalbefund C) Gerinnungsbefund.

Nachweis eines unterhalb des therapeutischen Bereichs lie- genden Quickwertes ist im Sinn der Verdachtsdiagnose verwertbar, Quickwert muß aber nicht erniedrigt sein (lo- kale Blutungsursache)!

Diagnosestellung bereitet kei- ne Schwierigkeiten.

Therapie

Krankenhauseinweisung ist erforderlich.

Keine Antifibrinolytika bei Hä- maturie (Cave Nierenbecken- beziehungsweise Blasentam- ponade).

Leichtere Formen von 1-3 können mit lokalen Maßnah- men (Nasentamponade) be- handelt beziehungsweise un- ter strenger Beobachtung weiter betreut werden. Bei niedrigem Quickwert Unter- brechung der Antikoagulation für 1-3 Tage, eventuell Verab- reichung von Vitamin K 5 mg oral (Schockgefahr bei intra- venöser Injektion!)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 52 vom 29. Dezember 1977 3041

(11)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Blutungen bei Antikoagulantientherapie

Symptomatik

Intestinale Blutungen können Zeichen des Volumenmangels schon vor dem Auftreten von Blut- oder Teerstuhl oder Bluterbrechen aufweisen. Zir- kulatorische Symptome wie RR-Abfall und Pulsbeschleu- nigung, ferner vegetative Zei- chen wie Übelkeit, Blässe und Schweißausbruch geben bei nicht sichtbarer Blutung einen Hinweis auf das Blutungs- ausmaß.

Retroperitoneale, mesenteria- le und intramurale Blutungen machen abdominelle Be- schwerden mit Zeichen des paralytischen oder mechani- schen Ileus.

Intrakranielle und intraspinale Blutungen rufen eine Sympto- matik hervor, die von Kopf- und Rückenschmerzen und Lähmungen bis zum Koma reicht.

Muskelblutungen manifestie- ren sich durch sehr schmerz- hafte Schwellung, möglicher- weise auch durch Paresen.

(%) Traumatische Blutungen Traumen führen unter Anti- koagulantien zu verstärkten Blutungen. Traumatisch be- dingte Blutungen können in jedem Körperbereich auftre- ten (Lokalisation wie untere).

Blutungen nach außen sind leicht zu erkennen.

Die Symptomatik innerer Blu- tungen nach Traumen kann sich mit Verzögerung entwik- keln.

Diagnose

Sind äußerlich keine Blutun- gen erkennbar, ist bei Patien- ten unter Antikoagulantien entscheidend, daß man an ei- ne innere Blutung denkt.

Abdominelle Beschwerden sind auch ohne Tastbefund blutungsverdächtig.

Jede neurologische und psychiatrische Auffälligkeit bedarf der Abklärung in bezug auf Blutung.

Häufig sind fälschlicherweise intramuskuläre Injektionen durchgeführt worden (Cave Spritzenabszeß!).

Auch ohne äußerlich erkenn- bare Blutung Verdacht auf in- nere Blutung gegeben. Feh- lender Befund und fehlende Symptomatik schließen Ent- wicklung lebensbedrohlicher Blutung nicht aus. Zum Bei- spiel: intrakranielle Blutung, intraspinale Blutung, retrope- ritoneale Blutung.

Therapie

Jede mengenmäßig wesentli- che Blutung und jede innere Blutung müssen auch ohne vorherige Quickkontrolle in eine Klinik eingewiesen wer- den. Bei schweren Blutungen Einweisung über Notarzt mit der Möglichkeit der Volumen- substitution, zum Beispiel Plasmasteril 500 ml. Bei län- gerem Transport Vitamin-K- Substitution mit 20 mg Kona- kion einleiten.

Krankenhauseinweisung

Kühlende Umschläge

Krankenhauseinweisung erforderlich.

Nur bei banalen Traumen strenge Beobachtung zu Hau- se möglich. Einweisung bei den ersten Anzeichen einer Blutung.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Brigitte Eggeling Medizinische Universitätsklinik (Direktor: Prof. Dr. Rudolf Gross) Josef-Stelzmann-Straße 9 5000 Köln 41

Wichtig! Die antikoagulierten Patienten führen für Blutungsnotfälle üblicherweise eine Ampulle Kona- kion bei sich. Die Injektion einer Ampulle Konakion ist aber entweder überhaupt unwirksam oder die Wirkung tritt zu spät ein. Selbst bei hohen Dosen (50-100 mg Konakion in 1-2 Stunden, möglichst oral) ist erst nach 3-6 Stunden ein Ansteigen des Quickwertes zu beobachten.

3042 Heft 52 vom 29. Dezember 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(12)

Irmgard fiepen

Zur Feststellung einer Vaterschaft stehen verschiedene Methoden zur Verfügung, mit deren Hilfe die Abstammung eines Kindes in über 90 Prozent der Fälle geklärt werden kann. Als Anlaß für die gerichtliche Anordnung einer entsprechenden Untersuchung gilt nach dem 1970 in Kraft getretenen Gesetz nicht nur die Sicherstellung der Unterhalts- zahlung, sondern auch der Anspruch des Kindes, zu erfahren, wer sein Vater ist.

Zur Fortbildung, Aktuelle Medizin

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Nach der Geburt eines nichteheli- chen Kindes wird die Mutter aufge- fordert, vor dem Jugendamt anzuge- ben, wer der Vater des Kindes ist.

Will der benannte Mann die Vater- schaft nicht anerkennen, so muß sie gerichtlich festgestellt werden. Die dann notwendigen Untersuchungen können an Instituten für Anthropolo- gie und Humangenetik, an Instituten für Rechtsmedizin oder von freibe- ruflichen Gutachtern vorgenommen werden.

Dabei kommt es immer wieder vor, daß die Probanden voll ängstlicher Erwartung zur Untersuchung kom- men und nicht selten fürchten, daß ihnen „das Rückenmarkswasser ab- gezogen" werde.

Auf die Frage, ob sie nicht bei ihrem Hausarzt eine Auskunft einholen konnten, hört man oft: „Der wußte auch nicht, was man mit uns ma- chen wird!"

Da vor allem die Mütter zu Beginn der Schwangerschaft den Arzt auf- suchen und dann Zuspruch nötig haben, halte ich es für angebracht, den praktizierenden Kollegen einen kurzen Überblick über die Möglich- keiten, die Abstammung eines Kin- des festzustellen, zu geben.

1. Fragen:

a) von den Müttern nichtehelicher Kinder:

O Wie komme ich zu einer Unter- haltszahlung für mein Kind?

• Welches ist juristisch die ent- scheidende Zeit für die Empfängnis eines Kindes?

1)

Was ist zu tun, wenn ich in dieser Zeit mit mehreren Männern intimen Verkehr hatte?

(9

Welche Untersuchungen gibt es, mit deren Hilfe die Vaterschaft eines Mannes festgestellt werden kann?

Was passiert dabei mit den zu unter- suchenden Personen?

Q Muß ich solche Untersuchungen überhaupt über mein Kind und mich ergehen lassen, oder könnte ich nicht einfach die Verantwortung al- lein auf mich nehmen, wenn ich den Vater des Kindes nicht angeben will?

b) von den Vätern (zunächst „Even- tualvätern") nichtehelicher Kinder:

O Ist es ratsam, die Vaterschaft gleich anzuerkennen, oder habe ich

Chancen, als Vater eines Kindes ausgeschlossen zu werden?

• Kann eine Untersuchung zur Feststellung der Vaterschaft auch dann vorgenommen werden, wenn ich nicht weiß, wer in der entschei- denden Zeit außer mir noch Bezie- hungen zur Kindesmutter hatte?

• Kann ich mich weigern, zur Un- tersuchung zu kommen oder mir ei- ne Blutprobe entnehmen zu lassen?

O Wie sicher sind die mit den ein- zelnen Methoden erzielten Ergeb- nisse?

Q Welche Folgen haben sie für mich?

11. Antworten:

a) auf die Fragen der Mütter:

• Nach dem Gesetz über die recht- liche Stellung der nichtehelichen Kinder, das am 1. Juli 1970 in Kraft getreten ist, übernimmt das Jugend- amt die Pflegschaft eines nichteheli- chen Kindes.

Damit ist die Verpflichtung verbun- den, dem Kind und seiner Mutter, die nach diesem Gesetz Vormund des Kindes ist, bei der Feststellung der Vaterschaft und bei der Rege- lung des Unterhaltsanspruchs sowie eventueller Erbansprüche behilflich zu sein. Gegebenenfalls wird auf Veranlassung des Jugendamtes ein Prozeß angestrengt.

Methoden

zur Vaterschaftsfeststellung

Fragen nichtehelicher Mütter und Väter an den Hausarzt

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 52 vom 29. Dezember 1977 3043

(13)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin.

Vaterschaftsfeststellung

49

Die sogenannte „gesetzliche Empfängniszeit" ist festgelegt als die Zeit vom 181.-302. Tag vor der Geburt eines Kindes.

Die Kindesmutter sollte alle Män- ner, mit denen sie innerhalb der ge- setzlichen Empfängniszeit Ge- schlechtsverkehr hatte, bereits bei ihrer ersten Vernehmung angeben.

Leider kommt es immer wieder vor, daß Mütter unvollständige Angaben machen und daß sie erst nach Aus- schluß des zunächst benannten Mannes über Beziehungen zu weite- ren, sogenannten „Mehrverkehrs- zeugen" Auskunft geben. Diese Frauen machen sich durch derartige unvollständige Antworten auf die Fragen des Richters der falschen uneidlichen Aussage schuldig und verzögern den Prozeß. Der Hausarzt kann die Kindesmütter durch ent- sprechende Beratung vor solchen Schwierigkeiten bewahren.

0 Bei der gerichtlichen Vater- schaftsfeststellung wird zuerst ein Blutgruppengutachten eingeholt.

Das ist bereits möglich, wenn das Kind acht Monate alt ist, da die für diese Untersuchung geeigneten Merkmale dann schon ausgebildet sind. In diese Untersuchung werden insgesamt etwa 20 Systeme einbe- zogen, die einen Polymorphismus aufweisen und unabhängig vonein- ander vererbt werden. Die Merkmale sind in verschiedenen Bestandteilen des Blutes lokalisiert: 1. Auf der Ery- throzytenmembran (zum Beispiel ABO, Rh, MNSs, Kell), 2. in den Se- rumproteinen (zum Beispiel Hapto- globin, Gc, Gm, lnv). Bei der 3. Grup- pe handelt es sich um Enzyme, die nach Zerstörung der Erythrozyten- membran freigesetzt werden.

Seit einigen Jahren werden auch die auf den Lymphozyten lokalisierten HLA-Merkmale bestimmt, wenn mit den herkömmlichen Untersuchun- gen kein befriedigendes Ergebnis erzielt wurde. Durch Blutgruppen- gutachten können etwa 90 Prozent der zu Unrecht als Vater bezeichne- ten Männer ausgeschlossen werden.

Für einen nicht ausgeschlossenen Mann gilt, daß er der Vater sein

kann, daß er aber auch zur Gruppe der Nichtväter gehören kann.

Die Plausibilität einer Vaterschaft kann auf Grund des Verfahrens nach Essen-Möller errechnet werden, in dem die Mutter-Kind-Konstellation berücksichtigt wird sowie die Häu- figkeit, mit der die bei den Proban- den gefundenen Merkmale in der Bevölkerung vorkommen. Es ergibt sich ein besonders hoher Wahr- scheinlichkeitswert für die Vater- schaft eines Mannes, wenn er mit dem Kind seltene Merkmale gemein- sam hat (zum Beispiel Kell) und wenn die Kindesmutter diese Merk- male nicht trägt. Ein solcher positi- ver Hinweis wird aber nicht immer gewonnen, so daß dann weitere Un- tersuchungen notwendig sind.

Die zweite wichtige Methode ist die Ähnlichkeitsuntersuchung, die auch

anthropologisch-erbbiologische Untersuchung genannt wird. Sie kann vorgenommen werden, wenn das Kind drei Jahre alt ist. Im Gegen- satz zur Blutgruppenuntersuchung können durch diese Technik vorwie- gend positive Hinweise gewonnen werden, während ein Ausschluß sel- tener ist. Das liegt daran, daß die Aussagemöglichkeit von der Ähn- lichkeit des Kindes mit seiner Mutter abhängig ist. Die Methode stützt sich auf die Ergebnisse der Zwil- lingsforschung, in der Kenntnisse über die umweltstabilen Merkmale gewonnen wurden. Der Gutachter muß sie kennen und auch die alters- und geschlechtsspezifischen Unter- schiede in der Merkmalsausprägung berücksichtigen. Er muß wissen, daß die Lidspalten eines Kindes ebenso wie die Schleimhautlippen bis zum Abschluß des Wachstums schmaler werden, daß die Stirn nicht so steil bleibt und daß das Kinn sich später weiter nach unten und vorn vor- wölbt, um nur einige Beispiele zu nennen.

Insgesamt werden vor allem Merk- male des Gesichtes und der Ohren, die Hautleistenmuster auf den Fin- ger- und Zehenbeeren, den Handflä- chen und Fußsohlen sowie die Pig- mentierung berücksichtigt. Durch Ähnlichkeitsuntersuchungen kön-

nen mindestens 90 Prozent der Fälle sicher entschieden werden. Wäh- rend man zunächst glaubte, nur dann eine sichere Aussage machen zu können, wenn zwei Männer un- tersucht wurden (sogenannte

„Zweimannfälle"), hat die Erfahrung gelehrt, daß die „Einmannfälle"

ebensogut beurteilt werden können.

Das Prinzip der Untersuchung ist für die Ähnlichkeitsuntersuchung das gleiche wie für die Blutgruppenun- tersuchung: Zunächst wird festge- stellt, welche Merkmale das Kind aufweist und ob es diese von seiner Mutter geerbt haben kann. Von Be- deutung sind die Merkmale, in denen es von der Mutter abweicht und die es daher von seinem Vater geerbt haben muß. Sind sie bei dem Eventualvater ausgebildet, so spricht dieser Befund für seine Va- terschaft. Merkmale, in denen das Kind weder von seiner Mutter noch vom Eventualvater abzuleiten ist, geben einen Hinweis auf die Vater- schaft eines anderen, nicht unter- suchten Mannes.

Zwei weitere Untersuchungsmetho- den sind unbedeutend und brau- chen daher nur kurz erwähnt zu wer- den: Die Tragzeit kann auf Grund der Geburtsmaße des Kindes zwar recht genau ermittelt werden. Sie muß aber in Beziehung gesetzt wer- den zu Angaben der beteiligten Per- sonen über Kohabitationstermine, die mit und ohne Absicht unrichtig sein können. Daher hat diese Be- stimmung nur einen begrenzten Wert. Eine noch geringere Bedeu- tung kommt der Fertilitätsbestim- mung bei behaupteter Zeugungsun- fähigkeit eines Mannes zu, weil sie für einen zurückliegenden Zeitraum nur ausnahmsweise möglich ist.

Die häufig voller Ängstlichkeit ge- stellte Frage, was mit den Proban- den bei der Untersuchung angestellt wird, kann man daher so beantwor- ten: Der einzige „schmerzhafte"

Eingriff ist die Blutentnahme, falls ein Blutgruppengutachten zu ergän- zen ist. Zur vergleichenden Untersu- chung der morphologischen Merk- male müssen alle beteiligten Perso- nen eine gute Stunde nebeneinan-

3044

Heft 52 vom 29. Dezember 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(14)

der sitzen. Schließlich werden Licht- bilder und Abdrücke angefertigt. Die Gesamtuntersuchung nimmt etwa einen Vormittag in Anspruch.

8

Die Untersuchungen sollten in allen Fällen vorgenommen werden, in denen die Abstammung eines Kin.- des unsicher ist. Es geht nach dem 1970 in Kraft getretenen .. neuen"

Gesetz nicht nur darum, die Unter- haltszahlung sicherzustellen; son- dern es geht vor allem um den An- spruch des Kindes, zu erfahren, wer sein Vater ist.

b) auf die Fragen der {Eventual-) Väter:

0

Wenn begründete Zweifel an der Vaterschaft bestehen, ist eine ge- richtliche Feststellung zu empfeh- len. Vor einer unbegründeten Schutzbehauptung ist aber zu war- nen, da die Kosten des Prozesses derjenige zu tragen hat, dessen Va- terschaft festgestellt wurde.

8

Nach einem Urteil des Kammer- gerichts KG, Urteil vom 23. Januar 1974-3U 1998/73 Neue jur. Wschr. 27 (1974) 608-610, kann eine Unter- suchung Zur Feststellung der Vater- schaft auch dann vorgenommen werden, .. wenn keine konkreten An- haltspunkte für einen Mehrverkehr vorliegen".

8

Eine Untersuchung oder Blutent- nahme muß nach § 372a der Zivil- prozeßordnung von den beteiligten Personen geduldet werden. Bei wie- derholter unberechtigter Verweige- rung der Untersuchung kann auch

.. unmittelbarer Zwang" angewandt,

insbesondere die Zwangsvorfüh- rung angeordnet werden.

8

Zur Sicherheit der Ergebnisse ist folgendes zu sagen: Ein Ausschluß, der durch eine Blutgruppenuntersu- chung festgestellt wurde, gilt als si- cher. Wegen der großen Bedeutung des Ergebnisses für die betroffenen Personen sind die Untersuchungen bis in alle Einzelheiten durch Richtli- nien geregelt, die vom Bundesge- sundheitsamt herausgegeben wer- den, zuletzt Ärztl. Labor 23 (1977) 81-89. Der Untersucher muß sie beachten.

Mit der Ähnlichkeitsuntersuchung liegen ebenfalls zuverlässige Erfah- rungen vor. Auch diese Untersu- chungsmethoden sind durch Richt- linien geregelt, die aber nicht vom Bundesgesundheitsamt, sondern von der Gesellschaft für Anthropolo- gie herausgegeben wurden (s.

Schade).

ln besonderen Fällen kann das Ge- richt Zweit- oder sogar Drittgutach- ten einholen. Nur sehr wenige Fälle verbleiben ungeklärt (weniger als zehn Prozent). Das ist dann der Fall, wenn die Grenzen der Methoden er- reicht sind, zum Beispiel bei Son- derfällen hinsichtlich einiger Blut- gruppenmerkmale oder bei großer Mutter-Kind-Ähnlichkeit hinsichtlich der morphologischen Befunde.

Für diese zum Glück seltenen Fälle kommt eine neue Methode der Chromosomen-Untersuchung in Frage; denn die Bänderung der Chromosomen läßt einen Polymor- phismus erkennen, der für Abstam- mungsuntersuchungen genutzt wer- den kann.

8

Für einen ausgeschlossenen Mann ist der Prozeß beendet. Es ent- stehen ihm keine Kosten. Dagegen muß ein Mann, dessen Vaterschaft festgestellt wurde, die Prozeßkosten übernehmen (wenn er nicht das Ar- menrecht erhalten hat) und dem Kinde bis zum Ende des 18. Lebens- jahres mindestens den sogenannten

.. Regelunterhalt" bezahlen. Er wur-

de zuletzt 1974 festgelegt und be- trägt bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes monatlich DM 144,-, vom siebten bis zwölften Lebensjahr DM 174,- und vom 13. bis 18. Lebensjahr des Kindes DM 204,-. ln den unge- klärten Fällen übernimmt der Staat die Kosten.

Um einem Mißverständnis vorzubeu- gen: Es ist selbstverständlich, daß diese Ausführungen nicht als Emp- fehlung an den Hausarzt zu verste- hen sind, eine (unzulässige) Rechts- beratung vorzunehmen.

Durch die Kenntnis der dargelegten Sachverhalte wird der Arzt lediglich in die Lage versetzt, seine meist

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

noch sehr jungen Patientinnen und Patienten bei Bedarf sachgerecht zu beraten und sie an die zuständigen Behörden zu verweisen.

Literatur

Hummel, K., Ihm, P., Schmidt, V.: Biostatisti- sche Abstammungsbegutachtung mit Blut- gruppenbefunden, Stuttgart (Fischer), 1971 - Oepen, 1., Ritter, H.: Zum Beweiswert des an- thropologisch-erbbiologischen Gutachtens im Abstammungsprozeß, Neue jur. Wschr., 30 (1977) 2107-2110- Roth-Stielow, K.: Zum Be- weiswert des Blut- und Ähnlichkeitsgutach- tens, Neue jur. Wschr. 30 (1977) 2114-2115- Schade, H.: Vaterschaftsbegutachtung, Stutt- gart (Schweizerbart). 1954 - Zarbock, W.: Ju- gend- und Familienrecht einschließlich Ju- gendhilferecht, Köln (Heymann), 1965

Anschrift der Verfasserin:

Professor Dr. med. lrmgard Oepen Institut für Rechtsmedizin

der Universität Marburg Bahnhofstraße 7 3550 Marburg

Ergänzende Mitteilung Vergiftungen

durch einheimische Pilze

Bei der Veröffentlichung der o. a.

Arbeit von Privatdozent Dr. med.

Ruth Seeger in Heft 40/1977, Seite 2369 ff., entfiel ein V~rzeichnis von Büchern zur Pilzbestimmung. Fol- gende Bände waren aufgezählt: ..,. Für Anfänger:

Neuner, A.: Pilze. BLV Verlagsge- sellschaft, München-Bern-Wien 1975.

..,. Für Fortgeschrittene:

Michael, B., Hennig, B., Kreisel, H.: Handbuch für Pilzfreunde. Band I-VI. Gustav Fischer Verlag Jena 1964-1975.

..,. Für Systematiker:

Moser, M.: Die Röhrlinge und Blät- terpilze. ln: Gams, H.: Kleine Krypto- gamenflora, Band II b/2. Gustav Fi- scher Verlag Stuttgart 1967.

..,. Für Bibliophile:

Viola, S.: Die Pilze. Verlag Hirmer,

München 1972. DÄ

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 52 vom 29. Dezember 1977 3045

Referenzen

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