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Archiv "Mutter-Vater-Kind- Beziehung" (20.11.1980)

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Drohender Herzinfarkt

Wulf-Dirk Bussmann

Aus dem Zentrum der Inneren Medizin, Abteilung für Kardiologie, des Klinikums der

Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main

Während bei jüngeren Patienten der Herzinfarkt vielfach ohne Vorbo- ten auftritt, kann der drohende Infarkt bei älteren Patienten durch genaue Erfassung der Symptomatik eingegrenzt werden. Der dro- hende Infarkt ist am besten gekennzeichnet durch den Begriff des Status anginosus. Die Anfälle häufen sich, sind durch die übliche Medikation schwerer zu beseitigen und dauern vielfach länger, wobei die Anfallsdauer 30 bis 45 Minuten betragen kann. Meist handelt es sich um Patienten mit hochgradigen Koronarstenosen mit koronar- spastischer Komponente. Nitroglycerin und Calcium-Antagonisten sind die Medikamente der Wahl. Eine stationäre Beobachtung auf der Intensivstation ist erforderlich. Oft ist eine rasche Koronarographie mit anschließender Bypass-Chirurgie erforderlich.

Der drohende Herzinfarkt ist eine et- was schwierig zu definierende Situa- tion: Der Infarkt steht ins Haus :—

droht einzutreten, glücklicherweise kommt es dann doch nicht dazu.

In der Frühphase ist der drohende Infarkt klinisch nicht sicher vom ein- getretenen Infarkt zu unterscheiden.

Die Symptome sind ähnlich oder gleich. Im Vordergrund steht der pektanginöse Schmerz mit der typi- schen retrosternalen Lokalisation und Ausstrahlung in den Hals, in den linken Arm und in die Schulter. Gele- gentlich, besonders bei lschämie im Hinterwandbereich, finden sich Oberbauchbeschwerden. Kurzum, auch bei drohendem Infarkt kann sich die gesamte klinische Infarkt- symptomatik entwickeln.

Auch der Angina-pectoris-Anfall ist ja zunächst nicht sicher von der In- farktsymptomatik zu unterscheiden.

Der Unterschied liegt in der Schmerzdauer. Der Angina-pectoris- Anfal l tritt in der Regel unter körper- licher Belastung auf und sistiert,

wenn der Patient einhält, stehen- bleibt und der erhöhte myokardiale Sauerstoffverbrauch wieder zurück- geht.

Der drohende Infarkt ist relativ gut charakterisiert durch den Begriff des Status anginosus: also ein An- halten der Angina-pectoris-Sympto- matik über längere Zeit.

Während der belastungsabhängige Angina-pectoris-Anfall in der Regel nach Stehenbleiben oder sublingual Nitroglycerin innerhalb von 5 bis 10, maximal 15 Minuten zu beseitigen ist, ist der Status anginosus durch eine Angina pectoris aus der Ruhe heraus definiert, wobei die Anfalls- dauer 30 Minuten und mehr betra- gen kann.

Ist auch nach 1-2 Stunden die Sym- ptomatik nicht durch die entspre- chenden Medikamente, insbesonde- re Nitroglycerin und Calcium-Ant- agonisten, zu beseitigen, muß damit gerechnet werden, daß der drohen- de Infarkt in einen definitiven Infarkt übergeht.

Mutter-Vater-Kind- Beziehung

Eine ablehnende Einstellung zur Schwangerschaft und mangelnde Anpassung an die mütterliche Rolle prägen den Geburtsverlauf und die kindliche Entwicklung nachhaltig.

Je besser die Auseinandersetzung und die Umorientierung mit und in der neuen Situation gelingt, desto positiver und realitätsgerechter wird die Schwangerschaft erlebt.

Auch während der Geburt ist es wichtig, eine gute Mutter-Kind-Be- ziehung herzustellen. Wurden Früh- geborene sofort nach der Geburt verlegt, und hatten die Mütter erst nach Wochen Gelegenheit zu inten- sivem Kontakt, so wurden diese Kin- der signifikant häufiger vor dem zweiten Lebensjahr wegen Kindes- mißhandlung wieder in die Klinik eingewiesen.

In der postnatalen Phase sollte ne- ben der Förderung und Intensivie- rung des Stillens auch eine vermehr- te Hinführung zu intensiverem Kon- takt bei Frühgeborenen und unter- gewichtigen Neugeborenen ange- strebt werden. Der Geburtshelfer sollte sich aber nicht allein auf die Mutter-Kind-Beziehung fixieren, sondern auch die Vater-Kind-Bezie- hung berücksichtigen.

Soziologisch und entwicklungsphy- siologisch verursacht das Fehlen des Vaters in der frühen Kindsphase verschiedenste Störungen, zum Bei- spiel im Sexualbereich oder im all- gemeinen Verhalten.

Die Notwendigkeit einer intensiven Vater-Kind-Beziehung besteht nicht nur im Interesse des Kindes, son- dern auch im Interesse des Vaters.

Sein Interesse und Verhalten dem Kind gegenüber sowie sein Engage- ment an dessen Weiterentwicklung werden positiv stark beeinflußt. See

Müller, P.: Möglichkeiten des Geburtshelfers zur Intensivierung der Mutter-Kind-Beziehung, gynäkol. Prax. 4 (1980) 393-400, Department für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Uni- versität Ulm

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Angina pectoris

14. 638 CKMB 0 U 1 1 6. 6. 78

CKMB 0 A P ++

5.6. 78 CKMB 17 4. 6. 78

CKMB 0 V2

V3

V4

nr-

V5 Vt

Abbildung 1: Brustwandableitungen von V, bis V 6 bei einem 68jährigen Patien- ten mit wiederholten schweren pektanginösen Beschwerden in der letzten Zeit.

Bei der ersten Aufnahme EKG normal und CK-MB — 'soenzym der Kreatin- Kinase — nicht erhöht. Nach einem erneuten, lang anhaltenden Anfall, Zeichen des nichttransmuralen Vorderwandinfarktes mit koronaren T-Wellen und CK- MB-Erhöhung. Am nächsten Tag erneuter Anfall ohne Enzymerhöhung, aber mit deutlicher ST-Hebung. Danach wieder die Zeichen des nichttransmuralen Vorderwandinfarktes

Aktuelle Medizin Drohender Herzinfarkt

Der Begriff „Drohender Infarkt" läßt sich auch weiter fassen. Wenn ein Patient wiederholt Angina-pectoris- Anfälle in Ruhe bekommt, wenn sich feststellen läßt, daß sie sich in den letzten Tagen gehäuft haben und nun immer wieder auftreten, beson- ders schwer sind und in der Regel auch mit EKG-Veränderungen ein- hergehen — auch diese Situation kann man als drohenden Infarkt be- zeichnen. Die Anfälle sind so häufig

und lang anhaltend und schwierig therapierbar, daß der Übergang in einen definitiven Infarkt droht. Abzu- grenzen von dem Begriff des dro- henden Infarktes ist die instabile An- gina pectoris, wo ein Nebeneinander zwischen belastungsabhängiger An- gina pectoris und Ruhe-Symptoma- tik besteht. Auch hier gibt es Über- gänge. Eine instabile Angina pecto- ris kann so schwer werden, daß ein Infarkt droht.

Im EKG finden wir beim drohenden Infarkt charakteristische Verände- rungen. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um ischämiebeding- te ST-Senkungen. In einem Teil der Fälle kann es zur ST-Hebung kom- men, ohne daß sich später eine Q-Zacke entwickelt. Typischerweise sind die Serum-Enzyme, insbeson- dere die Kreatin-Kinase, im Normbe- reich.

Bei der Koronarographie findet sich häufig eine hochgradige Stenose in einer der Kranzarterien. Relativ häu- fig betroffen ist der Ramus interven- tricularis anterior.

Der Blutfluß durch ein extrem ver- engtes Gefäß kahn von vielen hämo- dynamischen Faktoren beeinflußt werden. In der Stenose selbst kön- nen funktionelle Einflüsse zur weite- ren Verengung des stenotischen Segmentes führen, im Sinne einer koronarspastischen Komponente.

Man kann sich vorstellen, daß in die- ser Situation Substanzen, die direkt die Kranzgefäße erweitern können, beziehungsweise im stenotischen Gebiet eine Erweiterung hervorru- fen, günstig sind — so Nitrate und Calcium-Antagonisten —. Denkbar ist auch eine günstige Wirkung von Substanzen, die die Plättchenaggre- gation hemmen und so möglicher- weise einen Koronarthrombus be- ziehungsweise den definitiven In- farkt verhindern.

Ein beispielhafter Verlauf für einen drohenden Infarkt ist in den folgen- den Abbildungen wiedergegeben.

Bei einem 68jährigen Patienten (Ab- bildung 1) war es in den letzten Wo- chen wiederholt zu schweren pekt- anginösen Beschwerden gekom- men, die zur Aufnahme in ein aus- wärtiges Krankenhaus führten. Bei der Aufnahme waren die Brustwand- ableitungen noch normal und die CK-MB, das lsoenzym der Kreatin- Kinase, bei Null. Ein Tag später, nach einem erneuten lang anhalten- den Angina-pectoris-Anfall, stieg die CK-M B auf 17 mU/ml an und im EKG erkennt man einen nichttransmura- len Vorderwandinfarkt mit ausge-

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Status anginosus - Coronarspasmus Hochgradige Stenose Im v. interventr. anterlor

0 ++ +++

Angina pectoris

LVP mmHg

40—

Ha. M. 68 Jahre

d

+++

0. 5. 15. 20. min

vor LCA Injektion 3,2 mg NTG subl. 5 mg Verapamil i. v. 3,2 mg NTG subl.

++ 0 Angina +++

pectoris

LVP mm Hg

40

30. 32. 36. 45. min

3,2 mg NTG subl. 38. min: 5 mg Nifidepine I. v.

Abbildung 2: Gleicher Patient wie in Abbildung 1. Bei der Herzkatheteruntersu- chung hochgradige Stenose im Ramus interventricularis anterior. Erneuter lang anhaltender Status anginosus während der Untersuchung. Linksventriku- läre Druckkurve (LVP) mit normalem enddiastolischen Druck, ca. 12 mmHg nach der a-Welle. Mit Auftreten der Angina pectoris zunehmende enddiastoli- sche Drucksteigerung bis auf über 40 mmHg in der 15. Minute. Der Anfall läßt sich nur schwer durchbrechen, trotz vorbestehender Therapie mit 3 mg Nitro- glycerin pro Stunde und 3mal 20 mg Nifedipin pro die. Es werden zusätzlich verabreicht 3mal 3,2 mg Nitroglycerin sublingual und 5 mg Verapamil i. v.

Danach langsame Abnahme des enddiastolischen Druckes und Sistieren der Angina pectoris nach 45 Minuten

Ableitungen V 2 bis V6 . In den folgen- den Tagen kam es immer wieder zum Status anginosus. Während ei- nes solchen Anfalls sind die ST- Strecken in V, bis V 3 gehoben und das koronare T aufgehoben.

Nach medikamentöser Therapie wird wieder das vorherige Bild des nichttransmuralen Vorderwandin- farktes sichtbar. In den folgenden acht Tagen kam es immer wieder zu lang anhaltenden pektanginösen Schmerzzuständen. Bei der Überwa- chung auf der Intensivstation wur- den während eines Anfalls sogar ST- Hebungen festgestellt.

In Anbetracht des drohenden Infark- tes wurde 14 Tage nach abgelaufe- ner subendokardialer lschämie im Vorderwandbereich eine Herzkathe- teruntersuchung durchgeführt. Es stellte sich eine hochgradige, hoch- sitzende Stenose im Ramus inter- ventricularis anterior heraus.

Während der Herzkatheteruntersu- chung kam es erneut zu einem über 45 Minuten anhaltenden Status an- ginosus, dessen therapeutische Be- einflussung Schwierigkeiten berei- tete (Abbildung 2). In der linksventri- kulären Druck-Kurve ist der enddia- stollsche Druck gespreizt darge- stellt. Zunächst ist der enddiastoli- sche Druck normal und liegt bei et- wa 12 mmHg nach der a-Welle. Es kommt dann mit Auftreten und Zu- nahme der Angina pectoris zu einem deutlichen Anstieg des Druckes mit Werten um 42 mmHg.

Der Anfall läßt sich zunächst nicht durchbrechen, trotz vorbestehender Dauerinfusion mit 3 mg Nitroglyce- rin/h und einer oralen Medikation von 4 x 20 mg Nifedipin (Adalat®).

Zur Beseitigung des Status angino- sus mit drohendem Infarkt werden in 3 Portionen je 3,2 mg Nitroglycerin sublingual verabreicht, also jeweils 4 Kapseln Nitrolingual. Nach der er- sten Nitroglyceringabe, die ohne Ef- fekt war, wird in der 15. Minute 5 mg lsoptin intravenös injiziert. Von die- sem Zeitpunkt an geht der enddia- stolische Druck wieder langsam zu-

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während Angina pectoris ohne Angina pectoris

LVP mm Hg

40

0

V5

V6

V6 A

Abbildung 3: Gleicher Patient wie Abbildungen 1 und 2. Der rechte Teil der Abbildung zeigt das Ventrikulogramm des Patienten ohne Angina pectoris. Es ist die enddiastolische und endsystolische Kontur dargestellt. Man erkennt im Vorderwandspitzenbereich eine Hypokinesie im Sinne des durchgemachten nichttransmuralen Vorderwandinfarktes. Der enddiastolische Druck ist normal.

Während des lang anhaltenden Anfalls wird der gesamte Vorderwandspitzen- bereich akinetisch und ist ohne Bewegung. Der enddiastolische Druck ist hoch, und im EKG findet sich eine ST-Hebung

Aktuelle Medizin Drohender Herzinfarkt

rück, der Schmerz hält aber noch über die 36. Minute an. Erst nach 45 Minuten ist der enddiastolische Druck wieder normalisiert und der Status anginosus durchbrochen (Abbildung 3).

Die ausgeprägte lschämie hat dazu geführt, daß sich die vorderwand- spitzen- und spitzennahen diaphrag- malen Anteile des linken Vertrikels nicht mehr an der Kontraktion betei- ligen.

Der Patient sollte gleich am näch- sten Tag nach der Herzkatheterun- tersuchung notfallmäßig mit einem aortokoronaren Bypass versehen werden. In der Nacht vor dem Opera- tionstermin kommt es jedoch zu ei- nem erneuten, diesmal nicht zu durchbrechenden Status anginosus mit Übergang in einen transmuralen Vorderwandinfarkt.

Der Patient war also mehrfach in der Situation des drohenden Infarktes.

Der Status anginosus war durch den stark erhöhten enddiastolischen Druck, ischämische EGK-Verände- rungen und akinetische Ventrikel- areale gekennzeichnet. Intensive medikamentöse Therapie mit hohen Nitroglycerindosen und Calcium- Antagonisten war erforderlich, um die Infarktgefahr zu beseitigen.

Es ist anzunehmen, daß bei dem be- obachteten 45 Minuten langen Sta- tus anginosus eine zusätzliche spa- stische Verengung im Stenosebe- reich des Ramus interventricularis anterior eine Rolle gespielt hat. Bei der nächsten schweren Attacke in der Nacht, kurz vor der Operation, kam es dann doch zum Infarkt. Bei der Entwicklung zum Infarkt hat wahrscheinlich ebenfalls eine spa- stische Verengung im Stenosebe- reich eine Rolle gespielt.

Der weitere Verlauf war durch kurz- fristige Linksinsuffizienz gekenn- zeichnet, von der sich der Patient rasch erholte und in gutem Zustand entlassen werden konnte.

Wir beurteilen also beim drohenden Infarkt die Schmerzintensität und vor allem die Schmerzdauer sowie das Ansprechen auf Nitrate und Cal- cium-Antagonisten. Dies wird auch die Situation draußen am Kranken- bett sein, wo das EKG nicht zur Ver- fügung steht. Der Patient mit einem Status anginosus sollte dann rasch ins Krankenhaus gebracht werden, wenn die Symptomatik nicht inner- halb kurzer Zeit medikamentös zu beheben ist.

Im EKG, das während Ruhe-Angina aufgenommen wird, finden sich in der Regel deutliche ST-Senkungen.

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SPONTANEOUS I SCHEMIA v. P. H. 9 41 y.

Angina at rest 5 min after Isosorbide dinitrate

Abbildung 4: Bei dieser 41 jährigen Patientin finden sich auf der linken Seite ST-Senkungen in den Ableitungen V 3 bis V 6 sowie koronare T-Wellen in den Ableitungen II und III. Rechts nach lsosorbiddinitrat Rückbildung der ST- Senkungen. Hier also eine Ruhe-Angina mit nichttransmuraler lschämie

V2

_17—/‘..

II

--A---

III

- aVR

aVL

V5

aVF V6 Nicht selten sind aber ST-Hebungen,

die dem definitiven Infarktbild ähn- lich sind. Wie bei der belastungsin- duzierten Ischämiereaktion unter- scheiden wir auch bei anhaltender Ruhe-Angina zwischen der suben- dokardialen und der transmuralen Ischämiereaktion (Abbildungen 4 und 5).

Im folgenden ist kurz auf den Koro- narspasmus einzugehen, ein Phäno- men, das vor wenigen Jahren noch als nicht existent und bedeutungs- los abgelehnt wurde. Heute sind wir sicher, daß der Koronarspasmus an verschiedenen klinischen Bedingun- gen beteiligt sein kann. Ein oder mehrere Segmente der großen Kranzarterien können sich offenbar unwillkürlich verengen. Das kann so weit gehen, daß im Extremfall ein Ast des Koronarsystems völlig ver- schlossen ist und die Blutzufuhr zu dem entsprechenden Myokardbe- zirk unterbrochen wird. Prinzmetal hat 1959 als erster auf Patienten hin- gewiesen, die aus der Ruhe heraus pektanginöse Anfälle bekommen.

Gelegentlich wurden dabei auch ST- Hebungen registriert. In der Regel sind solche Anfälle, ebenso wie die belastungsinduzierten Anfälle, durch Nitroglycerin rasch zu kupie- ren. In der Abgrenzung zum dro- henden Infarkt ist zu sagen, daß der spontane Angina-pectoris-Anfall ebenfalls nur kurze Zeit dauert (bis zu 15 bis 20 Minuten).

Bisher wurde immer angenommen, daß in dem koronarsklerotischen Gefäßbereich funktionelle Veren- gungen nicht mehr möglich sind, da es sich um starre Wandveränderun- gen handelt. Aus einer Reihe von Untersuchungen wissen wir jedoch, daß der Durchmesser in der Stenose durchaus bei einem Teil der Patien- ten funktionellen Einflüssen unter- liegt.

Spasmen treten bevorzugt an arte- riosklerotisch geschädigten Gefä- ßen im Bereich der Stenose selbst oder in der Übergangszone zwi- schen normalem und verändertem Gefäßgebiet auf. Durch eine Vielzahl von Faktoren kann es dann zum Sta-

tus anginosus kommen, ein Aspekt scheint dabei zu sein, daß funktio- nelle Veränderungen im Sinne eines Koronarspasmus auslösend beteiligt sind.

Welche Möglichkeiten bestehen, ei- nen Status anginosus zu durchbre- chen, wobei die Situation dadurch kompliziert ist, daß bei drohendem Infarkt eben auch der Verdacht auf einen Infarkt besteht. Wir sollten un- terscheiden zwischen der Therapie

draußen am Krankenbett, zum Bei- spiel in der Wohnung des Patienten, wo wenig Hilfsmittel zur Verfügung stehen, und der Therapie im Kran- kenhaus beziehungsweise in der Kli- nik selbst.

Draußen in der Praxis wird man sich zunächst über Lokalisation, Intensi- tät und Ausstrahlung des Schmerzes informieren und eine genaue zeitli- che Anamnese erheben. Dabei ist auch wichtig, welche Medikamente

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SPONTANER ANGINA PECTORIS - ANFALL

vor während nach

SPONTAN - ANFALL

K.R. d 63 J.

Abbildung 5: Hier kommt es bei einem 63jährigen Patienten spontan zu einer transmuralen lschämiereaktion mit deutlicher monophasischer Deformierung in den Ableitungen V 1 bis V,. Nach Nitroglycerin wieder Normalisierung der Befunde

aVl

I

-aVR

II

aVF

ti Aktuelle Medizin

Drohender Herzinfarkt

der Patient bereits versucht hat.

Nach einer Blutdruckmessung und klinischen Untersuchung des Patienten, insbesondere, ob be- reits Linksinsuffizienzzeichen oder Rhythmusstörungen vorliegen, wird man an Ort und Stelle versuchen, den Status anginosus medikamen- tös zu durchbrechen.

An erster Stelle stehen sicherlich Ni- trate, und zwar in einfach zu appli- zierender Form, wie Nitroglycerin sublingual oder lsosorbiddinitrat.

Nitroglycerin hat seinen vornehmli- chen Angriffspunkt in der Kreislauf- peripherie. Durch Weitstellung der venösen Gefäße kommt es zum so-

genannten venösen Pooling, zur Verschiebung von Blut in die Kreis- laufperipherie. Daneben hat Nitro- glycerin auch direkte Wirkungen auf die Kranzarterien: Es ist in der Lage, die großen Kranzarterien im Durch- messer zu erweitern und in einem Teil der Fälle auch in Stenosegebie- ten eine Weitstellung zu induzieren.

Die Nitroglycerindosis beträgt 0,8 mg pro Kapsel (Nitrolingual®) bezie- hungsweise 5 mg lsosorbiddinitrat (Isoketl. Das Wirkungsmaximum ist etwa nach 5 Minuten erreicht. Nitro- glycerin sublingual wirkt etwa 10 bis 15 Minuten, Isosorbiddinitrat minde- stens 1 Stunde. Nach 5 bis - 10 Minu-

ten sollte eine erneute Nitroglycerin- dosis gegeben werden, wobei der arterielle Blutdruck kontrolliert wer- den muß.

Vielfach wird man mit dieser Thera- pie allein auskommen und den Sta- tus anginosus durchbrechen kön- nen. Ist das nicht der Fall, kann man die Dosis weiter steigern, wobei, wie gesagt, der arterielle Blutdruck kon- trolliert werden muß. Ein leichter spontaner Angina-pectoris-Anfall wird sicher leicht mit Nitroglycerin zu durchbrechen sein.

Bei einem schweren Status angino- sus mit drohendem Infarkt wird man sicher nur in einem Teil der Fälle Erfolg haben. Hier kann man häufig nicht damit rechnen, innerhalb von 15 bis 20 Minuten zum Ziel zu kommen.

Calcium-Antagonisten haben sich besonders bei der spastischen Form des Status anginosus bewährt. Be- sonders erfolgreich ist Nifedipin (Adalat®), das sublingual gegeben werden kann. Intravenös steht es nicht zur Verfügung. Aber auch Ve- rapamil (Isoptin®) 5 mg langsam i. v.

kann den Status anginosus durch- brechen.

Zwischenzeitlich wird man sich be- mühen, den Patienten mit Verdacht auf Infarkt so rasch wie möglich in ein Krankenhaus zu transferieren.

Dort kann dann die intermittierende Therapie von einer Nitroglycerin- Dauerinfusion von 1,5-3,0-6,0 mg pro Stunde abgelöst werden. Zu- sätzlich Nifedipin oral, Tagesdosis 3 x 10 mg bis 3 x 20 mg. Auch ist eine Heparinisierung des Patienten erforderlich (1000 E/h).

In bestimmten Situationen bezie- hungsweise dann, wenn die Nitrat- und Calcium-Antagonisten-Therapie keinen Effekt gehabt hat, kann eine Therapie mit Betarezeptorenblok- kern eingeleitet werden, besonders dann, wenn der Status anginosus durch eine Tachykardie kompliziert ist. Grundsätzlich ist man mit den Betarezeptorenblockern vorsichtig geworden, da man weiß, daß die Spasmusbereitschaft verstärkt wird.>

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Abbildung 6: Provokation eines Koronarspasmus durch Injektion von Methylergonovin. Linke Kranzarterie in linksvorderer Schrägposition. Links: Vor Medikation mäßige Einengung im Ramus interventricularis anterior. Mitte: Spastische Engsteilung des gesamten Gefäßgebietes mit Zunahme der Stenose auf 80 Prozent und Auslösung von Angina pectoris. Rechts: Nach Weitstellung der Gefäße mit Nitroglycerin und Verapamil (Isoptin). Auch der Stenosebereich wird weiter

Abbildung 7: Linke Kranzarterie in linksvorderer Schrägposition bei einem Patienten mit Verdacht auf Koronarspasmus. Links Ramus interventricularis anterior (linke Bildhälfte) gefüllt, rechts spontaner spastischer Verschluß des Gefäßes mit Auslösung eines Angina-pectoris-Anfalles. Typisches Beispiel für einen Koronarspasmus

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Aktuelle Medizin

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Alkoholische Schädigungen der ze- rebralen Leistung sind seit langem bekannt; eine extreme Form stellt die alkoholische Demenz nach Wer- nicke dar.

Bei 37 Alkoholikern im Alter bis zu 35 Jahren wurde eine gezielte Unter- suchung nach Alkoholschäden mit Hilfe psychometrischer Tests, des Computertomogramms und einer Leberbiopsie durchgeführt. 59 Pro- zent der Patienten wiesen eine Ein- schränkung ihrer Intelligenz auf, 49 Prozent boten im Computertomo- gramm eine Hirnatrophie, während nur 19 Prozent eine Leberzirrhose aufwiesen. Eine Korrelation zwi- schen zerebraler Schädigung und Leberschädigung bestand nicht.

Auch zwischen der durch psycho-

In den Höhenlagen der Anden, Neu- Mexikos und im Himalaya ist die Mortalitätsrate an koronarer Herz- krankheit deutlich niedriger als in anderen Regionen, welche auf Mee- reshöhe liegen. Ramos und Mitar- beiter fanden bei 300 Obduktionen von Andenbewohnern (Höhenlage zirka 4500 Meter) in keinem Fall eine Infarktnarbe oder eine nennenswer- te Koronarsklerose.

Auch im Rahmen klinisch-epidemio- logischer Studien von Andenbewoh- nern zeigten sich bei Screening-Un- tersuchungen seltener Belastungs- Angina-pectoris und ischämiebe- dingte Kammerendteilveränderun- gen im Elektrokardiogramm als bei südamerikanischen Populationen, welche auf Meereshöhe wohnen.

In Neu-Mexiko wurde diesbezüglich eine Untersuchung durchgeführt.

Bei weißen Männern nahm mit zu- nehmender Höhenlage die jeweils

metrische Tests ermittelten Ein- schränkung der zerebralen Leistung und dem Nachweis einer Hirnatro- phie im Computertomogramm be- stand keine direkte Korrelation.

Die Einschränkung der zerebralen Leistung scheint beim chronischen Alkoholiker relativ früh einzusetzen.

Möglicherweise ist diese frühe Hirn- schädigung auch dafür verantwort- lich, daß die Prognose des Alkoho- lismus nach Entziehungskuren so schwer zu stellen ist.

Lee, K.; MäIler, L.; Hardt, F.; Haubek, A.; Jen- sen, E.: Alcoholinduced brain damage and li- ver damage in young males, Lancet II (1979) 759-761, Departments of Neurology, Psycho- logy and Medicine 11, Kommunehospitalet, De- partment of Radiology, Hvidovre Hospital and Outpatient Clinic for the Treatment of Alcoho- lics, Forchammersvej Copenhagen, Denmark

altersentsprechende Mortalitätsrate an koronarer Herzkrankheit ab, bei Frauen konnte man dieses Phäno- men nicht beobachten. Selektions- probleme von verschiedenen Popu- lationsgruppen und rassische Be- sonderheiten erschweren derartige Untersuchungen.

In Europa ist eine vergleichbare Stu- die schlecht durchführbar, da es nur wenig größere Städte gibt, welche über 600 Meter Meereshöhe liegen.

Bekannt ist, daß derzeit im Kaukasus und in Pamir Studien mit gleicher Fragestellung durchgeführt werden.

Die Ursachen einer geringeren Mor- talitätsrate an koronarer Herzkrank- heit und Herzinfarkt in Höhenlagen sind augenblicklich noch Gegen- stand von Spekulationen. Dem

Cardiovascular mortality and altitude. British Medical Journal 280 (1980) 5

Drohender Herzinfarkt

Nach Stabilisierung des Patienten wird man in einem entsprechenden Zentrum möglichst umgehend eine Koronarographie zur Abklärung der Koronaranatomie vornehmen. Wie schon gesagt, findet man in der Re- gel eine oder mehrere hochgradige Stenosen.

Die Operationsmöglichkeiten sind meist gut, da eine besonders stark ausgeprägte Angina pectoris für ein großes ischämisches Muskelgebiet spricht.

Anschließend ist rasch die Opera- tion vorzunehmen, da, trotz vorüber- gehender Stabilisierung, Rezidive leider immer wieder vorkommen.

Literatur

Bussmann, W.-D.; Klug, K.; Scriba, U.; Kalten- bach, M.: Wirkung von Ergonovin auf Coronar- weite und Haemodynamik bei Patienten mit Angina pectoris in Ruhe, Z. Kardiol. 1980, im Druck — Bussmann, W.-D.: Gerade eingetrete- ner Herzinfarkt — was tun? Notfallmedizin 6 (1980) 569 — Pop, T.: Diagnose und Therapie des Herzinfarktes in der Prähospitalphase, Notfallmedizin 6 (1980) 572 — Eifert, S.; Merx, W.; Bleifeld, W.: Sofortversorgung und akute stationäre Phase beim Myokardinfarkt, Dtsch.

Ärztebl. 74 (1977) 2957 — Gilimann, H.; Neu- mann, R.; Rotenberger, W.: Prähospitalphase und Erstversorgung bei akutem Herzinfarkt, Internist 18 (1977) 329 —Wymann, M. G.; Ham- mersmith, L.: Comprehensive treatment plan for the prevention of primary ventricular fibril- lation in acute myocardial infarction, Am. J.

Cardiol. 33 (1974) 661 —Weitere Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med.

Wulf-Dirk Bussmann

Zentrum der Inneren Medizin, Abteilung für Kardiologie, des Klinikums der Johann Wolfgang Goethe- Universität

Theodor-Stern-Kai 7 6000 Frankfurt 70

Hirn- und Leberschäden

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