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Archiv "Kleinerer Myokardinfarkt nach Angina pectoris" (05.04.1996)

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D

ie Blutung aus gastroösophagealen Varizen stellt nach wie vor eine der gefährlichsten Komplikationen des Pfortaderhochdrucks dar, auch wenn die in der Übersicht von Hirner und Wolff (6) zur portosystemischen Shuntchirurgie in dieser Ausgabe des Deutschen Ärzteblatts genannten Letalitätsraten von 22 bis 84 Prozent das ungünstige Ende des Spektrums betonen;

realistische Zahlen liegen heute zwischen 20 und 40 Prozent (3). Die therapeutischen Optio- nen zur Stillung akuter Blutungen und zur Ver- hinderung von Rezidivblutungen sind vielfältig.

Neben pharmakologischen Therapieansätzen mit vasoaktiven Medikamenten stehen vor al- lem endoskopische Maßnahmen wie die Skle- rosierung und die Gummibandligatur zur Ver- fügung. Schließlich hat neben den etablierten Verfahren des chirurgischen portosystemischen Shunts (ChiPS) in den vergangenen fünf Jahren die Technik der transjugulären Anlage eines intrahepatischen, portovenösen Stentshunts (TIPS) eine zunehmende, wenn auch in vielen Aspekten noch nicht ausreichend durch kontrol- lierte Studien, etablierte Bedeutung erlangt (8).

Akute Varizenblutung

Zur Behandlung einer akuten Blutung ste- hen uns als vasoaktive Medikamente Terlipres- sin, Somatostatin und das Somatostatin-Analo- gon Octreotid zur Verfügung. Sie führen zu ei- ner Drucksenkung im portalen Stromgebiet und damit zur Blutstillung. In kontrollierten Studien konnte mit diesen Medikamenten bei 75 bis 90 Prozent der Patienten eine zumindest vorübergehende Blutstillung erzielt werden; in kürzlichen Untersuchungen war zum Beispiel Somatostatin ähnlich effektiv wie die endosko- pische Sklerosierung (10). Vasopressin, das er-

ste vasoaktive Medikament in der Behandlung der Varizenblutung, sollte wegen seines ausge- prägten Nebenwirkungsprofils nicht mehr zur Anwendung kommen.

Die endoskopische Notfallsklerosierung stillt Varizenblutungen effektiv bei bis zu 95 Prozent aller Patienten; relevante Komplikatio- nen sind nicht selten (bis 20 Prozent). Dennoch muß die Sklerosierungstherapie in der akuten Blutung nach wie vor als die Standardtherapie gelten (3). Bei Fundusvarizenblutung empfiehlt sich die intravariköse Injektion eines Gemischs von Histoacryl/Lipiodol (11). Die in den letzten Jahren etablierte Gummibandligatur von Öso- phagusvarizen hat sich in einigen kontrollierten Vergleichsstudien auch im Notfall der Sklero- sierung als ebenbürtig erwiesen (5). Inzwischen konzedieren jedoch auch die Protagonisten die- ser Methode, daß im Gegensatz zur elektiven Behandlungssituation die Sklerosierung in der akuten Blutung das einfachere und zuverlässi- gere Verfahren darstellt.

Als weiteres Prinzip kann zur Stillung aku- ter Blutungen die Kompression der Varizen mit Hilfe verschiedener Ballonsonden (Sengstaken- Blakemore- oder Minnesota-Sonde bei Ösopha- gusvarizenblutung; Linton-Nachlas-Sonde bei Blutung aus Fundusvarizen) angewendet wer- den (1). Grundsätzlich sollte die Ballonson- dentamponade als Übergangsmethode verwen- det werden, die bei den seltenen Fällen von Ver- sagern der Therapie mit vasoaktiven Medika- menten und der endoskopischen Therapie die Zeit bis zur Anlage eines ChiPS oder TIPS überbrücken kann. Bei nichtsachgemäßer An- wendung sind schwere Komplikationen häufig.

Der TIPS sollte in den seltenen Fällen un- stillbarer Blutungen ( weniger als zehn Prozent) als Alternative zum chirurgischen Vorgehen diskutiert werden. Hirner und Wolff geben sei- ne methodenbedingte Letalität mit 6,3 Prozent

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M E D I Z I N EDITORIAL

(38) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 14, 5. April 1996

ChiPS oder TIPS oder gar kein Shunt

Nichtoperative Therapiemöglichkeiten bei Ösophagusvarizen

Wolfgang E. Fleig

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an (7). Richter et al. (7) berichten eine auf TIPS-Komplikationen wie Blutung, Sepsis, Pankreatitis und andere beruhende Letalität von 5,4 Prozent, wobei drei der elf Todesfälle bei den ersten 15 der insgesamt 204 Patienten auftraten, während die methodenbedingte Le- talität bei den nachfolgenden 189 Patienten 4,2 Prozent betrug. Dies ist in einem Kollektiv, das sicherlich einen großen Anteil von Child-C-Pa- tienten aufwies, erstaunlich gering. Bei den er- sten 60 Patienten unserer eigenen, unselektier- ten Serie betrug die „methodenbedingte“ Leta- lität 3,3 Prozent (Sepsis, Leberversagen). Die von Hirner und Wolff erwähnten Zahlen liegen demnach deutlich über dem, was in den Händen geübter interventioneller Gastroenterologen und Radiologen erwartet werden kann. Über die Krankenhausletalität des Notfall-TIPS lie- gen sicherlich noch keine ausreichenden Zah- len vor; es ist jedoch nicht zu erwarten, daß sie die Letalität des chirurgischen Shunts über- trifft. Das wesentliche, bislang ungelöste Pro- blem des TIPS ist die hohe Rate an Shuntsteno- sen und Verschlüssen, die trotz engmaschiger dopplersonographischer Kontrollen im ersten Jahr bei 30 bis 50 Prozent liegt.

Innerhalb von drei Jahren benötigt fast je- der Patient mit TIPS einen einfachen und risi- koarmen Korrektureingriff.

Verhinderung der Rezidivblutung

In dieser klinischen Situation liegen zahl- reiche kontrollierte Studien zum Vergleich von Sklerosierungstherapie, Gummibandligatur, b- Blockern, Kombination von b-Blockern und Sklerosierung sowie von portokavalen oder di- stalen splenorenalen Shunts mit entweder un- behandelten, beziehungsweise plazebothera- pierten, Kontrollen oder einer Konkurrenzthe- rapie vor. Metaanalysen zeigen, daß sich die en- doskopische Sklerosierungstherapie, b-Blocker und der portosystemische Shunt (sowohl porto- kaval als auch distal splenorenal) bezüglich der Langzeitüberlebensraten nicht unterscheiden, die Sklerosierung und b-Blocker auch nicht be- züglich der Rezidivblutungshäufigkeit (2). Die nach Shuntoperation im Vergleich mit der Skle- rosierungstherapie niedrigeren Rezidivblu- tungsraten (insgesamt sieben Vergleichsstudi- en) werden durch das signifikant höhere Enze- phalopathierisiko ausgeglichen. Ob sich die diesbezüglich günstigeren Ergebnisse des klein- kalibrigen portokavalen H-Shunts (9) in weite-

ren Studien bestätigen lassen und nicht wieder- um aufgrund des geringeren Shuntdurchmes- sers durch ein höheres Risiko für Shuntthrom- bosen und Rezidivblutungen erkauft werden, muß sich erst herausstellen. Nachdem einige Vergleichsstudien zwischen Sklerosierung und Gummibandligatur geringere Rezidivblutungs- raten nach Ligatur berichten, ist auch mit endo- skopischen Mitteln ohne erhöhtes Enzepha- lopathierisiko eine Reduzierung des Rezidiv- blutungsrisikos bei vergleichbarem Langzeit- überleben möglich. Derzeit kann man also die endoskopischen, medikamentösen und operati- ven Möglichkeiten der Rezidivprophylaxe be- züglich des Langzeitüberlebens als im wesentli- chen gleichwertig ansehen. Ein Gesamtvorteil kann für den chirurgischen Shunt auch bei Child-A- und -B-Patienten aus den sieben vor- liegenden Vergleichsstudien nicht abgeleitet werden. ChiPS oder TIPS sind sicher indiziert bei Versagen der endoskopischen Therapie. Ei- ne Rezidivblutung vor Eradikation der Varizen (gelingt nur selten in zwei Sitzungen) sollte An- laß zur Verkürzung der Therapieintervalle und nur dann Indikation zum Shunt sein, wenn eine ausreichende Eradikation endoskopisch nicht möglich erscheint.

Kontrollierte Vergleiche zwischen endo- skopischer Therapie und TIPS sind bislang nur an geringen Patientenzahlen in Abstraktform publiziert; Schlußfolgerungen aus diesen vor- läufigen Eindrücken verbieten sich. Der Ver- gleich zwischen TIPS und chirurgischem Shunt steht noch aus. Hirner und Wolff fordern hier zurecht Studien ein. Solange jedoch solche Da- ten nicht vorliegen, sollte man spekulative Ar- gumentation zugunsten des einen oder anderen Vorgehens meiden.

Primärprophylaxe der Varizenblutung Die Verhütung einer ersten Varizenblutung bei Patienten, die bislang noch keine Blutung erlitten haben, ist am wenigsten umstritten (4).

Chirurgische Verfahren, insbesondere der por- tokavale Shunt, haben hier keinen Platz; auf die Gründe haben Hirner und Wolff (6) verwiesen.

Wegen der im Vergleich zur blutungsprophylak- tischen Wirkung inakzeptabel hohen Kompli- kationsrate kann in dieser Situation auch die Sklerosierungstherapie nicht empfohlen wer- den. Die Primärprophylaxe ist heute die Domä- ne einer Dauertherapie mit b-Blockern oder Nitraten. Ob sich bei dieser Indikation die mög-

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Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 14, 5. April 1996 (39)

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(40) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 14, 5. April 1996

licherweise (in einer Metaanalyse aber nicht signifikant!) komplikationsärmere Gummi- bandligatur durchsetzen kann, muß noch unter- sucht werden. Für den TIPS gibt es hier ebenso- wenig eine Indikation wie für den chirurgischen Shunt; Patienten auf der Transplantationsliste mit sehr hohem Blutungsrisiko könnten im Ein- zelfall eine Ausnahme darstellen.

Fazit

Die Primärprophylaxe der Varizenblutung wird derzeit ausschließlich medikamentös mit nicht-selektiven b-Blockern oder ersatzweise Nitraten durchgeführt. Die beste Notfallthera- pie blutender gastroösophagealer Varizen ist wegen der gleichzeitigen Rezidivblutungspro- phylaxe nach wie vor die möglichst rasche endo- skopische Sklerosierung; sollte sie nicht sofort verfügbar sein, können vasoaktive Medikamen- te wie Somatostatin oder Terlipressin, bei Inef- fektivität auch die Ballonsonde überbrückend eingesetzt werden. ChiPS oder TIPS kommen nur für die maximal zehn Prozent der Patienten in Betracht, bei denen so keine sichere Blutstil- lung möglich ist. In der Rezidivprophylaxe sind b-Blocker, Sklerosierungstherapie und chirur- gischer Shunt gleichwertig; die jeweiligen Vor- und Nachteile (beim Shunt weniger Rezidivblu- tung bei mehr Enzephalopathie und gleichem

Langzeitüberleben) erlauben eine auf die Be- dürfnisse des jeweiligen Patienten zugeschnitte- ne, individuelle Therapie. Die Gummibandliga- tur scheint der Sklerosierung bezüglich der Re- zidivblutungsrate überlegen zu sein. Die Eva- luierung des TIPS ist derzeit in verschiedenen Studien im Gange. TIPS und ChiPS haben ihre jeweiligen Vor- und Nachteile, die einander in kontrollierten Studien gegenübergestellt wer- den müssen. Bevor solche Ergebnisse vorlie- gen, sind wertende Dispute spekulativ und zwangsläufig vom jeweiligen subjektiven Bias verfälscht. Für eine „Renaissance“ des chirurgi- schen Shunts über seine Rolle als Reservethera- pie hinaus gibt es bei adäquat durchgeführter endoskopischer und medikamentöser Therapie ebensowenig Gründe wie für die mancherorts sehr großzügig gehandhabte Indikationsstel- lung zum TIPS.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1996; 93: A-890–892 [Heft 14]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturver- zeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Wolfgang E. Fleig

Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I der Martin-Luther-Universität

06097 Halle (Saale)

EDITORIAL/FÜR SIE REFERIERT

Myokardinfarkte, denen eine Angina pectoris vorangeht, weisen bekanntermaßen kleinere Infarkt- größen auf als Myokardinfarkte bei Patienten ohne vorangegangene An- gina pectoris. Das bei diesen Patien- ten außerdem durch eine thromboly- tische Therapie eine raschere koro- nare Reperfusion und hierdurch eine Verringerung der Infarktgröße er- reicht werden kann, konnte in einer englisch-italienischen Untersuchung gezeigt werden.

14 Patienten mit instabiler An- gina pectoris in der Woche vor Auf- treten des Myokardinfarkts wur- den mit neun Patienten ohne Präin- farkt-Angina verglichen. Bei allen Patienten wurde eine systemische Thrombolyse mit rt-PA und zusätzli- cher Gabe von iv-Heparin und ora-

ler Acetylsalicylsäure durchgeführt.

Die Rekanalisationsrate wurde ko- ronarangiographisch bestimmt, die Infarktgröße aus der CK-Enzymki- netik ermittelt.

Eine komplette Reperfusion (TIMI Grad III) konnte nach 35 Mi- nuten bei 64 Prozent der Patienten mit Präinfarkt-Angina, aber in kei- nem der Patienten ohne Präinfarkt- Angina nachgewiesen werden.

Nach 55 Minuten betrugen die Reperfusionsraten 86 Prozent versus 38 Prozent und nach 90 Minuten 86 Prozent versus 50 Prozent; die mitt- lere Reperfusionszeit lag bei 27 Mi- nuten versus 48 Minuten. Die Spit- zenwerte für Kreatininkinase lagen in der Gruppe ohne Präinfarkt-An- gina mit 2 395 U/l doppelt so hoch wie in der Präinfarkt-Angina-Grup-

pe (1 118 U/l), ebenso ergaben sich signifikante Unterschiede für die CK-MB-Verläufe und die integrier- ten CK-Verläufe über 24 Stunden.

Die Reperfusionszeit korrelierte po- sitiv mit der Infarktgröße.

Als mögliche Gründe für das günstigere Abschneiden der Patien- tengruppe mit Präinfarkt-Angina pectoris diskutieren die Autoren ei- ne mehr dynamische Entwicklung des Koronarverschlusses mit der möglichen Ausbildung von Kollate- ralen sowie eine der Thrombolyse besser zugängliche Thrombuszusam-

mensetzung. acc

Andreotti F et al.: Preinfarction angina as a predictor of more rapid coronary thrombolysis in patients with acute myo- cardial infarction. N Engl J Med 1996;

334: 7–12.

Dr. Andreotti, Institute of Cardiology, Catholic University, Largo A. Gmelli 8, 00168 Rom, Italien

Kleinerer Myokardinfarkt nach Angina pectoris

Referenzen

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