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Archiv "Therapie der portalen Hypertension: Stellenwert des transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunts" (13.02.2004)

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A

A416 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 713. Februar 2004

D

ie pathophysiologisch bedeutsam- ste Folge der Leberzirrhose ist die Erhöhung des Pfortaderdrucks, der beim Gesunden 3 bis 6 mm Hg be- trägt. Steigt dieser auf mehr als 12 bis 15 mm Hg an, können Komplikationen der portalen Hypertonie auftreten, zu de- nen die Varizenblutung und der Aszites gehören. Der transjuguläre intrahepa- tische portosystemische Shunt (TIPS) kann den Pfortaderdruck in der Weise senken, dass diese Folgen reduziert oder ganz aufgehoben werden. Die Me- thode wurde erstmals 1988 beim Men- schen eingesetzt und seitdem technisch kontinuierlich verbessert. Der Stellen- wert des TIPS im Gesamtkonzept der Behandlung der Varizenblutung und des Aszites ist Schwerpunkt der vorlie- genden Übersichtsarbeit.

Mit Ausnahme der genannten großen Indikationsgruppen wurde der TIPS auch bei verschiedenen selteneren In- dikationen durchgeführt. An vorder- ster Stelle stehen hier das Budd-

Chiari-Syndrom und die frische Pfort- aderthrombose. Wegen der zahlen- mäßigen Begrenztheit dieser Patien- ten wird an dieser Stelle nicht auf diese Krankheitsbilder und ihre Behandlung eingegangen.

Technik der TIPS-Anlage und Nachsorge

Der TIPS ist eine nichtoperative Inter- vention mit dem Ziel der portalen De- kompression. Sein Wirkprinzip ent- spricht dem chirurgischen Seit-zu-Seit-

Shunt (zum Beispiel portocavaler Seit- zu-Seit-Shunt). Der Shunt liegt hier- bei innerhalb des Leberparenchyms und verbindet einen intrahepatischen Pfortaderast mit einer Lebervene be- ziehungsweise der Vena cava inferior (Abbildung a, b). Hierbei ist die Im- plantation eines Metallgitterröhrchens (Stent) notwendig, um einen raschen Verschluss der Parenchymbrücke zu verhindern. Zuerst wird als Arbeitszu- gang zur Leber und ihren großen Ge- fäßen eine Schleusse (11 French = 3,3 mm) in die rechte Vena jugularis inter- na eingeführt. Nach Katheterisierung der Vena cava inferior wird mithilfe ei- nes Spezialkatheters die Lebervene sondiert und eine 45 cm lange Punk- tionsnadel vorgeschoben. Unter Ultra- schall und Durchleuchtung werden ein zentraler Ast des intrahepatischen Pfortadersystems punktiert und die Milzvene katheterisiert. Die nachfol- gende Angiographie sichert die kor- rekte Punktionsstelle und stellt das

Therapie der portalen Hypertension

Stellenwert des transjugulären

intrahepatischen portosystemischen Shunts

Zusammenfassung

In den vergangenen 15 Jahren entwickelte sich der transjuguläre intrahepatische portosyste- mische Shunt (TIPS) zu einer effektiven und sicheren Behandlung der portalen Hypertonie.

Das größte technische Problem, die hohe Verschluss- beziehungsweise Stenoserate von etwa 50 Prozent im ersten Jahr, ist offenbar mittlerweile durch die Verfügbarkeit von be- schichteten Stents weitgehend gelöst. In der Behandlung der akuten Blutung aus Ösopha- gus- oder Magenvarizen ist der TIPS eine lebensrettende Option für Patienten, die nicht ausreichend auf eine medikamentöse und endoskopische Therapie ansprechen. Hierbei ist die Wahl des optimalen Zeitpunkts wichtig, damit die Blutung gestillt wird, bevor ein Mul- tiorganversagen eintritt. Bei etwa 20 Prozent der Patienten, bei denen die akute Blutung durch eine medikamentöse oder endoskopi- sche Behandlung beherrscht werden konnte, ist im späteren Verlauf eine TIPS-Implantation notwendig, um Rezidivblutungen zu ver- hindern. Zur Vermeidung von Komplikationen

(Enzephalopathie, Leberversagen) ist die Se- lektion der Patienten besonders bedeutsam (Bilirubin < 3 mg/dL, keine manifeste Enze- phalopathie). Zum therapierefraktären Aszites gibt es derzeit fünf randomisierte Studien, die den TIPS mit der Parazentese vergleichen. Sie zeigen eine gute Ansprechrate von etwa 70 Prozent auf den TIPS. Zum Überleben kann aufgrund der aktuellen Datenlage noch keine definitive Aussage gemacht werden.

Schlüsselwörter: TIPS, Leberzirrhose, Aszites, Pfortaderhochdruck, Shuntchirurgie, Ösopha- gusvarizenblutung

Summary

Therapy of Portal Hypertension – The Significance of the Transjugular Intra- hepatic-Portosystemic Shunt

During the last 15 years the TIPS procedure has become an established treatment of portal hypertension. Its major obstacle, the high rate of shunt insufficiency is now reduced by the

availability of covered stents. In the treatment of acute variceal bleeding TIPS has become the rescue treatment of choice because it combines high efficacy with low invasiveness. In this con- text, the timing of the rescue TIPS is of major importance to achieve definitive haemostasis before multi-organ failure develops. If rebleed- ing cannot be prevented by drugs or endosco- py, TIPS is accepted as a second line treatment required in about 20 per cent of patients. There- by, patient selection according to bilirubin concentration (< 3 mg/dL) and risk of hepa- tic encephalopathy is of major importance to achieve favorable results. In patients with re- fractory ascites five randomized studies are now available comparing TIPS with paracente- sis. Although the TIPS shows a high response rate of about 70 per cent the interpretations of authors and comments of reviewers are contro- versial and do not allow to express a definite recommendation.

Key words: TIPS, liver cirrhosis, ascites, portal hypertension, shunt-surgery, variceal bleed- ing

1Medizinische Klinik 1 (Chefarzt: Priv.-Doz. Dr. med. Da- niel Grandt), Klinikum Saarbrücken

2Medizinische Klinik und Poliklinik 1, Allgemeine Innere Medizin (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. med. Tilman Sauer- bruch), Universitätsklinikum Bonn

3Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin 1 (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. med. Wolfgang Fleig), Mar- tin-Luther-Universität, Halle (Saale)

4Praxiszentrum für Gastroenterologie und Endokrinolo- gie, Freiburg

Daniel Grandt1 Tilman Sauerbruch2 Wolfgang Fleig3 Martin Rössle4

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Portalsystem dar; durch den Angiogra- phiekatheter kann dann der Pfortader- druck gemessen werden. Höhergradi- ge Varizen können nun selektiv kathe- terisiert und gegebenenfalls mit Histo- acryl verschlossen werden. Danach wird der Punktionstrakt mit einem Ballonkatheter dilatiert, der Stent ein- gebracht und auf den optimalen Durchmesser gedehnt. Der Therapie- erfolg wird durch Angiographie und Druckmessung kontrolliert. Der Ein- griff erfolgt in Analgo-Sedierung und dauert bei Erfahrung mit dieser Vorge- hensweise 40 bis 90 Minuten.

Gravierende technische Kompli- kationen sind eine intraabdominale Blutung nach Perforation der Leber- kapsel, die postinterventionelle Sepsis und Fistelbildungen in Gallengängen oder Leberarterien. Diese technischen Komplikationen treten bei zwei bis fünf Prozent der Patienten auf, wobei die hierdurch bedingte Mortalität deutlich unter einem Prozent liegt (76). Obwohl ausreichende Vergleich- suntersuchungen fehlen, ist der TIPS dem chirurgischen Shunt hinsichtlich Invasivität und operativer Mortalität wahrscheinlich überlegen. Darüber hinaus beeinträchtigt der TIPS eine spätere Lebertransplantation nur in Ausnahmefällen.

Die Nachsorge besteht im Wesentli- chen in Duplex-sonographischen Un- tersuchungen der Shuntfunktion (43).

Hierbei kann eine Funktionsabnahme des Shunts als Folge einer Thrombo- sierung oder übermäßigen Verdickung der Neo-Intima gefunden werden.

Dieser Befund alleine stellt nicht un-

bedingt eine Indikation für eine Shunt- revision dar. Die transjuguläre Shunt- revision ist jedoch immer dann indi- ziert, wenn erhebliche Symptome wie- derkehren (zum Beispiel blutungsge- fährdende Varizen, Rezidivblutung, Aszites). Bei fehlender Blutungsge- fahr oder Ausbleiben des Aszites ist ei- ne Revision zur Wiederherstellung der Shuntfunktion nicht angezeigt, da er- neut die Gefahr einer Verschlechte- rung der hepatischen und zerebralen Funktion besteht. Bei Verwendung der herkömmlichen Metallstents muss mit einer Stenoserate von etwa 50 Pro- zent innerhalb des ersten Jahres ge- rechnet werden (76, 74). Die

Inzidenz der Shuntinsuffizi- enz kann allerdings durch eine konsequente medika- mentöse Nachbehandlung mit niedermolekularem He- parin über vier Wochen und einer Kombination von Ticlo- pidin (1 ⫻250 mg) und Trapi- dil (2 ⫻ 200 mg) über sechs Monate um etwa 50 Prozent signifikant reduziert werden (92).

Ein bedeutender Fort- schritt ist auch die Entwick- lung von Polyterafluoroethy- len- (PTFE-)beschichteten Stents (Viatorr, Firma Gore).

Erste Ergebnisse belegen ei- ne Offenheitsrate von mehr als 90 Prozent im Einjahres- verlauf (44). Die augenblick- lichen hohen Kosten dieser Stents (etwa 2 500 Euro) limi- tieren noch ihre Verwendung.

Therapie der Varizenblutung

Im Krankheitsverlauf des Zirrhosepa- tienten sind hinsichtlich des Symptoms

„Ösophagusvarizenblutung“ drei Sta- dien zu unterscheiden:

> Das frühe Stadium vor der Erst- blutung: Die in diesem Stadium einge- leitete Behandlung wird als „Primär- prophylaxe“ bezeichnet.

> Die akute Varizenblutung, die der

„Akuttherapie“ bedarf, und

> die Phase nach überstandener aku- ter Blutung, in der versucht wird, die Re- zidivblutung zu verhindern („Sekundär- prophylaxe“).

Primärprophylaxe

Patienten mit Ösophagusvarizen ohne bisherige Blutung haben ein mittleres Risiko von 25 Prozent, innerhalb von 24 Monaten eine Ösophagusvarizen- blutung zu erleiden (19, 27). Das Blu- tungsrisiko korreliert mit dem Vari- zendruck (70 Prozent bei > 16 mm Hg) (63), der Varizengröße, Dünnstellen auf Varizen und der Leberfunktion. In Abhängigkeit von diesen Faktoren kann das 2-Jahres-Blutungsrisiko zwi- schen 10 Prozent und 90 Prozent schwanken (98).

a) Schematische und b) angiographische Darstellung des transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunts (TIPS)

Ergebnisse der randomisierten Studien (Metaanalyse) zum Vergleich von endoskopischer Therapie mit TIPS (nach 52)

Grafik 1

Dem positiven Effekt des TIPS auf die Rezidivblutungsrate steht der negative Effekt hinsichtlich der hepatischen Enzephalo- pathie entgegen. Das Überleben ist vergleichbar, wenn man außer Acht lässt, dass etwa 20 Prozent der Patienten mit primär endoskopischer Therapie (ET) später einen Notfall-TIPS erhal- ten haben (Cross-over).

a b

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Nichtselektive Betablocker sind ko- steneffektiv (96) und reduzieren das Blutungsrisiko um 50 Prozent und die Mortalität um 25 Prozent (6). Ihre Ef- fektivität ist dann gegeben, wenn sie den portosystemischen Druckgradien- ten um mindestens 20 Prozent oder unter 12 mm Hg senken (26). Andern- falls ist die endoskopische Varizenliga- tur zu diskutieren, wenn ein über- durchschnittlich hohes Blutungsrisiko existiert. Allerdings wurde unlängst durch eine Metaanalyse (4 Studien, 283 Patienten) gezeigt, dass die Liga-

tur zwar die Blutungsrate reduziert, je- doch keinen Einfluss auf das Überle- ben hat (46). Untersuchungen zum TIPS bei diesen Patienten wurden nicht durchgeführt, da man ein ungün- stiges Nutzen-Risiko-Verhältnis be- fürchtete. Hierbei besteht das Risiko in einer Verschlechterung der Leber- funktion und Zunahme der Inzidenz der hepatischen Enzephalopathie.

Dies wurde bereits durch Studien aus den 70er-Jahren zur primär prophy- laktischen offenen Shuntoperation be- legt.

Akute Varizenblutung

Eine akute Varizenblutung gilt als ge- sichert, wenn die Blutung endosko- pisch nachgewiesen wurde, oder bei Vorliegen von Blut im Magen, Haema- temesis oder Melaena in Anwesenheit von Varizen und Ausschluss anderer Blutungsquellen. In dieser Situation hat zunächst die Stabilisierung von Herz, Kreislaufsystem und Atmung

Vorrang. Zusätzlich senkt die Verab- reichung eines Antibiotikums (zum Beispiel 2 ⫻400 mg Norfloxacin oder 1 000 mg/Tag Ciprofloxacin über 4 bis 10 Tage) die Mortalität signifikant und verbessert die Wirksamkeit der Blut- stillungsmaßnahmen (7).

Standardtherapie. Die aktuelle Stan- dardtherapie besteht aus Terlipressin (1 bis 2 mg/4 Stunden subkutan oder in- travenös) oder Octreotid (50 µg/h in- travenös nach 250 µg Bolus) und/oder aus der endoskopischen Therapie. Sie führt bei 90 Prozent der Patienten zum

Blutungsstopp. Die medikamentöse Therapie ist der Sklerotherapie überle- gen (20), sodass die Entscheidung zur Notfallendoskopie hauptsächlich aus diagnostischen Gründen erfolgt. Bei der Wahl des Medikaments ist nach neuester Studienlage dem Terlipressin der Vorzug einzuräumen (38). Hin- sichtlich der Ligaturbehandlung liegen für die akute Blutung noch keine ver- gleichenden Studien vor. Für die Em- bolisationsbehandlung mit Histoacryl liegt lediglich eine vergleichende Stu- die vor, die bei gleicher Hämostaserate eine signifikant geringere Rezidivblu- tungsrate zeigte, wenn die Sklerothera- pie mit einer Histoacrylinjektion kom- biniert wurde (10 Prozent versus 44 Prozent bei alleiniger Sklerotherapie während der ersten 10 Monate) (25).

Die zusätzliche Therapie mit Medika- menten (Terlipressin, Octreotid, Soma- tostatin) nach erfolgreicher endoskopi- scher Blutstillung verringert zwar die Rate an frühen Rezidivblutungen (5 Tage), nicht jedoch die Mortalität (19).

Versagen der Standardtherapie und Indikation für TIPS. Eine klare Defini- tion des Versagens der medikamentö- sen und endoskopischen Therapie ist unerlässlich, um die nachfolgenden Therapieschritte zu planen und recht- zeitig einzuleiten, bevor es zum irre- versiblen Multiorganversagen kommt.

Gemäß der Übereinkunft in Baveno (22) ist das Versagen der Standardthe- rapie gegeben, wenn eine anhaltende Blutung vorliegt, oder wenn eine kli- nisch signifikante Rezidivblutung (Hb- Abfall > 2 g/dL, Transfusionsbedürftig- keit, Schock) während eines Zeitfen- sters von 48 Stunden nach Klinik- aufnahme auftritt. Die Mortalität be- trägt dann bis zu 80 Prozent, weshalb jetzt die Indikation zu einer sofortigen TIPS-Implantation gegeben ist (22, 12). Diese Patienten sind schlechte Kandidaten für einen chirurgischen Shunt, daher wurde dieser für diese In- dikation weitgehend aufgegeben. Eine überbrückende Ballontamponade än- dert an der Indikation zum TIPS nichts, auch wenn sie zu einem Blu- tungsstopp und zwischenzeitiger Stabi- lisierung des Patienten führen sollte.

Wenn die enge Definition des Ver- sagens der Standardtherapie nicht berücksichtigt wird, kann der Zeit- punkt für eine Notfall-TIPS-Implanta- tion rasch überschritten werden. Dies ist der Fall, wenn bereits Koma, Sepsis, Beatmungsnotwendigkeit oder Nie- renversagen eingetreten sind. Bei die- sen Patienten beträgt die Mortalität unabhängig von den weiteren Thera- piemaßnahmen nahezu 100 Prozent (69, 91). Im Gegensatz zur elektiven TIPS-Anlage spielt in der Notfallsi- tuation das Vorliegen einer Leberin- suffizienz oder hepatischen Enzepha- lopathie keine entscheidende Rolle, da sie Folge der akuten Blutung (Schock) sein können und nicht not- wendigerweise eine primär schlechte Leberfunktion anzeigen.

Diese inzwischen gesicherten Er- kenntnisse wurden bei den acht Publika- tionen über TIPS bei refraktärer Vari- zenblutung nicht immer berücksich- tigt (2, 17, 32, 42, 47, 51, 57, 84). Da die- se Studien aus nahe liegenden Grün- den ohne Vergleichsgruppe durchge- führt wurden, können als Maßstab des Therapieerfolgs lediglich Erfahrungs- A

A420 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 713. Februar 2004

´Tabelle 1 ´

Therapie der Varizenblutung in Abhängigkeit vom Krankheitsstadium

Standardtherapie Folgetherapie medikamentös endoskopisch

Primärprophylaxe β-Blocker (Propranolol) Ligatur entfällt Nitrate

Akute Blutung Terlipressin, Octreotid Ligatur TIPS

Antibiotika Sklerotherapie, (plus Embolisation) Embolisation

Sekundärprophylaxe β-Blocker, Nitrate Ligatur, TIPS

Embolisation (plus Embolisation) Bei allen Indikationen hat die medikamentöse Therapie Vorrang. Bei der akuten Varizenblutung kann die Gabe von Antibiotika die Mortalität re- duzieren. Bei etwa 10 Prozent der Patienten ist eine „Notfall“-TIPS-Implantation indiziert. In der Sekundärprophylaxe kommt der TIPS ebenfalls nur als Reservetherapie bei etwa 20 Prozent der Patienten infrage.

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werte und historische Ergebnisse die- nen. Trotz dieser Einschränkungen können die Ergebnisse der TIPS-An- lage mit einer Hämostaserate von 97 bis 100 Prozent, einer Rezidivblu- tungsrate von 16 bis 30 Prozent und ei- ner Überlebensrate von 45 bis 83 Pro- zent positiv bewertet werden (22, 76).

Leider wurde nur selten eine selekti- ve Varizenembolisation bei der TIPS- Anlage vorgenommen. Hierdurch wur- de eine einfache Chance vergeben, das Rezidivblutungsrisiko nach TIPS- Anlage weiter zu senken. Wenn eine dekompensierte Leberfunktion den Shunt verbietet, kann im Einzelfall auch eine transjuguläre Varizenemboli- sation ohne anschließende Shuntanla- ge sinnvoll sein.

Akute Blutung aus Magenvarizen.

Bei etwa 20 Prozent der Patienten mit portaler Hypertension werden Ma- genvarizen beobachtet. Sie werden in gastroösophageale Varizen (90 Pro- zent) und isolierte Magenvarizen (10 Prozent) unterteilt (88). Magenvari- zenblutungen stellen eine Domäne für die intravasale Injektion von Histo- acryl dar (94). Im Vergleich zur endo- skopischen Ligaturbehandlung zeigte die Histoacrylinjektion einen signifi- kanten Vorteil hinsichtlich Hämostase (87 versus 45 Prozent, p = 0,03), Rezi- divblutung (31 versus 54 Prozent, p = 0,0005) und Mortalität (29 Prozent versus 48 Prozent, p = 0,05) (53). Wenn diese Therapie versagt, kann eine Linton-Nachlas-Sonde die Blutung vorübergehend zum Stillstand bringen und so den Transport in ein TIPS- Zentrum ermöglichen (97). In dieser Situation ist der Notfall-TIPS sehr effektiv (90 Prozent Hämostase) und zeigt eine gute Überlebenswahrschein- lichkeit (3). Insgesamt entsprechen die Ergebnisse jenen der Ösophagusvari- zenblutung (99).

Sekundärprophylaxe

Nach der ersten Varizenblutung tritt mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit eine Rezidivblutung innerhalb von zwei Jahren mit einer Letalität von etwa 30 Prozent auf, sodass eine Sekundärpro- phylaxe zwingend erforderlich ist (19).

Diese kann medikamentös, endosko- pisch, durch TIPS oder einen chirurgi-

schen Shunt erfolgen. Andere Thera- pieoptionen, wie die Devaskularisa- tionsoperation durch Ösophagustran- sektion oder die Splenektomie wurden in der westlichen Welt nicht eingeführt.

Die Transplantation ist für Patienten mit Varizenblutung eine Option, wenn gleichzeitig eine deutlich reduzierte Leberfunktion vorliegt.

Standardtherapie. Wie in einer Me- taanalyse von zwölf Studien gezeigt wurde, reduziert die Therapie mit ei- nem nichtselektiven Betablocker (zum Beispiel Propranolol) das Rezidivblu- tungsrisiko von 55 Prozent auf 37 Pro- zent und die Mortalität von 33 Prozent auf 26 Prozent (5). Diese Behandlung sollte deshalb, wenn immer möglich, erfolgen. Der Vergleich von Beta- blocker mit Sklerotherapie (9 Studien, 730 Patienten) zeigte einen geringen Vorteil für die Sklerotherapie hin- sichtlich Rezidivblutung (45 versus 61 Prozent, p < 0,001), jedoch keinen Un- terschied in Bezug auf das Überleben (6). Wenn beide Therapieoptionen kombiniert werden, verbessert sich die Rezidivblutungsrate, jedoch hat dies ebenfalls keinen Effekt auf das Über- leben (19).

In den letzten Jahren hat die endo- skopische Ligatur die Sklerotherapie verdrängt, da sie effektiver ist und we- niger Nebenwirkungen aufweist (49).

Trotz des im Vergleich zur Sklerothe- rapie besseren Abschneidens der Li- gaturbehandlung konnte gezeigt wer- den, dass die kombinierte medika- mentöse Therapie, bestehend aus ei- nem Betablocker (Nadolol) und Iso- sorbidmononitrat, sowohl hinsichtlich Rezidivblutung (33 Prozent versus 49 Prozent, p < 0,04), als auch 2-Jahres- Überleben (74 versus 65 Prozent) der Ligatur überlegen ist (102). Diese Er- gebnisse wurden durch eine zweite Stude mit 102 randomisierten Patien- ten bestätigt (70). Eine dritte Studie mit 121 Patienten zeigte eine größere Effektivität der Ligatur (20 Prozent versus 42 Prozent Rezidivblutungen), jedoch ebenfalls keinen Unterschied im Überleben (54).

Zur Beantwortung der Frage, ob der TIPS die gängige Standardthera- pie ersetzen kann, wurden elf rando- misierte Studien durchgeführt (14, 15, 31, 39, 48, 59, 71, 75, 85, 89, 90), deren Ergebnisse in zwei Metaanalysen aus- gewertet wurden (55, 68). Die Daten von insgesamt 750 Patienten zeigen ei- ne signifikant niedrigere Rezidivblu- tungsrate von 19 Prozent für TIPS im Vergleich zu 47 Prozent für die Endo- skopie (OR 3,8; 95-Prozent-Konfiden- zintervall [CI] 2,8–5,2; p < 0,001) bei gleicher Überlebensrate für beide Verfahren (OR 0,97; 95-Prozent-CI Pathogenese von Aszites und hepatorenalem Syndrom und Effekt des TIPS

Im Vordergrund steht die portale Hypertension, die zur vermehrten Filtration von Plasma in die Bauchhöhle führt. Zusätzlich kommt es im Rahmen der portalen Hypertension zu einer arteriellen Vasodilation, die zur Aktivierung renaler und vasoaktiver Hormone führt. Die hierauf einsetzende Natrium- und Wasserretention erhöht das Plasmavolumen und vermindert den ohnehin erniedrigten onkotischen intravasalen Druck (Al- buminmangel), was zur Zunahme der Aszitesbildung beiträgt. Die TIPS-Anlage bewirkt eine deutliche Ab- nahme des Pfortaderdrucks und damit der transkapillären Filtration. Zusätzlich verbessert oder normalisiert sie die renale Natriumexkretion und wahrscheinlich auch den intravasalen onkotischen Druck durch Er- höhung der Albuminkonzentration. ADH, antidiuretisches Hormon; ANP, atriales natriuretisches Peptid;

RAAS; Renin-Angiotensin-Aldosteron-System Grafik 2

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0,71–1,34) (Grafik 1). Die Ergebnisse einer aktualisierte Metaanalyse (13), in die zwei weitere Studien aufgenom- men wurden (41, 61), zeigen, dass etwa vier Patienten mit einem TIPS behan- delt werden müssen, um eine Rezidiv- blutung zu verhindern.

Umgekehrt verursacht der TIPS im Gegensatz zur endoskopischen Thera- pie ein höheres Enzephalopathierisi- ko (34 Prozent bei TIPS versus 19 Prozent nach Endoskopie; OR 0,43;

95-Prozent-CI 0,30–0,60; p < 0,001).

So führt die TIPS-Anlage bei einem von acht Patienten zur Neuentwick- lung oder Verschlechterung einer vorbestehenden hepatischen Enze- phalopathie (13). Dies begründet, dass der medikamentösen und/oder en- doskopischen Therapie in der Regel der Vorrang gegeben wird und der TIPS erst bei Versagen dieser Maß- nahmen (Rezidivblutungen) eingesetzt werden sollte (21).

In der Vergangenheit wurden häu- fig zu große Shunts mit unnötig star- ker Senkung des portosystemischen Druckgradienten geschaffen. Es ist in- zwischen nachgewiesen worden, dass geringere Senkungen des Gradienten um 20 bis 50 Prozent ausreichen, um eine Rezidivblutung wirksam zu ver- hindern (24, 26, 30, 58, 78). Das starre Ziel, den Gradienten auf < 12 mm Hg abzusenken, sollte aus diesem Grund auch bei der Anlage eines TIPS verlas- sen werden.

Die generelle Anlage dünnlumiger Shunts (zum Beispiel 8 mm Durch- messer) wird zu einer Reduzierung

der hepatischen Enzephalopathierate führen (30, 78, 87).

Indikation für den TIPS. Wie für die akute Blutung, muss auch bei der Re- zidivblutung das Versagen der Stan- dardtherapie definiert werden, um den optimalen Zeitpunkt des Wechsels der therapeutischen Strategie festzu- legen. Hierüber liegen bislang keine klaren Richtlinien vor. Aus den rando- misierten Studien zum Vergleich von endoskopischer Therapie und TIPS geht eine durchschnittliche 1-Jahres- Rezidivblutungsrate des endoskopi- schen (und medikamentösen) Arms von 47 Prozent hervor (68). Ein Ab- bruch der Standardtherapie unter der Bedingung einer einzigen Rezidivblu- tung würde für nahezu die Hälfte der Patienten die Anlage eines TIPS be- deuten.

Diese Strategie wäre nicht sehr praktikabel und kosteneffektiv. Aus diesem Grund ist zu empfehlen, min- destens zwei Rezidivblutungen zuzu- lassen, bevor die Entscheidung zur TIPS-Anlage getroffen wird. Dieses Vorgehen erfordert dann bei etwa 20 Prozent der Patienten mit Varizenblu- tung einen Therapiewechsel (79).

Die Frage, ob bei Versagen der Standardtherapie ein TIPS oder ein chirurgischer Shunt zu bevorzugen ist, ist noch nicht beantwortet. Aktuell existiert lediglich eine randomisierte Studie, die diese beiden Therapiever- fahren vergleicht (81). Diese Studie, die in allen Studienendpunkten einen Vorteil der chirurgischen Therapie fin- det, weist deutliche Unstimmigkeiten

der Randomisation der Patienten auf, wodurch ihre Ergebnisse zweifelhaft sind.

So war der Anteil dringlicher und notfallmäßiger Behandlungen in der TIPS-Gruppe fast doppelt so hoch, wie in der chirurgischen Shuntgruppe (37 Prozent versus 20 Prozent). Auch hinsichtlich der Lebererkrankung wa- ren die TIPS-Patienten benachteiligt (Aszites: 74 Prozent versus 69 Prozent, Enzephalopathie: 37 Prozent versus 23 Prozent, Child-Pugh-Klasse C: 37 Pro- zent versus 23 Prozent). Aus diesen Gründen hatte diese Studie keine Aus- wirkung auf das praktische Vorgehen, das zu einem fast vollständigen Ver- schwinden des chirurgischen Shunts in Deutschland geführt hat (103).

Bewertung. Die Tabelle 1 fasst die Therapiemodalitäten in der Primär- prophylaxe, der akuten Varizenblu- tung und in der Sekundärprophylaxe zusammen. Die medikamentöse Be- handlung steht hierbei am Anfang, ge- folgt von der endoskopischen Thera- pie. Der TIPS sollte als Reservethera- pie bei unstillbarer akuter Blutung oder schweren Rezidivblutungen trotz kompetent durchgeführter medika- mentöser und endoskopischer Thera- pie eingesetzt werden. Befolgt man diese strikten Indikationskriterien, dann benötigen bei der akuten Blu- tung etwa zehn Prozent und bei der Sekundärprophylaxe etwa 20 Prozent der Patienten einen TIPS. In der Primärprophylaxe besitzt der trans- juguläre intrahepatische portosystemi- sche Shunt keinen Stellenwert.

A

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´ Tabelle 2 ´

Ergebnisse von fünf randomisierten Studien (86–90) zum Vergleich von TIPS und Parazentese

Lebrec (n = 25) Rössle (n = 60) Gines (n = 70) Valeriano (n = 31) Sanyal (n = 109) (Abstract) TIPS Parazentese TIPS Parazentese TIPS Paraventese TIPS Parazentese TIPS Parazentese

Response (%) 83 0 79 24 3,6* 11,7* 58 16

Hepatische

Enzephalopathie 23 0 58 48 77 66 59 34 55 28

Überleben (%)

1 Jahr 29 70 89 52 41 35 65 57 70 70

2 Jahre 29 56 58 32 26 30 60 60

Response bedeutet Freiheit von Aszites oder Parazentese.

* In der Studie von Gines sind die Parazentesen während des Follow-up (282 und 325 Tage) angegeben.

Bei den Überlebensraten handelt es sich um kumulative Überlebenswahrscheinlichkeiten.

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Therapie des refraktären Aszites

Der Aszites entsteht durch eine un- physiologische Zunahme des transka- pillären Filtrationsvolumens im Be- reich des Bauchraums. Hierbei spielt die portale Hypertension sicherlich die Hauptrolle. Ein weiterer wichtiger Faktor ist der verminderte intravasale onkotische Druck, eine Folge des Al- bumindefizits bei Zirrhosepatienten (Grafik 2). Es ist entscheidend für die anhaltende Aktivierung des Renin- Angiotensin-Aldosteron- und Sympa- thikussystems verantwortlich. Hier- durch soll der im Rahmen der portalen Hypertension auftretenden syste- misch/splanchnischen Vasodilatation begegnet werden.

Von einem refraktären Aszites spricht man, wenn bei einer kochsalz- armen Diät (etwa 2 g NaCl pro Tag) und einer Diuretikatherapie in der für den individuellen Patienten tolerierba- ren Maximaldosierung (Furosemid bis 160 mg/Tag plus Spironolacton bis 400 mg/Tag) der Aszites nicht ausge- schwemmt werden kann, beziehungs- weise wenn ein frühzeitiges Rezidiv dadurch nicht verhindert werden kann (1). Der in der Folge auftretende Span- nungsbauch, der gelegentlich mehr als 20 L Flüssigkeit enthalten kann, beein- trächtigt die Lebensqualität erheblich und ist mit einem schlechten 1-Jahres- Überleben von weniger als 50 Prozent assoziiert (23, 82). Deshalb muss bei diesen Patienten die Indikation zu einer Lebertransplantation geprüft werden.

Standardtherapie des refraktären Aszites

Bei der Mehrzahl der Patienten, die auf die diätetische und diuretische Thera- pie nicht mehr ansprechen, ist die Transplantation aus verschiedenen Gründen (zum Beispiel persistierender Alkoholabusus, hohes Alter, schlechter Allgemeinzustand, hepatozelluläres Karzinom) ausgeschlossen. Für sie ist die wiederholte, großvolumige Para- zentese von mindestens 4 bis 5 L, zu- sammen mit der Fortsetzung der diäte- tischen und diuretischen Behandlung, die Therapie der ersten Wahl. Sie ver- bessert sofort die durch den Aszites be-

dingten klinischen Symptome (Zwerch- fellhochstand, Atemnot), lässt aber wesentliche Begleitprobleme wie die Umbilikalhernie, die spontan bakteriel- le Peritonitis, und den hepatischen Hydrothorax unberücksichtigt. Im Fal- le des hepatorenalen Syndroms ist so- gar mit einem negativen Effekt der Pa- razentese zu rechnen. Er limitiert den Einsatz der Parazentese insbesondere bei Patienten mit instabiler Nieren- funktion. Ein Anstieg der Plasma-Re- nin-Aktivität um mehr als das Zweifa- che, gemessen sechs Tage nach der Pa- razentese, kündigt die Unverträglich- keit der Parazentese an und kann als Marker für ein drohendes hepatorena- les Syndrom gewertet werden (36). Die Verabreichung von Humanalbumin (etwa 40 g), während oder kurz nach der großvolumigen Parazentese, redu- ziert den negativen Effekt der Parazen- tese, der als „postparacentesis circula- tory dysfunction“ bezeichnet wird von 30 Prozent auf 15 Prozent, hat jedoch keinen Einfluss auf die Mortalität (34), was die Verabreichung von Albumin in- frage stellt (83).

TIPS bei refraktärem Aszites und assoziierten Komplikationen

Da der Aszites im Wesentlichen die Folge der portalen Hypertension ist, ist die Dekompression durch chirurgische (11, 29) oder interventionelle porto- systemische Shunts erfolgreich. We-

gen des meist sehr schlechten Allgemeinzustandes der Pa- tienten ist die chirurgische Shuntanlage die absolute Aus- nahme.

Der Effekt des TIPS auf den refraktären Aszites wird durch neun Kohortenstudien belegt, die eine durchschnitt- liche Ansprechrate von 75 Prozent zeigen (4, 18, 28, 52, 56, 62, 65, 72, 95). Außerdem konnte dargelegt werden, dass der TIPS den Ernäh- rungszustand, den Child- Pugh-Score (65, 100) und die Lebensqualität verbesserte (40). In jüngster Zeit wurden fünf randomisierte Studien publiziert, deren Ergebnisse in Tabelle 2 zusammengefasst sind (37, 50, 77, 86, 101). Im Gegensatz zu den Ergebnissen der kleinen fran- zösischen Studie (neun Patienten er- hielten einen TIPS [50]) wies der TIPS in der Freiburger/Münchner Studie (77) eine im Vergleich mit der großvo- lumigen Parazentese sehr hohe An- sprechrate von 80 Prozent (hiervon 61 Prozent komplettes Ansprechen) und eine Verlängerung der 2-Jahres-Über- lebenswahrscheinlichkeit (58 Prozent versus 32 Prozent) auf. Eine unlängst publizierte spanische Studie (37) zeig- te einen positiven Effekt des TIPS auf den Aszites, die Nierenfunktion und die Entwicklung eines hepatorenalen Syndroms, jedoch keine Lebensver- längerung. Die Studie aus Italien (101) liegt lediglich als Abstract vor. Sie lässt einen leichten Überlebensvorteil für die TIPS-Patienten vermuten. Die un- längst publizierte Studie aus Nord- amerika (86) konnte keinen signifi- kanten Überlebensvorteil der TIPS- Therapie nachweisen. Allerdings muss betont werden, dass die amerikanische Studie (86) durch eine ganz un- gewöhnlich hohe Patientenselektion (lediglich 25 Prozent der Kandidaten wurden randomisiert) gekennzeichnet ist. Hierbei wurden, um die Parazen- tese nicht zu gefährden, Patienten mit einem Kreatinin > 1,5 mg/dL ausge- schlossen, jedoch solche mit einem Bi- lirubin von bis zu 5 mg/dL eingeschlos- sen. Letztere sind für einen Shunt un- geeignet; ihr Einschluss führt zwangs- Natriumausscheidung, Plasma-Renin-Aktivität und Plas-

ma-Aldosteron-Konzentration vor und ein bis sechs Monate nach TIPS-Anlage. Die Werte stellen die Mittel- werte aus fünf Studien dar (86, 88, 94, 96, 99).

Grafik 3

(7)

läufig zu einem schlechten Resultat.

Hieraus wird gefolgert, dass das De- sign dieser Studie eine unausgewoge- ne Patientenselektion mit einem Vor- teil für die Parazentesegruppe zur Fol- ge hatte. Dies erklärt den Verlust des in der Freiburger/Münchner Studie nachgewiesenen Überlebensvorteils für die TIPS-Patienten in der nord- amerikanischen Studie.

Im Gegensatz zu der Parazentese wirkt sich der TIPS auch günstig auf sämtliche Begleitphänomene des As- zites sowie auf begleitende Blutungs- komplikationen aus. Große Umbili- kalhernien können durch Mazeration und Ruptur ein lebensbedrohliches Problem darstellen. Ihre chirurgische Versorgung ist nach einer TIPS-Anla- ge im Allgemeinen problemlos mög- lich. Das Auftreten einer spontan bak- teriellen Peritonitis wird reduziert (37). Auch der hepatische Hydrotho- rax, der bei etwa zehn Prozent

der Patienten mit therapiere- fraktärem Aszites angetrof- fen wird und durch die aszi- tesbedingte Überdehnung des Zwerchfells hervorgeru- fen wird, spricht gut auf die TIPS-Anlage an (80). Die Ansprechraten sind mit etwa 70 Prozent jenen der Aszites- patienten vergleichbar. Die 1-Jahres-Überlebensrate von 50 Prozent muss als sehr positiv für diese Patienten- gruppe gewertet werden (93).

Etwa 20 Prozent der Pati- enten mit Aszites entwickeln innerhalb von einem Jahr ein hepatorenales Syndrom (HRS) und 40 Prozent inner- halb von fünf Jahren. Die durchschnittliche Lebenser- wartung dieser Patienten ist auf Wochen bis wenige Mo- nate limitiert (35). Hierbei ist die Prognose des langsam progredienten oder stationä- ren HRS (Typ 2) günstiger, als jene des rasch progre- dienten HRS (Typ 1). Beide Formen sind Folge der splanch- nischen und peripheren Va- sodilatation mit ihren ent- sprechenden Konsequenzen (Grafik 2). Der TIPS greift in

dieses Geschehen nicht nur durch Ver- minderung des Filtrationsvolumens durch Senkung des Pfortaderdrucks ein. Er bewirkt auch eine rasche Stei- gerung der Natriumexkretion und wirkt der Aktivierung vasokonstriktiver Hor- mone, insbesondere dem Renin-Angio- tensin-Aldosteron-System (RAAS), ent- gegen (33, 37, 50, 72, 86, 95, 104, 105) (Grafik 3). Die Ursache hierfür ist nicht ganz klar, zumal die systemischen Kreislaufparameter (insbesondere der periphere Widerstand) nicht durch den TIPS verbessert werden (45). Die nach- gewiesene Zunahme des Plasma- volumens nach TIPS-Anlage um etwa 30 Prozent könnte hierfür teilweise verantwortlich sein (106).

Entsprechend der positiven Auswir- kungen des TIPS auf die Nierenfunkti- on konnte in einer Phase-2-Studie, die 41 Patienten mit HRS einschloss, eine signifikante Verbesserung der Nieren-

funktion und möglicherweise des Über- lebens festgestellt werden (8). Weitere randomisierte Studien müssen nun fol- gen, um die Gültigkeit dieser Befunde zu bestätigen.

Bewertung

Die Autoren empfehlen die in Grafik 4 dargestellte Stufentherapie. Sie wird auch in ähnlicher Form durch den In- ternational Ascites Club vorgeschla- gen (60). Nach mehrfach durchgeführ- ten Parazentesen und Optimierung der diätetischen Maßnahmen und diu- retischen Therapie kann die Parazen- tese fortgesetzt werden, wenn der Aszi- tes nicht allzu rasch nachläuft (etwa sechs Parazentesen pro Jahr) und kei- ne schweren zusätzlichen Komplika- tionen auftreten. Werden Parazen- tesen in hoher Frequenz (> einmal pro Monat) nötig und/oder treten zusätzli- che, durch den TIPS positiv zu beein- flussende Komplikationen auf, ist die TIPS-Anlage nicht zuletzt auch aus Gründen der Verbesserung der Le- bensqualität zu erwägen.

Kontraindikationen für eine TIPS-Anlage und Selektion der Patienten

Thrombozytopenie und plasmatische Gerinnungsstörungen, typische Folgen der Lebererkrankung, stellen keine Kontraindikation für einen TIPS dar.

Die organisierte Thrombose der Vena portae macht die TIPS-Anlage unmög- lich. Eine deutliche Reduktion der kar- dialen Auswurfleistung, zum Beispiel im Rahmen einer Herzinsuffizienz oder eines Vitiums auf < 40 Prozent, stellt eine Kontraindikation dar, da die arterielle Perfusion der Leber nicht ausreichend gesteigert werden kann, um die portale Durchblutungseinbuße zu kompensie- ren. Dementsprechend ist auch eine flussrelevante Stenose der A. hepatica oder des Truncus coeliacus vor Anlage eines TIPS durch Duplex-Sonographie auszuschließen. Angiographische oder computertomographische Untersuchun- gen sind zur Vorbereitung auf die TIPS- Anlage nicht erforderlich, sofern ei- ne kompetente Duplex-sonographische Untersuchung gewährleistet ist.

A

A426 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 713. Februar 2004

Vorschlag einer Therapiestrategie beim therapierefrak- tären Aszites

Grafik 4

Nach einer initialen Beobachtungsphase über etwa 6 Monate während der die diätetische und medikamentöse Einstellung optimiert werden, wird der weitere Verlauf bestimmt. Im Falle eines „unkomplizierten“ Verlaufes und selten notwendigen Pa- razentesen können diese fortgeführt werden. Bei hochfrequen- tem Parazentesebedarf und/oder Vorliegen eines komplizierten Verlaufs des therapierefraktären Aszites ist die TIPS-Implantati- on zu erwägen, falls keine gravierenden Ausschlusskriterien vorliegen. SBB, spontanbakterielle Peritonitis; HRS, hepatorena- les Syndrom; VB, Varizenblutung; HE, hepatische Enzephalo- pathie

(8)

Die TIPS-Anlage setzt eine kom- pensierte Leberfunktion voraus. Zahl- reiche Publikationen belegen, dass die Bilirubinkonzentration ein besonders zuverlässiger Marker für den post- interventionellen Verlauf darstellt.

Bilirubinkonzentrationen von > 3 mg/

dL sind mit einem erhöhten Morta- litätsrisiko verbunden (Relatives Risi- ko: 5,4; 95-Prozent-CI: 1,4–10,2)(16).

Eine weitere Zunahme darüber hin- aus erhöht die 30-Tage-Mortalität nach TIPS um 40 Prozent für jedes 1 mg/dL Bilirubinanstieg (73). Deshalb stellt eine Bilirubinkonzentration von

> 3 mg/dL eine relative Kontraindika- tion für einen TIPS dar (9, 76). Eine ähnliche Bedeutung für die Patienten- selektion besitzt die hepatische Enze- phalopathie (64). Jede klinisch er- kennbare Form der Enzephalopathie muss Anlass sein, die TIPS-Anlage zu vermeiden, es sei denn, die Dringlich- keit überwiegt. Diese Aussage gilt nicht uneingeschränkt. Wenn die Enzephalopathie auf eine Ursache zurückzuführen ist, die durch den TIPS behoben werden kann (zum Bei- spiel intestinale Blutung, Exsikkose unter forcierter diuretischer Therapie, spontan bakterielle Peritonitis), ist die TIPS-Anlage mit englumigem Stent, gegebenenfalls unter zusätzlicher The- rapie mit Propranolol, möglich (10).

Die Option einer Lebertransplanta- tion spielt für die Indikation zur TIPS- Anlage keine Rolle. Die Erfahrung zeigt, dass der TIPS den Krankheits- verlauf so stark beeinflussen kann, dass die frühere Entscheidung für oder gegen eine Transplantation und eine eventuelle Listung für die Trans- plantation oft geändert werden müssen.

Insbesondere bei Patienten mit thera- pierefraktärem Aszites sind erheb- liche Veränderungen des Krank- heitsverlaufs in beide Richtungen möglich, was eine Neuorientierung er- fordert (66).

Zusammenfassung

Anhaltende Varizenblutung, Notwen- digkeit einer Ballontamponade, oder Rezidivblutung innerhalb von 48 Stun- den trotz adäquater medikamentöser und endoskopischer Notfalltherapie

sind Indikationen für die Anlage eines TIPS im Rahmen der Akuttherapie. Bei unbefriedigendem Langzeiterfolg der medikamentösen und/oder endoskopi- schen Behandlung kann eine elektive TIPS-Anlage erfolgen, falls die Biliru- binkonzentration unter 3 mg/dL liegt und keine klinisch manifeste hepatische Enzephalopathie erkennbar ist.

Bei therapierefraktärem Aszites ist die großvolumige Parazentese zunächst Therapie der Wahl.Wenn eine hohe Fre- quenz der Parazentesen (zum Beispiel alle vier Wochen oder häufiger) die Le- bensqualität stark beeinträchtigt oder andere Komplikationen hinzukommen (Varizenblutung, Hernien, spontan bak- terielle Peritonitis, Hydrothorax, Nieren- insuffizienz) ist der Zeitpunkt für die TIPS-Anlage gekommen. Bei optimaler Selektion der Patienten, die insbesonde- re auch die Leberfunktion zu berück- sichtigen hat, kann eventuell eine Ver- besserung der Lebensqualität erreicht

werden; eine Lebensverlängerung durch den TIPS erscheint bei entsprechender Selektion möglich. Die Implantation ei- nes beschichteten Stents kann das Pro- blem der Stenosierung reduzieren. Diese neue Entwicklung schränkt die Ergeb- nisse der in der Vergangenheit durchge- führten Therapiestudien ein und macht neue Untersuchungen notwendig.

Manuskript eingereicht: 31. 7. 2003, revidierte Fassung angenommen: 18. 8. 2003

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2004; 101: A 416–428 [Heft 7]

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Martin Rössle Praxiszentrum für Gastroenterologie und Endokrinologie

Bertoldstraße 48, 79098 Freiburg E-Mail: Martin-Roessle@t-online.de

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit0704 abrufbar ist.

AUSGEWÄHLT UND KOMMENTIERT VON H. SCHOTT AUSGEWÄHLT UND KOMMENTIERT VON H. SCHOTT

MEDIZINGESCHICHTE(N) )

Chirurgie Vorlesung

Der Chirurg Ferdinand Sauerbruch (1875–1951) bei einer Vorlesung für Ärzte in der Berliner Charité;

Foto von Erich Salomon, 1930.

1928 wechselte der bekannte Thoraxchirurg als Ordinarius von München in die Reichshauptstadt Berlin, wo er an der Charité, dem führenden Universitätsklinikum Deutschlands, den Gipfel seiner Karriere erreichte und Weltruhm erlangte. Aus: Chronik der Medizin, mit freundlicher Genehmigung: Harenberg Verlag, Dortmund

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