rzneimittelbudget, Benchmar- king und Positivliste sind jene neuralgischen Punkte der ge- planten Gesundheitsreform 2000, die den Apothekern großes Unbehagen bereiten. „Der vorliegende Gesetzent- wurf ist durchsetzt von vielen Regelun- gen, die die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung beschränken sollen“, kritisierte folglich Hans-Günter Friese.
Der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerver-
bände (ABDA) sprach vor dem Deutschen Apotheker- tag, der vom 30. September bis zum 2. Oktober in Leip- zig stattfand. Getreu dem Motto „Kompetenz statt Rationierung“ formulierte Friese: „Wir wollen einen optimalen Arzneimittelein- satz statt eine drohende Mangelverwaltung.“
Mit ihrer Unterschrift unter das gemeinsame Ak- tionsprogramm zur Einhal- tung der Arznei- und Heil- mittelbudgets 1999 von Kassenärztlicher Bundes- vereinigung, den Spitzen- verbänden der Krankenkas-
sen und dem Bundesgesundheitsmini- sterium habe Ministerin Andrea Fi- scher öffentlich bekannt, daß gezielte Einschränkungen notwendig seien.
„Das ist ein Offenbarungseid auf die Budgetierung“, so Friese. Ebenso ur- teilte der Sprecher der Geschäfts- führung der ABDA, Dr. Johannes Pieck: Budgets bewirkten weder ver- läßlich die Einhaltung des Ausgaben- rahmens, noch gewährleisteten sie im Falle einer Überschreitung eine quali- tativ und quantitativ gesicherte Arz- neimittelversorgung. Ein effektives Mittel der Kostendämpfung stelle da-
gegen beispielsweise eine gesetzlich verankerte Aut-idem-Regelung dar, wobei der Arzt auf dem Rezept ver- merke, wenn er nicht wolle, daß der Apotheker anstelle des Original- präparates ein preiswertes Generikum abgebe. Vor dem Hintergrund des Ak- tionsprogramms, das eine konsequen- te Verordnung von Generika vorsehe, sei es unlogisch, wenn die Ärzte eine solche Regelung ablehnten.
Nach Ansicht von Verbandspräsi- dent Friese beschränkt auch eine Posi- tivliste die Arzneimittelversorgung.
Sie werde sich als Bumerang für Pati- enten, Ärzte und die Gesundheitspoli- tik erweisen. Bürokratisierung und Mehrausgaben aufgrund von Substitu- tionseffekten seien die Folge.
Ein weiterer Kritikpunkt der Apotheker betraf die geplante Rege- lung, Leistungs- und Abrechnungsda- ten künftig bei den Krankenkassen zu sammeln und zu verarbeiten. Dazu Pieck: Die angestrebte Monopolisie- rung und der Ausschluß der Apothe-
kenrechenzentren von der Datennut- zung sei eine unerträgliche Parteinah- me der Politik für die ausufernde Machtposition der Krankenkassen.
„Ich appelliere an die Politik in ihrer Verantwortung für die Bürger, diesen Gesetzentwurf zurückzuziehen,“ zog ABDA-Präsident Friese sein Fazit.
In dieselbe Kerbe schlugen auch die Vertreter der politischen Oppositi- on Wolfgang Lohmann (CDU) und Detlef Parr (FDP). Für Lohmann führt die Reform in die falsche Richtung.
Weniger Freiheit, weniger Eigenver- antwortung, mehr Gängelung seien die Folgen. „Wir werden alles in unserer Macht stehende tun, um ein solches Gesetz zu verhindern“, versprach Loh- mann zur Freude vieler Delegierter.
Seine Empfehlung an die Bundesge- sundheitsministerin: „Ziehen sie dieses Gesetz zurück, nehmen sie sich ein Jahr Zeit zur Diskussion mit den Betroffe- nen.“ Für Parr ist der Reformentwurf Staatsmedizin reinsten Wassers: „Die- ser Gesetzentwurf gehört in den Papierkorb.“
Erwin Jordan, Staats- sekretär im Bundesministe- rium für Gesundheit, schlug dagegen keinen Schmuse- kurs gegenüber den Apo- thekern ein: Das Gesetz werde zwar noch Verän- derungen erfahren, die Grundzüge blieben aber be- stehen. Dennoch versicher- te er, das Bundesgesund- heitsministerium wolle auch weiterhin mit den Betroffe- nen im Gespräch bleiben,
„obwohl wir nicht immer ei- ner Meinung sind und Ent- scheidungen nicht immer Ihre Zustimmung finden“.
In der Auseinandersetzung mit den Ärzten um das Arzneimittelbud- get seien mit dem Aktionsprogramm Annäherungskorridore eröffnet wor- den. Zudem habe man Vorschläge der KBV zum Thema „Regresse“ einge- holt. Zu einem Globalbudget gebe es aber auch von seiten der Opposition keine wirklichen Alternativvorschläge.
Ob sich die Anpassung an die Grund- lohnsumme langfristig bewähre, müsse ständig überprüft werden. In einem Punkt allerdings beruhigte er die Apo- theker: Ein Datenmonopol der Kassen werde es nicht geben. Heike Korzilius A-2478 (18) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 40, 8. Oktober 1999
P O L I T I K AKTUELL
Weitere Forderungen des Apothekertages
Der Deutsche Apothekertag forderte die Bundesge- sundheitsministerin zur Rücknahme des geplanten Bench- markings auf. Gemeint ist die Orientierung der Arzneimit- telausgaben an den drei KV-Regionen mit den niedrigsten Ausgaben. Zudem verlangten die Apotheker die Trennung von Arznei- und Heilmittelbudgets.
Der Versand von Medikamenten müsse gestoppt wer- den, um Risiken von Patienten fernzuhalten. Das geltende Versandhandelsverbot sollten die Behörden auch durchset- zen: Nach wie vor gebe es zum Beispiel den Arzneimittel- versand an Arztpraxen.
Erneut forderten die Apotheker, die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel zu senken. Dies entlaste die Gesetzliche Krankenversicherung um 3,5 Milliarden DM. An die Indu- strie appellierten die Apotheker, Chargenbezeichnungen und das Verfallsdatum auf die Packungen aufzudrucken. im