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A2926 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 45½½½½9. November 2001
KOMMENTAR
P O L I T I K
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er neueste Entwurf eines Ge- setzes zur Begrenzung der Arzneimittelkosten in der Ge- setzlichen Krankenversicherung ist ein Beispiel für Gesetzentwürfe, bei denen der hier gewählte Begriff„Begrenzung“ in Teilen des Entwur- fes durchaus auch für den medizini- schen Sachverstand derjenigen gel- ten kann, die diesen Text verfasst haben. Aus pharmakokinetischer Sicht kann vor einem generellen Austausch von Handelspräparaten auf der unscharfen Basis „Bioäqui- valenz“ nur gewarnt werden. Die bei gesunden (!) Probanden ermit-
telte Bioäquivalenz gilt zum Bei- spiel für Präparate, bei denen eine freigesetzte Arzneistoffmenge im Blut zwischen ⫺20 Prozent nach un- ten und + 25 Prozent nach oben vom Originalpräparat oder Vergleichs- präparat abweichen kann, zusätzlich zu einer angenommenen Irrtums- wahrscheinlichkeit der Werte (in der Regel ⫾5 Prozent).
Problem: Verordnungen für chronisch Kranke
Dies kann in Notfällen oder auch in der Therapie akuter Erkrankungen unter Kontrolle des Therapieerfol- ges hingenommen werden und auch im Interesse des Patienten liegen.
Der Wirkstoffgehalt eines Präpara- tes ist im Allgemeinen so bemessen, dass nicht unerhebliche individuelle Schwankungen – etwa bei der Frei- setzung des Wirkstoffes – größten- teils berücksichtigt werden. Für die
kostenrelevante Arzneimittelthera- pie chronischer Erkrankungen, bei der ein möglichst gleichmäßiger the- rapeutischer Effekt gefordert wer- den muss, kann ein Präparatewech- sel jedoch nur in Absprache mit dem Verordner durchgeführt werden.
Preisvergleichsliste:
„aktuelle“ Auflage von 1992
Fern jeglicher Praxis sind geplante Regelungen für Klinikärztinnen und -ärzte, in ihren Therapieempfeh- lungen für die Nachbehandlung der
Patienten durch Vertragsärztinnen und -ärzte zusätzliche Alternativvor- schläge anzugeben („sofern gleich- wertige und preiswertere Alternati- ven verfügbar sind“). Ärztinnen und Ärzte sollen dabei auf die Preis- vergleichsliste („aktuelle“ Auflage:
1992!) zurückgreifen. Diese Auswei- tung der bereits zunehmend durch- geführten sinnvollen Angabe von Wirkstoffnamen in Arztbriefen von Kliniken ist auf dieser Basis nicht durchführbar. Nur durch die zeitin- tensive Tätigkeit eines Panels von Sachverständigen mit sorgfältigem Abgleich der Texte und Auflistun- gen über mehrere Jahre hielt die letzte Ausgabe der Preisvergleichsli- ste den von der pharmazeutischen Industrie initiierten gerichtlichen Auseinandersetzungen stand. Eine neue Auflage erfordert einen ähnli- chen Zeitrahmen, sodass dieser Ge- setzesvorschlag keine aktuelle Aus- wirkungen auf die Arzneimittelaus- gaben haben kann. Dr. med. Günter Hopf