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Archiv "Anwendungsbeobachtungen: Zwischen Marketing und Wissenschaft" (02.03.2007)

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A528 Deutsches ÄrzteblattJg. 104Heft 92. März 2007

P O L I T I K

V

on Schein-Forschung schreibt der „stern“, von „Millionen- aufwand und kaum Nutzen“ spricht die Techniker Krankenkasse (TK).

Die Rede ist von Anwendungsbeob- achtungen (AWB), dem Sammeln von Informationen über die Anwen- dung eines zugelassenen Arzneimit- tels unter Alltagsbedingungen. 930 Millionen Euro werden dafür in Deutschland jährlich aufgewendet.

Mit zwei Drittel der Kosten tragen die Krankenkassen den Löwenan- teil, denn sie bezahlen die Arznei- mittel, die im Rahmen von AWB verordnet werden. „Diesen hohen Kosten für die Solidargemeinschaft stehen allerdings nur magere Ergeb- nisse gegenüber“, kritisierte die TK Ende 2006. Dessen Wissenschaftli- ches Institut hatte Daten der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zu 118 AWB ausgewertet, an denen 355 000 Patienten und 57 000 Ärzte teilnahmen. Nur jede dritte AWB sei so ausgelegt, dass ih- re Ziele erreichbar seien. Nicht ein- mal jede fünfte Studie sei zur Veröf- fentlichung gedacht.

Die Klage ist nicht neu. Das In- strument der AWB ist seit jeher um- stritten, und nach wie vor dient ein großer Teil der Studien schlicht da- zu, neue und teure Medikamente in den Markt zu drücken. Für viele

Ärzte springt dabei ein leicht ver- dientes zusätzliches Entgelt heraus.

Versuche, flächendeckend für ein angemessenes wissenschaftliches Niveau zu sorgen, gab es viele. Seit der 14. Novelle zum Arzneimittel- gesetz im Jahr 2005 sind die Phar- mafirmen verpflichtet, Anwendungs- beobachtungen der KBV, den Spit- zenverbänden der Krankenkassen und dem Bundesinstitut für Arznei- mittel und Medizinprodukte (BfArM) zu melden. Dabei müssen sie Ort, Zeit und Ziel der AWB angeben so- wie die Namen der beteiligten Ärz- te. Mit Inkrafttreten der Gesund- heitsreform am 1. April kommt als verpflichtende Angabe noch die Höhe der an die Ärzte gezahlten Vergütungen dazu. Ob das reine Da- tensammeln aber dazu taugt, die wissenschaftliche Qualität der AWB nachhaltig zu verbessern, bleibt da- hingestellt. Denn nach wie vor müs- sen weder das Studiendesign be- schrieben noch die Ergebnisse ge- meldet oder veröffentlicht werden.

„Anwendungsbeobachtungen bie- ten ein breites Diskussionsfeld“, räumt Dr. med. Simone Breitkopf vom Bundesverband der Pharma- zeutischen Industrie (BPI) ein. Da- bei gebe es durchaus Firmen, die wissenschaftlich äußerst anspruchs- volle AWB durchführten. Auch un-

ter Wissenschaftlern, die der Indus- trie weniger nahestehen, ist unum- stritten, dass AWB ein wichtiges In- strument sein können, um mehr über Anwendung, Sicherheit und ge- sundheitsökonomische Aspekte von Arzneimitteln zu erfahren. Der Ha- ken: Für die Phase nach der Zulas- sung eines Arzneimittels – somit auch für AWB – sind in den Firmen die Marketing-Abteilungen zustän- dig. Sie können sich mit der For- schungsabteilung abstimmen, müs- sen das aber nicht. Und freiwillig dürfte kaum eine Marketingabtei- lung dieses wertvolle Instrument aus der Hand geben. Denn eine 2006 im Amerikanischen Ärzteblatt pu- blizierte Untersuchung belegt, dass Ärzte nach dem Ende einer AWB häufiger Präparate dieser Hersteller verordnen. Ob die mit der Gesund- heitsreform geforderte Offenlegung der ärztlichen Honorare zu mehr Se- riosität führt, bleibt abzuwarten. Die Mitglieder der Freiwilligen Selbst- kontrolle für die Arzneimittelindus- trie haben sich bereits verpflichtet, dies zu tun. BPI-Mitarbeiterin Breit- kopf betont, dass auch der Industrie an qualitativ hochwertigen AWB gelegen ist. Zurzeit überarbeitet der Verband gemeinsam mit der Arznei- mittelkommission der deutschen Ärzteschaft einen AWB-Leitfaden, an dem sich auch Ärzte, die an einer solchen Studie teilnehmen wollen, orientieren können. Bereits 1998 hatte das BfArM Empfehlungen zur Durchführung von Anwendungsbe- obachtungen veröffentlicht. Die TK hält es vor diesem Hintergrund für einen ersten Schritt, wenn die exis- tierenden Qualitätsvorgaben einge- halten würden und die Pharmafir- men verpflichtet wären, ihre Metho- dik und die Studienergebnisse zu veröffentlichen. „Mit der Pflicht zur Veröffentlichung würde sich auch die Qualität von AWB verbessern“, zeigt sich Dr. Eva Susanne Dietrich überzeugt. Die Direktorin des Wis- senschaftlichen Instituts der TK for- dert darüber hinaus – ähnlich wie bei klinischen Studien – die Veröf- fentlichung aller geplanten AWB im Internet. „Dann kann man auch überprüfen, ob Ergebnisse tatsäch- lich publiziert werden.“ n Heike Korzilius

ANWENDUNGSBEOBACHTUNGEN

Zwischen Marketing und Wissenschaft

Mit der aktuellen Gesundheitsreform versucht der Gesetzgeber erneut, die Transparenz bei Anwendungsbeobachtungen zu verbessern. Doch alle Maßnahmen, für mehr Seriosität und Wissenschaftlichkeit zu sorgen, sind bisher fehlgeschlagen.

Macht des Rezept- blocks:Ärzte, die an einer Anwendungs- beobachtung teilge- nommen haben, ver- ordnen auch später mehr Arzneimittel dieser Firmen.

Foto:Photothek

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