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Maritschnigg Anna, BSc. Steuervermeidung öffentlicher Unternehmen. Masterarbeit. zur Erlangung des akademischen Grades. eines Master of Science

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Steuervermeidung ¨ offentlicher Unternehmen

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades eines Master of Science

der Studienrichtung Betriebswirtschaft an der Karl-Franzens-Universit¨ at Graz

Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Rainer Niemann Institut f¨ ur Unternehmensrechnung und Steuerlehre

Graz, Dezember 2020

(2)

Inhaltsverzeichnis

Abk¨urzungsverzeichnis IV

Tabellenverzeichnis V

Abbildungsverzeichnis V

1 Einleitung 1

1.1 Begriffsdefinition . . . 2

1.2 Relevanz,Problemstellung und Motivation . . . 3

1.2.1 Relevanz und Problemstellung . . . 3

1.2.2 Motivation ¨offentlicher Unternehmen zur Steuervermeidung . . . 4

1.3 Aufbau der Masterarbeit . . . 6

2 Literatur¨uberblick 7 2.1 Einf¨uhrende Literatur und Messung von Steuervermeidung . . . 7

2.2 Steuervermeidung diverser L¨ander in Relation . . . 9

2.3 Steuervermeidung und Eigent¨umerstrukturen . . . 10

2.4 Steuervermeidung und Unternehmensf¨uhrung . . . 13

2.5 Steuervermeidung und ¨offentlicher Druck . . . 15

2.6 Steuervermeidung und Corporate Social Responsibility (CSR) . . . 16

2.7 Steuervermeidung und die Wahrnehmung von Investoren im Hinblick auf den Unternehmenswert . . . 18

3 Quantifizierbarkeit von Steuervermeidung 20 3.1 Effective tax rate - ETR . . . 21

3.1.1 Der unternehmensrechtliche effektive Steuersatz . . . 21

3.1.2 Der effektive Steuersatz auf Basis gezahlter Steuern . . . 22

3.1.3 Der effektive Steuersatz auf lange Sicht . . . 22

(3)

3.2 Book-tax differences - BTD . . . 23

3.3 Zusammenfassung . . . 23

4 Forschungskonzept 24 4.1 Stichprobenauswahl . . . 24

4.2 Determinanten der ETR und ihr erwartetes Vorzeichen . . . 27

4.2.1 Offentliche vs. private Unternehmen . . . .¨ 27

4.2.2 Rentabilit¨at: Gewinn vor Steuern/Gesamtverm¨ogen . . . 28

4.2.3 Verschuldungsgrad: Fremdkapital/Gesamtverm¨ogen . . . 29

4.2.4 Kapitalintensit¨at: (Anteil des Sachanlageverm¨ogens) . . . 30

4.2.5 Gr¨oße: ln(Gesamtverm¨ogen) . . . 30

4.2.6 Jahre . . . 31

4.2.7 Wirtschaftszweig . . . 32

4.2.8 Land . . . 32

4.3 Regressionsgleichung . . . 33

5 Empirische Analyse 34 5.1 Deskriptive Statistik . . . 34

5.1.1 Stichprobenbeschreibung . . . 34

5.1.2 Deskriptive Auswertungen der Stichprobe . . . 35

5.1.3 Der Umgang mit fehlenden Werten . . . 40

5.2 Regressionsanalyse . . . 42

5.2.1 OLS Modell . . . 42

5.2.2 ”Fixed-effects“ Modelle vs. ”Random-effects“ Modelle . . . 46

6 Robustheitstests 50 6.1 Validierung der Ergebnisse unter Einbeziehung der Kontrollvariable ”Ver- schuldungsgrad“ und der CF ETR . . . 50

6.2 Validierung der Ergebnisse unter Beschr¨ankung der Stichprobe auf F¨alle mit effektiven Steuers¨atzen>0 . . . 54

(4)

7 Weitere Untersuchung: Branchenvergleich der effektiven Steuers¨atze ¨offent-

licher und privater Unternehmen 56

7.1 Regressionsanalyse der Steuervermeidung ¨offentlicher durch Branchenver- gleich . . . 56 7.2 Deskriptive Statistik der effektiven Steuers¨atze im Branchenvergleich . . . 59

8 Zusammenfassung und Schlussfolgerung, Ausblick, weiterer Forschungs-

bedarf 62

Literaturverzeichnis 67

(5)

Abk¨ urzungsverzeichnis

BEPS Base Erosion and Profit Shifting BRIC Brasilien, Russland, Indien, China BTD Book Tax Differences

CF Cash Flow

CF ETR Cash Flow Effective Tax Rate CFO Chief Financial Officer

CSR Corporate Social Responsibility ETR Effective Tax Rate

LEV Leverage

NACE Nomenclature statistique des activit´es ´economiques dans la Communaut´e europ´eenne OECD Organization for Economic Co-Operation and Development

OLS Ordinary Least Squares

PPE Plant Property and Equipment ROA Return On Assets

(6)

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Stichprobenzusammensetzung . . . 34

2 Branchenverteilung der Stichprobe . . . 37

3 Deskriptive Statistik der Maßgr¨oßen f¨ur die Steuervermeidung . . . 38

4 Deskriptive Statistik der Maßgr¨oßen f¨ur die Steuervermeidung unter Kate- gorisierung der staatlichen Beteiligung . . . 38

5 Deskripitve Statistik der Kontrollvariablen . . . 39

6 Pearson Korrelationsmatrix der Kontrollvariablen . . . 40

7 Fallzahlen . . . 41

8 Regressionsanalyse Fall 1: OLS Modell . . . 44

9 Regressionsanalyse Fall 2: OLS Modell . . . 45

10 Regressionsanalyse Fall 1: Fixes-effects Modell . . . 47

11 Regressionsanalyse Fall 1: Random-effects Modell . . . 48

12 Regressionsanalyse Fall 2: Fixes-effects Modell . . . 49

13 Robustheitstest 1: Fall 1 . . . 51

14 Robustheitstest 1: Fall 2 . . . 53

15 Robustheitstest 2: Fall 1 . . . 55

16 Regressionsanalyse: Branchenvergleich . . . 58

17 Deskriptive Statistik: Branchenvergleich der effektiven Steuers¨atze . . . 60

18 Deskriptive Statistik: Branchenvergleich der effektiven Steuers¨atze auf Ba- sis Cashflow . . . 61

(7)

1 Einleitung

Das Thema

”Steuern“ ist im politischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Umfeld immer aktuell. Das Steuerrecht ist eines der sich am h¨aufigsten wandelnden und st¨andig erneuernden Gesetze in ¨Osterreich. Das ¨osterreichische Einkommensteuergesetz unterlag seit seiner Kundmachung am 7. Juli 1988 knapp 200 Gesetzesnovellen.1. Mit dem Be- griff

”Steuervermeidung“ allerdings, werden vorrangig Transaktionen mit Auslandsbezug assoziiert. In den vergangenen Jahren in den Medien wieder pr¨asent durch die aufge- deckten Daten-L¨ucken bei den sogenannten

”Panama Papers“ und den

”Lux-Leaks“, regt das Thema immer wieder zu Diskussionen an. Vor allem geht es dabei um das Problem des ”profit shifting“. Multinationale Unternehmen wie Google, Apple, Microsoft und Co.

verlagern nach wie vor ihre Gewinne in

”Steueroasen“, und umgehen dadurch den Steu- erbelastungen in den einzelnen L¨andern in denen die Profite tats¨achlich erwirtschaftet werden.2 Zur internationalen Steuervermeidung wurden im Oktober 2015 die Ergebnis- se des BEPS-Projekts der OECD ver¨offentlicht, wozu sich alle G20 Staaten wieder bis 2020 zur Zusammenarbeit verpflichtet haben.3 Steuervermeidung betrifft jedoch nicht nur Großkonzerne und multinationale Unternehmen. Steuern stellen einen wesentlichen Ko- stenfaktor f¨ur Unternehmen dar. Steuerersparnisse resultieren grunds¨atzlich in h¨oheren Ergebnissen nach Steuern, h¨oheren Cash Flows und einem steigenden Verm¨ogen der An- teilseigner der Unternehmen.4 Im Allgemeinen werden Unternehmen daher versucht sein, ihre Belastung durch Steuerzahlungen zu reduzieren, indem diverse steuermindernde Ak- tivit¨aten gesetzt werden. Eine Schwierigkeit stellt aber oftmals die verl¨assliche Sch¨atzung

¨uber das Ausmaß dieser steuervermeidenden Vorg¨ange dar.5

Warum manche Unternehmen niedrigere effektive Steuers¨atze aufweisen als andere, kann viele Gr¨unde haben. Bestimmte Gesch¨aftst¨atigkeiten und Transaktionen k¨onnen mit nied- rigeren Steuers¨atzen besteuert werden, f¨ur bestimmte gesch¨aftliche Aktivit¨aten und Trans- aktionen k¨onnen Steuerbefreiungen gelten oder Steuergutschriften entstehen, ein Unter- nehmen verfolgt eine besonders effektive Steuerplanungsstrategie oder es handelt sich tats¨achlich um F¨alle von Steuerhinterziehung bzw. -betrug.6 Steuervermeidung bedeu- tet aber nicht zwingend eine komplexe Konstruktion mit Auslandsbezug, sondern kann

1 Siehe https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&

Gesetzesnummer=10004570

2 Vgl. z.B. Pinkernell (2012).

3 Siehe http://www.oecd.org/tax/beps-2015-final-reports.htm

4 Vgl. Francis / Hasan / Wu / Yan (2014), S.174.

5 Vgl. Scheiblauer (2014), S.168.

6 Vgl. Zeng (2011), S.272.

(8)

auch ganz unspektakul¨ar auf nationaler Ebene stattfinden. Z.B. durch die Aus¨ubung eines Wahlrechts zur Bilanzierung eines bestimmten Sachverhalts.

1.1 Begriffsdefinition

In der Literatur wird man mit unterschiedlichsten Begriffen in Bezug auf die Steuerpla- nung der Wirtschaftsteilnehmer konfrontiert. Man spricht einerseits von tax avoidance (= Steuervermeidung) und andererseits von tax evasion (=Steuerhinterziehung). H¨aufig werden auch Begriffe wie Steuerbetrug oder aggressive Steuerpolitik und ¨ahnliches ver- wendet.

Rechtlich betrachtet unterscheidet man zwischen der legalen Ausnutzung von gesetzli- chen Spielr¨aumen, worunter die Begriffe Steuervermeidung und aggressive Steuerpoli- tik fallen, und der illegalen Steuerplanung, n¨amlich der Hinterziehung und dem Betrug.

Welche Transaktionen aber wo zuzuordnen sind, stellt h¨aufig eine Grauzone dar.7 Han- lon/Heitzman (2010) beschreiben es als Kontinuum, das von Steuervermeidung bis Steu- erhinterziehung reicht. Wann eine Transaktion mehr dem einen oder dem anderen zuzu- ordnen ist, h¨angt stark damit zusammen, wie aggressiv damit eine Reduktion der Steuern verfolgt wird. Ehrke-Rabel (2013) sieht den ¨Ubergang zum Missbrauch, ab einer Sachver- haltsgestaltung ausschließlich zum Zweck der Steuerminderung, was mitunter zu einem Vergehen iSd Finanzstrafrechts f¨uhren kann.

Eine Trennung der Begrifflichkeiten stellt einerseits dadurch ein Problem dar, dass aus den verf¨ugbaren Unternehmensdaten nicht hervorgeht, ob eine geringe effektive Steuerlast aus realen, steuerlich beg¨unstigten T¨atigkeiten, aus T¨atigkeiten, welche nur zur Senkung von Steuern unternommen werden, oder aus gezielten Steuervorteilen durch Einsatz von lobbying resultiert.8 Andererseits ist auch die Einstufung einer Aktivit¨at als legal oder illegal oft nicht eindeutig.9

Da schon bei der verbalen Beschreibung steuermindernder Verhaltensweisen keine klare Abgrenzung m¨oglich ist, macht es deutlich, dass bei der weiteren Untersuchung in die- ser Arbeit, ebenfalls keine konkretere Unterscheidung vorgenommen werden kann. Auch kann aus den dieser Arbeit zugrunde liegenden Daten nicht entnommen werden, wodurch ein Steuervorteil entstanden ist. In Anlehnung an Hanlon/Heitzman(2010) soll also unter Steuervermeidung jede Art der Reduktion von Steuern verstanden werden, welche sich schlussendlich im effektiven Steuersatz des jeweiligen Unternehmen widerspiegelt.

7 Vgl. Winkler (2015), S.291.

8 Vgl. Hanlon / Heitzman (2010), S.137.

9 Vgl. Weisbach (2004), S.9.

(9)

1.2 Relevanz,Problemstellung und Motivation

1.2.1 Relevanz und Problemstellung

Unternehmen werden unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit gef¨uhrt. Es ist also an- zunehmen, wie in der Einleitung schon erw¨ahnt, dass Wirtschaftsteilnehmer versuchen, durch optimale Ausnutzung des gesetzlichen Rahmens, ihren Aufwand aus expliziten Steu- ern, also die durch das Einkommensteuersystem verursachte Steuerlast, zu reduzieren.

In der Privatwirtschaft ist der Anreiz zur Steuervermeidung klar verst¨andlich. Viele Un- ternehmen stehen aber auch im Eigentum des Bundes, der L¨ander und Gemeinden. Kurz gesagt sie stehen im Staatseigentum bzw. haben sie unter anderen auch einen staatlichen Anteilseigner. Eine Steuerzahlung des Unternehmens stellt f¨ur den Staat also gleichzeitig eine Ausgabe und eine Einnahme dar. Warum also sollten diese Unternehmen eine Steu- erplanung vornehmen?

Ob Steuervermeidung an sich betrieben wird, stellt in der aktuellen Entwicklung der steu- erwissenschaftlichen Forschungsarbeiten nur die Vorfrage zur eigentlichen Untersuchung dar. Vielmehr geht man dort bereits auf die n¨achste Ebene, und fragt nach der Mo- tivation f¨ur aggressive Steuerpolitik oder nach dem Ausmaß der Steuervermeidung bei Unternehmen mit bestimmten Merkmalen im Vergleich zu jenen, welche die untersuchten Merkmale nicht besitzen. Tritt Steuervermeidung nur bei bestimmten Arten von Unter- nehmen auf oder wird diese generell betrieben? Ist diese mit bestimmten Individuen (z.B.

Gesch¨aftsf¨uhrern) im Unternehmen verkn¨upft, bzw. mit einer gewissen Strategie, welche von diesen Individuen verfolgt wird?

Diese Arbeit besch¨aftigt sich mit Steuervermeidung im Zusammenhang mit der Eigent¨umer- struktur von Unternehmen. Der Einfluss der Eigent¨umerstruktur auf die Steuervermei- dungspolitik wurde bisher noch wenig erforscht. Zeng (2011) untersucht unter anderem den Einfluss von Staatseigentum auf die effektive Steuerlast von an der B¨orse gelisteten Unternehmen in China. Khan et al. (2017) geht auf die Anteile in institutionellem Besitz ein. Eine weitere Studie, die sich mit staatlichen Unternehmen besch¨aftigt hat, ist jene von Adhikari et al. (2006) . Die vorliegende Arbeit untersucht das Ausmaß der Steuer- planung ¨offentlicher Unternehmen. Es soll die Frage beantwortet werden, ob staatliche Unternehmen Steuervermeidung betreiben und ob diese im selben Ausmaß, wie bei pri- vaten Unternehmen, betrieben wird. Die Fragestellung soll anhand eines Vergleichs der effektiven Steuers¨atze von Unternehmen im Staatsbesitz mit Unternehmen im Privatbesitz bearbeitet werden, wobei zus¨atzlich eine Kategorisierung des Ausmaßes der staatlichen Beteiligung vorgenommen wird und kurz auf einen Branchenvergleich eingegangen wird.

(10)

1.2.2 Motivation ¨offentlicher Unternehmen zur Steuervermeidung

Bevor untersucht wird, ob ¨offentliche Unternehmen tats¨achlich Steuervermeidung betrei- ben, sollen m¨ogliche Anreize betrachtet werden. Motivationen f¨ur Steuervermeidungsak- tivit¨aten festzustellen, ist nur schwer m¨oglich, jedoch gibt es zahlreiche Studien, die sich mit diesem Thema auseinandergesetzt haben. Gupta/Newberry (1997) haben Steuerver- meidung mit verschiedenen Unternehmenscharakteristiken in Beziehung gesetzt. Da ein Unternehmen nicht selbst handelt, sondern das Management dahinter, gingen z.B. De- sai/Dharmapala (2006), Desai/Dharmapala (2009), Rego/Wilson, Armstrong et al.(2012) und Armstrong et al. (2015) einen Schritt weiter und untersuchten Anreize f¨ur Steuerpla- nung nicht auf Ebene des Unternehmens selbst, sondern verkn¨upften sie mit dem Manage- ment. Dabei wurde untersucht, ob Steuervermeidung mit der Verg¨utung des Managements zusammenh¨angt. Obwohl die Ergebnisse im einzelnen differieren, gehen alle Studien da- von aus, dass gewinnabh¨angige Verg¨utungen, Steuervermeidungsaktivit¨aten f¨ordern. De- sai/Dharmapala (2009) modellierten die Untersuchung als Principal-Agent Ansatz und kamen zum Schluss, dass Verg¨utungen, die Manager in eine Shareholder ¨ahnliche Situa- tion bringen, opportunistisches Verhalten reduzieren. Das heißt, es wird zwar weiterhin aggressiv Steuervermeidung betrieben, aber nur solche, die im Einklang mit Shareholder- interessen stehen bzw. den Unternehmenswert steigern. 10 Aus diesen Studien l¨asst sich ableiten, dass, wenn Managerverg¨utungen variabel ausgestaltet sind, oder zumindest ein variables Element enthalten, eine aggressivere Steuerpolitik zu erwarten ist. ¨Offentliche Unternehmen bestehen zu einem großen Teil aus Versorgungsunternehmen, bei denen eine variable Entlohnung keine große Rolle spielen d¨urfte. Bei Betrachtung einiger Gehalts- schemen von Gesch¨aftsf¨uhrern ¨offentlicher Unternehmen, konnten aber variable Anteile festgestellt werden.11 Daher ist es naheliegend zu vermuten, dass das Management ¨offent- licher Unternehmen, nicht anders handelt, als das Management in der Privatwirtschaft.

Ertragsteuern sind gemeinschaftliche Bundesabgaben12. Die Steuerzahlungen werden auf Bund L¨ander und Gemeinden nach einem bestimmten Schl¨usselaufgeteilt. Besitzt also z.B.

eine Stadt ein Unternehmen und f¨uhrt f¨ur den Gewinn K¨orperschaftsteuer ab, bekommt Sie die Steuer nicht direkt zur Finanzierung ihres ¨offentlichen Haushalts. Diese wird nach dem Schl¨ussel aufgeteilt, was je nach Gr¨oße der Stadt und H¨ohe der Steuerzahlung nachtei- lige Auswirkungen haben kann.13Es kann also nicht von vornherein angenommen werden,

10 Vgl. Desai / Dharmapala (2009), S.169-186.

11 Vgl. z.B. Vorstandsverg¨utungen in den ATX-Unternehmen, CG-Bericht Verbund AG, CG-Bericht EVN, CG-Bericht Post AG

12 §6 F-VG iVm§8 f FAG

13 Vgl. Ehrke-Rabel (2013), S.16-19.

(11)

dass Steuern direkt aus dem Unternehmen in die eigene Tasche gezahlt werden. Damit w¨are es gleichg¨ultig ob das in Form eines Unternehmensgewinns oder einer Steuereinnah- me erfolgt. Da aber eine Umverteilung durchgef¨uhrt wird, k¨onnte zumindest f¨ur manche Anteilseigner, ein Anreiz bestehen Steuern zu vermeiden. F¨allt die Beteiligung dieser An- teilseigner am Unternehmen groß genug aus, um Einfluss auf Entscheidungen nehmen zu k¨onnen, werden diese Unternehmen dazu geneigt sein, Steuervermeidung zu betreiben.

Es gibt also durchaus Anhaltspunkte daf¨ur, eine Steuervermeidung ¨offentlicher Unterneh- men nicht von vornherein auszuschließen, was es wert macht, eine Untersuchung dieser Unternehmen vorzunehmen.

Diese Arbeit richtet sich sowohl an politische Entscheidungstr¨ager f¨ur Zwecke der Ausge- staltung des Finanzausgleichs als auch an Anteilseigner, seien diese staatlich oder privat, f¨ur Zwecke der Managemententlohnung.

(12)

1.3 Aufbau der Masterarbeit

Zur Einf¨uhrung in das Thema Steuervermeidung wurde bereits auf eine kurze Begriffs- definition und die Relevanz der Thematik sowie auf die Motivation zur Bearbeitung des Themas der vorliegenden Arbeit eingegangen. Im zweiten Kapitel folgt ein ¨Uberblick ¨uber die verwendete und verwandte Literatur, welche von einf¨uhrenden Artikeln, ¨uber Messar- ten von Steuervermeidung bis hin zu spezifischen Forschungsfragen, wie z.B. der Einfluss von Eigent¨umerstrukturen oder Managerverg¨utungen, reicht. Anschließend werden diver- se Messarten der Steuervermeidung besprochen, Vor-und Nachteile herausgearbeitet und erkl¨art, welche Messart f¨ur die vorliegende Studie verwendet wird. Im Detail werden ef- fective tax rates und book-tax differences besprochen. Das darauffolgende Kapitel geht auf die Untersuchungsmethodik ein. Es wird zun¨achst die Auswahl der Stichprobe erkl¨art und die Determinanten der effective tax rates erl¨autert, die f¨ur die auzustellende Regressions- gleichung verwendet werden sollen. F¨ur jede Determinante wird ein erwartetes Vorzeichen betreffend ihren Einfluss auf den effektiven Steuersatz angegeben. Im n¨achsten Kapitel wird die empirische Untersuchung durchgef¨uhrt. Es werden zuerst deskriptive statistische Auswertungen vorgenommen, danach eine Korrelationstabelle der Determinanten erstellt und die Regressionsanalyse durchgef¨uhrt. Die Ergebnisse werden in Tabellen dargestellt und anhand der zuvor aufgestellten Erwartungen erl¨autert. Die durchgef¨uhrte Regression wird danach auf ihre Robustheit gepr¨uft. Es wird z.B. eine weitere abh¨angige Variable getestet, ein effektiver Steuersatz der mit dem Cash Flow an Stelle desproift before taxes berechnet wird. Nach jedem Robustheitstest werden die Ergebnisse erl¨autert und mit den zuvor erhaltenen Ergebnissen verglichen. Es folgt eine Zusammenfassung der Resultate und abschließend eine Schlussfolgerung aus der Untersuchung.

(13)

2 Literatur¨ uberblick

Nicht zuletzt aus der noch immer herrschenden Unklarheit der Begriffsdefinitionen der Steuervermeidungsthematik ist ersichtlich, dass dieses Thema noch immer viele Fragen aufwirft und deshalb in der (empirischen) Forschung aktuell bleibt. Die Literatur reicht von theoretischen Artikeln ¨uber Definitionen und Berechnungsarten der Steuervermeidung bis hin zu spezifischen empirischen Fragestellungen betreffend die Einflussfaktoren f¨ur Steuervermeidungsaktivit¨aten in Unternehmen. Folgend wird die wichtigste in der Arbeit verwendete Literatur, sowie Literatur, welche verwandte wissenschaftliche Arbeiten zum Thema hat, kurz umrissen.

2.1 Einf¨ uhrende Literatur und Messung von Steuervermeidung

Ein sehr h¨aufig zitierter und zentraler Artikel f¨ur die meisten folgend erw¨ahnten Arbei- ten und beschriebenen Literatur ist Hanlon/Heitzman (2010)14 der einen ¨Uberblick ¨uber die verschiedenen Zug¨ange zur Steuerforschung gibt, und unter anderem eine allgemeine Einf¨uhrung zum Thema Steuervermeidung zum Inhalt hat. Es werden die verschiede- nen Arten zur Messung von Steuervermeidung besprochen und erkl¨art f¨ur welche Un- tersuchungszwecke diese anzuwenden sind. Ziel ihrer Arbeit war es, die empirische und theoretische Steuerforschung auf den Gebieten Rechnungswesen, Wirtschaft und Finan- zen zusammenzuf¨uhren. Es soll eine Zusammenfassung ¨uber bereits Bekanntes und ein Uberblick betreffend den zuk¨¨ unftigen Forschungsbedarf ¨uber noch Unbekanntes gegeben werden, um dadurch weitere Forschungen anzuregen. Der Fokus wird auf die Forschung mit Unternehmen gelegt, da dort die meisten Disziplinen vereint werden und der Schwer- punkt der Forschung im Allgemeinen gelegen ist. Eine ¨ahnliche Arbeit zur empirischen Steuerforschung liefern Shackelford/Shevlin (2001).

In Verbindung mit der Arbeit von Hanlon/ Heitzman (2010) sehen Dunbar et al. (2010) ihre Forschung als Leitlinie f¨ur die zuk¨unftige Forschung am Gebiet der Steueraggressi- vit¨at. Die Wissenschaftler f¨uhren eine umfassende ¨Uberpr¨ufung und Analyse verschiedener vorgeschlagener Messarten zur Steuervermeidung durch. Insgesamt werden 9 Messarten der Steueraggressivit¨at betrachtet und untersucht, ob diese (zumindest ¨ahnliche) ihnen zugrunde liegende Konstrukte erfassen, was zu ¨ahnlichen Schlussfolgerungen betreffend das Niveau der Steueraggressivit¨at von Unternehmen f¨uhren soll. Die konzeptionelle Her- ausforderung dieser Forschungsrichtung ist das Fehlen einer einheitlichen Definition von

14 Vgl. Hanlon / Heitzman (2010), S.127-178.

(14)

Steueraggressivit¨at. Die Autoren diskutieren 4 Varianten des effektiven Steuersatzes, bei welchen der Z¨ahler jeweils ein Maß f¨ur die Steuerbelastung enth¨alt und im Nenner eine Gr¨oße steht, welche die F¨ahigkeit zur Bezahlung der Steuern ausdr¨uckt. Zwei weitere Maß- gr¨oßen basieren auf den Differenzen zwischen unternehmensrechtlichen und steuerrecht- lichen Regelungen und drei Gr¨oßen gehen aus ¨okonometrischen Modellen zur Sch¨atzung der Steueraggressivit¨at hervor. Zun¨achst werden die Messgr¨oßen beschrieben und die Ver- wendung in bisherigen Studien diskutiert. Weiters werden die Gr¨oßen zueinander in Be- ziehung gesetzt und ihr Zusammenhang mit diversen Unternehmensmerkmalen wie z.B.

Unternehmensgr¨oße, Rentabilit¨at oder ausl¨andischer Ergebnisanteil analysiert. F¨ur die Studie wurden Unternehmensdaten aus der Datenbank Compustat der Jahre 1990 bis 2009 verwendet.

Blouin (2014) besch¨aftigt sich in ihrer Arbeit mit den Konzepten der Steueraggressivit¨at und des Steuerrisikos. Obwohl in diesen Bereichen schon ausf¨uhrliche Forschungen betrie- ben werden, gibt es weder eine einheitliche Definition noch einen einheitlichen Maßstab f¨ur die Steueraggressivit¨at oder das Steuerrisiko. Die Autorin sieht Ihre Arbeit als Anreiz zu einem Dialog, der darauf hinweisen soll, dass die beiden Konzepte nicht voneinander getrennt betrachtet werden k¨onnen, sondern das eine nur im Zusammenhang mit dem an- deren definiert werden kann. Steuerplanung, die zu gewissen steuerlichen Vorteilen f¨uhrt, sollte nicht per se als aggressiv verstanden werden. Politische Entscheidungstr¨ager argu- mentieren zwar, dass Steuerplanungsm¨oglichkeiten auf Schlupfl¨ocher in Gesetzen zur¨uck- zuf¨uhren sind, jedoch kann nicht davon ausgegangen werden, dass Unternehmen durch Abschluss einer solchen Planung erhebliche Risiken eingehen. Die Autorin kommt in Ih- rer Forschung zu dem Ergebnis, dass niedrige effektive Steuers¨atze nicht zwingend mit riskanten bzw. unsicheren Steuerplanungsaktivit¨aten in Verbindung stehen und gibt der zuk¨unftigen Forschung weiter Anreiz bessere empirische stellvertretende Gr¨oßen f¨ur die Erfassung aggressiver Steuerplanung zu finden.

Dyreng et al.(2008) entwickeln und beschreiben in ihrer Studie eine neue Art zur Mes- sung von langfristiger Steuervermeidung. Sie verwenden die Messung zur Feststellung in welchem Ausmaß Unternehmen f¨ahig sind Steuern ¨uber einen Zeitraum von 10 Jahren zu vermeiden und wie gut sich der effektive Steuersatz eines Wirtschaftsjahres f¨ur Vorhersa- gen zu langfristigen Steuervermeidungsaktivit¨aten eignet. Die Steuervermeidung an sich wird als der Betrag der Einkommensteuerzahlung im Vergleich zum Betrag des Ergebnis- ses vor Steuern gemessen. Der Schwerpunkt der Forschung liegt in der Art der Messung, spezifische Untersuchungen ¨uber die Neigungen zur Steuervermeidung der untersuchten Unternehmen werden nicht unternommen. Diese sollen f¨ur zuk¨unftige Projekte offen ge- lassen werden.

(15)

Fernandez-Rodriguez/Martinez-Arias (2012) studieren in ihrer Arbeit die Determinanten des effektiven Steuersatzes von b¨orsennotierten Unternehmen in China und den USA. Die Ergebnisse zeigen die Gr¨oße eines Unternehmens, die Kapitalstruktur, die Zusammen- setzung der Verm¨ogensgegenst¨ande und die Rentabilit¨at als beeinflussende Gr¨oßen der Steuerbelastung auf. Sie stellen des weiteren signifikant h¨ohere effektive Steuers¨atze von US-amerikanischen im Vergleich zu chinesischen Unternehmen fest, was auf die Steuerpo- litik des jeweiligen Landes zur¨uckzuf¨uhren ist. In einer Folgestudie der beiden Autoren aus dem Jahr 2014 , durchgef¨uhrt mit b¨orsennotierten Unternehmen aus den BRIC Staaten, zeichnet sich die Intensit¨at der Vorr¨ate als signifikante Determinante ab. Des weiteren zeigen die Ergebnisse eine Auswirkung des effektiven Steuersatzes eines Jahres auf die Steuerbelastung im Folgejahr.

2.2 Steuervermeidung diverser L¨ ander in Relation

Jaafar/Thornton (2015) besch¨aftigen sich in ihrer Studie mit der Auswirkung von Ge- sch¨aftst¨atigkeiten in Steueroasen auf den effektiven Steuersatz von b¨orsennotierten und privaten Unternehmen in Europa. In einem zweiten Schritt beleuchten die Autoren den Einfluss des Besteuerungssystem (gegen¨ubergestellt wird eine weltweite versus einer ter- ritorialen Besteuerung). Abschließend wird untersucht, wie das Steuermeldesystem des jeweiligen Landes mit Steueroasen interagiert, um Werte zu erhalten, aus denen der ef- fektive Steuersatz bestimmt werden kann. Wieder wird der effektive Steuersatz (einmal berechnet als Steueraufwand dividiert durch das Ergebnis vor Steuern und einmal als Steu- eraufwand dividiert durch den Cash Flow) zur Messung der Steuervermeidung verwendet und in ein Regressionsmodell eingesetzt. Zur Datensammlung wird die Amadeus Daten- bank von Bureau Van Dijk verwendet. Die Studie zeigt, dass Steueroasen zur Vermeidung von Steuern genutzt werden. Der Zusammenhang ist bei privaten Unternehmen, ungeach- tet des Besteuerungssystems des Sitzstaates, st¨arker als bei b¨orsennotierten. Die Studie st¨oßt, wie alle Forschungsarbeiten15 an ihre Grenzen, wenn es um die zugrundeliegen- de Datenqualit¨at geht. Die verf¨ugbaren Unternehmensdaten sind zumeist an Investoren gerichtet und nicht an Finanzbeh¨orden. Vor allem Daten betreffend die Steuerlast sind in der Regel nicht ¨offentlich zug¨anglich. Zus¨atzlich sehen die Autoren die Annahme als problematisch an, dass Steueraktivit¨aten in sogenannten

”tax havens“ die Steuerlast be- einflussen. F¨ur die Zukunft erachten sie die Erforschung des Zusammenhangs zwischen der Eigent¨umerstruktur eines Unternehmens und Aktivit¨aten in Steuerparadiesen als wichtig.

15 Vgl. Hanlon / Heitzman (2010), S.139.

(16)

Thomsen/Watrin (2018) untersuchen Unterschiede in der Entwicklung des Steuervermei- dungsverhaltens US amerikanischer und europ¨aischer Unternehmen. Dazu betrachten sie die effektiven Steuers¨atze der Unternehmen ¨uber einen Zeitraum von 12 Jahren von 2005 bis 2016. Zus¨atzlich wird auch der gesetzliche Steuersatz einbezogen und mit dem effek- tiven Steuersatz verglichen. Die Ergebnisse zeigen einen R¨uckgang des effektiven Steuer- satzes in fast allen OECD Staaten der Stichprobe. Jedoch wurde bei europ¨aischen Un- ternehmen auch eine r¨uckl¨aufige Abweichung zum gesetzlichen Steuersatz im Vergleich zu US amerikanischen Unternehmen festgestellt. M¨ogliche Erkl¨arungen daf¨ur sind, dass in Europa die Besteuerungsgrundlage ausgeweitet wurde und gleichzeitig eine Senkung des Steuersatzes eingef¨uhrt wurde, w¨ahrend in den USA erst dar¨uber debattiert wird.

Erheblich f¨ur die, im Vergleich, großen Differenzen zwischen effektivem und gesetzlichem Steuersatz ist, dass die USA, unter den weltweit gr¨oßten Volkswirtschaften, bis zum Jahr 2018 einen der h¨ochsten gesetzlichen Steuers¨atze hatten.16 Die Aussage, dass europ¨aische Unternehmen weniger Steuervermeidung betreiben als US amerikanische sollte also nicht ohne Vorbehalt getroffen werden. Auf Grundlage der Studie schlagen die Autoren vor den Regierungen zwei M¨oglichkeiten zur Anpassung des Besteuerungssystems zu geben, um einen wettbewerbsf¨ahigen Weltmarkt zu gew¨ahrleisten. Der Studie zufolge sollten die Regierungen eine Wahl treffen zwischen einer breiteren Besteuerungsgrundlage und als Ausgleich die Anwendung eines moderaten Steuersatzes, oder der Gew¨ahrung von Steu- ervorteilen als Ausgleich f¨ur einen hohen Steuersatz.

2.3 Steuervermeidung und Eigent¨ umerstrukturen

Chen et al.(2010) untersuchen Unternehmen in Familienbesitz auf das Ausmaß der Steu- ervermeidung im Vergleich zu Unternehmen, die nicht in Familienbesitz sind. Sie gehen dabei auf die Agency-Problematik zwischen Eigent¨umer und Manager eines Unterneh- mens ein. Die Autoren definieren Familienbetriebe als solche, bei denen Mitglieder der Gr¨underfamilie entweder in einer F¨uhrungsposition, im Vorstand oder als Großaktion¨ar aktiv sind. Die Messung der Steuervermeidung erfolgt ¨uber den effektiven Steuersatz. Die Unternehmensdaten stammen aus der Datenbank Compustat, welche Daten zum gesam- ten Steueraufwand eines Unternehmens und den gezahlten Steuern enthalten, woraus zwei Berechnungsarten des effektiven Steuersatzes f¨ur diese Studie resultieren.17 Das verwen-

16 Siehe https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Broschueren_

Bestellservice/2019-03-15-WB-US-Steuerreform-2018.pdf?__blob=publicationFile&v=6#:

~:text=Im%20Jahr%202018%20haben%20die,%25%20auf%20rund%2031%20%25%20erh%C3%B6ht.

17 Die

effective tax rate gemessen als gesamtes Steueraufkommen durch das Einkommen vor Steuern und die

cash effective tax rate gemessen als die gezahlten Steuern durch das Einkommen vor Steuern.

(17)

dete Regressionsmodell enth¨alt die ¨ublichen Kontrollvariablen.18 Ihre Ergebnisse zeigen, entgegen den Erwartungen, dass Familienunternehmen eine weniger aggressive Steuerpo- litik verfolgen als Nicht-Familienunternehmen. Familienunternehmen legen gr¨oßeres Au- genmerk auf die potentiellen Kosten, die ihnen aus dem Misstrauen der Anleger und der Rufsch¨adigung durch m¨ogliche Strafen der Steuerbeh¨orden erwachsen k¨onnen, wenn die Unternehmen in Steuervermeidungsaktivit¨aten involviert sind, als auf den Vorteil, der ihnen durch Steuerersparnisse entstehen kann.

Adhikari et al. (2006) haben sich mit dem Einfluss von Unternehmen mit politischen Ver- bindungen (gemessen am Anteil des staatlichen Kapitalbesitzes am Unternehmen) in Ma- laysien besch¨aftigt. Die Autoren gehen speziell darauf ein, dass es Unterschiede zwischen dem westlichen und dem ostasiatisch gepr¨agten Kapitalismus gibt. Diese Differenzierung ist wichtig, da auch hier die Indikatorvariable

”Staatsbesitz“ im Regressionsmodell ver- wendet wird. Um die Ergebnisse der Studie jedoch richtig interpretieren zu k¨onnen, wird einf¨uhrend die Rolle des Staates f¨ur ostasiatische Unternehmen erkl¨art. Unternehmen im ostasiatischen Raum arbeiten h¨aufiger auf Basis von Beziehungen. Der Staat ¨uber- nimmt eine Art Patronatsfunktion f¨ur Firmen mit sogenannten

”politischen Verbindun- gen“. Diese Verbindungen haben Einfluss auf den effektiven Steuersatz, sind jedoch noch wenig erforscht. Die Autoren vermuten, dass der wirtschaftliche Einfluss von L¨andern mit

”relationship-based economies“ weiter an Bedeutung gewinnt und ihre Forschung so auch f¨ur die Entwicklung der effektiven Steuers¨atze in westlichen L¨andern Aufschl¨usse geben wird. Ihre Ergebnisse zeigen, dass politische Verbindungen eine wichtige Komponente des effektiven Steuersatzes sind. Wie erwartet zahlen malaysische Unternehmen mit hohem Staatsbesitzanteil signifikant weniger Steuern als andere.

Die Studie verwendet, wie in der Forschung zur Steuervermeidung ¨ublich19, den effekti- ven Steuersatz als Maßeinheit f¨ur Steuervermeidung. Zur Durchf¨uhrung der Tests wird ein Regressionsmodell verwendet. Die Indikatorvariable stellt das Ausmaß der politischen Ver- bindungen dar. Als Kontrollvariablen werden die g¨angigen Gr¨oßen Unternehmensgr¨oße, Verschuldungsgrad, Kapitalintensit¨at, Intensit¨at der Vorr¨ate, Rentabilit¨at und speziell das Kurs-Gewinn-Verh¨altnis verwendet.

18 z.B. ROA, Verschuldungsgrad, Sachanlageverm¨ogen, Anteil der immateriellen Anlageg¨uter, Unterneh- mensgr¨oße, etc. ...

19 Vgl. Hanlon / Heitzman (2010), S.139.

(18)

Zeng (2011) erforschte eine ¨ahnliche Fragestellung, wie auch jene, die dieser Arbeit zu- grunde liegt. Untersucht wird der Einfluss der Eigent¨umerkonzentration auf Steuervermei- dungsaktivit¨aten in China, wobei unter anderem die Konzentration der Anteile in Staats- eigentum ein Rolle spielt. Zur Messung der Steuervermeidung wird der effektive Steuersatz herangezogen und in ein Regressionsmodell eingesetzt welches die Indikatorvariablen Ei- gent¨umerkonzentration und Staatsbesitz enth¨alt, sowie die ¨ublichen Kontrollvariablen20 und die Dummyvariablen Jahr und Wirtschaftszweig. Seine Ergebnisse zeigen, dass Unter- nehmen mit hoher Anteilskonzentration einen niedrigeren effektiven Steuersatz aufweisen.

Zus¨atzlich haben Unternehmen, deren gr¨oßter Anteilseigner staatlich bzw. staatsnah ist, einen h¨oheren effektiven Steuersatz relativ zu privaten bzw. staatsfernen Unternehmen.

Der Autor trifft die Annahme, dass staatliche Unternehmen eher soziale und politische Ziele verfolgen und daher nicht in erster Linie auf die Maximierung des Ergebnisses nach Steuern ausgerichtet sind. ¨Ahnliche Ergebnisse zeigt die Studie von Liu/Cao (2007).

Eine j¨ungere Studie von Khan et al. (2017) geht ebenfalls auf die Eigent¨umerstruktur ein, und untersucht Unternehmen in institutionellem Besitz d.h. Unternehmen bei denen Anteile von Finanzorganisationen, Pensionsfonds, Stiftungen und ¨ahnlichen Einrichtungen gehalten werden. Es wird keine weitere Unterscheidung der institutionellen Anteilseigner getroffen. Getestet werden Unternehmen des Russel 1000 (2000) Index21. Zur Messung der Steuervermeidung verwenden die Autoren die g¨angige Maßgr¨oße den effektiven Steuersatz (ETR) und zwar einmal den GAAP ETR und einmal den Cash ETR. Die Ergebnisse zeigen, dass zunehmender institutioneller Besitz mit einer zunehmenden Neigung zu einer aggressiven Steuerpolitik einhergeht.

Ying et al. (2017) gehen wie Zeng (2011) auf die Struktur der Anteilseigner chinesischer Unternehmen im Zusammenhang mit aggressiver Steuerpolitik ein. Sie stellen sich die Fra- ge, ob Unternehmen mit Verbindungen zum Staat in Form von staatlichem Besitz bzw.

staatlicher Kontrolle, positiv mit einer aggressiven Steuervermeidungspolitik korrelieren.

Als zweite Hypothese wird getestet, ob das Ausmaß der staatlichen Verbindung eine Rolle spielt. Interessant im Vergleich zur Forschung von Khan et al. (2017) ist der Test auf einen negativen Zusammenhang von Steuervermeidung und institutionellem Besitz. Zur Mes- sung der Steuervermeidung werden hier die

”book-tax differences“, also der Unterschied zwischen dem unternehmensrechtlichen und dem steuerrechtlichen Ergebnis verwendet.

Die Daten f¨ur das Ergebnis vor Steuern und den Steueraufwand stammen aus der Daten-

20 Siehe oben bei Chen et al.(2010).

21 Der Russel 1000 (2000) Index besteht aus den 1000 gr¨oßten (2000 n¨achst gr¨oßten) b¨orsennotierten Unternehmen, gemessen an der Marktkapitalisierung.

(19)

bank Compustat. Das steuerrechtliche Ergebnis wird gesch¨atzt indem der Steueraufwand durch den angewandten Steuersatz dividiert wird.22Die Ergebnisse der Studie zeigen einen positiven Zusammenhang zwischen Staatsbesitz bzw. staatlicher Kontrolle und aggressi- ver Steuervermeidungspolitik. Auch die Eigent¨umerkonzentration scheint einen positiven Einfluss auf Steuervermeidungsaktivit¨aten zu haben, w¨ahrend der institutionelle Besitz einen negativen Zusammenhang zeigt. Die Ergebnisse deuten generell auf einen großen politischen Einfluss auf Unternehmen hin. Die Autoren wenden sich mit dem Artikel an die ¨offentliche Ordnung und Unternehmensf¨uhrung in Schwellenl¨andern vergleichbar mit China.

2.4 Steuervermeidung und Unternehmensf¨ uhrung

Eine Studie von Francis et al. (2014) stellt sich die Frage, ob weibliche Finanzvorst¨ande eine weniger aggressive Steuerpolitik betreiben als m¨annliche. Sie legen den Fokus auf Fir- men bei denen ein Wechsel von einem m¨annlichen zu einem weiblichen CFO durchgef¨uhrt wurde und vergleichen das Ausmaß an Steueraggressivit¨at der Perioden vor und nach dem ¨Ubergang. Sie binden dabei psychologische Studien zu geschlechtsspezifischer Risi- koaversion ein. Die Unternehmen der Stichprobe stammen aus dem S&P 1500 Index. Es werden drei Variablen zur Messung von Steueraggressivit¨at verwendet. Erstens wird die Wahrscheinlichkeit von

”tax sheltering“23 gemessen. Als zweites werden prognostizierte nicht erfasste Steuervorteile gemessen24 und als drittes Maß die willk¨urlichen permanen- ten ”book-tax differences“25 verwendet. Das Regressionsmodell ist unter anderem an die Studie von Chen et al. (2010) angelehnt.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass weibliche CFOs, im Vergleich zu m¨annlichen CFOs, weniger steueraggressiv handeln. Die Risikoaversion von Frauen stellt einen wichtigen Fak- tor, wenn nicht den Hauptgrund, f¨ur die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Steu- eraggressivit¨at dar. In weniger risikoreichen Situationen gibt es jedoch keinen Anhalts- punkt f¨ur unterschiedliche Verhaltensmuster von weiblichen im Vergleich zu m¨annlichen CFOs.

22 Vgl. Desai / Dharmapala (2006), S.158.

23 Basierend auf der Forschung von Wilson (2009).

24 Diese werden mit den gesch¨atzten Koeffizienten des Vorhersagemodells von Rego/Wilson (2012) be- rechnet

25 Nach der Arbeit von Frank et al. (2009)

(20)

Armstrong et al. (2015) besch¨aftigen sich in Ihrer Studie mit dem Zusammenhang zwi- schen Steuervermeidung und Charakteristiken der Unternehmensf¨uhrung sowie Anreizen betreffend das Eigenkapital von Managern. Sie untersuchen im Speziellen extrem hohe Level an Steuervermeidungspolitik, da Beziehungen zwischen F¨uhrungsmechanismen und Nettonutzen aus der Steuervermeidung oft erst in Randbereichen (bei Betrachtung einer Verteilung) in Erscheinung treten. Ihre Forschung steht im Einklang mit der Aussage fr¨uherer Studien26, die ergaben, dass sich Manager durch vermehrte Steuervermeidung pers¨onliche Vorteile erhoffen. Ihre Ergebnisse zeigen, dass risikobehaftete Eigenkapitalan- reize positiv mit Steuervermeidungsaktivit¨aten korrelieren und dies umso st¨arker, desto mehr Steuervermeidung betrieben wird. Da hohe Anreize geboten werden m¨ussen, um gewisse Level an Steuervermeidung in Kauf zu nehmen, sehen die Autoren das optimale Ausmaß an Steuervermeidung keinesfalls im Extrembereich sondern vielmehr dort, wo die Grenzkosten der Manager deren Grenznutzen aus der Aktivit¨at gleichen. Die Autoren weisen aber darauf hin, dass die Ergebnisse sehr sensibel auf die Art der Messung von Steuervermeidung und Unternehmensf¨uhrung sind. Weitere ¨ahnliche Arbeiten stammen von Desai/Dharmapala (2009) , Rego/Wilson und Armstrong et al.(2012).

Young (2017) besch¨aftigen sich mit dem Thema Unternehmensf¨uhrung und wie diese Steuervermeidungsaktivit¨aten beeinflusst. Der Autor fokussiert sich auf die Umsetzung von Vorschl¨agen seitens der Anteilseigner zur Unternehmensf¨uhrung, welche in der j¨ahrli- chen Hauptversammlung pr¨asentiert werden. Allein die Verabschiedung eines Vorschlages impliziert noch nicht, dass dieser auch umgesetzt wird, jedoch zeigen die Ergebnisse, dass Vorschl¨age, die nur knapp angenommen wurden um rd. 21% h¨aufiger umgesetzt werden als jene, die fehlgeschlagen sind. Zur Untersuchung wird ein Regressionsdiskontinuit¨atsmodell aufgestellt, welches die Annahme trifft, dass eine Weitergabe von Vorschl¨agen mit einer Zustimmung um die 50% Schwelle zuf¨allig ist. Die Ergebnisse zeigen, dass Vorschl¨age, die gerade so viele Stimmen bekommen haben, dass sie verabschiedet werden, den effektiven Steuersatz im Vergleich zu Unternehmen bei denen ein Vorschlag knapp nicht verabschie- det wird, verringern.

Bezeichnend f¨ur die moderne ¨Okonomie ist die Trennung von Unternehmenseigner und Unternehmensf¨uhrung. Kapitalgeber haben nur eingeschr¨ankte Mitbestimmungsrechte.

Vorangegangene Studien haben allerdings sehr uneinheitliche Ergebnisse erzielt. So ha- ben Minnick and Noga (2010) einen positiven Zusammenhang zwischen Steuervermeidung und einer hohen Sensibilit¨at des CEO f¨ur leistungsbezogene Entlohnung festgestellt, je- doch andere F¨uhrungseigenschaften keine Korrelation aufweisen. Rego und Wilson (2012)

26 Vgl. Desai / Dharmapala (2006).

(21)

zeigen, dass Anreize zu einem h¨oheren Eigenkapitalrisiko mit riskanteren Steuervermei- dungsstrategien einhergehen, dieser Zusammenhang jedoch nicht abh¨angig von der Art der Messgr¨oße f¨ur Unternehmensf¨uhrung ist. Weiters wird auf die Ergebnisse von Arm- strong et al. (2015) Bezug genommen.27

Die Differenzen lassen sich darauf zur¨uckf¨uhren, dass Steuern nur einer von vielen Fak- toren sind, die bei der Zusammensetzung bzw. Auswahl der F¨uhrungsebene eine Rolle spielen. Unternehmensf¨uhrung ist komplex und mehrdimensional und kann schwer in eine Maßgr¨oße umgewandelt werden, wodurch Messungen in empirische Analysen wenig zu- verl¨assig bzw. konstruktvalide sein k¨onnen. Schließlich stellt Unternehmensf¨uhrung immer eine endogene Gr¨oße dar. Da Steuern aber einen wesentlichen Kostenfaktor f¨ur Unterneh- men und ihre Anteilseigner darstellen und die Unternehmensf¨uhrung mehr als ein Drittel des Vorsteuerergebnisses ausmacht, ist ein Bedarf weiterer Forschung im Bereich der Aus- wirkung von Unternehmensf¨uhrung auf Steuervermeidung gegeben.

2.5 Steuervermeidung und ¨ offentlicher Druck

Dyreng et al. (2016) besch¨aftigen sich in Ihrer Studie mit den Reaktionen von Unter- nehmen auf eine ¨offentliche Pr¨ufung ihrer Unternehmensstandorte. Ausschlaggebend war eine Untersuchung von ActionAid International, einem gemeinn¨utzigem Verein, in der

¨uberpr¨uft wurde, welche FTSE 100 Unternehmen28 die Vorschriften zur Offenlegung ihrer Tochterunternehmen nicht erf¨ullten. Es besteht die Annahme, dass Entscheidungstr¨ager in Unternehmen die ¨offentliche Kontrolle von Steuervermeidungsaktivit¨aten als negativ erachten. Dies resultiert daraus, dass Bef¨urchtungen bestehen, dass der ¨offentliche Druck zu einer Gegenreaktion auf das Unternehmen und dessen Produkte von Investoren, Poli- tikern und Kunden f¨uhren. Eine umso st¨arkere Reaktion wird bei Unternehmen erwartet, die staatliche Auftragnehmer haben oder auf andere Weise von staatlichen Programmen profitieren. Die verwendete Stichprobe der Untersuchung besteht aus allen im Jahr 2010 im FTSE 100 Index gelisteten Unternehmen. Die Daten stammen aus der Compustat Global Datenbank. Betrachtet wird der Zeitraum 1997 bis 2012. Als Maßgr¨oße f¨ur die Steuervermeidung wird der effektive Steuersatz herangezogen. Einbezogen werden nur Un- ternehmen f¨ur die ein Wert des Steueraufwands und ein positiver Wert des Einkommens vor Steuern vorhanden ist. Weiters werden nur Unternehmen in die Stichprobe aufgenom-

27 Siehe oben die Zusammenfassung der Ergebnisse.

28 Der Financial Times Stock Exchange Index (FTSE 100) ist der wichtigste britische Aktienindex, der den zusammengefassten Kurs der 100 gr¨oßten bzw. umsatzst¨arksten Unternehmen an der London Stock Exchange bezeichnet.

(22)

men f¨ur die Werte f¨ur Gr¨oße, Verschuldungsgrad, immaterielle Verm¨ogenswerte, Intensit¨at der Vorr¨ate, F&E-Intensit¨at, Kapitalintensit¨at, Investitionen, Kapitalrendite und f¨ur den Anteil an Tochterunternehmen in Steueroasen vorliegen. Um f¨ur die Regressionsanalyse in Frage zu kommen, m¨ussen diese Daten der Unternehmen zumindest f¨ur den Zeitraum unmittelbar vor und nach dem Druck (2009-2010) zur Offenlegung der Unternehmens- standorte vorliegen. Die Ergebnisse zeigen, dass der R¨uckgang der Steuervermeidung am st¨arksten bei jenen Unternehmen ist, die sich laut der Untersuchung von ActionAid In- ternational nicht regelkonform verhalten haben und den Anteil ihrer Tochterunternehmen in Steueroasenl¨andern reduziert haben. Die Untersuchung deutet darauf hin, dass durch den ¨offentlichen Druck zur Offenlegung von Tochterunternehmen hohe politische Kosten und Reputationskosten verursacht werden und dadurch die Steuervermeidungsaktivit¨aten und Standortentscheidungen b¨orsennotierter Unternehmen beeinflusst werden k¨onnen. Es l¨asst sich also sagen, dass Aktivistengruppen durchaus in der Lage sind Unternehmens- ergebnisse zu beeinflussen. Die Studie soll politische Dialoge unterst¨utzen, bei denen der Umfang von Offenlegungspflichten betreffend das Ausmaß und die Standorte multinatio- naler Gesch¨aftst¨atigkeiten von Unternehmen diskutiert werden. Defizite der Studie stellt die kleine Stichprobenanzahl, wodurch eine Anwendbarkeit auf eine gr¨oßere Anzahl von Unternehmen eventuell ausgeschlossen ist. Des weiteren k¨onnte die statistische Aussage- kraft verzerrt sein, da gewisse Effekte durch die kleine Stichprobe nicht erkennbar sind.

2.6 Steuervermeidung und Corporate Social Responsibility (CSR)

Davis et al. (2016) untersuchen in Ihrer Studie den Zusammenhang zwischen K¨orper- schaftsteuerzahlungen und corporate social responsibility. Sie messen CSR an den Fakto- ren gesellschaftliches Engagement, weltweite Gesch¨aftsaktivit¨aten, Mitarbeiterbeziehun- gen, Umweltschutz und sichere und n¨utzliche Produkte29. Die Autoren beleuchten drei Theorien ¨uber CSR und Steuervermeidung. Die erste Theorie sieht Steuervermeidung und CSR als komplement¨are Aktivit¨aten an. Eine Aktivit¨at wird auf Kosten der ande- ren ausge¨ubt. Somit ergibt sich aus dieser Theorie ein positiver Zusammenhang zwischen Steuerzahlungen und CSR. Eine weitere Theorie betrachtet Steuervermeidung als Substi- tut f¨ur CSR Bestrebungen. Die Annahme ist, dass Steuerzahlungen die Innovation, das

29 Die Kategorien und Daten stammen aus der KLD Datenbank. CSR wird als der MSCI KLD 400 Social Index ausgedr¨uckt und besteht insgesamt aus folgenden 7 Kategorien: community, diversity, employee relations, environment, product, governance, und human rights.

(23)

Besch¨aftigungswachstum und die wirtschaftliche Entwicklung l¨ahmen. Nach dieser Theo- rie haben sozial engagiertere Unternehmen niedrigere effektive Steuers¨atze. Es besteht also ein negativer Zusammenhang zwischen Steuerzahlungen und CSR Aktivit¨aten. Die dritte Theorie geht davon aus, dass sowohl Steuervermeidungsaktivit¨aten als auch CSR Aktivit¨aten den Unternehmenswert maximieren. Manager f¨uhren daher beide Aktivit¨aten unabh¨angig voneinander aus, wodurch diese in keinen Zusammenhang zueinander stehen.

Die Ergebnisse von Davis et al. (2016) zeigen, dass sozial verantwortliche Unternehmen im Allgemeinen nicht mehr Steuern zahlen als andere Unternehmen. Hingegen weisen aber besonders stark sozial engagierte Unternehmen niedrigere effektive Steuers¨atze auf. Steu- erzahlungen und CSR verhalten sich laut dieser Studie eher substitu¨ar als komplement¨ar.

Das bedeutet, dass die Senkung von Steuern als unerw¨unschte Aktivit¨at betrachtet wird und Unternehmen sich als Ausgleich f¨ur Ihr Fehlverhalten sozial engagieren. Nicht in die Untersuchung einbezogen wurde der Aspekt der Unternehmensf¨uhrung, bzw. im weiteren die Eigent¨umerstruktur. Die Untersuchung wirft die Frage auf, ob die Eigent¨umerstruktur eine Rolle spielt, unter dem Aspekt, dass man ¨offentlichen Unternehmen eine Vorbildfunk- tion f¨ur CSR Aktivit¨aten zuspricht.30

Goerke (2019) besch¨aftigt sich ebenfalls mit dem Thema

”Corporate Social Responsibi- lity (CSR)“ und stellt sich die Frage, ob das sozial verantwortungsbewusste Verhalten von Unternehmen und Steuervermeidung sich ersetzende Aktivit¨aten darstellen oder sich gegenseitig erg¨anzen. Verhalten sich die Bestrebungen substitu¨ar nimmt die Steuerver- meidung bei vermehrter CSR-Aktivit¨at ab. Erg¨anzen sich die beiden Zielsetzungen so vermeiden sozial verantwortlichere Unternehmen Steuern in h¨oherem Maße.

Die meisten großen Unternehmen nehmen CSR-Ziele in ihre Firmenpolitik auf und do- kumentieren wie diese Ziele verfolgt und erreicht werden sollen. Weitestgehend besteht jedoch kein Konsens dar¨uber was CSR genau ist bzw. was CSR ausmacht. Goerke f¨uhrt als Beispiele die Defintion der Europ¨aischen Kommission sowie des World Business Coun- cil for Sustainable Development an. Gemeinsam ist den Ausf¨uhrungen, dass Unternehmen neben dem Ziel der Gewinnmaximierung auch noch andere Ziele haben.

Der Autor betrachtet in seiner theoretischen Forschungsarbeit den Zusammenhang zwi- schen CSR und Steuervermeidung anhand eines Unternehmens mit Marktmacht aufgrund dessen Monopol- bzw (Cournot-) Oligopolstellung. Das Unternehmen maximiert seinen gewichteten Gewinn und ein bestimmtes CSR-Ziel, welches von der Leistung und dem Bei- trag des Unternehmen zur Bereitstellung ¨offentlicher G¨uter (der Steuerzahlung) abh¨angig ist. Sobald ein CSR-Element wichtiger wird, wird das andere vernachl¨assigt und das Un-

30 Vgl. Harms (2011).

(24)

ternehmen reduziert die Steuervermeidung. Es kommt sowohl zu einer substituierenden und einer komplement¨aren Beziehung zwischen CSR und Steuervermeidung, was schlus- sendlich zum Ergebnis f¨uhrt, dass theoretisch kein eindeutiger Zusammenhang feststellbar ist.

2.7 Steuervermeidung und die Wahrnehmung von Investoren im Hinblick auf den Unternehmenswert

Die Studie von Tang (2019) untersucht wie Anleger Steuervermeidungsverhalten wahr- nehmen. Dazu wurden insgesamt Beobachtungen in 46 L¨andern ¨uber den Zeitraum von 2001-2010 aufgenommen. Die Daten stammen aus der Datenbank Osiris von Bureau Van Dijk, die Informationen ¨uber b¨orsennotierte Unternehmen zur Verf¨ugung stellt. Unterneh- men mit unzureichenden Datenmaterial wurden aus der Studie entfernt. Ebenso eliminiert wurden Unternehmen mit negativem Ergebnis vor Steuern, negativem Cashflow oder Steu- ergutschriften, um die Auswirkungen potentieller Datenfehler im Vorhinein zu minimie- ren. Außerdem deuten diese negativen Werte laut Autor darauf hin, dass wahrscheinlich keine Aktivit¨aten zur Steuervermeidung get¨atigt wurden bzw. diese nicht repr¨asentieren k¨onnen.

Tang definiert Steuervermeidung als jede Maßnahme, die, auf legale oder illegale Wei- se, die Steuerlast im Verh¨altnis zum gesetzlichen Steuersatz senkt. Als Maßgr¨oße der gesch¨atzten Steuervermeidung wird die Differenz aus gesetzlichem Steuersatz und effek- tivem Steuersatz herangezogen. Es werden zwei Hypothesen mit Hilfe einer Regressions- analyse getestet. Kontrolliert wird in der Regressionsanalyse auf unternehmensspezifische Determinanten, Branchen-, Jahres und L¨andereffekte. Die erste Einsch¨atzung ist, dass Steuervermeidung positiv mit dem Firmenwert korreliert ist, solange die durch Steuer- vermeidung erzielten Gewinne die aufgewendeten Kosten daf¨ur ¨ubersteigen. Die zweite Hypothese geht von einer Milderung dieses Effekts durch Rechtsinstitutionen aus, die den Eigenhandel erleichtern. Die Tests werden auf L¨ander- und auf Unternehmensebene durchgef¨uhrt. Auf der Unternehmensebene wird, konsistent mit der traditionellen Sicht- weise, ein positiver Zusammenhang zwischen Steuervermeidung und Unternehmenswert nachgewiesen. Die Analyse ergibt, dass der Zusammenhang in L¨andern mit geringer staat- licher Kontrolle ¨uber Eigengesch¨afte und hohem Korruptionsgrad und in Unternehmen mit schwacher F¨uhrung vermindert ist. In Industriel¨andern sowie L¨andern des

”Common Law“ wird Steuervermeidung als gr¨oßere Wertsteigerung wahrgenommen. Kein Zusam- menhang kann mit der Wahrnehmung der Anleger auf Steuervermeidung hinsichtlich der Umstellung auf die International Financial Reporting Standards (IFRS) in einem Land

(25)

festgestellt werden.

Drake et al. (2019) besch¨aftigen sich in Ihrer Forschungsarbeit damit, wie Anleger Steu- ervermeidung und Steuerrisiko werten und wie die beiden Faktoren mit dem Firmenwert zusammenwirken. Die Stichprobe besteht nach diversen Korrekturen der urspr¨unglichen Auswahl aus rund 40.000 in den USA ans¨assigen Unternehmen, die weder dem Finanz- noch dem Versorgungsbereich angeh¨oren. Es wird der Zeitraum von 1992-2014 betrach- tet. Die Daten wurden aus der Datenbank Compustat gezogen. Ausgeschlossen wurden Unternehmen, f¨ur die unzureichende Daten zur Berechnung der ben¨otigten Variablen vor- handen waren, Unternehmen mit negativem Einkommen vor Steuern und effektiven Steu- ers¨atzen ¨uber 100%. Unternehmen mit Verlusten wurden deshalb eliminiert, weil diese andere Steueranreize haben wie profitable Unternehmen und von Anlegern anders bewer- tet werden. Die Steuervermeidung wird in Form der

”cash effective tax rate“ gemessen und das Steuerrisiko als deren Volatilit¨at. Getestet werden die Hypothesen, dass Steuer- vermeidung von Investoren positiv und Steuerrisiko negativ bewertet wird und dass die positive Bewertung der Steuervermeidung durch Steuerrisiken gemindert wird. Trotz der teils gegenteiligen Studien, die Steuervermeidung negativ mit dem Unternehmenswert in Verbindung bringen, wird in dem Maße ein positiver Wert f¨ur Investoren erwartet, in dem diese zuk¨unftige Zahlungsfl¨usse aus Steuervermeidungsaktivit¨aten erhoffen. Andere Stu- dien sind der Auffassung, dass die wahrgenommene Ungerechtigkeit, dass Unternehmen durch Steuervermeidung keinen angemessenen Beitrag an den Staat leisten, ¨uberwiegt und Steuervermeidung daher eine negative Assoziation bei Anlegern hervorruft. Ebenso wird auf Reputationskosten, sp¨atere Steuerr¨uckzahlungen bzw. Strafen verwiesen.31 Die Ergebnisse entsprechen jedoch den Erwartungen der Autoren und heben hervor, dass Unternehmen von Investoren besser bewertet werden, wenn die angewandten Steuerver- meidungstaktiken weniger risikoreich sind. Die gemessenen Werte halten auch den Ro- bustheitstests der Studie stand. Die Autoren weisen abschließend darauf hin, dass die Literatur zu Steuerrisiken noch im Entstehen ist und die Forscher noch nicht ¨uber eine allgemein akzeptierte Definitionen des Steuerrisikos ¨ubereingekommen sind.

31 Vgl. Dyreng / Hoopes / Wilde (2016) und Hanlon / Slemrod (2009).

(26)

3 Quantifizierbarkeit von Steuervermeidung

Die Definition und Messung der Steuervermeidung ist ein Hauptthema in der empirischen Steuerforschung.32 Hanlon/Heitzmann (2010) heben hervor, dass die Wahl der Messme- thode essentiell ist und daher gut ¨uberlegt werden muss, ob die angewandte Methode ad¨aquat f¨ur die Beantwortung der gestellten Forschungsfrage ist. Man muss sich vor Au- gen halten, dass die meisten Messarten nur die nicht-konforme Steuervermeidung ab- bilden, also jene Transaktionen bei der die unternehmensrechtliche Beurteilung von der steuerrechtlichen Beurteilung abweicht. Konforme Steuervermeidung, bei der das unter- nehmensrechtliche Ergebnis durch die Steuervermeidungsstrategie reduziert wird, bleibt unentdeckt.33

Forscher sollten unebdingt die Aussagekraft der ihnen zur Verf¨ugung stehenden Daten hinterfragen. Informationen ¨uber das zu versteuernde Einkommen bzw. ¨uber den Steuer- aufwand k¨onnen sowohl aus dem unternehmensrechtlichen Jahresabschluss, als auch aus der Steuererkl¨arung entnommen werden. Beides sind wichtige Gr¨oßen f¨ur die Messbarkeit der Steuervermeidung. Da Steuererkl¨arungen in den meisten F¨allen nicht zug¨anglich sind, werden die Daten vorrangig aus dem unternehmensrechtlichen Jahresabschl¨ussen entnom- men. Dies deutet bereits auf die Problematik hin.34Wie gelangt man zu einem geeigneten Sch¨atzwert des steuerpflichtigen Einkommens, der daraus resultierenden Steuerbelastung und der tats¨achlich gezahlten Steuern? Welche Rolle spielen Periodenabgrenzungen in die- sen Gr¨oßen? Ist man sich der Tatsache bewusst, dass Daten aus den unternehmensrecht- lichen Jahresabschl¨ussen zu Fehlern bzw. Verzerrungen f¨uhren k¨onnen, muss im n¨achsten Schritt ¨uberlegt werden, welche Probleme mit einem Zugriff auf steuerrechtliche Daten behoben werden k¨onnen und welche weiter bestehen.35 Mills/Plesko (2003) gehen hierzu auf die Schwierigkeiten ein, unternehmensrechtliche Daten mit steuerrechtlichen abzu- stimmen, die sich aufgrund der unterschiedlichen Regulierungen ergeben.

32 Vgl. Hanlon / Heitzman (2010), S.128.

33 Vgl. Hanlon / Heitzman (2010), S.137.

34 Siehe dazu auch Hanlon (2003).

35 Vgl. Hanlon / Heitzman (2010), S.139.

(27)

3.1 Effective tax rate - ETR

Der effektive Steuersatz wird berechnet, indem eine Sch¨atzgr¨oße der Steuerschuld durch das Ergebnis vor Steuern oder den Cash Flow dividiert wird. Die Gr¨oße dr¨uckt also aus wie hoch der durchschnittliche Steuersatz pro Euro des Einkommens bzw. Cash Flows ist. Durch die verwendeten Nenner erfasst diese Art von Messung, wie eingangs erw¨ahnt, nur die sogenannte

”non-conforming tax avoidance“36 Ganz allgemein gehalten, sieht die Formel37 zur Berechnung eines effektiven Steuersatzes wie folgt aus:

ETR = Steuern/Einkommen (Cash Flow)

Ein Problem bei der Anwendung des effektiven Steuersatzes zur Messung von Steuerver- meidung ist, dass es sich um eine Gr¨oße bezogen auf ein Gesch¨aftsjahr handelt. Der effek- tive Steuersatz kann von Jahr zu Jahr stark schwanken. Außerdem k¨onnen bei Verlusten keine aussagekr¨aftigen effektiven Steuers¨atze berechnet werden, was Schlussfolgerungen auf die Steuervermeidung in Verlustjahren verhindert.38 Im Z¨ahler und Nenner k¨onnen verschiedene Gr¨oßen von Steuerschuld und Einkommen verwendet werden. Je nach ver- wendeter Gr¨oße k¨onnen verschiedene effektive Steuers¨atze unterschieden werden. Wichtig ist zu verstehen, was mit den unterschiedlichen Gr¨oßen abgebildet werden kann.39

3.1.1 Der unternehmensrechtliche effektive Steuersatz

Der gesamte Steueraufwand, wie er bei der Berechnung des unternehmensrechtlichen ef- fektiven Steuersatzes verwendet wird, beinhaltet sowohl laufende als auch latente Steu- ern. Steuervermeidung basiert zu einem großen Teil auf der beschleunigten Absetzung von Abz¨ugen und Verschiebung von Einkommen, was zwar den laufenden Steueraufwand redu- ziert, jedoch die latenten Steuern erh¨oht. Somit wird dieser Aspekt der Steuervermeidung bei Verwendung des unternehmensrechtlichen effektiven Steuersatzes nicht abgebildet.40 Eine Vermeidungsstrategie auf Basis von Steuerverschiebung beeinflusst den unterneh- mensrechtlichen effektiven Steuersatz also nicht.41

36 Vgl. Hanlon / Heitzman (2010), S.139.

37 In Anlehnung an Hanlon/Heitzman (2010).

38 Vgl. Dyreng / Hanlon / Maydew (2008), S.65.

39 Vgl. Hanlon / Heitzman (2010), S.139.

40 Vgl. Dyreng / Hanlon / Maydew (2008), S.65.

41 Vgl. Hanlon / Heitzman (2010), S.139.

(28)

3.1.2 Der effektive Steuersatz auf Basis gezahlter Steuern

Im Gegensatz zum unternehmensrechtlichen effektiven Steuersatz, wird der effektive Steu- ersatz auf Basis der gezahlten Steuern nicht durch steuerverschiebende Entscheidungen, wie z.B. die Wahl der Abschreibungsdauer, beeinflusst. Es kann zu Periodenunstimmig- keiten zwischen Z¨ahler und Nenner kommen, wenn in einem Jahr Steuern gezahlt werden, die in einem anderen Jahr entstanden sind. Der Nenner beinhaltet nur das Ergebnis des laufenden Jahres.42 Ein Vorteil bei Verwendung der Steuerzahlungen ist, dass Effekte durch Steuerr¨uckstellungen vermieden werden.43

3.1.3 Der effektive Steuersatz auf lange Sicht

Durch eine Betrachtung ¨uber mehrere Jahre kann dem Problem der Volatilit¨at des effekti- ven Steuersatzes entgegengewirkt werden.44 Stellt man eine Betrachtung ¨uber eine l¨ange- ren Zeitraum an, kann im Z¨ahler auch die j¨ahrliche Steuerzahlung verwendet werden, da durch die Zusammenfassung mehrerer Jahre den Periodenverschiebungen entgegengewirkt wird.45

Unabh¨angig von der Berechnungsart des effektiven Steuersatzes bildet dieser alle Trans- aktionen ab, die Einfluss auf die explizite Steuerschuld des Unternehmens haben. Es kann nicht zwischen realen steuerbeg¨unstigten Aktivit¨aten, Steuervermeidungsaktivit¨aten nur zur Einsparung von Steuern oder gezielten Steuervorteilen aus Lobbyingaktivit¨aten un- terschieden werden. Implizite Steuern k¨onnen nicht direkt erfasst werden.46

42 Vgl. Hanlon / Heitzman (2010), S.139.

43 Vgl. Hanlon / Heitzman (2010), S.141.

44 Vgl. Dyreng / Hanlon / Maydew (2008), S.66.

45 Vgl. Hanlon / Heitzman (2010), S.141.

46 Vgl. Hanlon / Heitzman (2010), S.141.

(29)

3.2 Book-tax differences - BTD

Der Unterschiedsbetrag zwischen dem unternehmensrechtlichen und dem steuerrechtlichen Einkommen wird als

”book-tax gap“ bezeichnet.47Auch diese Gr¨oße misst, wie der Name schon verr¨at, nur nicht-konforme Steuervermeidung. Je h¨oher die Differenzen umso gr¨oßer ist auch das Ausmaß der Steuervermeidung. Um diese Art von Berechnung zu verwenden braucht man aber auch Zugang zu Informationen zu steuerlichen Ergebnissen.48 Steuer- rechtliche Daten sind aber sensibel und werden grunds¨atzlich nicht ver¨offentlicht. Daher kann das zu versteuernde Einkommen nur gesch¨atzt werden. Einen Ansatz dazu liefern Manzon/Plesko (2002). Desai/Dharmapala (2006) haben diesen Ansatz in Ihrer Studie aufgegriffen. Zur Sch¨atzung des steuerpflichtigen Einkommens wird der laufende Steu- eraufwand, entnommen aus dem unternehmensrechtlichem Jahresabschluss, durch den gesetzlichen Steuersatz dividiert. Anschließend wird des gesch¨atzte steuerliche Ergebnis vom unternehmensrechtlichen Ergebnis subtrahiert.49 Die

”book-tax differences“ k¨onnen nicht verwendet werden, um Steuervermeidung zwischen Unternehmen zu vergleichen, die nicht denselben Schwerpunkt auf das Ergebnis ihrer Finanzbuchhaltung legen.50

3.3 Zusammenfassung

Kaum eine stellvertretende Gr¨oße f¨ur Steuervermeidung kann konforme Steuervermei- dung, bei der das buchhalterische Ergebnis im selben Ausmaß wie das steuerliche reduziert wird, messen.51 Oft werden in Studien mehrere Maße zur Steuervermeidung verwendet, um die G¨ultigkeit der Ergebnisse zu ¨uberpr¨ufen bzw. zu best¨atigen. Die Verwendung von ETR wird in der Literatur immer wieder kritisiert, jedoch ist es noch niemandem gelun- gen ein besseres Maß f¨ur die Steuervermeidung zu finden.52 Plesko (2003) beschreibt in seiner Arbeit die Risiken und Fehler, die bei der Berechnung von effektiven Steuers¨atzen auftreten k¨onnen.

47 Vgl. Desai / Dharmapala (2006), S.158.

48 Vgl. Wilson (2009), S.971.

49 Vgl. Desai / Dharmapala (2006), S.158.

50 Vgl. Hanlon / Heitzman (2010), S.141.

51 Vgl. Hanlon / Heitzman (2010), S.139.

52 Vgl. Markle / Shackelford (2012), S.497.

(30)

4 Forschungskonzept

F¨ur die Untersuchung der Steuervermeidung ¨offentlicher Unternehmen werden Bilanzda- ten aus der Amadeus Datenbank von Bureau van Dijk verwendet. Im Jahr 2017 fand eine ¨Ubernahme durch Moody’s statt. Amadeus liefert Daten von circa 21 Millionen Unternehmen aus ganz Europa. Die Daten liegen in einem Standardformat auf, sodass grenz¨uberschreitende Vergleiche zwischen Unternehmen m¨oglich sind.53

Aufgrund der H¨aufigkeit seiner Verwendung in der Steuerforschung wird zur Messung von Steuervermeidung in erster Linie die effective tax rate, also der (unternehmensrechtliche) effektive Steuersatz, wie zuvor beschrieben, verwendet. Als Steuern wird aus der Amade- us Datenbank die Gr¨oße

”Taxation“ verwendet. Diese ist f¨ur ¨Osterreich als

”Steuern vom Einkommen bzw. Gewinn“ definiert und f¨ur Deutschland als

”Steuern vom Einkommen oder Gewinn + andere Steuern“.54 Wie zuvor erw¨ahnt, sind die Daten standardisiert und international vergleichbar. Es sind keine weiteren Differenzierungen der Gr¨oße

”Steuern“

m¨oglich. Eigene Gr¨oßen f¨ur z.B.

”gezahlte Steuern“ oder

”latente Steuern“ sind in der Datenbank nicht separat angegeben. Deshalb wird anstatt der h¨aufig verwendeten Cas- hETR, die ETR aus dem Gesamtsteueraufwand, verwendet. Im Nenner wird die Gr¨oße profit/loss before taxes, also das Ergebnis vor Steuern, verwendet. Um das Ergebnis zu

¨uberpr¨ufen, wird im Kapitel ¨uber die Validit¨at der Ergebnisse zus¨atzlich der Cash Flow zur Berechnung des effektiven Steuersatzes verwendet.

4.1 Stichprobenauswahl

F¨ur die Untersuchung wurde im ersten Schritt eine Stichprobe festgelegt. F¨ur die Auswahl wurde in der Amadeus Datenbank 2019 in erster Linie auf alle Unternehmen in ¨Osterreich und in Deutschland eingeschr¨ankt. Die Abfrage wurde f¨ur jedes Land extra durchgef¨uhrt, damit die Datenmengen f¨ur die weitere Bearbeitung am Computer handhabbar bleiben.

Im n¨achsten Schritt wurde auf Unternehmen reduziert, die zumindest einen ¨osterreichi- schen (deutschen) Anteilseigner aufweisen. Weiters wurden Unterteilungen in vier Kate- gorien vorgenommen. Unternehmen ohne staatliche Beteiligung, Unternehmen mit einem Staatsanteil von gr¨oßer 0% bis 25%, Unternehmen mit staatlichen Anteilen von ¨uber 25%

bis 50% und Unternehmen mit einem staatlichen global ultimate owner (im Weiteren

53 Weitere Informationen siehe unter www.bvdinfo.com.

54 Siehe Amadeus User Guide.

(31)

GUO genannt)55. Die staatliche Beteiligung wurde mittels des Merkmals

”shareholder typ“ (state und government f¨ur Beteiligungen des Staates) in der Amadeus Datenbank gefiltert. F¨ur die Gruppe der ¨offentlichen Unternehmen wurden also alle Unternehmen ge- sucht, bei denen der Staat (in Form von Bund, L¨andern, Gemeinden, St¨adten usw.) direkt oder indirekt eine Beteiligung h¨alt. Stichprobenartig wurden die Beteiligungsverh¨altnis- se einiger Unternehmen durch Onlinerecherche z.B. auf den Websites der Unternehmen

¨uberpr¨uft.

Die Differenzmenge zu den ¨offentlichen Unternehmen wird f¨ur die Kontrollmenge der privaten Unternehmen verwendet. Aus der Untersuchung ausgeschlossen wurden Unter- nehmen aus dem Banken- und Finanzsektor, da diese keine f¨ur die Studie vergleichbaren Werte liefern w¨urden, da f¨ur Unternehmen aus dieser Branche h¨aufig Sonderregelungen gelten. Danach wurden alle Unternehmen eliminiert zu denen f¨ur die ben¨otigten Gr¨oßen zur Berechnung der ETRs (und zur Berechnung der Kontrollvariablen) f¨ur die sp¨atere Regressionsanalyse keine Werte vorliegen.

F¨ur die Untersuchung werden nur Kapitalgesellschaften verwendet, da diese einem einheit- lichen Steuersatz unterliegen. Ansonsten m¨ussten weitere Differenzierungen bez¨uglich der Rechtsform in der statistischen Auswertung getroffen werden. Da auch die meisten Werte zu Kapitalgesellschaften vorliegen, w¨urde andernfalls die Stichprobe noch weiter einge- schr¨ankt werden, da die Stichprobe grunds¨atzlich f¨ur keine der folgenden Berechnungen ver¨andert werden soll. Die erste ¨Uberlegung war, f¨ur die gesamte Untersuchung, ¨uber alle Jahre hinweg, mit denselben Unternehmen zu arbeiten, um eine genauere Aussage treffen zu k¨onnen und die Ergebnisse nicht zus¨atzlich unn¨otig zu verzerren. Das heißt, es wurden nur Unternehmen in der Stichprobe belassen, die ¨uber die untersuchten Jahre hinweg alle ben¨otigten Werte aufwiesen und bei denen durchgehend ein Beteiligungsverh¨altnis ¨uber 50% vorlag. Da dieses Kriterium aber zu restriktiv war und zu viele Unternehmen aus der Stichprobe eliminiert hat, wurde diese Einschr¨ankung zu Gunsten des Stichproben- umfanges aufgegeben. Auch diverse Studien, an denen sich diese Untersuchung orientiert, schr¨anken die Stichprobe diesbez¨uglich nicht ein.56 Dyreng et al. (2008) sind der Meinung, dass eine Untersuchung ¨uber mehrere Jahre eine bessere Vergleichbarkeit gew¨ahrleisten.

Sie schr¨anken ebenfalls nicht auf durchgehend dieselben Unternehmen ¨uber den Untersu- chungszeitraum ein. Schlussendlich wurden nur die Firmenjahre eliminiert in denen kein Wert f¨ur die ETR berechnet werden konnte.

Da negative Werte und effective tax rates, die ¨uber 100% hinausgehen keiner sinnvollen

55 Ein global ultimate owner ist in der Amadeus Datenbank ein Anteilseigner mit einem Beteiligungs- ausmaß von ¨uber 50%.

56 Vgl. z.B. Desai / Dharmapala (2006).

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