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Die Forschungsfrage soll mit Hilfe einer Regressionsanalyse, wie sie in den meisten Stu-dien zur Steuervermeidung verwendet wird 59, beantwortet werden. F¨ur die Aufstellung der Regressionsgleichung orientiert sich diese Arbeit an der Untersuchung von Chen et al. (2010)60 Die Autoren haben sich die Frage gestellt, ob Familienunternehmen eine ag-gressivere Steuerpolitik betreiben als Nicht-Familienunternehmen. Als Maß f¨ur die Steu-ervermeidung werden unter anderem ebenfalls ETRs verwendet. Dazu werden dieeffective tax rates darauf getestet, ob es sich um ein Familienunternehmen handelt oder nicht. Die Frage, ob ¨offentliche Unternehmen Steuern vermeiden soll dadurch getestet werden, in-dem ihre ETRs mit denen von privaten Unternehmen verglichen werden. Nat¨urlich gibt es auch viele andere Einfl¨usse auf die effective tax rate eines Unternehmens, was durch die Einf¨uhrung diverser unabh¨angiger Variablen kontrolliert wird. Da die Fragestellung im genannten Artikel ¨ahnlich untersucht wird, soll haupts¨achlich dieser als Leitfaden f¨ur den Aufbau der empirischen Analyse herangezogen werden. Folgende Regressionsgleichung wird von Chen et al. verwendet:61

ET Ri,t01∗F AM ILYi,t2∗ROAi,t3∗LEVi,t4∗N OLi,t5∗∆N OLi,t+ β6 ∗F Ii,t7 ∗P P Ei,t8 +IN T AN Gi,t9 ∗EQIN Ci,t10∗SIZEi,t−111

M Bi,t−112∗BT Di,t−1 + YearDummies + IndustryDummies +i,t

4.2.1 Offentliche vs. private Unternehmen¨

Die zu testende Variable FAMILY wird durch die Variable ¨OFFENTLICH ersetzt. Das Merkmal ¨OFFENTLICH wird auf zwei verschiedene Arten gemessen. In der ersten Mes-sung dient es als eine sogenannte Indikator Variable ( ¨OFFENTLICH 1 in der Gleichung), die den Wert 1 annimmt, wenn das Kriterium zutrifft und 0, wenn das Kriterium nicht zutrifft. D.h. wenn eine ETR eines ¨offentlichen Unternehmens vorliegt, nimmt die Va-riable ¨OFFENTLICH den Wert 1 an. Bei dieser Messung werden als

”¨offentlich“ alle Unternehmen bezeichnet, bei denen der global ultimate owner, kurz GUO, staatlich ist.

Wie bereits oben definiert handelt es sich dabei um alle Unternehmen, bei denen der Staat direkt oder indirekt eine Beteiligung ¨uber 50% h¨alt. F¨allt der Koeffizient β1 f¨ur

59 Vgl. z.B. Chen / Chen / Qjang / Shevlin (2010), S.49-51.

60 Vgl. Chen / Chen / Qjang / Shevlin (2010), S.49-51.

61 Vgl. Chen / Chen / Qjang / Shevlin (2010), S.49.

diese Variable negativ aus, w¨urde das z.B. eine aggressivere Steuerpolitik bei ¨offentlichen Unternehmen bedeuten. In einer zweiten Messung wird die Variable ¨OFFENTLICH als prozentualer Anteil der staatlichen Beteiligung eingesetzt ( ¨OFFENLTICH 2 in der Glei-chung). Das Ausmaß der staatlichen Beteiligung wird dazu in Kategorien eingeteilt wie oben beschrieben. Hier soll getestet werden, ob eine Zunahme bzw. Abnahme der Steuer-vermeidung in Abh¨angigkeit des Staatsanteils erkennbar ist. Da staatliche Unternehmen zu einem großen Teil aus Versorgungsunternehmen bestehen, und dadurch eher von sozia-len und politischen Ziesozia-len angetrieben werden sollten, ist ein positiver Betakoeffizient 1 zu erwarten.62Von ¨offentlichen Unternehmen (bzw. Unternehmen mit h¨oherer staatlicher Beteiligung) wird, im Vergleich zu privaten Unternehmen (bzw. Unternehmen mit nied-rigerer staatlicher Beteiligung), ein h¨oherer effektiver Steuersatz erwartet. Adhikari et al.

(2006) erhielten konsistent mit ihren Erwartungen gegenteilige Ergebnisse. Diese erkl¨arten die Autoren aber mit der speziellen Beziehung zwischen dem malaysischen Staat und den dort ans¨assigen Unternehmen.63

4.2.2 Rentabilit¨at: Gewinn vor Steuern/Gesamtverm¨ogen

Als Maßgr¨oße f¨ur die Rentabilit¨at wird der Return on assets verwendet und wird bei Chen et al. (2010) als Verh¨altnis von operating income zu lagged assets gemessen. F¨ur diese Arbeit wird aufgrund des Zugangs zu entsprechenden Daten die Gr¨oße profit be-fore taxes zu totalassetst−1 verwendet. Bei der Berechnung diverser Kontrollvaribalen f¨ur Regressionsanlaysen wird bei Verh¨altnisgr¨oßen, wie dem ROA, f¨ur den Divisor meist der Wert der Gr¨oße zu Beginn des Jahres eingesetzt, um etwaige Verzerrungen zu ver-meiden. 64 Jaafar/Thornton (2015) hingegen verwenden als Divisor die total assets des jeweils betrachteten Jahres, so wird auch in dieser Arbeit vorgegangen. Rentablere Fir-men erwirtschaften einen h¨oheren Gewinn und haben daher eine h¨ohere Steuerlast zu tragen. Unprofitablere Unternehmen mit geringen Gewinnen oder sogar Verlusten zahlen weniger Steuern. Verlustvortr¨age mindern deren Steuerlast in k¨unftigen Jahren. Daher wird erwartet, dass rentablere Unternehmen h¨ohere ETRs aufweisen.65 Manzon/Plesko (2002) weisen darauf hin, dass rentablere Firmen mit hohen Gewinnen eher zu Steuer-vermeidungsaktivit¨aten tendieren. Sie k¨onnen Abschreibungen, Steuergutschriften oder

62 Vgl. Zeng (2011), S.283.

63 Vgl. die Ergebnisse von Zeng (2011) und Adhikari / Derashid / Zhang (2006) bzw. siehe Litera-tur¨ubersicht.

64 Siehe z.B. Khan / Srinivasan / Tan (2017), Francis / Hasan / Wu / Yan (2014), Zeng (2011) oder Chen / Chen / Qjang / Shevlin (2010).

65 Vgl. Chen / Chen / Qjang / Shevlin (2010), S.49, Gupta / Newberry (1997), S.15, Fernandez-Rodriguez / Martinez-Arias (2014), S.218.

Steuerbefreiungen effizienter nutzen, was wiederum f¨ur einen negativen Zusammenhang steht.

4.2.3 Verschuldungsgrad: Fremdkapital/Gesamtverm¨ogen

LEV bezeichnet den Verschuldungsgrad bzw. die Kapitalstruktur eines Unternehmens und wird als Anteil des Fremdkapitals (Gesamtverbindlichkeiten oder langfristige Verbindlich-keiten) am Gesamtverm¨ogen ausgedr¨uckt bzw. als Verh¨altnis von Fremdkapital zu Ei-genkapital.66 F¨ur die Gesamtschulden liegt f¨ur die Unternehmen der Stichprobenauswahl meist kein Wert in der Amadeus Datenbank vor, daher wird die Kennzahl

”Gearing“f¨ur die Variable LEV verwendet. Fremdkapitalzinsen sind steuerlich als Betriebsausgabe ab-setzbar, daher besteht die Vermutung, dass Unternehmen mit h¨oherem Fremdkapital nied-rigere ETRs aufweisen.67 Jaafar/Thornton (2015) weisen einen hoch signifikant negativen Betakoeffizienten nach.68 Empirische Untersuchungen haben aber auch den gegenteili-gen Effekt beobachtet.69 Chan et al. (2013) weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Unternehmen mit einer niedrigen Steuerbelastung weniger Anreiz zur Fremdfinan-zierung haben. Gupta/Newberry (1997) verwenden einmal das Einkommen vor Steuern und einmal den Cash Flow zur Berechnung des effektiven Steuersatzes und stellen fest, dass die Variable LEV sensibel auf den verwendeten Divisor reagiert. Sie erhalten sowohl einen positiven als auch einen negativen Zusammenhang des Verschuldungsgrades mit dem effektiven Steuersatz.70Der negative Koeffizient, berechnet mit dem Einkommen vor Steuern, steht im Einklang mit dem Argument, dass h¨ohere Zinssteuerschilde zu niedrige-ren effektiven Steuers¨atzen f¨uhren. Der positive Zusammenhang, berechnet mit dem Cash Flow, deutet wiederum darauf hin, dass Unternehmen mit hohen Grenzsteuers¨atzen eher auf Fremdfinanzierung setzen. Aufgrund der unterschiedlichen Ergebnisse, ist es schwie-rig eine eindeutige Vorhersage f¨ur den Betakoeffizienten zu treffen. In ¨Ubereinstimmung mit dem allgemeinen Ansatz in der Literatur wird, aufgrund der steuerlichen Absetzbar-keit der Fremdkapitalzinsen, ein negativer Zusammenhang mit dem effektiven Steuersatz erwartet.

66 Siehe Chen / Chen / Qjang / Shevlin (2010), Chan / Mo / Zhou (2013) oder Vintila / Paunescu / Gherghina (2017).

67 Vgl. Chen / Chen / Qjang / Shevlin (2010), S.49-51.

68 Vgl. Jaafar / Thornton (2015), S.450.

69 Siehe Gupta / Newberry (1997), Vintila / Paunescu / Gherghina (2017).

70 Vgl. Gupta / Newberry (1997), S.22.

4.2.4 Kapitalintensit¨at: (Anteil des Sachanlageverm¨ogens)

Das Sachanlageverm¨ogen PPEplant property and equipment wird in Amadeus alstangible assets ausgewiesen. Es wird zum Gesamtverm¨ogen ins Verh¨altnis gesetzt. Unternehmen k¨onnen durch Absetzung f¨ur Abnutzung ihre Steuerlast mindern. Kapitalintensivere Un-ternehmen sind eher von unterschiedlichen Abschreibungsregeln im UnUn-ternehmens- und Steuerrecht betroffen. Die Annahme ist, dass Unternehmen mit h¨oherem anteiligen Sach-anlageverm¨ogen niedrigere effektive Steuers¨atze aufweisen als andere.71 Es wird also ein negativer Betakoeffizient erwartet. Weiters ist zu erw¨ahnen dass kapitalintensive Unter-nehmen ihre Anlageg¨uter oftmals fremdfinanzieren und aus der oben bereits erw¨ahnten steuerlichen Abzugsf¨ahigkeit der Zinszahlungen ein verst¨arkter Einfluss auf den effektiven Steuersatz gegeben sein kann.72 Viele Untersuchungen f¨uhren im Zusammenhang mit der Kapitalintensit¨at die Kontrollvariable

”Vorr¨ate“ ein. 73 Vorr¨ate unterliegen nicht der re-gul¨aren Abschreibung und tragen somit nicht zur Minderung der Steuerlast bei.74 In dem Ausmaß in welchem der Betrag der Vorr¨ate einen Ersatz f¨ur den Anteil des Sachanlage-verm¨ogens darstellt, sollten die betroffenen Unternehmen einen relativ h¨oheren effektiven Steuersatz aufweisen.75

4.2.5 Gr¨oße: ln(Gesamtverm¨ogen)

Zum Zusammenhang zwischen Unternehmensgr¨oße SIZE und effektivem Steuersatz gibt es in der Literatur zwei verschiedene Anhaltspunkte. Die eine Richtung sieht eine positive Korrelation (political cost theory76), was bedeutet, dass umso gr¨oßer ein Unternehmen ist, umso h¨oher ist auch dessen Steuersatz. Gr¨oßere Firmen erregen mehr Aufsehen in der ¨Offentlichkeit, deshalb sind ihre Anreize zur Steuervermeidung geringer. Davis et al.

(2016) haben speziell sozial verantwortliche Unternehmen untersucht, konnten aber kei-nen signifikanten Zusammenhang mit dem effektiven Steuersatz, bzw. eikei-nen Unterschied zu anderen Unternehmen in Bezug auf die Steuervermeidung feststellen. 77 Die ande-re Richtung beschande-reibt einen negativen Zusammenhang (political power theory78), was

71 Vgl. Chen / Chen / Qjang / Shevlin (2010), S.49-51.

72 Vgl. Fernandez-Rodriguez / Martinez-Arias (2012), S.64.

73 Siehe Gupta / Newberry (1997), Adhikari / Derashid / Zhang (2006), Fernandez-Rodriguez / Martinez-Arias (2012), Chan / Mo / Zhou (2013), Fernandez-Rodriguez / Martinez-Arias (2014), Jaafar / Thornton (2015), Richradson / Wang / Zhang (2016), Vintila / Paunescu / Gherghina (2017).

74 Vgl. Vintila / Paunescu / Gherghina (2017), S.42.

75 Vgl. Gupta / Newberry (1997), S.14.

76 Siehe Zimmerman (1983).

77 Siehe Literatur¨uberblick.

78 Vgl. Kraft (2014), S.3.

einerseits auf die politische Macht großer Unternehmen zur¨uckzuf¨uhren ist und anderer-seits haben große Unternehmen bessere M¨oglichkeiten zur Steuerplanung bzw. k¨onnen sie M¨oglichkeiten besser nutzen, was zu optimalen Steuereinsparungen f¨uhrt. 79 Durch ihre Gr¨oße k¨onnen die Unternehmen Skaleneffekte bei der Steuervermeidung nutzen. 80 Manzon/Plesko (2002) argumentieren in beide Richtungen und gestehen gr¨oßeren Un-ternehmen Vorteile bei der Steuerplanung zu, jedoch sehen sie Einschr¨ankungen durch politische und regulatorische Kontrollen, die solche M¨oglichkeiten bzw. eine gewisse Un-ternehmensgr¨oße mit sich bringen. Daher legen sie sich bei der Prognose eines Vorzeichens f¨ur den Betakoeffizienten gar nicht fest. Die g¨angigste Methode zur Berechnung der Va-riable ist der nat¨urliche Logarithmus der total assets. Einige wissenschaftliche Arbeiten rechnen mit der Mitarbeiterzahl, dem Umsatz81 oder der Marktkapitalisierung82. F¨ur eine andere Berechnung lagen dieser Arbeit jedoch zu wenig Datens¨atze zu Grunde. Aufgrund der inkonsistenten Ergebnisse fr¨uherer Studien, ist ein Vorzeichen f¨ur den Betakoeffizien-ten schwer vorherzusagen. Jaafar/ThornBetakoeffizien-ten (2015) und Kraft (2014) untersuchBetakoeffizien-ten beide europ¨aische Unternehmen und stellten einen signifikant positiven Zusammenhang mit dem effektiven Steuersatz fest. Da diese Arbeit ¨osterreichische und deutsche Unternehmen un-tersucht, wird ein positiver Betakoeffizient f¨ur die Variable SIZE erwartet.

4.2.6 Jahre

Die Untersuchung der ETRs wird zuerst so durchgef¨uhrt, dass die Werte jeden Jahres f¨ur sich allein stehen. Es wird zwar eine Dummyvariable f¨ur das Jahr eingef¨uhrt, jedoch soll vorerst keine Bezug auf das jeweilige Jahr genommen werden. Anschließend sollte die Robustheit mit einer Durchschnittsbetrachtung ¨uber alle verwendeten Jahre getestet werden, wobei die Variable f¨ur das Jahr wegzulassen w¨are. Die Durchschnittsbetrachtung soll der Gefahr von einmaligen Ausreißern entgegenwirken. Auch wenn der Gesamtsteu-eraufwand nicht so volatil ist wie z.B. cash taxes ist das Ergebnis dadurch fundierter.83 Da jedoch die Stichprobe nicht darauf eingeschr¨ankt wurde, dass jedes Unternehmen der Probe durchg¨angig f¨ur den gesamten Betrachtungszeitraum f¨ur alle Variablen Werte auf-weisen muss, ist die Durchschnittsbetrachtung unterblieben.

79 Vgl. Gupta / Newberry (1997), S.21.

80 Vgl. Rego (2003), S.820, Badertscher / Katz / Rego (2013), S.237.

81 Siehe Stickney / McGee (1982), citeNPRego03.

82 Siehe Ying / Wright / Huang (2017).

83 Vgl. Dyreng / Hanlon / Maydew (2008), S.66.

4.2.7 Wirtschaftszweig

Die Steuervermeidung soll auch anhand eines Vergleichs zwischen einzelnen Wirtschafts-zweigen gemessen werden. Studien haben z.B. festgestellt, dass die Bergbauindustrie si-gnifikant niedrigere ETRs aufweist als andere Branchen.84Dazu werden die Unternehmen nach Ihrem NACE Primary Code in Gruppen zusammengefasst. Chen et al. (2010) ver-wenden eine eigene Einteilung. Viele Studien richten sich nach der Einteilung von Fama and French. F¨ur jede Wirtschaftszweiggruppe wird eine Dummyvariable eingef¨uhrt.

4.2.8 Land

Chen et al.(2010) betrachten in Ihrer Untersuchung nur US amerikanische Unternehmen.

Das umgeht die M¨oglichkeit des Problems, das unterschiedliche Steuers¨atze eventuell mit sich bringen. Sie haben deshalb keine Kontrollvariable f¨ur den Standort des Unternehmens eingebaut. Andere Studien weisen darauf hin, dass durch unterschiedliche Steuers¨atze die Studie verzerrt werden kann. Das Niedrigsteuerland hat in ihrem Beispiel wie erwartet auch niedrigere ETRs. Da die K¨orperschaftsteuer in Deutschland um 10% -Punkte nied-riger ist, stellt das einen wesentlichen Unterschied dar, weshalb eine Kontrollvariable f¨ur das Land wahrscheinlich angebracht ist.85

84 Vgl. Markle / Shackelford (2012), S.512.

85 Vgl. z.B. Fernandez-Rodriguez / Martinez-Arias (2012), S.65.