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Zusammenstellung der Fohlen bei den bäuerlichen Aufzüchtern

4 Ergebnisse der Quellenauswertung

4.1 Pferdezucht und Pferdehaltung in der Herrlichkeit Anholt

4.1.3 Der Fohlenbestand

4.1.3.7 Zusammenstellung der Fohlen bei den bäuerlichen Aufzüchtern

Im vorhergehenden Kapitel wurde bereits dargelegt, dass der Hof bestrebt war, die Fohlen in gleichgeschlechtliche Dreier- oder Vierergruppen einzuteilen. Es wurden auch zwei Pferde einander zugesellt, aber es wird offen gelassen, was mit Einzeltieren geschah. Es kam jedoch häufiger vor, dass kleinere Bauern nur ein Fohlen oder einzelne Fohlen unterschiedlicher Geschlechter weideten oder überwinterten. Es erscheint nicht undenkbar, dass in solchen Fällen Hengstfohlen und Wallache oder Stutfohlen und Wallache zusammengestellt wurden, um Sozialkontakte unter den Tieren zu fördern. Während diese Kombinationen durchaus möglich waren, war die gemeinsame Haltung von Hengst- und Stutfohlen hingegen aus den oben genannten Gründen völlig obsolet.

Ohne sich ein Urteil darüber bilden zu wollen, ob tatsächlich von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wurde, soll lediglich die Frage untersucht werden, welche Fohlen welchen Geschlechts den Bauern zugeteilt wurden, nicht allein um sich einen Eindruck davon zu verschaffen, welche Stall- und Weidekapazitäten die einzelnen Bauern besaßen. Interessant ist außerdem die Klärung zweier weiterer Punkte, nämlich wie alt die Fohlen bei den verschiedenen Bauern waren und welche Bauern wie viele Fohlen aufnahmen. Anhand der auf den Fohlenverzeichnissen basierenden Tabelle im Kap. 8.3 sind die Zusammenstellungen der Fohlen relativ einfach erkennbar, wenn man sie für jede Saison nach den Haltern oder sonstigen Unterkünften sortiert betrachtet. Dementsprechend konnten nur diejenigen Fohlen berücksichtigt werden, die bei Fohlenhaltern, auf der hofeigenen Weide, dem Hagen, oder im Wirtschaftshof, dem Bongard, untergebracht wurden. All diejenigen Tiere, deren Aufenthaltsort aus den Akten nicht ersichtlich war oder die in den Marstall kamen, konnten natürlich nicht in die Überlegungen einbezogen werden151.

Auf diese Weise konnte ohne größere Schwierigkeiten ermittelt werden, wie die Fohlen der verschiedenen Geschlechter den Bauern zugewiesen wurden. Es sei noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nur Angaben darüber gemacht werden können, welche Fohlen bei jeweils einem Bauern untergebracht wurden, dahingegen können keine Aussagen darüber getroffen werden, in welcher Weise vor Ort die weitere Unterteilung in Gruppen erfolgte. Das bedeutet, es ließ sich beispielsweise feststellen, dass ein Bauer Stutfohlen und Wallache zur Aufzucht bekam, nicht jedoch, ob er sie im Stall oder auf der Weide getrennt hielt.

Folgende Zuteilungen waren möglich: Hengstfohlen und Wallache, Wallache und Stutfohlen, Hengstfohlen und Stutfohlen sowie alle drei Geschlechter zusammen.

Weiterhin konnten die einzelnen Geschlechter bei einem Bauern unter sich bleiben.

Dabei stellte sich heraus, dass der mit 68,8 % überwiegende Anteil der Hengstfohlen bei Aufzüchtern untergebracht war, die gleichzeitig Wallache in ihrer Obhut hatten.

Deutlich seltener blieben sie unter sich (12,5 %). Wallache wurden hingegen häufiger alleine (43,4 %) als in räumlicher Nähe zu Hengstfohlen (35,8 %) gehalten, während sie nur zu 15,0 % die Aufzuchtstätte mit Stutfohlen teilen mussten. Man muss dabei

151 So ist insgesamt bei 64 Einträgen von Hengstfohlen die Aufzuchtstätte angegeben, während bei 54 aufgelisteten Stutfohlen und 113 eingetragenen Wallachen die Unterbringung bekannt ist.

berücksichtigen, dass die Zahl der Wallache doppelt so groß war wie die der Hengstfohlen und doppelt so groß wie die der Stutfohlen. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn Hengstfohlen waren meist nur bis zu einem Jahr alt, während die älteren männlichen Fohlen i. d. R. kastriert waren. Dass sich der Anteil der weiblichen zu den männlichen Fohlen wie 1:3 verhielt, wird im Kap. 4.1.3.9 erläutert.

Aufgrund der großen Anzahl dürfte es also nicht schwierig gewesen sein, die Stall- und Weidekapazitäten eines Bauern mit reinen Wallachgruppen auszuschöpfen.

Stutfohlen blieben meistens unter sich (58,3 %) oder mussten mit Wallachen Weide oder Stall teilen (35,2 %). Es ist nur eine Ausnahme belegt, dass ein Aufzüchter sowohl Hengst- als auch Stutfohlen hielt. Man kann aber sicher annehmen, dass Lourhaaß die Pferde im Winter 1732/33 getrennt aufstallte. Ebenfalls nur einmal tauchen in einer Saison alle drei Geschlechter gemeinsam bei einem Bauern auf.

Reigers hielt die Tiere im Winter 1739/40 aber höchstwahrscheinlich nicht alle gleichzeitig. Da in dieser Stallperiode zahlreiche Umstellungen stattfanden, ist anzunehmen, dass sich nie mehr als zwei Geschlechter zur gleichen Zeit bei ihm aufhielten.

Inwieweit das Alter der Fohlen die Gruppenzusammenstellung beeinflusste, ließ sich anhand der Aufzeichnungen nicht mehr rekonstruieren. Tatsache ist, dass Bauern gleichzeitig alle Altersklassen aufnahmen, von den frisch abgesetzten Fohlen bis zu drei oder gar vier Jahre alten Pferden. Vermutlich wurden sie jedoch nach ihrem Alter in Gruppen sortiert, denn auch in anderen Gestüten wie denen des hannoverschen Königshauses achtete man darauf, einheitliche Altersklassen zu bilden und Neuzusammenstellungen der Gruppen zu vermeiden, damit die jüngeren durch die älteren nicht benachteiligt wurden. Dort wurden ebenfalls die Hengste weiträumig von den Stuten getrennt gehalten (Naber 1990, S. 43). Auf eine Unterscheidung der Fohlen nach ihren Besitzern wurde bei der Verteilung auf die Aufzuchtstätten kein Wert gelegt. Tiere des Fürsten, des Rheingrafen und des Hofmeisters standen einträchtig nebeneinander.

Es sind keine eindeutigen Präferenzen zu erkennen, denen zufolge bestimmte Bauern Fohlen bestimmter Geschlechter zu betreuen hatten. So konnte kein Fohlenhalter ausgemacht werden, der eine reine Hengstaufzucht in größerem Umfang betrieb. Ein Bauer wie Reigers konnte beispielsweise in der einen Saison Hengstfohlen und Wallache, in der nächsten Wallache und Stutfohlen und in der dritten Saison ausschließlich Stutfohlen versorgen. Dass die Bauern Ludwig, Gerlichs und Dercksen sich scheinbar auf die Haltung von Hengsten und Wallachen konzentrierten, lag wohl eher daran, dass der Anteil der männlichen Tiere den der weiblichen Tiere deutlich überwog und die genannten Personen große Stall- und Weidekapazitäten hatten.

Im Laufe des überlieferten Zeitraums von zehn Jahren wechselten die Fohlenaufzüchter mehrmals, d. h. kein Bauer wurde ständig dazu verpflichtet, die herrschaftliche Nachzucht unterzubringen, sondern höchstens über wenige Jahre152. Es lassen sich jedoch in jeder Saison ein oder zwei Bauern ausmachen, die eine

152 Über die Gründe dafür können nur Spekulationen angestellt werden. Einerseits könnte es ein Privileg dargestellt haben, herrschaftliche Fohlen aufzuziehen, da dies zweifellos eine gute Einnahmequelle war, sofern nicht zu viele Tiere eingingen, und dieses Privileg sollte nicht immer den gleichen Bauern zuteil werden. Auf der anderen Seite bedeutete die Unterbringung von fremdem Vieh immer eine Belastung, da ein Teil der Weideflächen der eigenen Bewirtschaftung bzw. ein Teil der Stall- und Futterkapazitäten dem eigenen Vieh nicht zur Verfügung stand.

größere Anzahl an Fohlen aufnahmen und daher eine besondere Rolle spielten, während einige andere Bauern einzelne oder nur sehr wenige Pferde bei sich unterstellten. Luhrhaas und sein Schwager Ludwig können als die Hauptaufzüchter für den Zeitraum vom Winter 1732/33 bis zum Winter 1734/35 bezeichnet werden.

Luhrhaas nahm bis zu acht Tiere auf, während Ludwig bis zu elf Hengstfohlen und Wallache gleichzeitig unterbrachte. Groß Imminck schien vom Sommer 1735 bis zum Winter 1737/38 ein gefragter Aufzüchter von Stutfohlen gewesen zu sein. Daneben sind einige wenige Wallache bei ihm zu finden. Insgesamt sind bis zu sechs Tiere bei ihm nachgewiesen. Eine etwas geringere Rolle spielte Schult Schluysen, der etwa zur gleichen Zeit zwischen zwei und fünf Fohlen bei sich aufnahm. Seit dem Sommer 1737 taucht drei Jahre lang der Name Gerlichs häufig auf. Er versorgte bis zu zwölf Hengstfohlen und Wallache. Ein Jahr später trat neben ihm Reigers als Halter von Stutfohlen, Hengstfohlen und Wallachen auf, der in einer Saison bis zu 19 Tiere aufnahm, aber diese nicht alle gleichzeitig, da sie zwischenzeitlich umgestellt wurden. Seit dem Sommer 1741 übernahm Dercksen die führende Position bei der Fohlenaufzucht, indem er nachweislich bis zu zehn Hengstfohlen und Wallache bei sich aufnahm. Daneben gab es Bauern, die nur hin und wieder einige Fohlen vom herrschaftlichen Hof bekamen. Die Bauern Otten und Pauwels werden jeweils nur einmal erwähnt, doch während ersterer im Winter 1739/40 sieben Stutfohlen beherbergte, konnte letzterer im Sommer 1740 immerhin sechs Wallache auf seine Weide stellen. Alle übrigen in den Quellen genannten Aufzüchter konnten nur sporadisch zwischen einem und drei Fohlen Unterkunft gewähren.