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Genealogie und historischer Kontext

3 Geschichtlicher Hintergrund

3.1 Geschichte der Herrlichkeit Anholt

3.1.2 Genealogie und historischer Kontext

Die erste urkundliche Erwähnung eines Herren von Anholt datiert ins Jahr 1169. Zu dieser Zeit befand sich die Burg im Besitz des Klevischen Geschlechts von Sulen, Lehnsleute des Bischofs von Utrecht. Bereits vor der Mitte des 14. Jahrhunderts

31 Das Herzogtum Geldern bestand bis 1543, danach fiel es an Habsburg. Nach der Reichsteilung Karls V. (1555) gelangte Geldern, bestehend aus den Quartieren Arnheim, Nimwegen, Zutphen und Roermond, zusammen mit den Niederlanden an Spanien. Mit dem Westfälischen Frieden (1648) wurden Arnheim, Nimwegen und Zutphen, die sich bereits 1579 mit den übrigen sechs niederländischen Generalstaaten in der Utrechter Union zusammengeschlossen hatten, Bestandteil der Republik der Vereinigten Niederlande (heute die niederländische Provinz Gelderland), während Roermond bei Spanien verblieb (Hantsche 2001, S. 444-447).

32 Nach dem Jülisch-Klevischen Erbfolgestreit (1609-1614) gelangte Kleve an das Kurfürstentum Brandenburg (Jahn 2001, S. 513).

33 Kastner 1984, S. 54-55.

endete das Lehnsverhältnis. Burg, Siedlung und Ländereien in Anholt wurden zu einer reichsunmittelbaren Herrlichkeit. Das bedeutet, dass die Herren von Sulen im Besitz aller landesherrlichen Rechte wie Gerichtsbarkeit, Münzrecht, Steuerrecht, Wehrhoheit usw. waren. Dies befugte Dietrich von Sulen (1335-1364) u. a., der Siedlung Anholt das Stadtrecht zu verleihen (s. Kap. 3.1.5). Mit ihm starb das Geschlecht von Sulen im Mannesstamm aus34. Durch die Heirat seiner Tochter Herberga von Sulen (gest. 1399) mit Hermann III. von Gemen (gest. 1402) im Jahr 1380 folgte die nur eine Generation währende Regierungszeit unter den Herren von Gemen. Nach einer Erbteilung unter ihren beiden Töchtern gelangte die Herrlichkeit Anholt durch Heirat Margarethas von Gemen (1383-1412) mit Gisbert I. von Bronckhorst-Batenburg (gest. 1429) an das niederländische Geschlecht der Herren von Bronckhorst-Batenburg (van Krugten 1994, S. XV).

Zur Zeit der Brockhorst-Batenburgischen Herrschaft wurde Anholt von zahlreichen Kämpfen und Fehden heimgesucht (van Krugten 1989, S. X). Streitigkeiten, die unter den Nachbarn ausbrachen, bezogen oft auch die Herrlichkeit mit ein, so etwa die Soester Fehde (1444-1449) oder die Münstersche Fehde (1450-1457). Besonders betroffen war Anholt durch die Geldernsche Fehde (1492-1537). Seit 1423 gab es bereits Erbstreitigkeiten und Auseinandersetzungen zwischen den Herzögen von Geldern und den Herzögen von Burgund um die Nachfolge im Herzogtum Geldern.

Die Lage wurde noch durch die Heirat Marias von Burgund mit dem späteren Kaiser Maximilian I. (1459-1519) kompliziert, denn dadurch gingen die burgundischen Ansprüche auf Geldern an das Haus Habsburg über (Hantsche 2001, S. 442). In der Geldernschen Fehde ging es schließlich um die Einnahme des Herzogtums Geldern, dessen Stände Karl II. von Egmond (1467-1538) zum Herzog von Geldern erklärt hatten, durch Kaiser Maximilian I. von Habsburg. Der Kaiser unternahm drei Versuche der Rückeroberung in den Jahren 1492, 1505 und 1512, in denen Karl von Egmond sich aber immer erfolgreich zur Wehr setzen konnte (Jahn 2001, S. 504-507).

Der zu dieser Zeit in Anholt regierende Jakob I. von Bronckhorst-Batenburg (1473-1516) wurde in die Auseinandersetzungen zwischen der burgundisch-habsburgischen und der geldrischen Seite verwickelt, da ihm die in das Gelderland eingedrungenen burgundischen Truppen seine Herrlichkeit Batenburg entrissen hatten (Salm-Salm 1992, S. 10). Er leistete Maximilian I. militärische Hilfe und verbündete sich mit dem Herzog Wilhelm von Kleve gegen Karl von Egmond (Salm-Salm 1966, S. 28). Stadt und Burg fielen 1512, nach mehrfach erfolgreich abgewiesenen Belagerungen, an den Herzog von Geldern, in dessen Hände sie trotz zahlreicher Eroberungsversuche fast drei Jahrzehnte bleiben sollten. Jakobs Sohn Gisbert III. von Bronckhorst-Batenburg (gest. 1525) konnte die Burg nicht zurückgewinnen. Mit dem Ende der Geldernschen Fehde 1537 gelangte Dietrich II.

von Bronckhorst-Batenburg (1478-1549), Gisberts Neffe, durch Verhandlungen wieder in den Besitz der Herrlichkeit Anholt, allerdings nur als Lehnsmann von Geldern. Bis 1540 blieben noch Kontributionen bestehen, ehe der Vertrag vom Kaiser aufgehoben wurde. Damit war die Herrlichkeit Anholt wieder reichsunmittelbar (van Krugten 1994, S. XV).

34 Dietrich von Sulen hatte zwei Söhne, die aber schon in jungen Jahren kinderlos starben und nacheinander regierten: Stephan (1364-1373) und Friedrich (1373-1380). Nach ihnen trat ihre Schwester Herberga ihr Erbe an (Tinnefeld 1913, S. 25-26).

Auch die Niederlande als Teil des burgundischen Reichs gelangten durch die Heirat Maximilians I. mit der Erbtochter Maria von Burgund 1477 an das Haus Habsburg.

Maximilians Enkel Karl V. übergab sie bei der Reichsteilung35 1555 an Spanien. Das Streben der an Geld und Einfluss reicher werdenden Stände nach Selbständigkeit und die Ausbreitung des Calvinismus riefen jedoch Konflikte mit dem katholischen König Philipp II. von Spanien hervor. Seinem Versuch einer Gegenreformation wurde mit einem Aufstand begegnet. Der Spanisch-Niederländische Krieg (1568-1648) brach aus (Scheuch 2001, S. 238). Die sechs niederländischen Provinzen Holland, Seeland, Utrecht, Overijssel/Drente, Groningen und Friesland schlossen sich 1579 mit Nimwegen, Arnheim und Zutphen, der späteren Provinz Gelderland, zur protestantischen Utrechter Union zusammen und sagten sich 1581 von Spanien los.

Angeführt von Wilhelm I. von Nassau-Oranien (1533-1584), erkämpften sich diese Generalstaaten im Verlauf des 80jährigen Krieges ihre Unabhängigkeit (Hantsche 2001, S. 446). Fünf Monate vor der Beschließung des Westfälischen Friedens 1648 wurde der Friede zwischen den Niederlanden und Spanien vereinbart. Die Generalstaaten erhielten als Republik der Vereinigten Niederlande ihre staatliche Freiheit.

Im Spanisch-Niederländischen Krieg trat Dietrich III. von Bronckhorst-Batenburg (1504-1586) als Anhänger des katholischen Glaubens der spanischen Seite bei (van Krugten 1989, S. XI). 1580 wurden Stadt und Burg Anholt von der Utrechter Union überfallen und in Brand gesteckt. Nach seinem Tod und dem bereits vier Jahre zuvor eingetretenen Tod seines Sohnes Jakob II. von Bronckhorst-Batenburg (1553-1582) erreichte dessen Gemahlin Gertrud von Bronckhorst-Batenburg, geb. von Mylendonck (1552-1612), die die Verwaltung der Herrlichkeit aufgrund der Unmündigkeit seiner Kinder übernahm, 1598 eine Zusicherung der Neutralität durch die Generalstaaten, so dass Anholt fortan von Plünderung und Brandschatzung einigermaßen verschont blieb (van Krugten 1994, S. XV-XVI).

Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648), der aus religiösen Gegensätzen zwischen Protestanten und Katholiken und einem Machtkampf zwischen dem Kaiser und den nach Selbständigkeit strebenden Fürsten entstanden war, begann in Böhmen, breitete sich dann über fast ganz Europa aus und gipfelte in einem Kampf zwischen Frankreich und Habsburg um die Vormachtstellung in Europa. Ein protestantischer böhmischer Adelsbund rebellierte gegen die Herrschaft der katholischen Habsburger.

Böhmen schloss sich u. a. mit Preußen, Brandenburg und den Niederlanden zur Protestantischen Union zusammen, während Österreich sich mit Bayern, Köln u. a. in der Katholischen Liga verbündete (Scheuch 2001, S. 56). Bereits in den ersten Kriegsjahren war Westfalen in die Kriegswirren eingespannt. Obwohl diese Region Stoffregen-Büller zufolge nicht so sehr gelitten hat wie beispielsweise Süddeutschland, hinterließ der Krieg auch hier deutliche Spuren. Feldzüge und durchziehende Truppen verursachten großes Leid. Die Bevölkerung verarmte und wurde durch Hungersnöte und Seuchen dezimiert (1995, S. 91).

Auch Anholt setzte der Krieg trotz der mühsam erlangten Neutralität und mehreren Schutzbriefen durch Kontributionen, Plünderungen, Verschleppungen und Einquartierungen von Freund und Feind, insbesondere den Hessen, schwer zu. Am

35 Als Karl V. (1500-1558) im Jahr 1555 abdankte, überließ er seinem Sohn Philipp Spanien, Unteritalien, Burgund, die Niederlande und die überseeischen Kolonien, während sein Bruder, Kaiser Ferdinand, den Rest des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation erbte, also Deutschland, Ungarn und Böhmen (Mirow 1990, S. 319).

Ende des Krieges waren die Stadt und die umliegenden Bauernschaften nahezu entvölkert. Die Herren von Anholt konnten sich nicht lange der Parteilichkeit enthalten. Sogar aktiv an diesem Krieg beteiligt war Johann Jakob von Bronckhorst-Batenburg (1582-1630), der als kaiserlicher Feldmarschall auf Seiten der Katholischen Liga kämpfte (van Krugten 1994, S. XVI). In der Schlacht am Weißen Berg vor den Toren Prags36 (1620) hatte er sich als General bewährt. Er stieg in hohe militärische Positionen auf und galt als begabter Heerführer, so dass er 1625 als Ritter des Goldenen Vlieses ausgezeichnet wurde (Salm-Salm 1966, S. 32-33). In einer der wenigen bedeutenden Schlachten in Westfalen, der Schlacht im Lohner Bruch bei Stadtlohn 1623, fügte er der Protestantischen Union unter Führung Herzog Christians von Braunschweig, dessen Truppen Teile Westfalens verwüstet hatten, schwere Verluste zu. Der „Graf von Anholt“37 war der bedeutendste westfälische Heerführer jener Zeit. Der Sieg bei Stadtlohn bedeutete für die Liga die Vorherrschaft über Westfalen (Stoffregen-Büller 1995, S. 88-89).

Der ältere Bruder Johann Jakobs, Dietrich IV. von Bronckhorst-Batenburg (1578-1649), seit 1602 Herr von Anholt, wurde 1621 von Kaiser Ferdinand II. (1578-1637) für seine Verdienste und Kaisertreue in den Grafenstand erhoben. Da ihm nur eine Tochter, Maria Anna, beschert war, fiel sein Besitz nach seinem Tod 1649 an ihren Gemahl Leopold Philipp Carl Fürst zu Salm (1619-1663). Das Geschlecht der Fürsten zu Salm stammte von den Rheingrafen vom Stein aus dem Nahetal und den 1357 eingeheirateten Wildgrafen aus dem Hunsrück ab, wonach sie sich Wild- und Rheingrafen nannten. Außerdem war ihnen 1475 durch Heirat ein Teil der Grafschaft Salm in den Vogesen zugefallen (van Krugten 1989, S. XII). Leopold Philipp Carl, der mit seinem Regiment im Dreißigjährigen Krieg am Niederrhein gekämpft hatte, blieb nur wenige Jahre in Anholt, ehe es ihn 1649 wieder zum Militär zog und er als Feldmarschall der lothringischen Armee in den Niederlanden diente. Wegen seiner militärischen Verpflichtungen hielt er sich v. a. in Schloss Neuviller an der Mosel (Lothringen) auf. Seine Frau Maria Anna verbrachte mit ihrer Familie jedoch die meiste Zeit in Anholt (van Krugten 1994, S. 6).

Seit Habsburg 1526 Ungarn geerbt hatte, musste es die neue Reichsgrenze im Südosten gegen die Türken verteidigen. Über zwei Jahrhunderte erforderten die Türkeneinfälle immer wieder militärische Einsätze. Bereits 1529 wurde Wien von den Türken belagert, aber die Stadt blieb standhaft. Nach ständigen Scharmützeln und zwei Türkenkriegen rückten die Osmanen 1638 erneut gegen Wien vor. Die kaiserlichen Truppen konnten die Stadt halten, aber erst der Polenkönig Johann III.

Sobieski brachte die entscheidende Wendung, indem er nach drei Monaten Belagerung das Türkenheer in die Flucht schlug. Mit der Unterstützung von Polen, Brandenburg und Russland drängte das kaiserliche Heer die Türken bis nach Siebenbürgen und Serbien zurück. Es gelang dem Oberbefehlshaber Prinz Eugen von Savoyen, den Sultan 1699 zu einem Friedensvertrag zu zwingen, in dem er auf fast ganz Ungarn und Siebenbürgen verzichtete. Die Auseinandersetzungen mit dem

36 In dieser Schlacht wurden die böhmischen Truppen von einem Heer der Liga vernichtend geschlagen. Der zum König von Böhmen gewählte Friedrich V. von der Pfalz musste in die Niederlande fliehen, und in Böhmen begann eine gewaltsame Rekatholisierung (Mirow 1990, S. 322-323).

37 Johann Jakob von Bronckhorst-Batenburg war nicht selbst Herr von Anholt, sondern der Bruder des Grafen Dietrichs IV. von Bronckhorst-Batenburg. Er wurde aber von Freund und Feind so genannt (Salm-Salm 1966, S. 32-33).

Osmanischen Reich beschäftigten Österreich und Ungarn noch bis 1739 (Scheuch 2001, S. 61-62).

Carl Theodor Otto Fürst zu Salm (1645-1710) hatte eine besondere Bedeutung für das Haus Anholt, denn er brachte es zu einer großen politischen und militärischen Karriere. Als Feldmarschall und enger Berater des habsburgischen Kaisers Leopold I. (1640-1705) und als Obristhofmeister, erster Minister und Erzieher des Thronfolgers, des späteren Kaisers Joseph I. (1678-1711), bekleidete er eine der höchsten Positionen am Hof in Wien (Vliegenthart 1981, S. 14). Diese Ämter brachten es mit sich, dass er sich häufig und lange fern der Heimat am Kaiserlichen Hof aufhielt. Als Gefolgsmann und Vertrauter des Kaisers war Carl Theodor Otto zu Salm auch an der Verteidigung Österreichs und Ungarns gegen die Einfälle der Türken beteiligt. Im Dritten Türkenkrieg (1683-1699) kämpfte er als General unter Prinz Eugen. Mit diesem überwarf er sich jedoch, so dass er 1709 aus dem kaiserlichen Dienst ausschied (Salm-Salm 1966, S. 34). Während seiner Abwesenheit bevollmächtigte er seine Schwester, Prinzessin Marie Christine zu Salm (1655-1744), ihn in Anholt zu vertreten. Dennoch veranlasste er zwischen 1697 und 1703 wichtige Umbauten an der Wehrburg Anholt, so dass diese das barocke Aussehen einer fürstlichen Residenz erhielt (s. Kap 3.1.3). Die Beziehungen zu Wien äußerten sich u. a. in Ankäufen und Aufträgen in der österreichischen Stadt (Vliegenthart 1981, S. 14). Die Verbindungen zu den Habsburgern wurden auch nach seinem Tod (gest. 1710 in Aachen) durch seinen Sohn Ludwig Otto zu Salm noch fortgesetzt.

Unter den Fürsten zu Salm war Anholt eine lange Zeit des Friedens vergönnt, welche die Landesherren dazu nutzten, den Wohlstand in der Herrlichkeit zu fördern (Salm-Salm 1992, S. 15). Ein Ereignis sollte allerdings noch seine Schatten auf Anholt werfen. Im Jahr 1701 brach der Spanische Erbfolgekrieg aus, der bis 1714 dauerte.

England, die Niederlande und Österreich wollten verhindern, dass das spanische Erbe einschließlich des Kolonialbesitzes und der Spanischen Niederlande nach dem Tod des kinderlosen Königs Karl II. von Spanien an Philipp von Anjou, einen Enkel Ludwigs XIV., und damit an Frankreich gelangte (Jahn 2001, S. 513). Dieser Allianz schlossen sich die meisten deutschen Reichsfürsten an (Mirow 1990, S. 458). Der habsburgische Kaiser Leopold I. verlangte stattdessen die Krone für seinen zweitgeborenen Sohn Karl. 1705 folgte Joseph I., der ehemalige Zögling Carl Theodor Ottos zu Salm, seinem Vater Leopold I. als Kaiser nach. Die Situation änderte sich, als Joseph I. unverhofft im Jahr 1711 starb. Sein Bruder und Nachfolger Karl VI. war danach als Erbe des spanischen Throns für England nicht mehr zumutbar, da eine Vereinigung des österreichischen und spanischen Reichs das Gleichgewicht in Europa gestört hätte. Schließlich wurde Philipp V. gegen das Versprechen, auf die Erbfolge in Frankreich zu verzichten, als König von Spanien anerkannt. Die Spanischen Niederlande wurden österreichisch (Scheuch 2001, S.

65-66).

Aufgrund der freundschaftlichen Beziehungen zu Habsburg und seinen Verbündeten plünderten kurz nach dem Tod Carl Theodor Ottos zu Salm französische Truppen 1711 die Wasserburg und Stadt Anholt (Vliegenthart 1981, S. 15). Mit dem Erzbischof von Köln hatte Frankreich außerdem einen Verbündeten ganz in der Nähe der Herrlichkeit Anholt gefunden. Es blieb aber bei der einmaligen Verwüstung.

Danach sollte endgültig Ruhe in dem Fürstentum einkehren. Der Sohn Carl Theodor Ottos, Ludwig Otto Fürst zu Salm (1674-1738), folgte ihm zwar in militärischer

Hinsicht, indem er sich 1690 der kaiserlichen Armee verpflichtete, aber er erreichte nie die politische Relevanz wie sein Vater. Aufgrund gesundheitlicher Probleme musste er den Dienst quittieren (van Krugten 1994, S. 90-91). Zusammen mit seiner Gattin Prinzessin Albertine von Nassau-Hadamar (1679-1716) erklärte er das Schloss Anholt zu seinem Hauptwohnsitz (Vliegenthart 1981, S. 14). Sein Interesse galt neben dem weiteren Ausbau des Schlosses v. a. der Jagd und der Musik. Die Hofhaltung unter ihm war besonders großzügig, ganz in der Tradition Ludwigs XIV.

dem neuen fürstlichen Selbstverständnis und Geltungsbedürfnis des Absolutismus entsprechend (van Krugten 1994, S. 8).

Der Siebenjährige Krieg (1756-1763) zwischen Preußen und Österreich um den Besitz Schlesiens wurde teilweise auch in Westfalen, z. B. in Minden ausgetragen, wo Preußen Besitztümer hatte38. Preußen kämpfte mit westfälischer Unterstützung aus Minden, Lippstadt, Herford, Bielefeld, Soest und Hamm gegen die Wittelsbacher und ihre münsterischen und paderbornischen Truppen. Truppendurchzüge und Verheerungen machten dem Land zu schaffen. Für Westfalen änderte sich mit dem Friedensschluss aber nichts. Die weltlichen Herrschaften und Fürstbistümer blieben bestehen, nur die Wittelsbacher verschwanden von den Bischofsstühlen in Westfalen (Stoffregen-Büller 1995, S. 146-148). Der Siebenjährige Krieg ging aber, ohne größere Schäden anzurichten, an Anholt vorüber (van Krugten 1994, S. XVI).

Die Tochter Ludwig Ottos und Erbprinzessin Dorothea zu Salm (1702-1751) ehelichte im Jahr 1719 ihren Cousin Nicolaus Leopold Fürst zu Salm (1701-1770), der 1743 den Doppelnamen Salm-Salm annahm. Durch die Ehe vereinigten sich die beiden Zweige der Salm’schen Linie der Wild- und Rheingrafen (van Krugten 1994, S. XVI). Sein Erbe als Graf (seit 1740 Herzog) von Hoogstraten und sein Amt des Gouverneurs von Antwerpen seit 1744 veranlassten ihn dazu, sich überwiegend in seinem Schloss Hoogstraten bei Antwerpen aufzuhalten. Zeitweise residierte er auch in seinem 1754 erbauten Palast zu Senones39. Außerdem war er seit 1755 kaiserlicher Feldmarschall (Vliegenthart 1981, S. 18). Seit Mitte des 18. Jh. wurden aufgrund seiner häufigen Abwesenheit tiefgreifende Sparmaßnahmen in Anholt eingeleitet (van Krugten 1994, S. 1). Auch ihr Nachkomme Ludwig Carl Otto Fürst zu Salm-Salm (1721-1778) ließ sich nicht oft in Anholt sehen. Er weilte gerne in Paris, Kirn und v. a. in Senones, wo er kurz nach seiner Nachfolge 1771 einen neuen Palast erbauen ließ (van Krugten 1994, S. 1).

Die finanzielle Krise des französischen Staates durch Kriege, hohe Steuerbelastungen, die mangelnde Berücksichtigung der Bedürfnisse und Forderungen des Dritten Standes in Zeiten von Bevölkerungswachstum und Missernten, Aufblühen des Bürgertums einerseits und Verarmung der Bauern andererseits, die zunehmende Entfremdung und Distanzierung des privilegierten Adels vom einfachen Volk, kurz gesagt politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Missverhältnisse führten in Frankreich zu folgenschweren Ereignissen, die in der europäischen Geschichte bisher ohne Beispiel waren. Die Französische Revolution stellte den, wenn auch erst nur vorläufigen und mit Rückschlägen verbundenen, Übergang vom Absolutismus zur bürgerlichen Herrschaft dar.

Nachdem sich der Dritte Stand im Juni 1789 zur Nationalversammlung erklärt hatte mit dem Ziel, eine neue Verfassung zu erstellen, sprang der revolutionäre Funken

38 Der preußische Besitz erstreckte sich auf die Grafschaften Tecklenburg, Mark und Ravensberg und das Fürstentum Minden (Stoffregen-Büller 1995, S. 146).

39 Senones war seit 1751 Hauptstadt des Fürstentums Salm in den Vogesen.

auf die Volksmassen über, die in den Straßen den Aufstand übten und schließlich am 14. Juli die Bastille stürmten. Die Aristokratie wurde entmachtet, die Bauern erhoben sich gegen ihre Grundherren, und viele Adelige mussten vor dem wütenden Volk ins Ausland fliehen. Währenddessen beschloss die Nationalversammlung die Abschaffung aller Abgaben und feudalen Privilegien und erklärte die Menschen- und Bürgerrechte. Durch die Einziehung der Adels- und Kirchengüter bewirkte sie jedoch keine Lösung der finanziellen Probleme, sondern lediglich eine Inflation, die die wirtschaftliche Situation noch verschärfte. König Ludwig XVI. (1754-1793) musste die Verfassung anerkennen, die Frankreich zu einer konstitutionellen Monarchie machte.

Indessen ersann der vertriebene Adel mit dem europäischen Ausland eine Koalition gegen das neue Regime in Frankreich. Mit der Zustimmung der Nationalversammlung, die eine Gegenrevolution aus dem Ausland fürchtete, erklärte der König, der eben dies erhoffte, Ungarn und Böhmen den Krieg (Erster Koalitionskrieg 1792-1797).

Erste Erfolge für die französische Armee zeichneten sich 1793 ab, als sie das gesamte linke Rheinufer einnahm, das jedoch kurz darauf von den Gegnern40 zurückerobert wurde. In dem gleichen Jahr wurden der König und zahlreiche Gefangene der Revolution, hauptsächlich Adelige, hingerichtet, und die Schreckensherrschaft der Jakobiner begann (Rosen 1994, S. 509-512). Nun war es auch für Constantin Fürst zu Salm-Salm (1762-1828) nicht länger möglich, in seinem Fürstentum in den Vogesen zu bleiben. Die Familie musste sich nach Anholt in Sicherheit bringen. Während Constantin wie bereits sein Vater bisher Senones als Residenz bevorzugt hatte, wurde Anholt seit ihm wieder Hauptwohnsitz der Fürsten zu Salm-Salm (van Krugten 1994, S. 2). Die Franzosen besetzten 1794 erneut Belgien und das linksrheinische Gebiet (Mirow 1990, S. 550).

Napoleon Bonaparte (1769-1821) entschied den Ersten Koalitionskrieg in Italien für sich und zwang Österreich 1797 in Campo Formio zum Frieden. Durch seine Eroberungen störte er das Gleichgewicht in Europa. Dem jungen General diente die Revolution als Ausgangspunkt eines beispiellosen Aufstiegs vom Sohn eines Rechtsanwalts zum Kaiser Frankreichs (1804). Mit seiner Wahl zum Ersten Konsul der Republik 1799 erlangte er alle Vollmachten eines Diktators. Kurz darauf erklärte er die Revolution für beendet. Seine Expansionspolitik zwang die europäischen Mächte zu einem neuen Bündnis. Im Zweiten Koalitionskrieg (1799-1802) stellten sich England, Österreich, Portugal und Neapel mit Unterstützung Russlands und der Türkei gegen Frankreich. Nach militärischen Erfolgen Bonapartes endete der Krieg mit dem Frieden von Lunéville (1801). Darin wurde der Friedensvertrag von Campo Formio mit Österreich bestätigt, nach dem es u. a. die österreichischen Niederlande Frankreich überlassen und die preußische Abtretung der linksrheinischen Gebiete anerkennen musste (Rosen 1994, S. 515-518, und Pleticha 1987, 8, S. 308-317). Für die Verluste verlangten die Fürsten und deutschen Staaten, die Besitzungen links des Rheins gehabt hatten, Entschädigung. Aus diesem Grund erarbeitete ein Reichstagsausschuss, angewiesen durch Frankreich und Russland, 1803 den

40 Der Koalition gehörten zunächst nur Österreich und Preußen an. Preußen jedoch, zufriedengestellt durch beträchtliche Gebietsgewinne in Polen und nicht mehr an der Auseinandersetzung im Westen interessiert, zog sich 1795 durch den Frieden von Basel aus der Koalition zurück und verlor die linksrheinischen Gebiete, gewann jedoch rechtsrheinische Territorien hinzu (Rosen 1994, S. 513-515).

Aufgeschreckt durch die Hinrichtung Ludwigs XVI. im Jahr 1793 traten auch England und einige andere europäischen Staaten wie Spanien, Portugal und Holland in den Krieg gegen Frankreich ein (Mirow 1990, S., S. 550).

Reichsdeputationshauptschluss, der eine Säkularisierung, d. h. eine Aufteilung

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