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Die Lage der Höfe der Fohlenhalter und der Züchter

4 Ergebnisse der Quellenauswertung

4.1 Pferdezucht und Pferdehaltung in der Herrlichkeit Anholt

4.1.3 Der Fohlenbestand

4.1.3.8 Die Lage der Höfe der Fohlenhalter und der Züchter

Die Namen derjenigen Bauern, die sich als Fohlenaufzüchter betätigten, gehen aus den Fohlenverzeichnissen hervor, die aus dem Zeitraum von 1732 bis 1742 vorliegen (s. Kap. 4.1.3.1), während die Namen der Züchter den Deckregistern von 1731 und von 1734 bis 1738 zu entnehmen sind (s. Kap. 4.1.2.1). Sämtliche in den Quellen erwähnte Bauern, die nachweislich mit der Pferdezucht beschäftigt waren, sind in Tab. 2 aufgeführt. Dabei sei darauf hingewiesen, dass es sich lediglich um diejenigen Personen handelt, die in dem dokumentierten Zeitraum aktiv an der Landespferdezucht bzw. Fohlenaufzucht teilnahmen und schriftlich festgehalten sind – die Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit der Erfassung aller Züchter!

Bei den fett gedruckten Bauern handelt es sich auch oder ausschließlich um Fohlenaufzüchter.

Der weitaus größte Teil der pferdehaltenden Personen wird in den Marstallakten mit Nachnamen, viele sogar mit Vornamen genannt. Oftmals folgen auch eindeutige Ortsangaben wie „aus Voorst“ oder sonstige Namenszusätze, von denen nicht bekannt ist, ob sie überhaupt topografischer Natur sind, z. B. „bei Heckhaus“. Einige Bauern ohne Namen werden in einem separaten Teil der Tabelle aufgelistet (B). Für die nichtbäuerlichen Personen, die ebenfalls ihre Stuten am und für den Anholter Hof decken ließen, wurde ebenfalls ein eigener Teil innerhalb der Tabelle eingerichtet (C). Drei der Personen kamen von weit her aus linksrheinischen Gebieten, so dass fraglich ist, ob sie überhaupt der Anholter Landespferdezucht zugerechnet werden können. Der Vollständigkeit halber werden sie dennoch berücksichtigt, da sie in den Quellen nicht zu den sog. Privatpersonen gezählt werden (s. Kap. 4.1.2) und daher anzunehmen ist, dass sie gewisse Vereinbarungen mit dem Hof bezüglich der Belegung ihrer Stuten und der Eigentumsrechte an den Fohlen getroffen hatten.

In den Quellen werden die Namen der Bauern sehr uneinheitlich geschrieben. Für die Tab. 2 wurde diejenige Schreibweise gewählt, die heute in dieser Region üblich ist oder wäre. So wird beispielsweise die Endung „-inck“ in „-ing“ umgewandelt (z. B.

Ovinck Æ Oving), sofern die heutige Schreibweise nicht eindeutig in aktuellen Karten belegt ist (z. B. Wensink). Bei den Vornamen werden in den Akten z. B. Jan, Johann und Johannes, Henrich und Heinrich oder Wilm, Willem und Wilhelm synonym verwendet. In diesem Fall wurde der am häufigsten verwendete Vorname gewählt.

Die in der Tabelle festgelegte Schreibweise der Namen wird in der gesamten vorliegenden Arbeit beibehalten.

Aufgrund der häufig unterschiedlichen Schreibweise der Namen war eine eindeutige Zuordnung der Namen oder der Bauern zu ihren Höfen nicht immer möglich, sondern teilweise wurde eine Übereinstimmung nur vermutet. So wird z. B. bei Johannes up Hagen angenommen, dass es sich um den Bauern vom Hagenshof, der in den Karten auftaucht, handelt. Auch ist nicht sicher, ob Wilm Fulseck der Bauer auf Faulheck war. In solchen Fällen wurden in der Tabelle beide Namen angegeben und mit einem Fragezeichen versehen. Andererseits kann als sicher gelten, dass Derck Engels mit dem Engelsbaur und Willem Schütte mit Schüttemann identisch war.

Die Identifizierung der in den Quellen genannten Orte war ebenfalls teils schwierig, teils unmöglich. Die Ortsangabe „Weherbruck“, „Weserbruck“ oder „Werderbruch“

wurde als das heutige Wertherbruch interpretiert. Bei der „Gemeinschaft Gritschwarth“ handelt es sich vermutlich um Grietherort oder Grietherbusch. Mit

„Schanz“ könnte die Reeserschanz gemeint sein, die linksrheinisch gegenüber von Rees liegt, und mit „Bernwick“ die Reeser Bauernschaft Bergswick. Einige Ortsangaben wie „Baal“ konnten überhaupt nicht identifiziert werden, daher sind sie in der Tabelle mit (?) gekennzeichnet. Linksrheinische Gebiete sind mit (L) und Orte in den Niederlanden mit (NL) kenntlich gemacht.

Zur Ermittlung der Lage der Höfe der an der Landespferdezucht und an der Fohlenaufzucht beteiligten Bauern wurden sowohl eine historische Karte von der Herrschaft Anholt153 als auch aktuelle Stadtpläne von Isselburg und Rees und Umgebung herangezogen154. Einige Höfe sind auch heute noch nach ihren damaligen Besitzern benannt. Ergänzend wurde ein Flurnamenverzeichnis der Stadt Isselburg155 verwendet, anhand dessen noch die ungefähre Lage einiger früherer Höfe rekonstruiert werden konnte, welche als Namensgeber für die Fluren gedient hatten. Auf dieser Grundlage wurden eine detaillierte und eine Übersichtskarte von der Herrschaft Anholt angefertigt (Abb. 10 und 11).

Sofern anhand der Pläne die relativ genaue Lage des Hofs ermittelt werden konnte, ist die Entfernung des Hofs vom Schloss in der vorletzten Spalte der Tab. 2 in km angegeben. Wenn nur der Wohnort156 bekannt war, wurde die Entfernung zwischen Schloss und Ortsmitte gemessen (letzte Spalte), wobei hier die Abweichungen von den tatsächlichen Verhältnissen erheblich sein können! Da die Höfe u. U. weit außerhalb der Ortsmitte liegen konnten, sollen diese Werte nur als grobe Anhaltspunkte für die statistische Auswertung dienen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass sämtliche Entfernungsangaben nur in km Luftlinie gemacht werden können, d. h. die tatsächlich von Mensch und Tier zurückgelegten Wege waren weiter! Die in der Tab. 2 unterstrichenen Personen bzw. Höfe sind in den Abb.

10 und/ oder 11 eingetragen, und umgekehrt sind die in den Karten unterstrichenen Namen in der Tabelle zu finden. Sofern die Ortsangaben der Höfe nicht in den Quellen ausdrücklich genannt werden, sondern nur aus den Karten hervorgehen, sind sie in der Tab. 2 kursiv geschrieben.

In den verwendeten Plänen sind einige Namen mehrmals zu finden. Uhrbrück gibt es sowohl in der Herrschaft Anholt als auch in Isselburg, Messing u. a. in Heelden und Werth, und Hohenhorst taucht einmal in Anholt und unter dem Namen Hoonhorst in Breedenbroek auf. Da nicht mehr herausgefunden werden konnte, welche Bauern in den Quellen gemeint waren, sind in den Abb. 10 und 11 jeweils beide Höfe eingezeichnet.

153 Karte Herrschaft Anholt, 1810 (FSSA, K u. P, Inv. Nr. 27).

154 Freizeitkarte Isselburg und Behördlicher Stadtplan Rees (s. Literaturverzeichnis).

155 Ciuraj u. a. (1990).

156 Die Akten über die Einkünfte aus der Herrlichkeit Anholt und den übrigen Besitzungen an Naturalien von den Pächtern (FSSA, AA, Nr. 404) geben Auskunft darüber, in welchen Gebieten die Bauern vom Anholter Hof Land gepachtet hatten. Dies bedeutete nicht automatisch, dass die Pächter auch genau dort wohnten, zumal einige größere Bauern wie Schmöllenberg mehrere Stücke Land selbst in verschiedenen Herrschaftsgebieten gepachtet hatten, aber i. d. R. befand sich das Pachtland in relativer Nähe zum Hof. Daher wurden die Informationen dieser Akten in einigen wenigen unklaren Fällen bedingt zur Lagebestimmung herangezogen.

Tab. 2: Aufstellung der an der Landespferdezucht und an der Fohlenaufzucht beteiligten Bauern

A. Mit Namen genannte Bauern

Name, Vorname Ortsangabe oder Namenszusatz Blecken, Heinrich Wertherbruch - 9,0

Bockmann - - - Flucht, Gisbert von der

[= Fluchtenhof]

157 An einer Stelle wird ein „Jan Barthels von Reeß“, an einer anderen Stelle ein „Jan Bartels von Bernwick“ genannt. Mit „Bernwick“ ist wahrscheinlich die Reeser Bauernschaft Bergswick gemeint.

Tab. 2 (Forts.)

Name, Vorname Ortsangabe oder Namenszusatz

Landermann Kloster Schlehenhorst - 10,0 Lichtenberg Voorst (NL) 2,3 - Lindert, Gisbert Anholt 1,0 - Losing, Reinert von - - -

Ludwig, Wolter Grietherbusch - 8,0 Luhrhaas, Wilm Hönnepel (L) 12,0 - Pauwels, Derck vermutlich Elten160 - 18,5

Pennecamp Anholt 1,5 -

Pohlenbauer - - -

Proost - - -

158 In Anholt gibt es einen Hof namens Hohenhorst und in Breedenbroek einen Hof namens Hoonhorst (s. Abb. 10).

159 Sowohl in Heelden, als auch in Werth liegen Höfe mit Namen Messing (s. Abb. 11).

160 Da Derck Pauwels als Nachbar von Jan Gerlichs bezeichnet wird (75), ist daraus zu schließen, dass er ebenfalls in Elten wohnt.

Tab. 2 (Forts.)

Name, Vorname Ortsangabe oder Namenszusatz

Entfernung (in km) zwischen Schloss und

Hof Ortsmitte Rehmann

[= Rahmann?]

aus der Höll (?)/ Werth (Vehlingen)161

5,0 (1,8) - Reigers, Gerrit Elten - 18,5

Roindtsbauer Hüth - 5,0

Rütters, Hermann Rees - 9,0

Schivelkamp Anholt 1,5 -

Schleyps, Johannes Wertherbruch - 9,0 Schlütter, Bernd Schüttenstein 3,25 - Schlütter Kalkar (L) - 15,0 Schmidt, Dirk Praest - 6,0

Schmöllenberg (van’t hoff) Anholt 0,8 - Schütte, Willem

[= Schüttemann]

Anholt 2,3 -

Schult Blecking Anholt 2,5 - Schult Schluysen Anholt 0,6 -

Stump Anholt 2,95 -

Sibillenbauer Anholt 2,6 -

Tangeler Anholt 1,5 -

Thewuerth, Derick bei Heckhaus (?) - - Uhrbrück, Jan von Hage (?)/ Anholt162 1,6 (3,5) - Welscher, Wilm von Dirtzberg (?) - -

Wensink, Essel Dinxperlo - 4,5 Wenß, Heinrich Hüth - 5,0

Windsbauer - - -

Wüstermann, Decken Anholt 3,45 - Wyers [= Weyershof?] Vehlingen 1,55 -

B. Nur mit Beinamen oder Ortsangaben genannte Bauern

Name, Vorname Ortsangabe oder

Namenszusatz

Entfernung (in km) zwischen Schloss und Hof Ortsmitte [Bauer] von der Schanz (L) - 10,5 [Bauer] von Aalten (NL) - - Bauer bei Isselburg - 2,5 Bauer an der Wienesbrück Voorst (NL) - 4,0

161 Es gibt einen Hof namens Rehmann in Werth sowie die Bauern Groß und Klein Rahmann in Vehlingen (s. Abb. 10).

162 Zwei Höfe namens Uhrbrück liegen zum einen in Anholt und zum anderen in Isselburg (s. Abb. 10).

C. Nichtbäuerliche Personen (Geistliche, Beamte u. a.)

Name, Vorname Ortsangabe oder

Namenszusatz

Entfernung (in km) zwischen Schloss und

Hof Ortsmitte

Cannonicus Osterwyk (L) - 15,5 Fiscal Breedenbroek (NL) - 4,5 Kirchmeister Schüttenstein - 4,5 Lipp. Vicarius, Herr - - - Pastor Terborg (NL) - 9,0 Ruhr, Herr von Rheinberg (L) - 35,0 Schmits, Herr von dem Grint (?) - - Vesahnen Meister Kleve (L) - 20,0

Vetting, Herr - - -

Vogt Millingen - 4,5

Insgesamt beläuft sich die Anzahl der in den Marstallakten erwähnten, an der Landespferdezucht und an der Fohlenhaltung beteiligten Bauern und sonstigen Personen auf 112, wobei mit 102 Personen der überwiegende Teil bäuerlicher Herkunft war. In historischen und aktuellen Karten konnten 46 Höfe ausfindig gemacht werden. Bei weiteren 43 war zumindest eine Ortsangabe vorhanden. Fast zwei Drittel der somit insgesamt 89 Personen mit bekanntem Wohnort befanden sich in einer Entfernung von weniger als 5 km zum Schloss (61,8 %). Damit bereitete das Aufsuchen der Deckhengste mit den Zuchtstuten keine größeren Schwierigkeiten.

Jeder Vierte musste zwischen 5 und 10 km, und die übrigen 13,5 % mussten 10 oder mehr km zurücklegen. Dieses Verhältnis ist in Abb. 9 veranschaulicht. Erstaunlich ist, dass immerhin acht Personen, davon fünf Bauern, linksrheinisch wohnten, d. h. auf ihrem Weg zum Anholter Schloss den Rhein überqueren mussten, was mit einigem Aufwand verbunden war, da es noch keine Rheinbrücke gab.

0 - 4,9 5 - 9,9

10 oder mehr

Abb. 9: Entfernung der Höfe der Fohlenhalter und der Züchter vom Anholter Schloss (in km)

Wenn man die Fohlenaufzüchter für sich betrachtet, befanden sie sich in sehr unterschiedlichen Entfernungen zum Hof. Während von 13 der 15 in den Quellen genannten Bauern der Wohnort oder sogar die genaue Hoflage mehr oder weniger eindeutig aus den Quellen oder den Karten hervorgeht, ist nur zu zweien gar keine Ortsangabe vorhanden. Sieben wohnten in einem Umkreis von bis zu 5 km um das Schloss in der Herrschaft Anholt, in Gendringen, Heelden, Breedenbroek und Hüth, und ein weiterer in Grietherbusch (8 km). Die in Elten ansässigen Bauern Jan Gerlichs, Gerrit Reigers und Derck Pauwels waren deutlich weiter vom Anholter Hof entfernt. Sofern tatsächlich der hinter Emmerich gelegene Ort Elten gemeint ist, mussten die Tiere etwa 18 bis 19 km zu ihren Aufzuchtstätten zurücklegen. Um zu Wilm Luhrhaas zu gelangen, mussten sie zwar nur 12 km überwinden, aber den Rhein überqueren. Dies ist insofern bemerkenswert, als diese Wege für junge Pferde und diejenigen Abgesandten des Hofs, die Kontrollbesuche durchführen mussten (s.

Kap. 4.1.3.6), mühsam zu bewältigen waren. Andererseits verwundert es unter diesen Umständen nicht, wenn die jungen Pferde nicht nur eine, sondern mehrere Saisons bei den gleichen Fohlenhaltern verbrachten. Am mit Abstand entferntesten gelegen war der Hof Wolter Hagemanns in der Gemeinschaft Ossenberg, ebenfalls auf der linken Rheinseite, mit etwa 33 km. Allerdings wird er nur einmal als Halter zweier Fohlen des Rheingrafen Nicolaus Leopold zu Salm im Winter 1737/38 genannt (42), so dass eine derartige Vereinbarung wohl eher die Ausnahme darstellte.

Abb. 10: Herrschaft Anholt

(modifiziert nach: Karte Herrschaft Anholt, 1810, FSSA, Inv. Nr. 27)

Abb. 11: Übersichtskarte Anholt und Umgebung

(modifiziert nach: Isselburger Verkehrsverein e. V. (o. J.) und Stadt Rees (1994))

4.1.3.9 Überlegungen zur tatsächlichen Größe des Fohlenbestands in der