• Keine Ergebnisse gefunden

Verschieben eines Geschäfts auf eine spätere Versammlung Mit einem Verschiebungsantrag (auch Antrag auf «Rückstellung» oder auf Mit einem Verschiebungsantrag (auch Antrag auf «Rückstellung» oder auf

an das Parlament

A. Ordnungsanträge und Sachanträge

13. Verschieben eines Geschäfts auf eine spätere Versammlung Mit einem Verschiebungsantrag (auch Antrag auf «Rückstellung» oder auf Mit einem Verschiebungsantrag (auch Antrag auf «Rückstellung» oder auf

«Sus-pendierung» genannt)620 wird die Beschlussfassung auf einen späteren Zeitpunkt verlegt.621 Dies erlaubt es, zum Geschäft weitere Abklärungen vorzunehmen.622 Im Gegensatz zum Rückweisungsantrag wird jedoch kein Organ zu neuen Abklä-rungen verpflichtet.623 Die Möglichkeit einer Verschiebung besteht bei allen Ge-schäften, kann jedoch durch Fristen und Terminvorgaben begrenzt sein, woraus

617 BGer, Urteil 1C_373/2010 vom 21.02.2011 in ZBl 112/2011 382, 385 f. E. 5.2;

BGer, Urteil 1P.820/2005 vom 04.05.2006 in ZBl 107/2006 536, 537 f. E. 3.2;

GVP (ZG) 2011 115, 120 E. 2e und f; SCHÖNBÄCHLER,Das Verfahren der Gemeinde-versammlung im Kanton Schwyz, N 46–48; vgl. auch Komm ZH aGG3, § 52‑T HAL-MANN,N 2.2. Etwas unglücklich ist deshalb die Begriffsverwendung bei STÖCKLI, der von «Rückweisungsanträge[n]» spricht, «welche die Ablehnung einer Vorlage bezwe-cken» (STÖCKLI,Die politischen Rechte, 199).

618 Vgl. SCHÖNBÄCHLER,Das Verfahren der Gemeindeversammlung im Kanton Schwyz, N 46. Aufgrund dieser Prüfungsanweisung, die auf einen bestimmten Inhalt ausgerich-tet sein kann, wird die Richtigkeit der Zuordnung der Rückweisungsanträge zu den Ordnungsanträgen teilweise infrage gestellt (vgl. HELG,Die schweizerischen Lands-gemeinden, 170). Im Gegensatz zu den Sachanträgen wird mit einem Rückweisungs-antrag jedoch weder das entscheidungsbefugte Organ angegangen noch ein bestimmter Sachbeschluss vorgegeben. Vielmehr holt das entscheidungsbefugte Organ vom vor-beratenden Organ zusätzliche Informationen zur Beschlussfassung über ein Geschäft ein. Zudem können Ordnungsanträge auch grundsätzlich materiell begrenzt werden (vgl. unten N 359).

619 AGVE 1987 465, 469 E. 3b.

620 Vgl. BAUMANN,Aargauisches Gemeinderecht, 422.

621 Stellvertretend SH GG 35 II; UR Attinghausen V 17 V; vgl. BAUMANN, ibid.; S CHÖN-BÄCHLER, Das Verfahren der Gemeindeversammlung im Kanton Schwyz, N 43;

Komm ZH aGG3, § 48‑THALMANN,N 3.5.

622 BAUMANN,Aargauisches Gemeinderecht, 422.

623 Gl.A. SCHÖNBÄCHLER,Das Verfahren der Gemeindeversammlung im Kanton Schwyz, N 43; vgl. auch Komm ZH aGG3, § 52‑THALMANN,N 1. STAUFFACHER hält den

Ver-258

259

sich auch die Grenzen für die Zulässigkeit eines Verschiebungsantrags ergeben.624 Ein Verschiebungsantrag ist zu begründen.625 Die Gründe können mehr formeller oder materieller Natur sein;626 als Beispiele solcher Gründe nennen THALMANN die «vorgerückte Zeit» an einer Versammlung627 und SCHÖNBÄCHLER das «Ab-warten des Ganges von bestimmten Ereignissen», die «Sammlung von Erfahrun-gen» und die «vorherige Erfüllung von anderen wichtigen Gemeindeaufgaben».628 Vereinzelt kann die «Verschiebung der Beratung oder Abstimmung» beantragt werden.629 Es erschiene mir unzulässig, bei ausschliesslicher Verschiebung der Abstimmung an der späteren Versammlung auf die Beratung des Geschäfts in der früheren Versammlung zu verweisen und bloss die Abstimmung durchzuführen.

Unmittelbar vor der Abstimmung muss meiner Ansicht nach zwingend eine Bera-tung des Geschäfts zugelassen werden.

14. Rückkommen

Mit einem Rückkommensantrag630 kann ein Stimmberechtigter bis zum Ende einer Versammlung verlangen, auf ein traktandiertes Geschäft, zu dem ein

schiebungsantrag dagegen für sinngleich mit dem Rückweisungsantrag (S TAUFFA-CHER,Die Versammlungsdemokratie im Kanton Glarus, 358 Fn. 17). Eine solche un-differenzierte Begriffsverwendung dürfte verbreitet sein (gl.A. Komm ZH aGG3,

§ 52‑THALMANN,N 2.2; vgl. STREIFF,Die Gemeindeorganisation mit Urnenabstim-mung im Kanton Zürich, 208 Fn. 39).

624 Vgl. Komm ZH aGG3, § 48‑THALMANN,N 3.5.

625 Vgl. SCHÖNBÄCHLER,Das Verfahren der Gemeindeversammlung im Kanton Schwyz, N 43, der hierfür «stichhaltige Gründe» verlangt, an diese aber «keine hohen Anforde-rungen» stellen möchte; es reiche aus, wenn sie «von einer gewissen Ernsthaftigkeit bzw. ihr Eintreten von einer gewissen Wahrscheinlichkeit» seien.

626 Komm ZH aGG3, § 48‑THALMANN,N 3.5.

627 Komm ZH aGG3, § 48‑THALMANN, ibid.

628 SCHÖNBÄCHLER,Das Verfahren der Gemeindeversammlung im Kanton Schwyz, N 43.

629 So SH GG 35 II; ZG GG 76 II.

630 Häufig werden die Begriffe «Rückkommen» und «Wiedererwägung» sinngleich ver-wendet. Ich werde den Begriff der Wiedererwägung ausschliesslich für das Rückkom-men auf einen bereits rechtskräftig ergangenen Beschluss verwenden, siehe dazu unten N 277.

260

261

Beschluss ergangen ist, zurückzukommen.631 Dadurch wird der Beschluss aufge-hoben und das Geschäft von Neuem zu behandeln sein.632 Ein Rückkommen auf den Eintretensbeschluss widerspräche dagegen der Logik des Verfahrens und ist grundsätzlich nicht zulässig.633

Zum Teil ist ein Rückkommen auf ein Geschäft nach der Durchführung der Schlussabstimmung ausdrücklich untersagt.634 In diesem Fall sind die «Rückkom-mensanträge» nur auf gestaffelt behandelte Entwürfe anwendbar, wobei damit auf gefasste Teilbeschlüsse zurückgekommen werden kann, bevor diese der Schluss-abstimmung unterstellt werden.635

Eine Form des Rückkommens besteht darin, dass nach einer Schlussabstimmung zu einem Geschäft, aber noch während der Versammlung, begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit und Genauigkeit des ermittelten Ergebnisses geltend gemacht werden und die Wiederholung der Schlussabstimmung beantragt wird.636 In einem solchen Fall besteht ein Anspruch auf Wiederholung, denn die Legitimität eines Beschlusses beruht auch auf der Zuverlässigkeit des ermittelten Ergebnisses.637 Zum Teil wird verlangt, dass die wiederholte Abstimmung durch den «personell

631 GL GG 60 III; SG GG 37 III; SO GG 66; AGVE 2002 621, 623 E. 3b; GVP (ZG) 2018 135, 140 f. E. 6e; vgl. Komm ZH GG, § 23‑GRIFFEL,N 26; VITAL,Das Verfahren in der bündnerischen Gemeindeversammlung, 126; ferner auch STÖCKLI,Die politi-schen Rechte, 200.

632 Stellvertretend SO GG 66.

633 So neuerdings für die Bundesversammlung ausdrücklich ParlG 76 IIIbis. Eine Aus-nahme betrifft die Situation, dass unmittelbar daran anschliessend begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit des ermittelten Ergebnisses der Eintretensabstimmung geltend gemacht werden (vgl. auch ParlG 76 IIIter).

634 Stellvertretend BL 65 Ibis.

635 Vgl. LUTZ,Die ausserordentliche Gemeindeorganisation im Kanton Baselland, 215 f., 216: «Der Hauptzweck besteht darin, die durch die Detailberatung beeinträchtigte Ge-schlossenheit und Systematik einer Vorlage wieder zu korrigieren.»; STÖCKLI,Die po-litischen Rechte, 200.

636 Vgl. ZH GGalt 46 f III Zweiter Satz. Das Rückkommen kann auch eine fälschlicher-weise unterlassene Schlussabstimmung betreffen, vgl. AGVE 2002 621, 623 E. 3b.

637 GVP (ZG) 2018 135, 140 f. E. 6e; Regierungsrat (AG), Entscheid vom 09.06.1999 in ZBl 101/2000 476, 483 E. 4c/dd; SCHÖNBÄCHLER,Das Verfahren der Gemeindever-sammlung im Kanton Schwyz, N 67.

262

263

identischen Abstimmungskörper»638 zu erfolgen habe, was zwar als Ideal wün-schenswert erscheint, als Voraussetzung einer Wiederholung dagegen kaum lös-bare Probleme mit sich brächte.

Das Interesse an einem geordneten Abstimmungsverfahren verlangt, dass Rück-kommensanträge durch besondere Umstände begründet sind; ohne deren Vor-liegen darf die Versammlungsleitung kein Rückkommen beschliessen.639 Die Versammlung kann demgegenüber mit ihrem Beschluss über einen Rückkom-mensantrag selbst darüber befinden, ob eine erneute Abstimmung angemessen oder missbräuchlich ist.640

15. Überweisung an eine Urnenabstimmung