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Teilung eines Geschäfts für die Schlussabstimmung

an das Parlament

A. Ordnungsanträge und Sachanträge

10. Teilung eines Geschäfts für die Schlussabstimmung

Erweist sich ein Geschäft als teilbar, kann ein Versammlungsteilnehmer beantra-gen, dass eine Teilung vorgenommen und über die einzelnen Teile eine Schluss-abstimmung durchgeführt werde.607

11. Nichteintreten

Wenn eine Eintretensverhandlung mit anschliessender Eintretensabstimmung nicht zwingend vorgeschrieben oder nicht untersagt ist, kann mit einem Ordnungs-antrag auf Nichteintreten eine solche herbeigeführt werden.608 Die Stellung eines Nichteintretensantrags führt zu einer bloss summarischen Verhandlung der Grund-züge des Antrags, bevor über diesen Ordnungsantrag abgestimmt wird. Zur De-tailberatung des Hauptantrags ist nur zu schreiten, falls der Antrag auf Nicht-eintreten abgelehnt wird. Ein Ordnungsantrag auf NichtNicht-eintreten wird aus verfahrensökonomischen Gründen gestellt. Ein Eintretensbeschluss ist ein Verfah-rensbeschluss,609 ein Nichteintretensbeschluss dagegen ein Sachbeschluss, denn der Antrag wird in diesem Fall bereits in seinen Grundzügen abgelehnt.610 Die

606 Stellvertretend GL GG 61 II; SH GG 36 V; JU Alle V 22 III; siehe unten N 784.

607 Stellvertretend GL GG 61 III; EGV-SZ 2006 B. 7.1, 144, 149 E. 3.4.

608 Vorweg: nur Anträge auf Nichteintreten sind sinnvoll, denn wie SCHWÖRER zu Recht feststellt, ist «[d]er Antrag auf Eintreten auf das Geschäft […] durch das Vorlegen des Geschäfts impliziterweise gestellt» (SCHWÖRER,Die Gemeindeversammlung, 244 f.).

Nichteintretensanträge können nur ausserhalb einer Eintretensverhandlung gestellt werden. Nichteintretensanträge, die innerhalb einer Eintretensverhandlung gestellt werden, sind gar keine Anträge im rechtlichen Sinn, sondern Annahme- und Ableh-nungsanträge (vgl. dazu oben N 227–229).

609 BL GG 49 III Bst. e.

610 EICHENBERGER führt dazu aus: «Eintretensdebatte und Eintretensabstimmung gehen darauf, die Grundzüge einer Neuregelung, etwa eines Besoldungsreglementes, eines Kanalisations- oder Elektrizitätsreglementes zur Diskussion und Entscheidung zu stel-len, um die langwierige artikelweise Beratung zu vermeiden, wenn die Stimmung von vorneherein einer Neuerung abhold ist. Es kann mit diesem Verfahren Zeit gespart werden.» (EICHENBERGER,Wahlen und Abstimmungen in Gemeindeversammlungen, 252

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Abstimmung hat über das Nichteintreten (Nichteintreten: «Ja» oder «Nein») zu erfolgen. Der Beschlusspflicht ist mit einem Nichteintretensbeschluss Genüge ge-tan.611

Die Zuordnung der «Anträge auf Eintreten/Nichteintreten» zu den Ordnungs- oder Sachanträgen ist kontrovers.612 Für die Zuordnung zu den Ordnungsanträgen spricht, dass der Nichteintretensantrag jederzeit gestellt werden kann und es sich bei diesem Antrag letztlich um einen Diskussionsabbruch handelt. Allerdings, und das ist der Grund für die Zuordnungsschwierigkeiten, wird dieser Ordnungsbe-schluss im Falle der Zustimmung in einen SachbeOrdnungsbe-schluss umgewandelt. Wird nämlich Nichteintreten entschieden, gilt dieser Entscheid bereits als Entscheid ge-gen den gestellten Sachantrag, ohne dass nach diesem Ordnungsbeschluss weitere inhaltliche Beratungen oder Beschlüsse nötig wären. Der Grund für die Zulässig-keit einer solchen Abkürzung des Verfahrens liegt darin, dass jede Person, die für Nichteintreten stimmt, die Detailberatung des Antrags für obsolet hält und damit gegen den Antrag eingestellt ist. Obwohl es sich beim Nichteintretensantrag somit um einen Ordnungsantrag handelt, kann die Abstimmung darüber in dieser Kon-stellation zu einem Sachbeschluss führen.

139); ähnlich auch BAUMANN,Aargauisches Gemeinderecht, 456; BUTZ/ERN, Erfolg-reich in der Gemeinde, 25; CRON,Die Geschäftsordnung der Schweizerischen Bun-desversammlung, 180 (zum Parlamentsverfahren); vgl. auch Komm ZG Zug GSO,

§ 48‑HAGMANN/HORBER,N 1 (ebenfalls zum Parlamentsverfahren).

611 Entgegen teilweise vertretener Ansicht (vgl. Komm ZH aGG3, § 46‑THALMANN, N 5.2; und wohl auch BRINER, Grundsatzentscheide, 122; und Komm ZH GG,

§ 22‑GRIFFEL,N 15 und 22) muss die Versammlung auf Anträge entsprechend nicht

«eintreten» und es genügt, wenn ein Beschluss über das Nichteintreten gefasst wird.

612 Zu den Sachanträgen zählen sie SZ GOG 26 III und IV; EGV-SZ 2000 Nr. 15, 51, 55 E. 4; SCHÖNBÄCHLER,Das Verfahren der Gemeindeversammlung im Kanton Schwyz, N 50. Zu den Ordnungsanträgen dagegen UR Attinghausen V 17 V; RASCHEIN/VITAL, Bündnerisches Gemeinderecht, 104; VITAL,Das Verfahren in der bündnerischen Ge-meindeversammlung, 82 f.; ferner auch BRINER,Grundsatzentscheide, 122; HEINIGER, Der Gemeinderat, 132 Fn. 20; Komm ZH aGG3, § 46‑THALMANN,N 5.2. BUTZ/ERN

weisen den Nichteintretensantrag der ansonsten unbekannten Kategorie «kombinierte Anträge» zu, die zwischen Ordnungsanträgen und Sachanträgen liegen soll – ohne diese Zwischenkategorie jedoch näher zu umschreiben, vgl. BUTZ/ERN,Erfolgreich in der Gemeinde, 23, 180 und 182; vgl. auch HELG,Die schweizerischen Landsgemein-den, 170 f.

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12. Rück- oder Überweisung zur Prüfung eines Geschäfts

Wird ein Geschäft «zurückgewiesen», bedeutet das, dass dieses Geschäft vom Or-gan, welches dieses eingebracht hat, nochmals zu prüfen ist; soll diese Prüfung dagegen durch eine bestimmte Kommission erfolgen, ist von einer «Überweisung»

die Rede.613 Die Rück- oder Überweisung zur Prüfung eines Geschäfts kann sich rechtfertigen, wenn die Gemeindeversammlung die Vorlage für «diskussionswür-dig»614, aber nicht für beschlussreif hält und sich zu dessen spontanen, sachgerech-ten Verbesserung ausserstande sieht. Grund fehlender Beschlussreife können eine unzureichende Vorbereitung oder neue Gesichtspunkte sein, die zusätzliche Ab-klärungen erforderlich machen oder in materieller Hinsicht eine andere Gestaltung oder eine weniger aufwendige Lösung des Geschäfts als prüfenswert erscheinen lassen.615 Voraussetzung ist, dass der Gemeinderat für dieses zurückzuweisende Geschäft auch zusätzliche Entscheidgrundlagen beschaffen oder allfällige Ände-rungen vorschlagen kann.616

Häufig wird zwischen «echten» und «unechten» Rückweisungsanträgen unter-schieden, wobei nur erstere Rückweisungs- und damit Ordnungsanträge sind. Bei den unechten Rückweisungsanträgen handelt es sich dagegen um («verdeckte»,

613 Stellvertretend ZG GG 76 II; AGVE 1988 562, 567 E. 3; vgl. auch Komm ZH aGG3,

§ 52‑THALMANN,N 2.2.

614 BGer, Urteil 1P.820/2005 vom 04.05.2006 in ZBl 107/2006 536, 537 f. E. 3.2;

Komm ZH aGG3, § 52‑THALMANN, ibid., N 2.1.

615 BGer, Urteil 1C_373/2010 vom 21.02.2011 in ZBl 112/2011 382, 385 E. 5.2 mit Ver-weis auf SCHÖNBÄCHLER, Das Verfahren der Gemeindeversammlung im Kanton Schwyz, N 42; EGV-SZ 1997 Nr. 11, 29, 30 E. 3b; EGV-SZ 1996 Nr. 9, 19, 20 E. 6;

HUWYLER,Gemeindeorganisation des Kantons Schwyz, 105; und Komm ZH aGG3,

§ 52‑THALMANN,N 1 und 2.1; vgl. ARN/STRECKER, Leitfaden, 15; Komm ZH GG,

§ 22‑GRIFFEL,N 24.

616 Vgl. BGer, Urteil 1P.820/2005 vom 04.05.2006 in ZBl 107/2006 536, 537 f. E. 3.2.

Siehe zum Ganzen auch GVP (ZG) 2011 115, 120 E. 2e; vgl. ferner AGVE 1992 483, 485 E. 3a; BAUMANN,Aargauisches Gemeinderecht, 422; und HEINIGER,Der Gemein-derat, 139 Fn. 50; STAUFFACHER,Die Versammlungsdemokratie im Kanton Glarus, 309 und 358; und STÖCKLI,Die politischen Rechte, 199.

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«versteckte») Ablehnungs- oder Nichteintretensanträge.617 Unbegründete Rück-weisungsanträge ohne Anweisungen, in welcher Hinsicht der Antrag zu prüfen sei, sind vom Versammlungsleiter nicht entgegenzunehmen.618

Ein Rückweisungsantrag kann auch erst im Verlaufe der Verhandlung, nach Ein-treten auf das Geschäft, gestellt werden.619

13. Verschieben eines Geschäfts auf eine spätere Versammlung