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Technologische Wissenschaftstheorie

und methodologische Grundlegung

2.2 Wissenschaftstheoretische Grundlegung im Sinne einer pragmatischen Systemtheorieeiner pragmatischen Systemtheorie

2.2.2 Technologische Wissenschaftstheorie

Die Bezugnahme auf die technologische Wissenschaft nach Herrmann (1979) soll die Zielsetzung des Forschungsvorhabens schärfen, indem dargelegt wird, welche Art von Forschungstätigkeit durchgeführt wird und welches Verständnis von Theorie zugrunde liegt. Dadurch, dass die technologische Forschung weitestgehend mit den Grundannahmen zur Funktion von Forschung, zum Theorie-Praxis-Verständnis, zum Erkenntnisinteresse und mit dem Gütekriterium des Pragmatismus überein-stimmt, kann sie als pragmatische Wissenschaft verstanden werden.16 Folgende Aus-führungen verdeutlichen nochmals die gemeinsamen Übereinstimmungen:

1. Die Funktion eines technologischen Wissenschaftsverständnisses besteht genauso wie im Pragmatismus darin, ein Werkzeug – Herrmann (1979, S. 30 ff.) benutzt den Terminus Problemlösungsmittel – bereitzustellen, um praktisches Handeln anzu-leiten. Die technologische Wissenschaft beschreibt das wissenschaftliche Han-deln als ein HanHan-deln, das durch das Motiv geleitet wird, relevante Probleme der pädagogischen Praxis zu lösen und sich nicht unbedingt einer unbekannten Wahrheit nähern zu wollen (vgl. Herrmann, 1979, S. 31).

2. Wissenschaftliche Erkenntnisse in Form von kognitiven Konstruktionen sollen für bestimmte Zwecke, für bestimmte Handlungssubjekte und in bestimmten Zeitintervallen entwickelt werden und rückwirkend einsetzbar sein (vgl. Herr-mann, 1979 in Anlehnung an Stachowiak, 1973) Entsprechend des Pragmatis-mus ist der Erkenntnisprozess einer technologischen Forschung also im prakti-schen Handeln von menschlichen Organismen eingebunden. Deshalb interes-siert sich der technologisch geprägte Forscher genauso wie der Pragmatist an der Entwicklung von Theorien (Modellen und/oder Konzepten), die als spezifi-sches „Problemlösungsmittel“ gedeutet werden können und mit denen zielge-richtetes Handeln in der Lebenswelt verbunden ist. Damit zielt die Forschungs-tätigkeit auf die Entwicklung von operativ-umsetzbaren Theorien und nicht auf das bloße Abbilden von Wirklichkeit (vgl. Herrmann, 1979, S. 30–32).

16 Im Gegensatz zum Pragmatismus konzentriert sich die technologische Wissenschaft im Sinne Herrmanns (1979) hin-gegen vorwiegend auf die Psychologie und Pädagogik (vgl. Neveling, 2008, S. 105)

3. Die Erkenntnisse der „technologischen Theorien“ zeichnen sich, ebenso wie im Pragmatismus, dadurch aus, dass sie sich an dem Gütekriterium der Nützlich-keit bzw. BrauchbarNützlich-keit orientieren. Herrmann zufolge bemessen sich die er-kenntnistheoretischen Ergebnisse in ihrer Tauglichkeit, technisch-praktischen Effizienz, Verwertbarkeit bzw. Verlässlichkeit in Bezug auf das Lösen von prakti-schen Problemen (vgl. Herrmann, 1979, S. 139). Technologische Theorien wer-den also auch als Problemlösungsangebote konzipiert, um das zielgerichtete praktische Handeln rationaler und effizienter gestalten zu können.

4. Ebenso wie der Pragmatismus hebt die technologische Theorie ein vermeint-liches Spannungsverhältnis zwischen Theorie und Praxis auf. Auch bei ihr stehen „die Theorie“ und „die Praxis“ in einem komplexen Wechselwirkungs-prozess. Die technologische Wissenschaft kann sogar als Vermittler zwischen Theorie und Praxis angesehen werden.

Dem vierten Aspekt folgend soll im Weiteren der angenommene Wechselwirkungs-prozess zwischen Theorie und Praxis genauer beschrieben werden, da er für das Ver-ständnis der forschungspraktischen Tätigkeit sowie der angestrebten Theoriebildung die Basis bildet. Das Praxis-Theorie-Verhältnis der technologischen Wissenschaft wird idealtypisch durch drei (psychologiebezogene) Tätigkeitsklassen unterschieden (vgl. Herrmann, 1979, S. 148 f.; siehe auch Herrmann, 1979 S. 26 und S. 132 ff.) Sie unterscheidet zwischen (1.) nicht-forschenden/technisch-praktischen Tätigkeiten (Alltagspraxis), (2.) technologisch-innovativen (technologische Wissenschaft) und (3.) wissenschaftlich-innovativen Forschungstätigkeiten (Wissenschaft i. e. S.).

Einordnung und Zusammenhänge des vorliegenden Wissenschaftsverständnisses in Anleh-nung an Herrmann (1979) und Einsiedler (2010)

Abbildung 2:

Die Charakterisierung dieser Tätigkeiten ist für das Verständnis der technologischen Wissenschaft entscheidend. Mit dieser Differenzierung beabsichtigt Herrmann (1979) nicht nur die forschende von der nicht-forschenden Tätigkeit zu klassifizieren, sondern zwischen zwei forschungsorientierten Tätigkeiten zu unterscheiden (vgl.

Herrmann, 1979, S. 132 ff.):

1. Nicht-forschende, technisch-praktische Tätigkeit wendet auf unterschiedliche Weise Erkenntnis- bzw. Wissensbestände zur praktisch-technischen Zielerrei-chung an. Dabei wird keine Vermehrung rationalen Wissens und Könnens an-gestrebt, sondern die konkrete Lösung praktischer Probleme betrieben.

2. Technologisch-innovative Forschungstätigkeit strebt „die Lösung konkreter Ent-wicklungsprobleme zum Zweck der Optimierung nichtforschender Praxis“

(Herrmann, 1979, S. 33) an. Sie ist eine Wissenschaftsform, die „auf das vom Menschen Gemachte, Hervorgebrachte, auf Verbesserung von Alltagssituationen u. dgl.“ gerichtet ist (Herrmann, 1979, S. 35). Ihr Ziel ist es praktisches Handeln zur Problemlösung rationaler und effizienter zu gestalten.

3. Wissenschaftlich-innovative Forschungstätigkeit fokussiert auf Probleme, die

„im Fortgang wissenschaftlicher Forschung selbst entstehen“. Ihr Ziel besteht darin, wahrheitsgetreue und realitätsnahe Erkenntnisbestände zu entwickeln und zu vermehren.

Grundsätzlich bringt diese Trennung17 ein dreigliedriges Theorie-Praxis-Verhältnis zum Ausdruck, welches das bisherige pragmatische Theorie-Praxis-Verständnis die-ser Arbeit erweitert. Wissenschaftliches Forschungshandeln wird hiernach analy-tisch in zwei voneinander in Beziehung stehenden Tätigkeitsklassen unterteilt. Aus der Trennung der drei Tätigkeitsklassen geht hervor, dass sie sich auf unterschied-liche Theoriebestände beziehen: Technisch-praktische Tätigkeit ist stark mit subjekti-ven Theorien verbunden, technologisch-innovative Tätigkeit mit technologischen Theorien und wissenschaftlich-innovative Tätigkeit mit nomologischen Theorien.

Diese Unterscheidung ist gerade für die technologisch-innovative Forschungstätig-keit von großer Bedeutung, denn sie ist es, die im Mittelpunkt eines komplexen Wechselwirkungsprozesses steht. Durch die Annahme, dass „die meisten i. e. S. wis-senschaftlichen Erkenntnisse (d. h. nomologischen Theorien) für das technisch-prak-tische Handeln zu abgelegen oder schlicht irrelevant sind“ (Herrmann, 1979, S. 137), kommt der technologisch-innovativen Forschungstätigkeit eine gewisse Vermittler-rolle zur Überwindung des vermeintlichen Spannungsverhältnisses zwischen Wis-senschaft i. e. S. und der Alltagspraxis zu. Im Gegensatz zur nomologischen Wissen-schaft, die Modelle zur Beschreibung der Wirklichkeit liefern will, sind technolo-gische Theorien modellhafte Beschreibungen über Handlungen in der Wirklichkeit (vgl. Neveling, 2008, S. 108). Ihr Ziel besteht darin praktisches Handeln rationaler

17 Dies soll vor allem dazu beitragen, die vorliegende Forschungstätigkeit systematischer zu verorten sowie das verfolgte Theorieverständnis der Arbeit besser verstehen zu können. Insgesamt beruht die Trennung aber weiterhin auf einem pragmatischen Wirklichkeitsverständnis, das die Unterscheidung zwischen Theorie und Praxis als Wechselspiel ver-steht, in dem weder „objektive soziale Gesetzmäßigkeiten noch subjektive Wirklichkeitskonstruktionen vorherrschen“

(Döring/Bortz 2016, S. 75).

und effizienter anzuleiten. Deshalb müssen sie auch anderen Bewertungskriterien genügen als nomologische Theorien, deren Bewertungsgrundlage auf der Wahr-heitsannäherung, der Allgemeingültigkeit, der Genauigkeit und der Überprüfbarkeit ihrer gesetzlichen Aussagen liegt. Der Bewertungsmaßstab der technologischen Theorien bemisst sich an der Effizienz, Nutzbarkeit, Verwertbarkeit bzw. Verlässlich-keit für die Optimierung technisch-praktischen Handelns18 (vgl. Herrmann, 1979, S. 137 ff.; Neveling, 2008, S. 109 ff.). Unter dieser Voraussetzung ergibt sich dann eine wesentliche Annahme: Rationales und effizientes Handeln ist möglich, wenn nomo-logisches und technonomo-logisches Wissen mit den subjektiven Theorien der Praktiker gekoppelt wird (vgl. Beck & Krapp, 2006, S. 55).

Da „disparate Probleme häufig disparate Problemlösungsmittel“ erfordern (Herrmann, 1979, S. 55), konkurrieren technologische und nomologische Theorie nicht miteinander, sondern stehen vielmehr nebeneinander und sind wenn möglich ineinander überführbar. Bei der Entwicklung von technologischen Theorien können und sollen die Erkenntnisse der nomologischen Forschung als „Mittelbausteine“19 (vgl. Herrmann, 1979 S. 135 mit Bezug auf Klages, 1967 – T1 (Transformation 1)) un-ter der Inanspruchnahme der Maßgabe die technisch-praktische Zielerreichung zu optimieren, mit einfließen. Passende wissenschaftliche Erkenntnisse sind hierzu auszuwählen und entsprechend aufzubereiten (vgl. Herrmann, 1979, S. 137). Nomo-logische Theorien eignen sich beispielsweise nur dann dazu technoNomo-logische Theo-rien zu fundieren, sofern sie sich als nützlich für die Lösung praktischer Probleme erweisen. Technologische Theorien sind allerdings keine nachgeordneten Auswer-tungen nomologischer Theorien, sondern erzeugen ebenso eigenständige Erkennt-nisse und „genuine“ Wissensbestände (vgl. Herrmann, 1979, S. 135). Sie sind „u. a.

dadurch gekennzeichnet, daß sie […] die Voraussetzungen für effizientes [und ratio-nales] technisch-praktisches Handeln sowohl durch die Bereitstellung von praxis-relevantem Hintergrundwissen als [auch] von expliziten, theoretisch fundierten Handlungsregeln optimieren wollen“ (Herrmann, 1979, S. 154). Der Zweck der tech-nologischen Theorien besteht also darin, den technisch-praktisch Handelnden Pro-blemlösungsangebote bzw. Orientierungshilfen (T2 -Transformation 2) in Form von Hin-tergrundwissen und Handlungsregeln anzubieten (vgl. Herrmann, 1979, S. 154 ff.). In der Alltagspraxis kommt es jedoch wesentlich auf den Handelnden selbst an, der die Verantwortung und die Expertise innehat, diese Angebote zu interpretieren, anzu-wenden und umzusetzen. Das technisch-praktische Handeln leitet sich deshalb nicht einfach deduktiv aus den Theorien ab, dies sei nochmals betont. Vielmehr sol-len die praktisch Handelnden durch die bereitgestellten Orientierungshilfen die spezifischen Anforderungen und Bedingungen in konkreten Situationen deuten und in rationalere und effizientere Entscheidungen zur Lösung von Problemen

umset-18 Eine übersichtliche Gegenüberstellung der Bewertungskriterien nomologischer und technologischer Theorien findet sich in Anlehnung an Herrmann (1979, S. 137 ff.) und Neveling (2008, S. 109 ff.) bei Naeve-Stoß (2013, S. 22).

19 In diesem Falle handelt es sich um Mittelbausteine, die Klages (1967) unter den sogenannten g-Innovationen be-schreibt. „g-Innvotionen“ entspringen experimenteller Forschungstätigkeit und beschreiben Gesetzmäßigkeiten bzw.

Erklärungen über die Natur. Diesen stellt er die a-Innovationen gegenüber, unter denen Theoriebausteine gemeint sind, die durch technologische Forschungstätigkeit entstanden sind und Artefakte zur Verbesserung der Alltagssituationen darstellen (vgl. Herrmann, 1979, S. 135 f.).

zen können. Die Aufgabe der technologischen Theorie ist eingegrenzt, insofern sie alternative Ziele aufzeigt sowie Deutungsmuster und Handlungsmöglichkeiten vor-schlägt (vgl. Naeve-Stoß, 2013, S. 21). Über die praktische Anwendung von Hinter-grundwissen und standardisierten Techniken erhält der Forschende im Umkehr-schluss Erkenntnisse über die Qualität bezüglich der Nützlichkeit und Effizienz einer technologischen Theorie.

Das vorliegende Forschungsvorhaben führt eine technologisch-innovative For-schungstätigkeit durch und verfolgt eine technologische Theoriebildung: d. h. dass sie ihren Ausgangspunkt in Problemen des praktischen Handelns der Lehrkräfte zur Umsetzung eines BBnE-Anspruches nimmt. Es soll eine technologische Theoriebildung verfolgt werden, die handlungsrelevantes Hintergrundwissen und theoretisch fundierte „Standardtechniken“ (Hintergrundwissen und Handlungs-regeln) zur Befähigung der Lehrkräfte im BBnE-Kontext bereitstellt, um schließ-lich das Ziel zu erreichen, dass die Lehrkräfte ihr didaktisch-methodisches und nachhaltigkeitsbezogenes Unterrichtshandeln effizienter sowie rationaler gestal-ten können.

Zusammengefasst zeichnet sich technisch-praktisches Handeln demnach einerseits durch die Nutzung operativen Hintergrundwissens und andererseits durch die An-wendung von standardisierten Techniken aus, die auf expliziten Handlungsregeln beruhen (vgl. Herrmann, 1979, S. 154 ff.). Die Aufgabe der technologischen For-schung besteht nun darin, dieses implizite Hintergrundwissen sowie die expliziten Handlungsregeln aufzuarbeiten, bereitzustellen und zu verbreiten.

Prinzipiell wird unter Hintergrundwissen im Sinne Herrmanns (1979) adäqua-tes Wissen verstanden, das praktisch Handelnden ermöglicht, Ziele und Wege zur Lösung von Problemen in bestimmbaren Feldern zu finden. Er charakterisiert gerade den pädagogischen Bereich als ein Feld, welches durch Problemlösungsprozesse be-stimmt ist. Pädagogische Tätigkeiten sind seiner Auffassung nach häufig mit pro-blembehafteten Situationen konfrontiert, die nicht durch regelgeleitete Handlungs-abläufe bewältigt werden können. Um in diesem Problemfeld agieren zu können, brauchen die Handelnden möglichst ein Hintergrundwissen, das aus unterschied-lichen Wissensbereichen zusammengestellt ist (vgl. Neveling, 2008, S. 125). Bei-spielsweise benötigen Lehrkräfte neben Wissen über mannigfache Varianten des schulischen Lernens und ihren verschiedenen Bedingungen auch psychologische Kenntnisse zur Beurteilung der Lernenden und ihrer Lernleistungen (vgl. Herr-mann, 1979, S. 156). Erst dadurch sind sie in der Lage, sich von bewährten Routinen zu befreien und einen gewünschten Zielzustand produktiv zu planen und Entschei-dungen rational begründet zu treffen. Laut Neveling sollte das Hintergrundwissen aus vier Informationsbereichen zusammengesetzt werden (vgl. Neveling, 2008, S. 125):

1. Relevantes und effektives (wissenschaftlich fundiertes) Interventionswissen für die Herstellung eines Soll-Zustandes.

2. Wissen über Gelingensbedingungen (Störfaktoren berücksichtigen, Komplexität der Situation beherrschen, etc.).

3. Inhaltlich-technologisches Wissen, das sich auf die Objekte des technisch-prak-tischen Handelns bezieht.

4. (Hintergrund-)Wissen, das sich auf die Möglichkeit der Anwendung techni-schen Wissens20 bezieht.

In diesem Sinne wird die technologische Theorie dieser Arbeit so berücksichtigt, dass die angestrebten Handlungsempfehlungen diese vier Informationsbereiche be-rücksichtigen und sie integrativ in die anvisierten Lösungsangebote einarbeiten. Das benötigte Hintergrundwissen wird dabei innerhalb der technologischen Forschungs-tätigkeit „strukturiert, in lehrbarer Weise expliziert, zur Verbreitung (Distribution) gebracht sowie die Inhalte des Hintergrundwissens bestimmt“ (Herrmann, 1979, S. 156). Zu diesem Zweck werden in einem schrittweisen iterativen Prozess „ratio-nale Rekonstruktionen bzw. Modelle von den von vornherein ins Auge gefassten praktischen Problemfeldern aufgebaut“ (Herrmann, 1979). Zuerst sind die Rekon-struktionen des fokussierten Problembereichs dementsprechend vage und unvoll-ständig. Darauf aufbauend werden sie in weiteren Rekonstruktionsschritten immer besser durchdrungen und verstehbar gemacht. Bei den fortschreitenden Problem-feld-Beschreibungen gehen durchgehend Redeweisen, Auffassungsmuster sowie ex-plizite Modelle und Theoriekomponenten wissenschaftlicher Erkenntnisbestände ein (vgl. Herrmann, 1979, S. 157). Diese sogenannten „Mittelbausteine“ bestehen aus technologisch sowie aus nomologisch ausgerichteten Theoriebestandteilen, die je nach Brauchbarkeit für die Bearbeitung des Problemfeldes ausgewählt werden und in einem vorläufig endgültigen Problemfeld-Modell münden. Dieses „Endmodell“

ist gleichzeitig reduktiv und nicht-trivial anzulegen, d. h. dass es einerseits die Kom-plexität des Problemfeldes angemessen reduziert, aber andererseits auch die bisher nicht betrachteten Aspekte, Komponenten und Dimensionen antizipieren soll (Herr-mann, 1979).

Neben der Bereitstellung von Hintergrundwissen bietet die technologische For-schung Angebote zur Anwendung von standardisierten Techniken an (vgl. Herr-mann, 1979, S. 160 ff.). Durch die Verfügbarmachung von standardisierten Techniken in Form von theoretisch „fundierten“ Systemen expliziter Handlungsregeln wird da-von ausgegangen, dass die Effizienz der technisch-praktischen Tätigkeiten ebenso optimiert und gesteigert werden kann. So ist es möglich, die Komplexität technisch-praktischer Tätigkeiten „durch die Herstellung vereinfachter, rational und durch-schaubarer Situationen, wie sie in der Anwendungen von Standardtechniken liegt,“

20 Zum besseren Verständnis wird hier explizit darauf hingewiesen, dass sich Technologien bzw. Technologische Theorien vom Terminus „Techniken“ in ihrer Bedeutung unterscheiden. Unter Techniken werden praktische Tätigkeiten bzw. me-thodische Empfehlungen verstanden. „Techniken sind rational rekonstruierte Technologische Theorien direkt (und da-mit durch nomologische Theorie indirekt fundierte) Handlungsregeln (Neveling, 2008, S. 106)“. Im Bereich der Sozial-wissenschaften führen Lehrer, Psychologen, etc. technische Tätigkeiten aus, wozu sie technisches Wissen benötigen.

zu verringern“ (Herrmann, 1979, S. 164). Damit die Handlungsregeln im Problem-feld allerdings überhaupt anwendbar sind, müssen sie konkretisiert und gleichzeitig verallgemeinert werden. Dieses „Generalisierungs-Konkretions-Dilemma“ beinhaltet, dass Regeln, die zwar spezifisch sind und dadurch von den Handelnden unmittelbar angewendet werden können, eine produktive Lösung bzw. kognitive Anstrengung zur Lösung des Problems verhindern. Wohingegen allgemeine Regeln situationsspe-zifisch konkretisiert werden müssen, damit sie überhaupt erst zur Anwendung kom-men können. Als Ausweg aus diesem Dilemma sieht Herrmann (1979, S. 162), dass Handlungsregeln nicht für Realsituationen zu adaptieren sind. Vielmehr müssten von den technisch-praktisch Tätigen Realsituationen hergestellt werden, in denen Handlungsregeln relativ einfach anwendbar sind. Der Handelnde selbst sollte eine standardisierte Situation herstellen, in der er in der Lage ist, Handlungsregeln aus-zuwählen und befolgen zu können (vgl. Herrmann, 1979, S. 162). Beispielsweise könnte eine technische Handlung einer Lehrkraft darin bestehen den Jugendlichen ein standardisiertes Testformular vorzulegen. Einer Regel wie „um … zu erreichen, lasse den Text XY ausfüllen“ zu folgen, besteht für ihn deshalb auf der Stelle nicht mehr das „Generalisierungs-Konkretions-Dilemma“ (Herrmann, 1979, S. 162). Die Entscheidung, die er über den Einsatz dieser Standardtechnik (Einsatz des Testfor-mulars) trifft, ist das Resultat eines Problemlösungsprozesses, welcher vor allem durch die Verfügbarkeit eines entsprechenden Hintergrundwissens verbessert wer-den kann. Das Hintergrundwissen der Lehrkraft reguliert insofern die Anwendung von Handlungsregeln. Dadurch sollten Hintergrundwissen und Handlungsregeln immer eng miteinander verbunden entwickelt werden, im Vordergrund sollte aber stets die Entwicklung von handlungsrelevantem Hintergrundwissen stehen.

Im Kontext dieser Arbeit steht demgemäß das handlungsrelevante Hintergrund-wissen der Lehrkräfte zur Umsetzung von BBnE im Fokus. Damit wird das didak-tisch-pädagogische Handeln der Lehrenden zur Umsetzung einer BBnE als Gegenstand der Forschung angesehen. Es wird vorrangig eine operativ-techno-logische Theoriebildung verfolgt, d. h. dass sich die Theorie auf das praktische Handeln selbst bezieht. Insgesamt strebt das Forschungsvorhaben weniger die Entwicklung von grundsätzlichen Regeln an, sondern erarbeitet vorrangig Hand-lungsempfehlungen als Lösungsangebot für die Befähigung von Lehrkräften zur Umsetzung einer BBnE.

Um das benötigte Hintergrundwissen aufzuarbeiten, ist diese Forschungsarbeit auf eine technologisch-innovative Forschungstätigkeit ausgerichtet, die ein Lö-sungsangebot zur Optimierung der Befähigung von Berufsschullehrkräften im Rahmen einer BBnE anstrebt. Um dieses Ziel zu erreichen, wird die Struktur des Problemfeldes auf zweifache Weise forschungsanalytisch durchdrungen und ver-stehbar gemacht:

Erstens wird das Problemfeld zum Zweck der rationalen Rekonstruktion syste-matisiert. Dazu werden zunächst über eine empirische Erhebung die Vorausset-zungen der Berufsschullehrkräfte zur Umsetzung von BBnE durchdrungen.

Anschließend liefert die formative und summative Evaluation einer Weiterbil-dungsqualifizierung vertiefende beschreib- und erklärbare Erkenntnisse zur Befä-higung von Lehrkräften im Kontext von BBnE. Auf diese Weise sollen der Gegen-stand der Forschung und das Problem der Befähigung zur Umsetzung sukzessive rekonstruiert werden.

Zweitens werden passende theoretische Erkenntnisbestände aus den beiden Tätig-keitsklassen der Wissenschaft i. e. S. und der technologischen Forschung ausge-wählt und aufgearbeitet. Sie gehen entsprechend auf das Problem der technisch-praktischen Umsetzung zur Befähigung von Lehrkräften im Sinne einer BBnE ein. Dies bedeutet, dass theoretische Erkenntnisse zur BBnE im Allgemeinen, die didaktisch-methodische Umsetzung von BBnE und die Professionalisierung von Lehrkräften im Kontext von BBnE systematisch aufbereitet werden. Dadurch flie-ßen im gesamten Prozess Erkenntnisse im Sinne von Klages (1967) als „Mittel-bausteine“ in das Lösungsangebot der vorliegenden technologischen Forschung mit ein.