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Gütekriterien der vorliegenden Studie

und methodologische Grundlegung

Ad 4) Zirkulärer, iterativer Forschungsprozess

2.4 Gütekriterien der vorliegenden Studie

Die Gütekriterien stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit den wissenschafts-theoretischen und methodologischen Grundannahmen. Deshalb ist es sinnvoll, sie an dieser Stelle einzubringen. Die Funktion der Gütekriterien besteht generell darin, die Qualität der Forschung sowie die Güte der Forschungsergebnisse (1.) aus Sicht des Forschers zu überprüfen und abzusichern, (2.) aus Sicht eines Abnehmers bzw.

Lesers einzuschätzen und zu bewerten und (3.) aus Sicht von Begutachtungen für Veröffentlichungen oder Forschungsanträge zu beurteilen (vgl. Flick, 2016, S. 506 ff.).

Mit der Bestimmung und Überprüfung von Gütekriterien wird eine Beliebigkeit und Willkürlichkeit bei der Gewinnung von theoretischen Erkenntnisse vermieden (vgl.

Steinke, 2015, S. 321).

Es werden nicht die Kriterien der Objektivität, Realibilität und Validität aus der quantitativen Forschung herangezogen, da sie im Rahmen von qualitativer For-schung nicht angemessen sind (vgl. Huschke-Rhein, 1993, S. 137, Mayring, 2016, S. 141 f. ; Steinke, 2015, S. 322 f.). Vielmehr soll dem Anspruch von Euler (2012) ent-sprochen werden – auf den bereits weiter oben verwiesen wurde –, dass es nämlich keine allgemeingültigen Gütekriterien für Forschung gibt, die übergreifenden Gel-tungsanspruch besitzen. Sie sind innerhalb eines Paradigmas „konzeptspezifisch zu formulieren und transparent auszuweisen“ und müssen mit der jeweiligen Frage-stellung, Methode, der Spezifik des Forschungsfelds und dem Untersuchungsgegen-stand angemessen abgestimmt werden (Euler, 2012, S. 40 ff.; Steinke, 2015, S. 323).

Entsprechend wird sich an den bereits bestehenden und breit angelegten Gütekrite-rien der qualitativen Sozialforschung oGütekrite-rientiert, passende KriteGütekrite-rien ausgewählt und zusammengestellt, um sie abschließend auf die vorliegende Untersuchung zu bezie-hen (Steinke, 2015, S. 323 f.).

1. Intersubjektive Nachvollziehbarkeit durch eine angemessene Verfahrensdoku-mentation (Mayring 2002, S. 144 f.), die Absicherung der argumentativen Inter-pretation (vgl. Mayring, 2016, S. 145) und die Anwendung kodifizierter Verfah-ren (vgl. Steinke, 2015, S. 326)

Das vorliegende Forschungsvorgehen kann und sollte dem Anspruch der intersub-jektiven Nachvollziehbarkeit entsprechen (vgl. Steinke, 2015, S. 324 ff.). Mit der Ein-haltung dieses Gütekriteriums wird das Ziel verfolgt, dass extern Bewertende den gesamten Forschungsprozess von Anfang bis Ende nachvollziehen können. Grund-sätzlich lässt sich dies auf zweierlei Art realisieren: einerseits durch die Schaffung von „Transparenz, die die Nachvollziehbarkeit des Forschungsprozesses für alle Be-teiligten durch Offenlegen von Funktionen, Zielen und Methoden der Forschungsar-beit anspricht; andererseits durch Stimmigkeit, die auf die Vereinbarkeit von Zielen und Methoden der Forschungsarbeit hinweist und den Einfluss des Forschers, der bei der Datensammlung nicht verzerrend auf den Forschungsprozess Einfluss neh-men soll“ (Krüger, 2012, S. 194). Mehrere Verfahren unterstützen diesen Anspruch.

Die adäquate Verfahrensdokumentation35 (vgl. Mayring, 2016, S. 144) trägt beispiels-weise dazu bei, dass Externe eigenverantwortlich alle Deutungen und Interpretatio-nen nachvollziehen könInterpretatio-nen, indem das Vorverständnis offengelegt bzw. expliziert wird und sämtliche im Verfahren anfallenden Erhebungsmethoden bzw. Austungsmethoden sowie Entscheidungen und Probleme im Detail dokumentiert wer-den (vgl. Mayring, 2016, S. 145; Steinke, 2015, S. 325). Lamnek zufolge ist die Explika-tion sämtlicher Untersuchungsschritte allerdings noch keine Garantie für ihre Gültigkeit (vgl. Lamnek, 2010, S. 23). Aus diesem Grund sind die Interpretationen möglichst in sich schlüssig aufzubauen, die Klärung von Argumentationsbrüchen und mögliche Alternativdeutungen sind besonders deutlich hervorzuheben (vgl.

Mayring, 2016, S. 145). Der diskursive Austausch mit Kollegen über die getätigten Schlussfolgerungen ist eine ergänzende Möglichkeit (vgl. Steinke, 2015, S. 326). In-ter-coder-Agreements tragen erheblich zur Gültigkeit von Interpretationen bei ( May-ring, 2014, S. 114). Bei allen Varianten zur Absicherung bzw. besseren Nachvollzieh-barkeit sollten kodifizierte Verfahren gewählt werden, wenn sie verfügbar sind.

Denn regelgeleitete Vorgehensweisen geben eine vereinheitlichte Struktur vor, die es erleichtert den Forschungsprozess zu verstehen. Liegen keine kodifizierten Verfah-ren vor, ist es erforderlich, die Analyseschritte zu explizieVerfah-ren und genauestens zu do-kumentieren (vgl. Steinke, 2015, S. 326).

Um die intersubjektive Nachvollziehbarkeit der vorliegenden Studie zu gewähr-leisten, wird in der gesamten Arbeit auf Transparenz und Stimmigkeit gesetzt.

Dahingehend wird z. B. das zugrunde liegende Wissenschaftsverständnis und das theoretische Vorverständnis zur Befähigung von Berufsschullehrkräften zur Um-setzung von BBnE ausgewiesen (Kapitel 3). Weiterhin werden kodifizierte Verfah-ren der qualitativen Forschung (z. B. induktive oder deduktive Inhaltsanalyse) ver-wendet und offengelegt. Sämtliche Ergebnisse werden ausführlich dokumentiert (s. Transkripte aller Interviews, Konzept der Fortbildung (Gestaltungskriterien, etc.). Die Interpretationen beruhen auf einem diskursiven Austausch mit Kolle-gen und Experten.

2. Prinzip der Offenheit (vgl. Lamnek, 2010, S. 19 f.) unter Beachtung der Indika-tion des Forschungsprozesses (vgl. Steinke, 2015, S. 326 ff.) sowie der Regelge-leitetheit (vgl. Mayring, 2016, S. 145 f.)

Ein Forschungsvorhaben, das sich dem Prinzip der Offenheit verschreibt, ist stets für Neues und Überraschendes zugänglich (vgl. Reichertz, 2009, ab S. 27). Untersu-chungen sollten offengehalten werden, sodass „Neufassungen, Ergänzungen und Revisionen sowohl der theoretischen Strukturierung und Hypothesen als auch der Methoden möglich sind, wenn der Gegenstand dies erfordert“ (vgl. Mayring, 2016, S. 28). Durch diese Grundhaltung wird die Explorationsfunktion der Forschung be-tont, was dazu führt, dass ein Vorhaben hypothesengenerierend ist und nicht mit

35 Steinke (2015, S. 324) bezeichnet dieses Gütekriterium als „Dokumentation des Forschungsprozesses“.

fertigen Hypothesen in die Untersuchung startet (vgl. Lamnek, 2010, S. 20). Um durch die Offenheit nicht in eine Beliebigkeit bzw. Willkürlichkeit zu verfallen, ist die Angemessenheit (Indikation) des gesamten Forschungsprozesses zu berücksich-tigen (vgl. Steinke, 2015, S. 326) bzw. sind bestimmte Verfahrensregeln einzuhalten (Mayring, 2016, S. 145–146). Um die Angemessenheit abzusichern, sind mehrere Be-dingungen zu überprüfen: (1) Ist das qualitative Vorgehen für die Fragestellung an-gemessen, (2) passen die Erhebungs- und Auswertungsmethoden zum Untersu-chungsgegenstand, (3) sind die Transkriptionsregeln angemessen, (4) wurde eine richtige Samplingstrategie ausgewählt, (5) lassen sich die ausgewählten Methoden überhaupt kombinieren und (6) wurden angemessene Bewertungskriterien an die Studie gestellt (vgl. Steinke, 2015, S. 327). Unter der Berücksichtigung einer offenen flexiblen und einer starr geregelten Vorgehensweise befindet sich ein (qualitatives) Forschungsvorhaben in einem Spannungsverhältnis, das transparent und konstruk-tiv aufzulösen ist, damit einem wissenschaftlichen Anspruch entsprochen werden kann.

Dieses Forschungsvorhaben hat explorativen Charakter, d. h. dass der Forschungs-prozess nicht durch von vornherein festgelegte und fertige Hypothesen geleitet wird, sondern vielmehr hypothesengenerierend arbeitet. Am Ende der Arbeit wer-den keine fertigen Erklärungen geliefert, sondern Handlungsempfehlungen abge-leitet, die hypothesenartig formulieren, wie die Befähigung von Berufsschullehr-kräften zur Umsetzung von BBnE gestaltet werden sollte. Die sechs Bedingungen der Angemessenheit lassen sich anhand der Ausführungen zum wissenschafts-theoretischen und methodologischen Verständnis dieser Arbeit überprüfen (Kapi-tel 2).

3. Das Kriterium der Relevanz (vgl. Steinke, 2015, S. 330) erfordert die Nähe zum Gegenstand (vgl. Mayring, 2016, S. 144 ff.), eine empirische Verankerung und die Berücksichtigung des Prinzips der Kommunikation (vgl. Lamnek, 2010, S. 20 f.).

Dem Kriterium der Relevanz wird entsprochen, wenn die Fragestellung praktisch re-levant ist und die (technologische) Theorie dazu beiträgt das Problem in bzw. aus der Praxis lösen zu können. Eine hohe Praxisrelevanz ist dann gegeben, wenn viele rele-vante Blickwinkel des ausgewählten Anwendungskontextes die Relevanz bestätigen (vgl. Brahm & Jenert, 2014, S. 50). Dazu ist es notwendig, dass sich das Forschungs-vorhaben ins Feld der beforschten Subjekte begibt (vgl. Mayring, 2016, S. 146). Erst die Nähe zum Gegenstand ermöglicht die praktische Relevanz der Fragestellung zu untersuchen. Die Theoriebildung und -überprüfung kann nur durch das Wechsel-spiel mit einer praktischen relevanten Fragestellung empirisch abgesichert werden (vgl. Euler, 2012, S. 37; Steinke, 2015, S. 328). In diesem Prozess ist das Prinzip der Kommunikation bzw. Kollaboration zwischen allen Beteiligten der Forschung von größter Bedeutung (vgl. Lamnek, 2010, S. 20; Euler, 2012, S. 37). Durch den kommu-nikativen Austausch zwischen Forscher und Beforschten lässt sich überhaupt erst

er-gründen, ob die Fragestellung relevant ist, die technologische Theorie praxistauglich und zur Lösung des Problems beiträgt. Damit geht zwar eine gewisse Begrenztheit der Generalisierbarkeit und Transferfähigkeit einher, er erhöht aber die angestrebte Praxisrelevanz.

Die Berücksichtigung dieses Gütekriteriums ist schon explizit in das wissen-schaftstheoretische und methodologische Verständnis der Arbeit eingebunden.

Weiterhin wird es dadurch eingehalten, dass sich die Forschung ganz nahe an der Lebenswelt der Lehrkräfte orientiert. Dazu wird ganz bewusst das Feld der Fortbil-dung von Lehrkräften aufgesucht und die Sichtweise der beteiligten Akteure auf-genommen (Kapitel 5). In allen Phasen des Forschungsprozesses wird darauf Wert gelegt eine kooperative, gleichberechtigte Kommunikation zwischen For-scher und den Beforschten herzustellen.

4. Triangulation (vgl. Mayring, 2016, S. 146; Lamnek, 2010, S. 141 ff.; Flick, 2015, S. 309 ff.)

Die Beachtung des Kriteriums der Triangulation hat zum Ziel, dass die Qualität der Erkenntnisse durch die Verbindung von zwei oder mehr Perspektiven erhöht wird (vgl. Mayring, 2016, S. 146 mit Bezug auf Denzin, 1978; siehe auch Lamnek, 2010, S. 141 ff. und Flick, 2015, S. 309 ff.). Durch vier Formen der Triangulation lässt sich ein vertiefendes Verständnis des Forschungsgegenstandes erzeugen (vgl. Lamnek, 2010, S. 141 ff.; Flick, 2015, S. 309):

1. Datentriangulation, welche die Daten aus unterschiedlichen Quellen, zu unter-schiedlichen Zeiten, von mehreren Orten sowie von unterunter-schiedlichen Perso-nen kombiniert.

2. Forschertriangulation, es werden verschiedene Interpreten eingesetzt, um sub-jektive Einflüsse zu minimieren.

3. Theorietriangulation, es werden mehrere theoretische Ansätze miteinander kombiniert, um den Forschungsgegenstand durch verschiedene Sichtweisen zu beleuchten.

4. Methodentriangulation meint, dass verschiedene Forschungsmethoden zum Einsatz kommen.

Das Kriterium der Triangulation ist also wesentlich weiter gefasst als die bloße Kom-bination von quantitativen und qualitativen Methoden (vgl. Kuckartz, 2014a, S. 47).

Mit der Triangulation wird die Erweiterung verschiedener Perspektiven zur Verbes-serung der Forschung angestrebt und nicht wie im Mixed-Method-Ansatz ein kon-kretes Forschungsdesign vorgeschlagen.

Die Triangulation kommt in dieser Forschungsarbeit vorrangig in Form der Da-ten- und Methodentriangulation zum Ausdruck. Die Daten der gesamten Unter-suchung werden aus unterschiedlichen Quellen zu unterschiedlichen Zeiten und von unterschiedlichen Personen gewonnen. Die Umfrage-Studie (Kapitel 4)

be-fragt Lehrkräfte im gesamten Bundesgebiet, wohingegen sich die gestaltungs-orientierte Studie (Kapitel 5) sowie die qualitativen Interviews auf die Lehrkräfte speziell aus Hamburg beziehen. Die Umfrage-Studie ist der gestaltungsorientier-ten Studie zeitlich vorgelagert, die wiederum der qualitativen Studie vorangeht.

Auch hier wird trianguliert und zwar im Sinne einer methodenexternen Triangu-lation36, indem die Umfrage bei Lehrkräften aus ganz Deutschland mit der gestal-tungsorientierten Studie in Hamburg verknüpft wird. Dabei werden quantitative und qualitative Methoden kombiniert.