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Maßnahmenspezifische Faktoren der Professionalisierung

der Professionalisierung von Lehrkräften

3.3 Professionalisierung von Lehrkräften zur Umsetzung einer Berufsbildung für eine nachhaltige Entwicklung

3.3.7 Maßnahmenspezifische Faktoren der Professionalisierung

Um Weiterbildungsmaßnahmen für Lehrende zu konzipieren und durchzuführen, sollen theoretisch-normative Annahmen zu den maßnahmenspezifischen Bedin-gungen bzw. Faktoren aufgestellt werden. Diese sollen einerseits lernbezogene An-forderungen aufklären, die zur Förderung einer nachhaltigkeitsorientierten

Hand-lungskompetenz bei Berufsschullehrenden notwendig sind. Es soll dargelegt werden, was Veränderungslernen bei Erwachsenen bedeutet und wie Fort- und Weiterbil-dungsmaßnahmen dementsprechend gestaltet werden müssen. Andererseits bezie-hen sich die maßnahmenspezifiscbezie-hen Faktoren auf lehrbezogene Merkmale, die die strukturelle und didaktische Gestaltung von wirksamen Fort- und Weiterbildungs-angeboten aufklären sollen (vgl. Lipowsky, 2010a ; 2014; Lipowsky & Rzejak, 2017). Ins-gesamt sollen acht maßnahmenspezifische Merkmale beschrieben und durch For-schungsergebnisse untermauert werden, die relevant für die Konzeptionierung einer Fortbildung für Lehrkräfte zur Umsetzung von BBnE sind (vgl. Lipowsky, 2010a;

2014; Lipowsky & Rzejak, 2017).

Die Zielorientierung für die Aufstellung der folgenden maßnahmenspezifi-schen Faktoren ergibt sich auf der Grundlage eines 4-Ebenen-Modells zur Bewer-tung der Wirksamkeit von Fort- und Weiterbildungen (vgl. Lipowsky, 2010a, S. 40 ff.):

1. Auf einer ersten Ebene wird die Wirkung an der Zufriedenheit der beteiligten Lehrkräfte festgemacht.

2. Auf einer zweiten Ebene ist eine Maßnahme wirkungsvoll, wenn durch sie Ver-änderungen der mentalen Modelle bei den Lehrenden nachgewiesen werden konnten.

3. Auf einer dritten Ebene besteht die Wirkung einer Fort- und Weiterbildung da-rin, inwieweit die Fortbildung auf das Unterrichtshandeln der Lehrkräfte ein-wirkt.

4. Und auf der vierten Ebene zeigt sie sich am höheren Lernerfolg der zugehöri-gen Schüler:innen.

Die Schwierigkeit die Wirkung einer Fort- und Weiterbildung wissenschaftlich nach-zuweisen, steigt von Ebene zu Ebene. Das heißt, einen Zusammenhang zwischen der Fortbildungsmaßnahme und dem Lernerfolg der Schüler:innen wissenschaftlich zu belegen, ist wesentlich schwieriger als die Zufriedenheit der Lehrkräfte auf eine Fortbildung zurückzuführen. Das liegt daran, dass bei der vierten Ebene eine Wir-kungskette zwischen Fortbildung, Lehrer:innen, Unterricht und Schüler:innen nach-gewiesen werden muss.

Da in diesem Forschungsvorhaben das Ziel verfolgt wird, eine Fortbildung zur Umsetzung von BBnE zu konzipieren, die bei Berufsschullehrenden eine nachhal-tigkeitsorientierte Handlungskompetenz befördern will und sich damit auf das Un-terrichtshandeln der Lehrkräfte auswirken soll, beziehen sich die lern- und lehrbezo-genen Anforderungen auf die zweite und dritte Wirkungsebene. Das heißt, dass die folgenden theoretisch hergeleiteten maßnahmenspezifischen Faktoren darauf ausge-legt werden müssen, förderlich auf die professionelle Handlungskompetenz sowie auf das Unterrichthandeln der Lehrkräfte einwirken zu können.

3.3.7​.1 Lernbezogene Gestaltungsanforderungen Veränderungslernen bei Lehrkräften

Eine Fortbildung, die auf das unterrichtliche Handeln der Lehrenden Einfluss neh-men möchte, muss Lernen als Veränderungslernen konzipieren. Das hier zugrunde liegende Verständnis von Veränderungslernen beruht auf einer kognitiv-konstrukti-vistischen Lerntheorie und beinhaltet drei wesentliche Komponenten, die eine ent-scheidende Rolle bei der Befähigung zur nachhaltigkeitsorientierten professionellen Handlungskompetenz spielen:

1. Ein vollständiges bzw. ganzheitliches Lernverständnis: Unter vollständigem Ler-nen soll verstanden werden, dass LerLer-nen nicht nur ein ausschließlich kognitiver Prozess ist (vgl. Korthagen, 2002, S. 189), sondern durch weitere persönliche Fak-toren, wie bspw. Einstellungen, Wahrnehmungen, Werte, Emotionen, Interpre-tationen etc. bestimmt wird und somit auf persönlich gemachten Erfahrungen beruht. Daraus ergeben sich grundlegende Konsequenzen für die Gestaltung der Fortbildung, die darin bestehen, dass die Fort- und Weiterbildung erfah-rungsbasierte, transformative und reflexive Lernprozesse erfordert.

2. Ein auf Veränderungsprozessen basierendes Lernverständnis: Unter Verände-rungslernen wird die kritisch-reflexive Auseinandersetzung situationsspezifi-scher Handlungserfahrungen verstanden. Das Ziel des Lernens besteht darin, bestehende mentale Modelle bzw. kognitive Bedeutungsschemata zu öffnen und auf Basis konkreter Wahrnehmungen zugunsten neuer Schemata „einzu-rahmen“. Somit kann es als „Akkomodation“ im Sinne Piagets verstanden wer-den. Argyris and Schön (2018) bezeichnen dieses Lernen als „Doppelschleifen-Lernen (double loop learning)“ (vgl. Argyris & Schön, 2018, S. 35). In die vier Formen des Lernens54 nach Mezirow (1997) lässt sich dieses Lernen auch als

„Lernen durch Transformation von Bedeutungsschemata“ einordnen.

3. Lernen als ein selbstständiger Konstruktionsprozess: Unter Lernen wird ein in-dividueller Konstruktionsprozess von Personen verstanden, der auf eigenen subjektiven Vorerfahrungen aufbaut. Wissen lässt sich nicht „vermitteln“ und passiv aufnehmen, vielmehr wird es von einem Individuum aktiv aufgebaut (vgl. Glasersfeld, 2008, S. 48). Konstruktivistisch geprägtes Lernen geht davon aus, dass sich Menschen ihre eigene Wirklichkeit bzw. Erlebenswelt konstruie-ren.

Die Umsetzung von Veränderungslernen ist mit Schwierigkeiten verbunden, die mit der Stabilität gelernter Bedeutungsschemata und Bedeutungsperspektiven55

einher-54 Mezirow (1997) unterscheidet vier Lernformen: 1. Lernen durch Bedeutungsschemata, 2. Erleben neuer Bedeutungs-schemata, 3. Lernen durch Transformation von Bedeutungsschemata und 4. Lernen durch perspektivische Transforma-tion.

55 Bedeutungsschemata und Bedeutungsperspektiven sind grundsätzlich mit mentalen Modellen gleichzusetzen, die sich eine Person im Laufe seines Lebens durch Erfahrung angeeignet hat. Unter Bedeutungsschemata wird daher ein „be-stimmtes Wissen, bestimmte Überzeugungen, Werturteile und Empfindungen verstanden, die in einer Interpretation ihren Ausdruck finden“ (Mezirow, 1997, S. 36). „Bedeutungsperspektiven bestimmen die wesentlichen Bedingungen für das Deuten der Bedeutung einer Erfahrung“ (Mezirow (1997)).

geht. Sei es, wenn es um stabile subjektive Theorien oder tiefsitzende sowie erfah-rungsgesättigte Überzeugungen geht. Die von einer Person internalisierten subjekti-ven Theorien bzw. werteorientierten Einstellungen sind nur schwer neu zu rahmen, da sie sich für sie in der Bewältigung alltäglicher Handlungen bewährt haben und eine identitätsbildende Funktion besitzen. Da hier BBnE als integratives Prinzip mit neuen Ansätzen der Lehre verstanden wird, sind in Fort- und Weiterbildungen von Lehrenden zur Umsetzung von BBnE Lernprozesse anzustoßen, die auf die vorlie-genden Bedeutungsschemata und -perspektiven von Individuen verändernd einwir-ken. Aus diesem Grund beruht die Gestaltung einer Fort- und Weiterbildungsmaß-nahme zur Förderung einer nachhaltigkeitsorientierten Handlungskompetenz auf einem auf Veränderung abzielenden Lernprozess. Als grobe Strukturvorgabe für das Veränderungslernen eignet sich das 3-Phasen-Lernprozessmodell von Lewin (1958), welches sich auch mit dem Phänomen der Bifurkation (vgl. Prigogine & Stengers, 1993) sehr gut beschreiben lässt (s. Abbildung 15).

1. „Unfreezing“ – Auftauen: Den Ausgangspunkt für Veränderungslernen bildet für Lewin ein stabiler und kohärenter Gleichgewichtszustand des kognitiven Systems. Der Mensch befindet sich in dieser Phase in einer Quasi-Stabilität (gerader Strich), in der zwar geringe Anpassungen mentaler Modelle vorgenom-men werden, aber wesentliche Veränderungen von Überzeugungen, motivatio-nalen Orientierungen, Werten und Wissensbeständen ausbleiben. In alltäglichen Handlungen und Situationen, die mit den erlernten Erfahrungen und Verhal-tensweisen inkohärent sind, „taut“ ein Individuum auf bzw. wird ihm bewusst, dass es sich anpassen muss. Dieses Auftauen wird allerdings nur möglich, wenn die Person dazu bereit ist sich mit ihren „alten“ Verhaltensweisen, Vor-annahmen und Interpretationsmustern konstruktiv beschäftigen zu wollen (vgl.

Sieland & Heyse, 2010, S. 47). Es muss eine ausreichend große Dissonanz er-kannt werden, die einen Organismus in einen Veränderungsmodus überführt, in dem das System ins Schwingen gerät. Der Auslöser für die Dissonanz kann entweder von außen initiiert werden, indem eine Fort- und Weiterbildung bei-spielsweise Anreize bzw. Anregungen erzeugt. Oder ein Individuum nimmt aus einem inneren Bedürfnis heraus an einer Fort-und Weiterbildung teil.

2. „Moving“ – Bewegen: Sofern die Phase des Auftauens erfolgreich war, beginnt eine instabile Phase, in der das eigentliche Veränderungslernen stattfindet, vorausgesetzt eine Veränderungsbereitschaft liegt vor, die nicht von voreiligen Ausflüchten abgetan wird. Durch das Sammeln neuer Informationen, die Er-probung neuer Handlungsalternativen, aber auch durch das Durchleben von Krisen eröffnen sich mehrere Optionen und Chancen die alten Verhaltenswei-sen zu verlasVerhaltenswei-sen und neue mentale Modelle zu entwickeln. Das mentale System gerät in größere Schwingungen. Häufig bedarf es in dieser Phase deshalb der Unterstützung von außen, da Verhaltensänderungen schwer allein umzusetzen

sind. Eine hohe Willensbereitschaft (Volition) ist eine wesentliche Vorausset-zung, um Veränderungen umzusetzen.

3. „Freezing“ – Einfrieren bzw. Stabilisieren: Da Veränderungen anstrengend sind, streben Personen stets einen kohärenten Zustand an. Menschen sind grund-sätzlich bestrebt kognitive Dissonanzen wieder auszugleichen. Dennoch müssen die neuen Verhaltensweisen und Handlungsmuster bewusst in die alltägliche Umgebung eingebettet werden, um sich gegen kontextgebundene Handlungs-routinen behaupten und stabilisieren zu können. Es bedarf der aktiven Über-windung umweltbezogener Widerstände und Zwänge, da ansonsten die Gefahr besteht, dass Individuen in alte Verhaltensmuster zurückfallen. Erst durch die Anstrengungen und Bemühungen des Individuums zur Stabilisierung schwingt sich das System auf einem neuen Niveau ein.

Veränderungslernen nach Lewin (1958) mit Bifurkationsdiagramm

Innerhalb dieser drei Phasen lassen sich zentrale lerntheoretische Elemente von er-fahrungsbasierten, transformativen und reflexiven Lernkonzepten wiederfinden (s.

Tabelle 12), die für die Konzeption von Fort- und Weiterbildungen als relevant ange-sehen werden.

1. Den Ausgangspunkt fürs Lernen in einer Fort- und Weiterbildung von Berufs-schullehrkräften zur Umsetzung von BBnE bilden die Erfahrungen und Hand-lungen der Teilnehmenden (vgl. Kolb, 1993; Dewey, 1997; Holzkamp, 1995). Er-fahrungen und Handlungen sind eng miteinander verknüpft: die Erfahrung ist eine primäre Angelegenheit der Handlung (vgl. Dewey, 1989, S. 131). Damit kommt zum Ausdruck, dass Handlungen einerseits durch Vorerfahrungen ge-prägt sind und andererseits neue Erfahrungen konstituieren. Lernen findet im Wechselspiel zwischen Handlung und Erfahrung statt. Im Handeln fließen auf-grund gemachter Erfahrungen das Wissen und Können der Handelnden ein, das evaluiert wird und nach Bedarf modifiziert bzw. erweitert werden muss. Ein Individuum erkennt, dass es mit seinem bisherigen Wissen und Können nicht

Abbildung 15:

mehr auskommt und es angepasst werden muss. Sich für etwas Neues zu öff-nen, bedeutet in diesem Fall sich auf einen Lernprozess einzulassen und zu hinterfragen, was das Ziel und die Motive der Handlung sind und warum die Umsetzung nicht funktioniert bzw. „noch“ scheitert. Sich im Lernen Wissen an-zueignen ist an konkrete individuelle Erfahrungen von Personen knüpft.

„Knowledge is continuously derived from and tested out in the experiences of the learner“ (Kolb, 1993, S. 145).

Lerntheoretische Gestaltungselemente im sozialen Veränderungsprozess Tabelle 12:

Phasen Lerntheoretische Elemente im Veränderungsprozess Auftauen

(stabil) • Handlungen und Erfahrungen als Lernausgangspunkt (vgl. Mezirow, 1997;

Dewey, 1997; Holzkamp, 1995; Kolb, 1993)

• Bewusstmachung eigener mentaler Modelle durch Perspektivwechsel, Verbalisierung, „pädagogische Doppeldecker“, „Szene-Stopp-Reaktion“

und Feedbackverfahren (vgl. Wahl, 2000) Verändern

(instabil) • Kritische Reflexion als Konstruktion neuer Bedeutungsschemata (vgl. Mezirow, 1997; Korthagen, 2002)

• Verschränkte und zeitlich beschränkte Vermittlung systematischen sowie strukturierten Wissens (vgl. Wahl, 2000)

• Kommunikativer Austausch im Sinne eines rationalen Diskurses (Mezirow, 1997)

• Vorsatzbildung, neue Alternativen und Lösungen planen (Sieland & Heyse, 2010; Korthagen, 2002)

Stabilisieren

(neuer stabiler Zustand) • Ausprobieren neuer Handlungen und Erfahrungen (Korthagen, 2002)

2. Ein erster Schritt, um didaktisch-methodisches Handeln verändern zu können, besteht darin, dass die handelnden Lehrkräfte innehalten und sich ihrer Kennt-nisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie ihrer Werte, ihrer Einstellungen und Gewohnheiten, aber auch ihrer Gefühle und Emotionen bewusst werden. Dazu müssen die Lehrkräfte auf die Handlung und Erfahrung zurückblicken, indem sie sich fragen: „Was wollte ich?“, „Was tat ich?“, „Was dachte ich?“, „Wie fühlte ich mich?“ und „Was glaube ich, wollten, taten, dachten, fühlten [die anderen]?“

(Korthagen, 2002, S. 220). Das Bewusstmachen innerer mentaler und emotio-naler Zustände ist wesentlich um Verhaltensmuster bearbeiten zu können. Es lässt sich auf unterschiedliche Weise explizieren. In Anlehnung an Wahl (2000) werden fünf Formen vorgeschlagen, die zur reflektierenden Auseinanderset-zung des eigenen Handelns anregen (vgl. Wahl, 2000, S. 157 ff.):

a) Wechsel der Perspektive. Durch das gedankliche Hineinversetzen in eine andere Perspektive, z. B. indem sich der Lehrende in die Rolle eines Ler-nenden versetzt, ist es möglich didaktisches Verhalten aus unterschied-lichen Blickwinkeln zu betrachten und sich damit bestimmter Handlungs-muster auf andere Weise gewahr zu werden. Wenn sich ein Lehrender bspw. in die Zeit und damit in die Perspektive eines Auszubildenden zu-rückversetzt, um sich an erfolgreiche und nicht so erfolgreiche

Handlungs-weisen einer Lehrkraft zu erinnern und sich dessen VerhaltensHandlungs-weisen be-wusst zu werden.

b) Verbalisierung des eigenen Handelns. Indem die Lehrenden aussprechen, was sie gedanklich und emotional bei der Ausführung einer Handlung beschäftigt, lassen sich wichtige bearbeitbare Aspekte explizieren. Wenn Lehrende sich gegenseitig erläutern, wie sie den Bildungsauftrag der Be-rufsschule umzusetzen versuchen, sollte ihnen z. B. deutlich werden, auf welchen Einsichten ihre pädagogischen Entscheidungen beruhen und wo sich Umsetzungsprobleme ergeben.

c) Durchführung eines „pädagogischen Doppeldeckers“. Die Lehrenden be-kleiden in Fort- und Weiterbildungen sowohl die Rolle als Lehrende als auch die des Lernenden. Diese Doppelrolle ist positiv zu nutzen, indem Lehrkräfte bewusst neue Lern- und Lehrmethoden selbst erproben, über die Umsetzung nachdenken sowie angeregt werden, ihre Erfahrungen mit anderen verbal zu teilen. Das eigene Erleben neuer Unterrichtsmethoden in Fort- und Weiterbildungen führt bspw. zu einem elaborierteren Bewusst-sein, wie sich bestimmte Verhaltensmuster (z. B. Anweisungen) anfühlen bzw. auswirken.

d) Durchführung der „Szene-Stopp-Reaktion“-Methode. Den Lehrenden wird eine realitätsnahe Szene vorgespielt bzw. als Rollenspiel simuliert und ab-rupt gestoppt. Bspw. könnte eine Unterrichtsszene nachgestellt werden, in der eine Unterrichtsstörung simuliert würde. Dieser Impuls wird genutzt um eine spontane Verhaltensreaktion zur vorgespielten Situation hervorzu-rufen. Sofern es funktioniert mehrere Simulationen durchzuspielen, könn-ten den Lehrenden verschiedenartige Reaktionsalternativen dem eigenen Verhalten gegenübergestellt werden und so wichtige Aspekte verinnerlich-ter Handlungsmusverinnerlich-ter – hier Umgang mit Unverinnerlich-terrichtsstörungen – bewusst gemacht und analysiert werden.

e) Nutzung von Feedbackverfahren. Um vor allem didaktisch-methodisches Handeln von Lehrenden bewusst zu machen, bedarf es einer kritisch-kon-struktiven Rückmeldung aus unterschiedlichen Perspektiven (z. B. Kolle-gen, Fortbildner:innen und Schüler:innen). Als Settings können dabei si-mulierte als auch reale Lehrversuche im eigenen Praxisfeld dienen, die zusammen mit den Beobachtern im Anschluss reflektiert werden. Unter-schiedliche Feedbackverfahren (z. B. Evaluationszielscheibe, Kartenabfrage etc.) können dabei zum Einsatz kommen.

3. Für Bildungsprozesse und Veränderungslernen ist Reflexion die entscheidende Funktion. Da es kein einheitliches Verständnis vom Begriff Reflexion gibt (vgl.

Mezirow, 1997, S. 82; Korthagen, 2002, S. 62), wird sich auf eine umfassende De-finition berufen. Unter Reflexion wird daher „der Vorgang der kritischen Bewer-tung des Gehalts und des Verlaufs unserer Bemühungen, eine Erfahrung zu interpretieren und ihr Bedeutung zu verleihen, oder der diesbezüglichen Prä-misse(n)“ verstanden (Mezirow, 1997, S. 86). Diese Definition unterscheidet drei

Formen der Reflexion: die Reflexion der Inhalte, die Reflexion der Prozesse und die Reflexion der Prämissen (vgl. Mezirow, 1997). Wenn z. B. über richtiges be-rufliches Nachhaltigkeitshandeln reflektiert wird, dann könnte die Reflexion über den Inhalt geführt werden, indem die Aufmerksamkeit auf die ressourcen-schonendste Produktionsweise gelegt wird. Weiterhin könnte die Reflexion über die Vorgehensweise zur besseren Feststellung der besten Lösung für berufliches Nachhaltigkeitshandeln geführt werden (Reflexion der Prozesse). Am umfas-sendsten wird reflektiert, wenn sich kritisch damit auseinandergesetzt wird, wa-rum richtiges berufliches Nachhaltigkeitshandeln von Interesse ist bzw. von In-teresse sein könnte (Reflexion der Prämissen). Insgesamt ist die kritische Reflexion darauf ausgelegt die „Zweckdienlichkeit des früher Erlernten“ zu vali-dieren (Mezirow, 1997, S. 91). In diesem Sinne ist zu klären: „Was wollte ich ler-nen?“, „Was habe ich gelernt?“, „Wie habe ich versucht, dies zu lerler-nen?“, „Was hat mir geholfen zu lernen, und was hat mein Lernen beeinträchtigt?“, „Was habe ich beim Lernen empfunden?“, „Welche Lernaugenblicke können unter-schieden werden?“, „Welche Chancen und Probleme sehe ich bei meiner Art zu lernen?“, „Welche Vorannahmen liegen meiner Art zu lernen zugrunde?“ „Wel-che Alternative gibt es zu lernen?“ (Korthagen, 2002, S. 219 f.)

4. Mit dem Beginn der Reflexion geht gleichzeitig eine gezielte und systematische Vermittlung von Expertenwissen einher. Veränderungen sind nur mit neuen Zielvorstellungen und handlungsleitenden Lösungsangeboten umsetzbar. Dabei ist in Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen der sinnvolle Einsatz von allgemei-nen und individuellen Wissens- und Könallgemei-nensangeboten zu berücksichtigen, d. h. dass bestimmte Inhalte für alle angeboten werden können, aber indivi-duelle Maßnahmen durchgeführt werden. Zum Beispiel können neue Unter-richtsmethoden im Rahmen einer BBnE-Fortbildung von allen Teilnehmenden erprobt und das theoretische Hintergrundwissen im Plenum in Form eines Vor-trags präsentiert werden. Wenn es hingegen um den konkreten Einsatz der Me-thode im eigenen Unterricht geht, dann müssen sich die Lehrenden individuell bzw. in kleinen Gruppen mit der Umsetzung auseinandersetzen. Dort sind dann beispielsweise individuelle Entscheidungen hinsichtlich inhaltlicher und zeitlicher Art zu treffen. Eventuell müssen Lehrende dabei individuell gecoacht werden. In dieser Phase ist zu klären: „Welche nützlichen Alternativen gibt es ?“, „Welche Vor-und Nachteile bieten mir die jeweiligen Alternativen?“, „Was möchte ich davon übernehmen?“ (vgl. Korthagen, 2002, S. 220).

5. Eine umfängliche (Selbst-)Reflexion bedarf eines kommunikativen Austauschs im rationalen Diskurs mit anderen, um eigene verfälschte mentale Modelle zu erkennen und zu hinterfragen. Es benötigt kommunikatives Lernen um zur Selbsterkenntnis zu gelangen und unbewusst übernommene Prämissen bzw.

Annahmen zu überprüfen (vgl. Mezirow, 1997, S. 73). Erst im Dialog mit ande-ren lassen sich alternative Lesarten, Denkweisen und neue Handlungsmuster erkennen und neue Einsichten aufnehmen (vgl. Mezirow, 1997). Ein Lehrender kann beispielsweise zur Einsicht gekommen sein, dass er bereits umfänglich

nachhaltigkeitsorientierten Unterricht durchführt, weil er den Jugendlichen eine ressourcenschonende Produktionsweise vermittelt. Im Diskurs mit ande-ren lässt sich diese Annahme hinterfragen und möglicherweise feststellen, dass nachhaltigkeitsorientierter Unterricht doch noch viel mehr ist als der ressour-censchonende Umgang mit Rohstoffen. Über dieses emanzipatorische Inte-resse der kritischen Selbstprüfung hinaus wird im rationalen Diskurs mit ande-ren auch die Möglichkeit gesehen, sich kritisch mit kulturell und institutionell geprägten Einflüssen auseinandersetzen zu können (vgl. Mezirow, 1997). Zum Beispiel könnte der Dialog über die kulturell und institutionell geprägten Kon-summuster unserer Gesellschaft mit anderen diskutiert werden. Im kommuni-kativen Austausch könnten dann tiefsitzende Auffassungen und Einsichten be-wusst gemacht werden, die das bisherige Konsummuster als gegeben oder der eigenen Einflussnahme entzogen ansehen, um sich aus der Einengung der Umwelteinflüsse befreien zu können (vgl. Mezirow, 1997, S. 72) und neue Lö-sungen zu finden.

6. Die Vorausetzung, dass Veränderungslernen erfolgreich ist, besteht in der Kom-bination aus Veränderungsbereitschaft und Veränderungsfähigkeit (vgl. Sieland

& Heyse, 2010, S. 50). Veränderungen, die nur auf der Bereitschaft bzw. Absicht beruhen, etwas verändern zu wollen, werden scheitern. Lehrende benötigen dementsprechend neben ihrer Bereitschaft auch die Fähigkeiten etwas verän-dern zu können, denn den Prozess einer Veränderung begleiten viele innere und äußere Widerstände, wie z. B. Fehleinschätzungen zu den reellen Mitge-staltungsmöglichkeiten oder Überwindung zeitlicher Einschränkungen etc. Um diesen Hindernissen und Hinderungsgründen zu begegnen, sollte planvoll vor-gegangen und Umsetzungshilfen angeboten werden. Einmal beschlossene Vor-sätze könnten beispielsweise in Absichtserklärungen bzw. Entwicklungsplänen festgehalten werden. Dazu sind folgende Fragen zu klären (Sieland & Heyse, 2010, S. 120 ff.): „Welches positive Ziel will ich erreichen?“, „Wie schätze ich den Entwicklungsstand am Anfang und am Ende des Veränderungsprozesses ein?“,

„Welche Handlungen sind zur Zielerreichung erforderlich?“, „Mit welchen Hin-dernissen in mir selbst, in Mitmenschen und im Umfeld ist zu rechnen?“, „Wie sind diese zu bewältigen?“, „Welche Kontrollen nutze ich zur regelmäßigen Rea-lisierung meiner Zielhandlungen?“, „Welche Vor- und Nachteile ergeben sich für mich durch die geplante Veränderung?“, „Wie belohne ich mich gezielt für Anstrengung und Erfolge sowie für das Durchhalten bei Misserfolg?

7. Jede Veränderung muss ausprobiert, getestet und überprüft werden. Die neuen Erfahrungen und Handlungen sind dementsprechend wiederholt zu reflektie-ren. Erst wenn sie sich im angedachten Praxisfeld erweisen, können sich die Veränderungen auf einem anderen Niveau stabilisieren. Eine wichtige Erkennt-nis besteht nun darin, dass Veränderungslernen an diesem Punkt nicht zu Ende ist, sondern dass neue Lernprozesse angestoßen werden, die weiteres Lernen erforderlich machen.

Hinsichtlich der lernbezogenen Gestaltungsanforderungen an Fort- und Weiter-bildungen im Rahmen von BBnE kann festgehalten werden, dass

• Veränderungslernen durch einen Prozess des Auftauens, Veränderns und Stabilisieren gekennzeichnet ist.

• in einer Phase des Auftauens die Handlungen und Erfahrungen der Lehren-den Lehren-den Lernausgangspunkt bilLehren-den. Auf ihrer Grundlage sind mentale und emotionale Zustände bewusst zu machen, um überhaupt auf die Kenntnisse,

• in einer Phase des Auftauens die Handlungen und Erfahrungen der Lehren-den Lehren-den Lernausgangspunkt bilLehren-den. Auf ihrer Grundlage sind mentale und emotionale Zustände bewusst zu machen, um überhaupt auf die Kenntnisse,