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Die Zahl der eingeweihten Personen sei in bei-den Ländern möglichst gering gehalten worbei-den, notiert Hansen,

»und selbst den Bundespräsidenten und den Bundestagspräsidenten ließ man außen vor.

In Deutschland entschied auf Regierungs-ebene nicht das Kabinett, sondern der eben-falls unter dem Vorsitz des Kanzlers tagende kleine Sicherheitsrat. Israelischerseits ver-fuhr man ähnlich ... Selbst die Bonner Alli-ierten wurden zunächst nicht ins Vertrauen gezogen, und Peres unterrichtete auf Bitten Erlers erst im April 1963 beiläufig Präsident John F. Kennedy, der einverstanden war.«

Man warf Tarnnetze aller Art. Hansen:

»Anfänglich waren zur Tarnung Leihgaben oder Verpachtungen vereinbart worden. Die Verbringung des Materials nach Israel muss-te verschleiert werden. Die außerhalb Deutschlands produzierten Waffen, z. B.

schwedische Fla-Geschütze, wurden gleich vom Herstellerland aus zum Versand ge-bracht und die Rechnung durch Bonn begli-chen.«

Die „abenteuerlichsten Methoden” seien zum Zuge gekommen. Hansen zitiert Franz Josef Strauß:

»Wir haben die Israel zugesagten Geräte und Waffen heimlich aus den Depots der Bundeswehr geholt und hernach als Ablen-kungsmanöver bei der Polizei in einigen Fäl-len Diebstahlsanzeige erstattet.«

Die unter französischer Lizenz in Deutschland gebauten Noratlas-Transportflugzeuge seien von der deutschen zunächst an die französische Luftwaffe geliefert und von dieser an die israe-lische weitergereicht worden. So hätten die Franzosen Mitte Mai 1960 die ersten drei Ma-schinen auf ihrem Flugplatz Lahr in Empfang genommen und sie gleich den israelischen Pilo-ten übergeben. Diese überpinselPilo-ten das Eiserne Kreuz mit dem Davidstern und landeten via Marseille 24 Stunden später in Israel.

Noch ein weiterer Trick wird von Hansen ge-schildert:

»Die Abgabe amerikanischer Sikorsky-Hub-schrauber, deren Weiterleitung vom Wa-shingtoner Office of Munitions Control nicht genehmigt war, ging 1963 so vor sich, dass die Helikopter bereits auf dem Weg von den USA im Hafen eines Drittlandes nachts vom deutschen auf ein parallel ankerndes israe-lisches Transportschiff umgeladen wurden ... Am 15. August 1963 erhob die US-Bot-schaft im Auswärtigen Amt Vorstellungen gegen das Auftauchen von 15 bis 20 Hub-schraubern amerikanischer Bauart in Israel, welche Verstärkung der israelischen Luft-streitkräfte geeignet sei, das militärische Kräftepotenzial im Nahen Osten zu verschie-ben und daher die amerikanische Regierung beunruhige. Darauf wurde zwei Wochen später geantwortet, die Apparate seien den Israelis „zu Ausbesserungszwecken” und

„vorübergehend leihweise” zur Verfügung gestellt worden, womit man sich, offenbar augenzwinkernd, zufriedengab.«

Nach dem Wechsel an der Spitze des Bonner Verteidigungsressorts 1962 war eine Beschleu-nigung und Ausweitung deutscher Schilumim-Waffenlieferungen an Israel festzustellen. Han-sen:

»Nach dem Rücktritt von Strauß Ende No-vember 1962 honorierte dessen Nachfolger Kai-Uwe von Hassel, den Peres am B. Juni 1963 zum ersten Mal traf, nicht nur die ein-gegangenen Zusagen, sondern er verlegte gewisse Lieferungen vor. Zusätzliche Aufträ-ge für die Bundeswehr wurden vereinbart.

Der neue Minister zeigte sich sogar bereit, ein Dutzend Kampfpanzer Leopard zur Ver-fügung zu stellen. Tanks waren schon von Strauß in Aussicht genommen worden, und tatsächlich wurden 1963 ein paar abge-geben. Israel benötigte sie dringend, um die Ausstattung Ägyptens mit modernen T 34/85 und T 54 durch die Sowjets auszugleichen.

In der Unterredung (mit Peres) vom 30. Juni 1964 stimmte Hassel weiteren Bitten zu.«

Dem christdemokratischen Außenminister Ger-hard Schröder behagten die — zurückhaltend ausgedrückt — halblegalen Waffenzuschiebun-gen freilich so gar nicht. Schon Anfang 1962 richtete er eine Beschwerde an den Kanzler:

»Das Auswärtige Amt wurde bisher über den Stand der rüstungswirtschaftlichen Bezie-hungen zu Israel nicht ausreichend unterrich-tet. In der vierteljährlich übermittelten Län-derstatistik der Rüstungskäufe waren die Zahlen für Israel entweder überhaupt nicht enthalten oder offensichtlich verschleiert, d.

h. insbesondere die über Liechtenstein lau-fenden Käufe entweder gar nicht enthalten oder in der Rubrik „sonstige Länder” unter-gebracht.«

Aus eigener Erfahrung als leitender Beamter des Auswärtigen Amtes weiß Hansen zu be-richten:

»Jedenfalls auf Referats- oder Abteilungslei-terebene erhielt man überhaupt keine Aus-kunft über Rüstungslieferungen nach Israel.«

Nachdem Ludwig Erhard Konrad Adenauer als Kanzler abgelöst hatte, wurde Schröder erneut, und abermals erfolglos, mit einer Beschwerde beim Regierungschef vorstellig:

»Ich halte diesen Zustand für untragbar und höchst gefährlich und möchte Ihnen daher vorschlagen, dass Sie sobald wie möglich zu einer Besprechung mit Herrn von Hassel und mir einladen, auf der der ganze Fragenkom-plex erörtert wird.«

Es nützte alles nichts. Trotz Schröders Beden-ken wurden die Waffentransaktionen nach Nahost fortgesetzt. Und mit der 1964 erfolgten Lieferung von 150 Panzern M 48 A 1 (Patton) aus Deutschland an den jüdischen Staat be-gann dann, so Hansen,

»die letzte und folgenschwerste Etappe der Verteidigungshilfe für Israel vor Aufnahme der diplomatischen Beziehungen«.

Nicht immer ganz koscher ...

Im Prinzip wie in bereits geschilderter Manier, doch noch deutlich umfangreicher, ging es in den folgenden Jahrzehnten weiter. In den 80erJahren begann zusätzlich die Ausbildung israe

-lischer Soldaten in Deutschland. Auch die Camouflage wurde perfektioniert: 1971 unter-zeichneten die Verteidigungsminister beider Länder ein Abkommen, in dem sie sich ver-pflichten, die „Geheimschutzeinstufung” der je-weils anderen Seite „bei der Zusammenarbeit zu respektieren”. Was praktisch auf ein bilate-rales Schweigegelübde hinauslief.

Die 90er-Jahre allerdings begannen zum mäch-tigen Arger der deutsch-israelischen Trappis-tenbruderschaft mit dem lautstarken Auffliegen der gesetzwidrigen Belieferung Israels mit Pan-zern aus Beständen der DDR-Volksarmee. Der Bundesnachrichtendienst hatte die Tanks als Landmaschinen getarnt und in Hamburg auf Schiffe verladen, dummerweise aber verges-sen, die Wasserschutzpolizei zu informieren.

Diese kassierte die Konterbande erst einmal ein.

Die Panzer wurden „natürlich” trotzdem noch nach Israel geliefert. Doch im Dezember 1991 musste Kohls für Rüstungskontrolle und Ge-heimdienste zuständiger Kanzleramtsminister Lutz Stavenhagen infolge der Affäre zurücktre-ten. Nur kurz darauf, Mai 1992, nahm der Mann sein Wissen um mysteriöse Hintergründe und Hintermänner mit ins Grab. Bis dahin bei bester Gesundheit, starb er plötzlich und uner-wartet „an einer Lungenentzündung”, gerade mal 52 Jahre alt.

„Bild', 14. Februar 1991

Im Vorfeld und während des Golfkrieges 1990/91 gab es zusätzliche Liebesgaben an Is-rael aus bundesdeutschem Kriegswaffenarse-nal, beispielsweise die Panzer „Fuchs”. Zuvor hatten „Netz"-Medien die von der zionistischen Propaganda aufgebrachte Horrormeldung ver-breitet, Israels Bedrohung durch irakische „Gift-gasraketen” sei durch die Lieferung deutscher Technik an Bagdad verursacht worden.

Am 14. Februar 1991 berichtete die Bayern-Ausgabe der „Bild"-Zeitung:

»Seit Dienstag sind 32 junge Israelis im All-gäu untergebracht. In der Jägerkaserne in Sonthofen. Nach den Raketenangriffen und den Giftgas-Drohungen durch Saddam Hus-sein hat Bonn dem Staat Israel acht Giftgas-Spürpanzer „Fuchs” geschenkt. Die israe-lischen Soldaten werden jetzt für den Einsatz damit ausgebildet. Drei Wochen Schulung unter dem Kommando von Oberst Shimon Azriel.«

Das dem Netz mit jeder Faser verpflichtete Blatt des Springer-Konzerns freute sich über eine Reihe von „Sonder-Maßnahmen für die Gäste aus Israel”, beispielsweise:

»Die Einkleidung der an Sommertemperatu-ren gewohnten Mannschaft mit Bundes-wehr-Parka, Pullover, Stiefel, Feldmütze so-wie warmer Unterwäsche.«

Dann der Höhepunkt:

»Koscheres Essen wird mit Bundeswehr-Flugzeugen aus Brüssel eingeflogen, kosche-res Geschirr wurde eigens für die Gäste ge-kauft.«

Zum Glück, beschloss die „Bild” ihre Bericht-erstattung, fühle sich die israelische Militär-mannschaft gemäß Auskunft des Obersten Az-riel nicht dadurch verunsichert, dass man sie in Sichtweite der ehemaligen SS-Ordensburg Sonthofen einquartiert hatte.