Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (DGUV Vorschrift 2)
G. Überwachung und Beratung; Ausgewählte Maßnahmen, Projekte und Schwerpunktaktionen der Unfallversicherungsträger
G.1 Strategien, Strukturen und Ressourcen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
G. Überwachung und Beratung – Unfallversicherungsträger
G. Überwachung und Beratung; Ausgewählte Maßnahmen, Projekte und Schwerpunktaktionen der Unfallversicherungsträger
Der erste Abschnitt des Kapitels G beschreibt den Fusionsprozess der Unfallversicherungsträger und die Neu
strukturierung der Fach- und Sachgebiete der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Ferner werden weitere Entwicklungen der Strategien, Strukturen und Ressourcen der Unfallversicherungsträger aufge
zeigt. Im zweiten Abschnitt werden ausgewählte Maßnahmen, Projekte und Schwerpunktaktivitäten der Berufs
genossenschaften und Unfallkassen zu verschiedenen Bereichen dargestellt. Der dritte Abschnitt beschreibt kurz Aktivitäten der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) insbesondere im Hinblick auf Präventionsansätze für Ältere.
G.1 Strategien, Strukturen und Ressourcen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
Mit dem Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz (UVMG) aus dem Jahre 2008 hatte der Gesetzgeber den Selbstverwaltungen der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen Ziele für die strukturelle Neuordnung der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung aufgetragen. Für die gewerblichen Berufsgenossenschaften sieht das Gesetz die Zielgröße von neun Trägern vor. Dieses Ziel wurde am 1. 1. 2011 mit folgenden Fusionen erreicht:
– Die Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd, die Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft, die Hüt
ten- und Walzwerks-Berufsgenossenschaft und die Holz-Berufsgenossenschaft fusionierten zur Berufsge
nossenschaft Holz und Metall. Die neue Berufsgenossenschaft ist für über 200.000 Betriebe im Handwerk und in der metallverarbeitenden Industrie mit rund 4,4 Millionen Versicherten zuständig.
– Die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten und die Fleischerei-Berufsgenossenschaft fusio
nierten zur neuen Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe.
Auf der Ebene der bundesunmittelbaren Unfallkassen gibt das UVMG eine Zielgröße von einer Unfallkasse vor.
Diese Zielgröße wird mit der für 2015 vorgesehenen Fusion der Eisenbahn-Unfallkasse mit der Unfallkasse des Bundes und der für 2016 geplanten Fusion der Unfallkasse Post und Telekom (UKPT) mit der Berufsgenossen
schaft für Transport und Verkehrswirtschaft (BG Verkehr) zur Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post – Logistik – Telekommunikation erreicht werden. Der Rechtsrahmen für diese Zusammenschlüsse wurde durch das Bundesunfallkassen-Neuorganisationsgesetz (BUK-NOG) im Herbst 2013 geschaffen. Auch auf der Ebene der landesunmittelbaren Unfallkassen gab es im Berichtszeitraum eine Veränderung: Am 1. Januar 2012 fusio
nierte die Unfallkasse München mit dem Bayerischen Gemeindeunfallversicherungsverband zur Kommunalen Unfallversicherung Bayern.
Tätigkeit der Aufsichts- und Beratungsdienste der Unfallversicherungsträger
Durch die Aufsichts- und Beratungsdienste der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen wurden im Jahr 2013 599.122 Besichtigungen durchgeführt. Die Zahl der besichtigten Unternehmen/Einrichtungen lag bei 297.941, wobei 1.142.708 Beanstandungen durch die 2.703 Aufsichtspersonen mit Besichtigungstätigkeit festgehalten wurden. Es wurden insgesamt 43.624 Unfalluntersuchungen durchgeführt. Im Rahmen von Aus- und Fortbil
dungsveranstaltungen zur Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit wurden 2013 22.130 Veranstaltungen durchgeführt und damit 418.818 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erreicht.1
1 www.dguv.de , Webcode: d34905
2 www.dguv.de/medien/inhalt/praevention/aus_weiter/documents/praev_leist.pdf
Der Präventionsauftrag der Unfallversicherungsträger ist weit mehr als Überwachung. Seit ihrem Bestehen hat sich die gesetzliche Unfallversicherung mit einem stetigen Wandel auf wirtschaftlicher, gesellschaftlicher, tech
nologischer und nicht zuletzt auch politischer Ebene auseinanderzusetzen. Davon ist insbesondere auch die Präventionsarbeit der Unfallversicherung betroffen. Prävention muss sich – um wirksam zu bleiben – ganz be
wusst an den Auswirkungen dieses Wandels, von denen die Arbeitswelt, aber auch die Schulen und die anderen Bildungswelten in der Regel stark betroffen sind, orientieren. Durch die kontinuierliche Anpassung an sich ste
tig ändernde Rahmenbedingungen bietet die Unfallversicherung heute eine Vielzahl verschiedener und ineinan
der greifender Präventionsleistungen an, die nicht nur weit über die traditionelle Überwachung hinausgehen, sondern auch die Überwachung selbst verändert hat2. Die Stoßrichtung präventiven Handelns der Unfallversi
cherung hat mit dazu geführt, dass die Arbeitsunfälle seit den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts kontinuier
lich abnahmen. Betriebs- und volkswirtschaftlich ist das ein nicht zu unterschätzender Beitrag zur Wertschöp
fung der deutschen Wirtschaft.
Dass auch Unternehmen von Investitionen in den Arbeitsschutz profitieren, belegt eine Studie der Internationa
len Vereinigung für Soziale Sicherheit, der DGUV und der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medi
enerzeugnisse. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass sich der Erfolg von Investitionen in den Arbeitsschutz im Schnitt auf mehr als das Doppelte der investierten Summe beläuft. In den Jahren 2010 bis 2012 wurden insge
samt 337 Unternehmen in 19 Ländern nach ihrer Einschätzung der betriebswirtschaftlichen Vor- und Nachteile von Ausgaben für Sicherheit und Gesundheit im Betrieb befragt. Das Ergebnis: Die befragten Unternehmen erzielten insgesamt einen „Return on Prevention“ in Höhe von 2,2. Dies bedeutet: Jeder Euro, den ein Unter
nehmen in die betriebliche Präventionsarbeit investiert, zahlt sich in einem ökonomischen Erfolgspotenzial von 2,2 Euro aus. Was das einzelne Unternehmen tatsächlich durch die Präventionsarbeit erwirtschaftet, hängt natür
lich auch von der wirtschaftlichen Situation und den Marktbedingungen ab.3
Das Kompetenz-Netzwerk Prävention der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) – Fachbe
reiche und Sachgebiete der DGUV
Zur Unterstützung des in § 14 SGB VII festgelegten Präventionsauftrages der Unfallversicherung hat die DGUV im Jahr 2011 15 Fachbereiche eingerichtet. Diese haben die zuvor existierenden Fachausschüsse und Fachgruppen abgelöst. Aufgabe der Fachbereiche ist die Beratung und Unterstützung der DGUV, der Unfallver
sicherungsträger, staatlicher Stellen, der herstellenden Betriebe sowie anderer interessierter Kreise in Fragen der Prävention innerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches. Die Beratung und Unterstützung von Betrieben, Unterneh
men, Versicherten und Betreibern von Einrichtungen und Anlagen erfolgt dabei in Absprache mit den zuständi
gen Unfallversicherungsträgern. Fachbereiche sollen eine für alle Unfallversicherungsträger verbindliche, ein
heitliche und gesicherte Fachmeinung bilden und die fachlichen Interessen aller Berufsgenossenschaften und Unfallkassen vertreten. Die von den Fachbereichen getroffenen Entscheidungen, insbesondere die zu DGUV Vorschriften und Regeln getroffenen Auslegungen und die von ihnen durchgeführten Prüfungen und Zertifizie
rungen, werden von den Unfallversicherungsträgern anerkannt und beachtet. Für Teile des vielfältigen Aufga
benspektrums der Fachbereiche haben diese jeweils Sachgebiete eingerichtet. Geschäftsgrundlage für ein ein
heitliches Handeln in diesem Netzwerk ist der für alle Fachbereiche verbindliche DGUV Grundsatz 401 „Fach
bereiche und Sachgebiete der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) – Organisation und Aufga
ben“4.
3 www.dguv.de, Webcode: d39680
Gemeinsames Verständnis „Gesundheit im Betrieb“ der Unfallversicherungsträger und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
Die gesetzlichen Unfallversicherungsträger engagieren sich in vielfältiger Hinsicht im Präventionsfeld „Ge
sundheit im Betrieb“ einschließlich der Themen zur gesundheitsförderlichen und menschengerechten Gestaltung der Arbeit. Die aufgrund der gesellschaftlichen Herausforderungen zunehmende Bedeutung dieses Präventions
feldes findet sich seit 2011 auch noch stärker in der Programmatik der gesetzlichen Unfallversicherung. Mit dem „Gemeinsamen Verständnis zur Ausgestaltung des Präventionsfeldes „Gesundheit im Betrieb“ der gesetzli
chen Unfallversicherungsträger und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)“ wird eine ge
meinsame Grundlage für die praktische Präventionsarbeit in den Betrieben, öffentlichen Verwaltungen und Bildungseinrichtungen geschaffen. Das Verständnis soll gleichermaßen Anwendung auf unterschiedliche Betä
tigungsfelder der Unfallversicherungsträger wie die Beratung der Betriebe, die Aus- und Weiterbildung der Aufsichtspersonen, die Organisation des Arbeitsschutzes, die Zusammenarbeit mit Krankenkassen und anderen Partnern, den Bereich Bildungswesen, aber auch die Forschung und Entwicklung finden. Das gemeinsame Ver
ständnis erfordert aber auch Anpassungsprozesse des bisherigen Präventionshandelns der Berufsgenossenschaf
ten und Unfallkassen, um den immer schnelleren Innovationszyklen der Arbeitswelt zeitnah begegnen zu kön
nen. Hierfür wurde 2012 der branchenübergreifende Fachbereich „Gesundheit im Betrieb“ als einer von 15 Fachbereichen des Kompetenz-Netzwerkes Prävention der DGUV eingerichtet. Mit seinen Sachgebieten „Psy
che und Gesundheit in der Arbeitswelt“, „betriebliche Gesundheitsförderung“, „Veränderung der Arbeitskultu
ren“ sowie „Beschäftigungsfähigkeit“ widmet er sich vorrangig den Themen, wie sie im gemeinsamen Ver
ständnis „Gesundheit im Betrieb“ angeführt sind. Daneben werden auch die Kooperation mit den Krankenkas
G. Überwachung und Beratung – Unfallversicherungsträger sen, die Entwicklung von Qualitätsstandards von „Gesundheit im Betrieb“ sowie die Mitgestaltung von Bran
chenregeln Gegenstand dieses Fachbereichs sein5. Vision Zero
Die Intention der DGUV, der Unfallversicherungsträger und vieler weiterer Partner ist es, Arbeitswelt und Bil
dungseinrichtungen so zu gestalten, dass Arbeits-, Schul- und Wegeunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbe
dingte Gesundheitsgefahren mit allen geeigneten Mitteln verhindert werden. Die Gremien der DGUV haben sich dabei ausdrücklich zur Vision Zero6 bekannt. Diese geht von vier Grundsätzen aus:
– Das Leben ist nicht verhandelbar.
– Der Mensch ist fehlbar.
– Die tolerierbaren Grenzen liegen in der physischen Belastbarkeit des Menschen.
– Die Menschen haben ein Recht auf eine sichere Arbeitswelt und ein sicheres Verkehrssystem.
Menschen machen Fehler. Deshalb muss dafür gesorgt werden, dass die dadurch entstehenden Unfälle nicht zu ernsthaften Personenschäden führen. Ziel der Vision Zero ist das Bild einer Zukunft, in der niemand getötet oder so schwer verletzt wird, dass er lebenslange Schäden davonträgt.
Risikoobservatorium
Da sich die Arbeitswelt in einem ständigen Veränderungsprozess mit Auswirkungen auf die Sicherheit und Gesundheit der Versicherten in Betrieben, Verwaltungen und Bildungseinrichtungen befindet, sind das Erken
nen von Frühsignalen und das Einschätzen von zukünftigen Risiken zentrale Präventionsaufgaben der Deut
schen Gesetzlichen Unfallversicherung und ein wesentlicher Bestandteil von Vision Zero. Kernstück der Risi
kobeobachtung ist eine internetgestützte Befragung zu neuen Risiken; sie richtet sich an die Aufsichtspersonen der Unfallversicherungsträger und findet alle fünf Jahre statt. Grundlage sind international diskutierte, globale Trends. Auswertung und vertiefende Recherche zeigen neben zukünftigen Arbeitsschutzrisiken auch branchen
spezifische Maßnahmen zur Prävention auf. Parallel dazu liefert eine systematische Suche neue, relevante Trends beziehungsweise Frühsignale. Bei besonderer Dringlichkeit greift die DGUV Themen sofort auf und entwickelt Präventionsansätze. Gleichzeitig fließen neue Trends in die Befragung zur Risikobeobachtung ein.
Trendsuche und Risikobeobachtung sind so im Risikoobservatorium der DGUV eng vernetzt. Erste Ergebnisse zeigen: Die Prävention der Zukunft wird mehr denn je gefordert durch gesamtgesellschaftliche Entwicklungen wie Arbeitsverdichtung und Leistungsdruck, demografischer Wandel oder Mangel an körperlicher Aktivität.
Positionierung Nanotechnologie
Ein Themengebiet, welches sich bei dem Risikoobservatorium herauskristallisierte, ist die Nanotechnologie.
Das Positionspapier der gesetzlichen Unfallversicherung „Verantwortungsvoller Umgang mit Nanomaterialien“
erfuhr durch die Nanokommission der Bundesregierung als Vorreiteraktivität eine besondere Hervorhebung.
Die Bundesregierung führt einen Stakeholder-Dialog, der die Einführung der Nanotechnologie als innovative Schlüsseltechnologie gesellschaftlich begleiten soll. Von zentraler Bedeutung sind Fragen der Chancen für den Standort Deutschland und der möglichen Risiken für Umwelt und Gesundheit. Das Positionspapier befürwortet in Wahrnehmung des Auftrags der gesetzlichen Unfallversicherung zur Förderung von Sicherheit und Gesund
heit bei der Arbeit ein verantwortliches Handeln beim Umgang mit Nanomaterialien am Arbeitsplatz. Als Hand
lungsfelder werden die Förderung der Beratungs- und Überwachungskompetenz durch gezielte Qualifikations
maßnahmen, die Unterstützung der Betriebe bei der Beschaffung von Informationen zum Einsatz und Umgang mit Nanomaterialien sowie bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung, die Ermittlung von Beispielen guter Praxis und deren Bekanntmachung in den Betrieben, die Beseitigung von Wissenslücken über Nanotech
nologien und die Beobachtung nationaler, europäischer und internationaler Prozesse bei der Erarbeitung von Standards, der Ermittlung möglicher Risiken und den Bestrebungen zur Regulierung von Nanomaterialien gese
hen7.
5 www.dguv.de, Webcode: d125303
6 www.dguv.de, Webcode: d54589
7 www.dguv.de, Webcode: d92133
Positionierung „Betriebliches Eingliederungsmanagement“
Der Vorstand der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung hat 2012 ein Positionspapier zu „Möglichkeiten und Grenzen der institutionellen und strukturellen Förderung des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) durch die gesetzliche Unfallversicherung“ verabschiedet. BEM fördert die Wiederherstellung der Ge
sundheit und beugt erneuter Arbeitsunfähigkeit vor. Angesichts des demografischen Wandels ist BEM deshalb auch ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und zur Gestaltung menschen-gerechter Arbeit. Erfolgreiches BEM erfordert strukturiertes Vorgehen sowohl in den Betrieben als auch bei der gesetzli