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Arbeitsunfähigkeit in physisch belastenden Berufen

Sozioökonomische Analyse in der REACH-Verordnung

B.7.3 Arbeitsunfähigkeit in physisch belastenden Berufen

Die Jahresprävalenz an Nacken- und Schulterschmerzen ist auch in der Vergleichsgruppe mit ca. 47 % sehr hoch. Beschäftigte in einfachen manuellen Berufen weisen mit einem Faktor von 1,2, in qualifizierten manuel­

len Berufen sowie in einfachen Dienstleistungsberufen mit einem Faktor von 1,1 leicht höhere Prävalenzen auf.

Die Jahresprävalenz an Schmerzen in den Armen ist in einfachen manuellen Berufen ca. 3-fach, in qualifizierten manuellen Berufen 2,7-fach sowie in Agrarberufen 2,6-fach und in einfachen Dienstleistungsberufen 2,5-fach gegenüber der Vergleichsgruppe erhöht. Sie liegt in diesen Berufsgruppen mit über 30 % deutlich höher als in der Vergleichsgruppe, in der nur 12 % Schmerzen in den Armen angeben.

Die Jahresprävalenz an Schmerzen in den Händen wird für die qualifizierten Verwaltungsberufe auf ca. 10 % geschätzt. Bei Beschäftigten in Agrarberufen (2,8-fach), qualifizierten manuellen Berufen (2,7-fach), einfachen manuellen Berufen (2,7-fach) und einfachen Dienstleistungsberufen (2,2-fach) liegt diese über 2-fach höher als in der Vergleichsgruppe.

Eine ähnliche Rangordnung, aber ein noch stärkerer Kontrast zur Vergleichsgruppe findet sich für die Jah­

resprävalenz an Knieschmerzen. Beschäftigten in qualifizierten manuellen Produktionsberufen (3,8-fach), einfa­

chen manuellen Berufen (3,7-fach), Agrarberufen (3,6-fach), einfachen Dienstleistungsberufen (3-fach) und einfachen kaufmännischen- und Verwaltungsberufen (2,4-fach) weisen eine ca. 3- bis fast 4-fach höhere Be­

schwerdeprävalenz als die Vergleichsgruppe auf. Dies entspricht einer Prävalenz von ca. 22 bis ca. 35 % in den genannten Berufsgruppen gegenüber ca. 9 % in der Vergleichsgruppe der bei Beschäftigten in qualifizierten Verwaltungstätigkeiten.

Die Jahresprävalenz an Schmerzen in den Füßen ist in den Berufsgruppen der einfachen manuellen Produkti­

onsberufe 3,5-fach, in den qualifizierten manuellen Produktionsberufen 2,7-fach, in den Agrarberufen 2,5-fach sowie in einfachen kaufmännischen und Verwaltungsberufen 2,7-fach häufiger.

B.7.3 Arbeitsunfähigkeit in physisch belastenden Berufen

Korrespondierend zur dargestellten Häufigkeit von Schmerzen im Muskel-Skelett-System ist die ärztlich be­

scheinigte, krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit (AU) durch Muskel-Skelett-Erkrankungen und Herz-Kreis­

lauf-Erkrankungen in Berufsgruppen der Produktion und des Dienstleistungsbereichs mit geringem und mittle­

rem Qualifikationsniveau deutlich erhöht. Die Auswertungen basieren auf einer Sekundärdatenanalyse von AU-Daten nahezu aller gesetzlichen Krankenkassen für 2008 (Quelle: eigene Berechnungen basierend auf dem BAuA-Projekt F225540; LIEBERS et al., 2013; BRENDLER et al., 2013). Der Datenbestand enthält aggregierte Angaben von ca. 26,2 Mio. gesetzlich pflichtversicherten Erwerbstätigen. Berechnet wird für verschiede Be­

rufsgruppen das Risiko (Morbiditätsratio standardisiert nach Alter und Kassenzugehörigkeit, SMR) für das Auf­

treten von AU-Fällen. Die Vergleichsgruppe für alle untersuchten Diagnosen sind die qualifizierten kaufmänni­

schen und Verwaltungsberufe.

B.7.3.1 Arbeitsunfähigkeit durch Muskel-Skelett-Erkrankungen Diagnose Rückenschmerzen

Arbeitsunfähigkeitsfälle bedingt durch Rückenschmerzen (ICD-10 M54) sind bei Männern sehr häufig. Absolut wurden 2008 in der Gruppe der Männer 1,5 Mio. AU-Fälle und 18,0 Mio. AU-Tage durch Rückenschmerzen registriert. Das entspricht 10,7 AU-Fällen sowie 131 AU-Tagen pro 100 Versicherte. Es besteht ein besonders hohes Risiko für das Auftreten von AU-Fällen durch Rückenschmerzen (Abbildung B 15) in einfachen manuel­

len Berufen (2,4-fach) sowie einfachen Dienstleistungsberufen, qualifizierten manuellen Berufen und Agrarbe­

rufen (jeweils 2-fach). Ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von AU-Fällen finden sich bei Männern auch in qualifizierten Dienstleistungsberufen, in einfachen kaufmännischen- und Verwaltungsberufen sowie in Semi­

professionen.

AU-Ereignisse durch Rückenschmerzen sind bei Frauen absolut und relativ sehr häufig. Im Jahr 2008 traten unter Frauen 0,9 Mio. AU-Fälle und 11,9 Mio. AU-Tage im Zusammenhang mit der Diagnose „Rückenschmer­

zen“ auf. Dies entspricht 7,4 AU-Fällen sowie 96 AU-Tagen pro 100 Versicherte. Der größte Unterschied in der Prävalenz an Beschwerden zwischen 96 AU-Tagen pro 100 Versicherte. Frauen in einfachen manuellen Berufen weisen ein 2,3-fach und in einfachen Dienstleistungsberufen sowie qualifizierten manuellen Berufen ein 1,8­

fach erhöhtes Risiko für das Auftreten von AU-Fällen auf. Häufiger AU-Fälle durch Rückenschmerzen finden

B. Entwicklungen von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

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Agrarberufe einfache manuelle Berufe qualifizierte manuelle Berufe Techniker Ingenieure einfache Dienste qualifizierte Dienste Semiprofessionen Professionen einfache kaufmännische und Verwaltungsb.

qualifizierte kaufm. und Verwaltungsberufe Manager

Risiko für Arbeitsunfähigkeitsfälle (SMR mit 95 % Vertrauensintervall) Rückenschmerzen (Diagnose M54 nach ICD 10)

Frauen Männer Verwaltungsberufe

Dienstleistungsberufe

Prduktionsberufe

Referenzgruppe

Quelle: BAuA-Projekt F2255, n = 26,2 Mio. Erwerbstätige, eigene Berechnungen

sich auch in Agrarberufen, Semiprofessionen, einfachen kaufmännischen und Verwaltungsberufen, bei Techni­

kern sowie qualifizierten Dienstleistungsberufen.

Abb. B 15: Risiko für Arbeitsunfähigkeitsfälle durch Rückenschmerzen nach Berufsgruppen

Diagnose Kniegelenksarthrose

Durch Kniegelenksarthrosen (ICD-10 M17) wurden bei Männern im Jahr 2008 insgesamt 74.682 AU-Fälle und 2,3 Mio. AU-Tage registriert. Dies entspricht 0,54 AU-Fällen und 16,7 AU-Tagen pro 100 Versicherte.

Männer in qualifizierten und einfachen manuellen Berufen haben unabhängig vom Alter ein über zweifach er­

höhtes Risiko für das Auftreten von AU-Fällen aufgrund dieser Diagnosegruppe. Deutlich über eins, jedoch unter zwei liegt das Risiko für das Auftreten von AU-Fällen für Beschäftigte in Agrarberufen, einfachen und qualifizierten Dienstleistungsberufen, einfachen kaufmännischen und Verwaltungsberufen, bei Technikern und in Semiprofessionen. AU-Ereignisse durch Kniegelenksarthrose sind bei Frauen ebenfalls gelegentlich bis häu­

fig auftretende Ereignisse. 2008 wurden bei Frauen 49.006 AU-Fälle und 1,8 Mio. AU-Tage registriert. Daraus resultieren 0,39 AU-Fälle bzw. 14,8 AU-Tage pro 100 Versicherte.

Frauen sind in einfachen Dienstleistungsberufen, in qualifizierten und einfachen manuellen Berufen in ähnlicher Weise wie Männer um den Faktor 2,2 häufiger von Fällen betroffen als Frauen der Vergleichsgruppe. AU-Fälle durch Kniegelenksarthrosen sind bei Frauen in Agrarberufen, Semiprofessionen, qualifizierten Dienstleis­

tungsberufen und einfachen kaufmännischen und Verwaltungsberufen um den Faktor 1,8 bis 1,3 häufiger. Bei Technikern sind AU-Fälle nur geringfügig häufiger als in der Vergleichsgruppe.

B.7.3.2 Arbeitsunfähigkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Derzeit nehmen Herz-Kreislauf-Erkrankungen den 6. Platz in den AU-Statistiken der gesetzlichen Krankenver­

sicherung ein. Insgesamt beruhen ca. 5 % der AU-Tage und AU-Fälle auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ob­

wohl dies im Vergleich zu Muskel-Skelett-Erkrankungen gering ist, legen diese Erkrankungen den Grundstein für wesentlich größere Gesundheitsprobleme im Alter. Ein Anstieg der AU-Fälle mit dem Alter (ab ca. 45 Jah­

re) ist insbesondere durch die Zunahme der mit Arteriosklerose assoziierten Erkrankungen (z. B. Herzinfarkt) bedingt. Er ist bei Männern stärker als bei Frauen sichtbar. Zwei Drittel der AU wird in der höchsten Alters­

Tabelle Tabelle

XLS-Fassung XLS-Fassung

gruppe durch die Diagnosen Bluthochdruck, chronisch ischämische Herzkrankheit, Krampfadern der Beine, Herzenge sowie Vorhofflattern und -flimmern verursacht.

Am Beispiel der chronisch ischämischen Herzerkrankung, sowie der Herzinsuffizienz, einer insbesondere im hohen Alter bedeutsamen Herz-Kreislauf-Erkrankung, wird korrespondierend zu den Muskel-Skelett-Erkrankungen (s. o.) die Häufigkeit von AU im Beruf dargestellt (siehe BRENDLER et al., 2013, für weitere Auswertungen zu Bluthochdruck und akutem Herzinfarkt).

Diagnose Chronische ischämische Herzkrankheit

Bei der chronisch ischämischen Herzerkrankung (ICD-10 I25) wird die Herzmuskulatur wiederholt über einen längeren Zeitraum aufgrund einer Mangeldurchblutung nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Dies wird durch eine Verengung eines oder mehrerer Herzkranzgefäße bedingt. Im Jahr 2008 sind insgesamt 86.482 Fälle von AU aufgrund einer chronisch ischämischen Herzerkrankung erfasst. Bei Männern führt diese Diagnose zu 69.194 AU-Fällen und 2,1 Mio. AU-Tagen. Bei Frauen, bei denen diese Erkrankung eher später im Erwerbsle­

ben auftritt, führt sie zu 17.288 AU-Fällen und 0,4 Mio. AU-Tagen.

Bei beiden Geschlechtern steigen die AU-Zahlen mit dem Alter an. In der höchsten Altersgruppe treten bei Männern mehr als 2 AU-Fälle und bei Frauen mehr als 0,5 AU-Fälle pro 100 Versicherte auf. Die durchschnitt­

liche Dauer der AU steigt bei Männern mit dem Alter von ca. 7 Tagen in der jüngsten Altersklasse (15 bis 24 Jahre) auf ca. 33 Tage je Fall in der höchsten Altersklasse (55 bis 64Jahre). Bei Frauen geht dieser Anstieg von ca. 11 Tagen in der jüngsten zu ca. 26 Tagen in der ältesten Altersklasse.

Männer in einfachen Dienstleistungsberufen und einfachen manuellen Berufen weisen jeweils 1,2-fach erhöhte AU-Fallzahlen gegenüber der Vergleichsgruppe der qualifizierten kaufmännischen und Verwaltungsberufe auf (vgl. Abbildung B 16). Noch geringer ausgeprägt, jedoch nachweisbar, ist eine erhöhte AU-Fallzahl bei qualifi­

zierten manuellen Berufen, einfachen Verwaltungsberufen und Technikern (jeweils 1,1-fach höher).

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Agrarberufe einfache manuelle Berufe qualifizierte manuelle Berufe Techniker Ingenieure einfache Dienste qualifizierte Dienste Semiprofessionen Professionen einfache kaufmännische und Verwaltungsb.

qualifizierte kaufm. und Verwaltungsberufe Manager

Risiko für Arbeitsunfähigkeitsfälle (SMR mit 95 % Vertrauensintervall) Chronisch ischämische Herzerkrankung (Diagnose I25 nach ICD 10)

Frauen Männer Verwaltungsberufe

Dienstleistungsberufe

Prduktionsberufe

Referenzgruppe

Abb. B 16: Risiko für Arbeitsunfähigkeitsfälle durch chronisch ischämische Herzerkrankung nach Berufs­

gruppen

Frauen zeigen eine erhöhte AU-Fallzahl für die Berufsgruppen der einfachen manuellen Berufe und der qualifi-Tabelle

Tabelle

XLS-Fassung XLS-Fassung

B. Entwicklungen von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zierten manuellen Berufe (jeweils 1,6-fach) sowie der einfachen Dienstleistungsberufe (1,5-fach) (vgl. Abbil­

dung B 16). Geringer ausgeprägt, jedoch nachweisbar ist eine erhöhte AU-Fallzahl für einfache Verwaltungsbe­

rufe (1,2-fach), qualifizierte Dienstleistungsberufe und Semiprofessionen (jeweils 1,1-fach).

Diagnose Herzinsuffizienz

Eine Herzinsuffizienz (ICD-10 I50, auch Herzschwäche) bezeichnet das akute oder chronische Unvermögen des Herzens, bei Belastung oder in Ruhe die für den Stoffwechsel erforderliche Menge an Blut zu pumpen. Häufigs­

te Ursachen sind die koronare Herzerkrankung und der Bluthochdruck. Für das Jahr 2008 werden insgesamt 19.450 Fälle von AU aufgrund der Diagnose Herzinsuffizienz erfasst. Die Herzinsuffizienz führt bei Männern zu 14.800 AU-Fällen und 478.000 AU-Tagen. Bei Frauen, bei denen diese Diagnose eher im späteren Lebensal­

ter gestellt wird, führt sie zu 4.700 AU-Fällen und 140.000 AU-Tagen.

In beiden Geschlechtern steigen die AU-Zahlen mit dem Alter an. In der höchsten Altersgruppe (55 bis 64 Jah­

re) treten bei Männern 0,45 AU-Fälle und bei Frauen 0,14 AU-Fälle pro 100 Versicherte auf. Die durchschnitt­

liche Dauer der AU-Fälle ist für beide Geschlechter sehr ähnlich. Sie steigt von ca. 20 Tagen pro AU-Fall bei 15- bis 24-Jährigen auf 33 Tage pro AU-Fall bei den 55- bis 64-Jährigen an.

Bei der Auswertung der Berufsgruppen weist die Vergleichsgruppe bereits relativ viele AU-Fälle auf. Nur bei Männern in einfachen Dienstleistungsberufen sind etwas mehr AU-Fälle (1,1-fach) nachweisbar. Bei den Frau­

en zeigen die einfachen manuellen Berufe (1,5-fach), die qualifizierten manuellen Berufe (1,4-fach) und die einfachen Dienstleistungsberufe (1,3-fach) mehr AU-Fälle als die Vergleichsgruppe.

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