A. Die Gemeinsame D eutsche Arbeitsschutzstrategie – GDA
A.2 Stand der betrieblichen Prävention: Daten aus der Betriebs- und Beschäftigten- Beschäftigten-Befragung der GDA-Dachevaluation
chenregel mit ihren als Kompendium angelegten Informationen für eine sachgerechte Prävention ist insbesonde
re für KMU von besonderer Bedeutung. Aktuell (Stand Juni 2014) werden 29 Branchenregeln vorbereitet.1 A.1.4 Deutscher Arbeitsschutzpreis: Gute Praxis auszeichnen und zur Nachahmung
empfehlen
Der Wettbewerb zum Deutschen Arbeitsschutzpreis ist Teil der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie und wird gemeinsam vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, dem Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung ausgerichtet.
Mit dem Deutschen Arbeitsschutzpreis werden Lösungen und Ansätze ausgezeichnet, die die Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz noch wirksamer als bisher fördern und einen Beitrag dazu leisten, dass Menschen ihren Beruf möglichst lange und gesund ausüben können. Als konkrete Beispiele aus der betrieblichen Praxis sollen sie deutlich machen, dass eine kluge betriebliche Präventionsarbeit ein Schlüssel für nachhaltige Perso
nalpolitik und wirtschaftlichen Erfolg ist.
Der Wettbewerb zum Deutschen Arbeitsschutzpreis findet seit dem Jahr 2009 alle zwei Jahre statt. Mitmachen können Unternehmen und Institutionen aller Branchen und Größen – vom Kleinstbetrieb bis zum Konzern – sowie Einzelpersonen.2
A.2 Stand der betrieblichen Prävention: Daten aus der Betriebs- und Beschäftigten-Befragung der GDA-Dachevaluation
Zum tatsächlichen Stand der betrieblichen Prävention, d. h. zum genauen Umfang ergriffener Maßnahmen im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz in deutschen Betrieben gab es bisher kaum belastbare Zahlen. Die GDA-Träger haben deshalb im Jahre 2011 zwei repräsentative Befragungen – unter Betrieben sowie unter Be
schäftigten – in Auftrag gegeben. Diese Befragungen sollten das Ausgangsniveau der betrieblichen Prävention im Arbeitsschutz ermitteln, um spätere Strategie-Erfolge besser abschätzen zu können. In die Abstimmung der verwendeten Fragebögen waren die Sozialpartner mit einbezogen. Im Mittelpunkt der Befragung standen die Themen:
– Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung
– Information und Unterweisung zum Arbeitsschutz
– Betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung sowie – weiteres betriebliches Engagement für Sicherheit und Gesundheit.
Diese vier Themenkomplexe waren Bestandteile sowohl der Betriebs- als auch der Beschäftigten-Interviews, so dass hier ein Vergleich der Perspektiven möglich ist. Die Betriebe wurden darüber hinaus auch nach ihrem Kenntnisstand zum Vorschriften- und Regelwerk sowie nach der Häufigkeit von anlassbezogenen Betriebsbesu
chen der Aufsichtsdienste gefragt. Die Beschäftigten wurden zusätzlich um Auskunft zu ihrer persönlichen Si
cherheitskultur sowie zu ihrem Gesundheitsverhalten gefragt. Im engeren Sinne GDA-bezogene Ergebnisse der beiden Befragungen sind bereits im „Zwischenbericht zur GDA-Dachevaluation“ online veröffentlicht3. Die folgenden Auswertungen gehen darüber hinaus. Sie präsentieren eine Auswahl an Befunden nicht nur zum be
trieblichen Umsetzungsstand, sondern auch zu Einstellungen, Meinungen und Bewertungen im Arbeitsschutz aus Sicht von Betrieben und Beschäftigten.
Zur Methodik der Befragungen
Zeitlich parallel wurden von Mitte Mai bis Ende August 2011 ca. 15-minütige telefonische Befragungen von 6.500 Betrieben und 5.512 Beschäftigten zu Fragen des Arbeitsschutzes durchgeführt.
Die Grundgesamtheit der Betriebsbefragung umfasste Betriebe mit mindestens einer bzw. einem abhängig Be
schäftigten aus nahezu allen Wirtschaftszweigen4. Insgesamt schloss die Grundgesamtheit etwas mehr als
1 www.gda-portal.de/de/VorschriftenRegeln/
2 www.deutscher-arbeitsschutzpreis.de/
3 vgl. www.gda-portal.de/de/Evaluation/Evaluation.html
4 Die NACE-Wirtschaftsklassen entsprechen der Systematik des Statistischen Bundesamtes über die Klassifizierung der Wirtschaftszweige (WZ) in der Fassung von 2008. In der Befragung nicht berücksichtigt sind lediglich die Randsektoren private Haushalte mit Hauspersonal, Warenher
A. Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie – GDA
Tab. A 4: Funktion der befragten Personen (Betriebsbefragung)
Betriebliche Funktion Anzahl (N) Anteil in %
Inhaber, Geschäftsführer, Betriebs- oder Filialleiter 3.287 50,6
Leitende Angestellte oder Beamte ohne operative Arbeitsschutzaufgaben 969 14,9 Leitende Angestellte oder Beamte mit operativen Arbeitsschutzaufgaben, d. h. Personen
mit Leitungsaufgaben, die zugleich Fachkraft für Arbeitssicherheit und/oder Arbeitneh
mervertreter für Arbeitsschutzfragen sind
945 14,5
Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder andere für den Arbeitsschutz im Gesamtbetrieb
verantwortliche Mitarbeiter ohne Leitungsaufgaben 1.299 20,0
Gesamt 6.500 100,0
2 Millionen (2,043 Mio.) Betriebseinheiten in Deutschland ein. Befragt wurden Betriebe, keine Unternehmen5. Im Telefon-Interview sollte möglichst die ranghöchste für den Arbeitsschutz verantwortliche Person, d. h. in der Regel der Inhaber, Geschäftsführer, Betriebs- oder Filialleiter angesprochen werden. Besonders in Großbetrie
ben war es jedoch vielfach nicht möglich, ein Interview mit einem Angehörigen dieser Zielgruppe zu realisie
ren, so dass auf leitende Angestellte oder Arbeitsschutz-Experten zurückgegriffen wurde. Die Verteilung der Interviews auf die verschiedenen betrieblichen Funktionen ist in Tabelle A 4 abgebildet.
Die GDA-Beschäftigtenbefragung richtete sich an deutsch sprechende Personen ab 14 Jahren, die entweder sozialversicherungspflichtig beschäftigt, geringfügig beschäftigt (sog. Minijobber) oder Beamte waren. Tabelle A 5 zeigt die Verteilung der befragten Beschäftigten in Bezug auf die Art ihres Beschäftigungsverhältnisses, unterteilt nach Öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft.
Da die Stichproben der beiden Befragungen völlig unabhängig voneinander gezogen wurden – die befragten Beschäftigten gehörten nicht den befragten Betrieben an – erfolgen Vergleiche ausschließlich auf aggregierter Ebene und nicht auf der Basis einzelner Betriebe. Um die Gegenüberstellung der unterschiedlichen Perspektiven in sinnvoller Weise zu ermöglichen, sind allerdings Gewichtungen erforderlich, die sich v. a. aus der unter
schiedlichen Verteilung der Beschäftigten auf die Betriebsgrößenklassen ergeben.
Wie Abbildung A 1 zeigt, weichen Betriebs- und Beschäftigtenstruktur in Deutschland deutlich voneinander ab:
Während Großbetriebe mit 250 und mehr Beschäftigten nur einen geringen Anteil aller Betriebe ausmachen, sind überproportional viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Großbetrieben beschäftigt. In Bezug auf die kleinsten Betriebe (1 - 9 Beschäftigte) stellt sich die Situation umgekehrt dar: Fast drei Viertel aller Betriebe in Deutschland gehören dieser Größenklasse an, beschäftigen aber nur knapp 18 Prozent der Erwerbstätigen.
Der Betriebsdatensatz muss deshalb auf zwei unterschiedliche Weisen gewichtet werden – zum einen betriebs
proportional und zum anderen beschäftigtenproportional.6 Nur die beschäftigtenproportionale Gewichtung des Tab. A 5: Befragte Beschäftigte nach Beschäftigungsverhältnis
Öffentlicher Dienst
Privat
wirtschaftliche Organisation
Gesamt
N % N % N %
voll erwerbstätig 1.218 22,1 2.813 51,0 4.067 73,8
in Teilzeit beschäftigt 397 7,2 846 15,3 1.258 22,8
als Minijobber bzw. auf 400-Euro-Basis beschäftigt 10 0,2 161 2,9 177 3,2
Gesamt 1.626 29,5 3.828 69,4 5.512 99,81
1 Die Angaben von 0,2 % der Befragten waren inhaltlich nicht verwertbar:
58 Beschäftigte konnten oder wollten keine Angabe dazu machen, ob ihr Arbeitgeber zum öffentlichen Dienst oder zur Privatwirtschaft gehört, 10 Beschäftigte konnten oder wollten keine Angabe zur Art ihres Beschäftigungsverhältnisses machen.
5 Während Unternehmen als rechtlich selbständige Einheiten definiert sind, müssen Betriebe nicht rechtlich eigenständig sein, sondern können ein rechtlich nicht selbständiger Teil eines größeren Unternehmens (Mehrbetriebsunternehmen) sein.
6 Grundlage ist die Betriebsdatei der Bundesagentur für Arbeit mit Stand vom 30.06.2010.
Tabelle Tabelle
XLS-Fassung XLS-Fassung
Tabelle Tabelle
XLS-Fassung XLS-Fassung
Anteil an den Betrieben (betriebsproportional gewichtet, N= 6.500)
Anteil an den Beschäftigten (beschäftigtenproportional gewichtet, N= 6.500)
Betriebsdatensatzes erlaubt sinnvolle Vergleiche von ähnlich oder gleich formulierten Items der Beschäftigten
befragung, da sie die betriebliche Arbeitsschutzsituation aller Beschäf
tigten beschreibt. Die betriebsgewich
tete Version des Betriebsdatensatzes hingegen liefert repräsentative Zahlen zur Situation aller Betriebe in Deutschland. In die verwendeten Ge
wichtungsfaktoren wurden neben der Betriebsgröße auch die Merkmale Branchengruppe und Bundesland ein
bezogen. Die Gewichtung ist im Fol
genden jeweils angegeben.
Abb. A 1: Verteilungen der Betriebe und Beschäftigten nach
Zu den Kategorien Betriebsgröße und Branchengruppe
Die Größenklassen der GDA-Betriebs- und Beschäftigtenbefragung sind an die Klassifikation der Be
triebsgrößen, wie sie auch in der europäischen Statistik über Arbeitsunfälle angewendet wird, angepasst. Die Größenklasse „0 Beschäftigte“ wurde nicht übernommen, da Selbständige oder Gewerbetreibende ohne Be
schäftigte nicht zur Zielgruppe der Befragung gehörten. Die Größenklassen „250 - 499 Beschäftigte“ und „500 Tab. A 6: Zusammenfassung der Branchen zu 12 Gruppen mit Angabe der Nettofallzahlen
Branchengruppen mit Kurzbeschreibung (Nettofallzahl)
Listung der in der Branchengruppe enthaltenen Branchen nach NACE- bzw. WZ2008
I: Nahrungsmittelerzeugung (N= 233) A (01 - 03): Land- und Forstwirtschaft, Fischerei C (10 - 12): Nahrungs- und Genussmittel
II: Bau, Energie und Abfall (N= 615) B (05 - 09): Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden D (35): Energieversorgung
E (36 - 39): Wasserversorgung; Abwasser- und Abfallentsorgung, Beseitigung von Umweltverschmutzungen
F (41 - 43): Baugewerbe III: Produktionsgüter (N= 294) C (19 - 22): Chemie
C (23 - 24): Metallerzeugung
IV: Investitions- und Gebrauchsgüter (N= 928) C (25 - 27, 31): Metall, Elektro- und Holzindustrie C (28 - 30): Maschinen- und Fahrzeugbau C (32): Sonstiges verarbeitendes Gewerbe C (33): Reparatur, Instandhaltung V: Verbrauchsgüterproduktion, KFZ-Reparatur
und Großhandel (N= 751)
C (13 - 18): Verbrauchsgüterherstellung
G (45): Handel, Instandhaltung und Reparatur von KFZ G (46): Großhandel
VI: Verkehr und Lagerei (N= 244) H (49 - 53): Verkehr und Lagerei VII: Einzelhandel und Gastgewerbe (N= 692) G (47): Einzelhandel
I (55 - 56): Gastgewerbe VIII: Kommunikations-, Finanz- und sonstige
Dienstleistungen (N= 720)
J (58 - 63): Information und Kommunikation
K (64 - 66): Finanz- und Versicherungsdienstleistungen R (90 - 93): Kunst, Unterhaltung und Erholung S (94 - 96): Erbringung von sonstigen Dienstleistungen IX: Dienstleistungen überwiegend für
Unternehmen (N= 860)
L (68): Grundstücks- und Wohnungswesen
M (69 - 75): Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen
N (77 - 82): Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen X: Erziehung und Unterricht (N= 266) P (85): Erziehung und Unterricht
XI: Gesundheits- und Sozialwesen (N= 529) Q (86 - 88): Gesundheits- und Sozialwesen
XII: Öffentliche Verwaltung (N= 368) O (84): Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung Tabelle
A. Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie – GDA oder mehr Beschäftigte“ wurden zu einer Kategorie „250 oder mehr Beschäftigte“ zusammengefasst, da von der Feindifferenzierung der EU-Klassifikation keine wesentlichen inhaltlichen Abweichungen erwartet und die Zahl der Kategorien nach dem Grundsatz „so gering wie möglich und dabei so aussagekräftig wie nötig“ festgelegt wurden.
Die Branchengruppen wurden in Anlehnung an die 24 Leitbranchen der Arbeitsschutzverwaltungen der Län
der gebildet. Sie stellen den Versuch dar, ganze Wirtschaftsklassen oder deren Teile so mit anderen Wirt
schaftsklassen zu gruppieren, dass pro Branchengruppe von einem ähnlichen Tätigkeitsprofil und daraus abge
leitet ungefähr einheitlichen Gefährdungsniveau auszugehen ist. Dieser Ansatz hatte dort seine Grenze, wo kei
ne amtlichen Vergleichsstatistiken verfügbar waren, die eine Gewichtung erlaubt hätten. Die Zusammenfassung zu 12 Branchengruppen orientiert sich damit an den Erfordernissen des Datensatzes, d. h. in keiner der durch Branchengruppe und Größenklasse definierten Zellen sollte die Grundgesamtheit aus weniger als 6 Betrieben bestehen, um einer De-Anonymisierung einzelner Betriebe vorzubeugen. Außerdem sollte für jede der Bran
chengruppen im Hinblick auf die geplanten Auswertungen eine ausreichende Anzahl an Datensätzen vorhanden sein. Tabelle A 6 zeigt die Zusammensetzung der einzelnen Branchengruppen und die jeweils innerhalb der Branchengruppen zur Verfügung stehende Anzahl an Datensätzen (N).
Wie sich die Betriebsgrößenstruktur in jeder einzelnen Branchengruppe darstellt, zeigt Abbildung A 2: Großbe
triebe sind am häufigsten in der Öffentlichen Verwaltung vertreten, während in Einzelhandel und Gastgewerbe eher Kleinbetriebe und Betriebe mittlerer Größe dominieren. Die unterschiedliche Größenstruktur einzelner Branchengruppen kann einen Erklärungsbeitrag für die zwischen den Branchen schwankenden Umsetzungsquo
ten beispielsweise in Bezug auf die Gefährdungsbeurteilung liefern: Da die Umsetzungsquoten von gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsschutzanforderungen in Kleinbetrieben generell niedriger ausfallen, besitzen Branchen mit überwiegend kleinbetrieblicher Struktur ebenfalls niedrige Quoten.
Abb. A 2: Betriebsgröße nach Branchengruppe
18 II Bau, Energie und Abfall I Nahrungsmittelerzeugung V Verbrauchsgüterprod., KFZ-Reparatur, Großhandel
X Erziehung und Unterricht VI Verkehr und Lagerei IX Dienstleistungen über
wiegend für Unternehmen VIII Kommunikations-, Finanz- und sonstige DL XI Gesundheits- und N= 6.500, beschäftigtenproportional gewichtet
Tabelle Tabelle
XLS-Fassung XLS-Fassung
Tab. A 7: Vergleich Betriebs- und Beschäftigtenperspektive auf die Durchführungsschritte der Gefährdungsbeurteilung (beschäftigtengewichtet)
Durchführungsschritt
Alle Betriebe (N= 6.500
besch. prop. gew.) Durchführungsschritt
Alle Beschäftigten (N= 5.512)
N % N %
Durchführung von Gefährdungsbe
urteilungen 5.126 78,9 Gefährdungsbeurteilung am eigenen
Arbeitsplatz 3.113 56,5
Notwendigkeit von Verbesserungen
festgestellt 3.567 54,9 Notwendigkeit von Verbesserungen
festgestellt 1.497 27,2
Verbesserungsmaßnahmen ergriffen 3.407 52,4 Tatsächliche Verbesserungen 1.151 20,9 Wirksamkeit überprüft 2.581 39,7 Entsprechende Fragen in der Beschäftigtenbefragung
nicht gestellt
Dokumentation 4.616 71,0
Umsetzungsstand Gefährdungsbeurteilung
Fragen zur betrieblichen Gefährdungsbeurteilung wurden in beiden Befragungen erhoben, jedoch nicht immer mit identischen Formulierungen. So wurden die Beschäftigten beispielsweise gefragt, ob speziell an ihrem Ar
beitsplatz eine Besichtigung durchgeführt wurde. Betriebe hingegen sollten die Frage beantworten, ob sie gene
rell Gefährdungsbeurteilungen durchführen. Die Gefährdungsbeurteilung, wie sie durch § 5 ArbSchG vorge
schrieben ist, stellt einen Prozess mit mehreren Schritten dar. Darüber hinaus muss die Gefährdungsbeurteilung schriftlich dokumentiert werden.
Im Vergleich der beiden Befragungen (vgl. Tabelle A 7) gaben nur 56,5 % der Beschäftigten selbst an, dass ihr Arbeitsplatz besichtigt wurde, während nach der beschäftigtenproportional gewichteten Betriebsbefragung ins
gesamt 78,9 % der Beschäftigten in Betrieben arbeiten, die Gefährdungsbeurteilungen durchführen. Diese Dis
krepanz ist insoweit nicht überraschend, als in der Befragung u. a. auch Zeitarbeitnehmerinnen und -arbeitneh
mer, im Schichtdienst Tätige sowie Teilzeitkräfte zu Wort kamen, die sich einen Arbeitsplatz mit einer oder mehreren anderen Personen teilen. Dadurch ist nicht auszuschließen, dass an den Arbeitsplätzen der Befragten Gefährdungsbeurteilungen in ihrer Abwesenheit durchgeführt wurden und sie darüber zum Zeitpunkt des Inter
views nicht informiert waren.
48,1 % der Beschäftigten, an deren Arbeitsplatz nach eigener Aussage eine Gefährdungsbeurteilung durchge
führt wurde (entspricht 27,2 % aller Beschäftigten) gaben an, dass im Zuge einer Besichtigung Notwendigkeiten für Verbesserungen festgestellt wurden. Aus der Betriebsbefragung lässt sich hingegen ableiten, dass 54,9 % der Beschäftigten in einem Betrieb arbeiten, in dem bei Gefährdungsbeurteilungen Notwendigkeiten zur Verbesse
rung festgestellt worden sind. Vermutlich ist diese Diskrepanz auch hier auf den bereits in der Fragestellung angelegten umfassenderen Blickwinkel der Betriebsbefragung auf den Gesamtbetrieb zurückzuführen, während die Beschäftigten konkret nach der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung für ihren eigenen Arbeitsplatz gefragt wurden.
Tab. A 8: Durchführungsschritte der Gefährdungsbeurteilung (betriebsgewichtet) Tabelle
A. Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie – GDA 20,9 % aller Beschäftigten gaben in der
Beschäftigtenbefragung an, dass im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung Maßnahmen vorgenommen wurden, die ihre Situation tatsächlich verbessert haben. Weitere 1,8 % berichteten, dies sei zumindest teilweise geschehen. Aus der Betriebsbefragung lässt sich hinge
gen erkennen, dass insgesamt 52,4 Pro
zent der Betriebe erkannten V erbesse
rungsbedarf im Arbeitsschutz auch um
setzen. Laut beschäftigtengewichteter Betriebsbefragung überprüfen 39,7 Pro
zent der Betriebe auch die Wirksamkeit der ergriffenen Verbesserungsmaßnah
men und 71 Prozent dokumentieren den gesamten Prozess ihrer Gefährdungsbe
urteilung.
Deutlich geringer fallen die Umset
zungsquoten aus, wenn die Daten der Betriebsbefragung betriebsproportional gewichtet werden. Hier beziehen sich die angegebenen Anteile auf die Vertei
lung d er Betriebsgrößen i n der Grundgesamtheit aller Betriebe. Da kleinere Betriebe und B etriebe mittlerer Größe den größten Anteil in dieser Grundgesamtheit ausmachen, sinken bei betriebsgewichteter Betrachtung die Durchschnittswerte für alle Betriebe. Gleichzeitig werden erhebliche Schwankungen nach Betriebsgrößenklasse sichtbar: Während Großbetriebe beispielsweise zu f ast 98 Prozent Gefährdungsbeurteilungen durchführen, stel
len sich dieser Aufgabe nur 41,4 Prozent der kleinsten Betriebe. Die Umsetzung der gesetzlichen Anforderun
gen zur Gefährdungsbeurteilung ist somit stark von der Betriebsgröße abhängig (vgl. Tabelle A 8).
Abb. A 3: Umsetzungsquoten zu allen Schritten der Gefährdungsbeurteilung
Die prozentualen Umsetzungsquoten der Schritte der Gefährdungsbeurteilung wurden in ihrer betriebsgewichte
ten Fassung auch graphisch dargestellt (s. Abbildung A 3).
Abb. A 4: Einbeziehung von Gefährdungsfaktoren
Betriebsproportional gewichtet, Anzahl der Antworten: 15.192
Neben den Prozessschritten, die das Gesetz für die Durchfüh
rung von Gefährdungsbeurtei
lungen vorsieht, sind auch be
triebliche Einflussfaktoren ge nannt, die eine umfassende und angemessene Gefährdungsbeur
teilung einbeziehen muss. In der Betriebsbefragung wurde deshalb nach einer Auswahl dieser Einflussfaktoren gefragt.
Dabei zeigte sich, dass die Be
triebe in ihrer Gefährdungsbe
urteilung am häufigsten die Einflussfaktoren Arbeitsmittel, Arbeitsumgebung und Arbeits
platzgestaltung berücksichtigen, während d ie Arbeitszeitgestal
tung, die Arbeitsorganisation sowie soziale Beziehungen oder mögliche Belastungen durch den Umgang z. B. mit unzu
friedenen Kunden oder Patien-Tabelle
Tabelle
XLS-Fassung XLS-Fassung
ten deutlich seltener ins Kalkül gezogen werden. (vgl. Abbildung A 4). Vernachlässigt werden also häufig die
jenigen Gefährdungs- und Belastungsfaktoren, die zu einer Gefährdung der Psyche beitragen können.
Bezüglich des Umsetzungsstands der Gefährdungsbeurteilung ist auch die erkennbare Differenzierung nach Branchengruppen von Interesse (vgl. Tabelle A 9). In Tabelle A 9 wurden die Branchengruppen nach dem An
teil der Betriebe, die eine vollständige Gefährdungsbeurteilung durchführen, sortiert. Zusätzlich wurde auch der Anteil an Betrieben angegeben, die die Gefährdungsbeurteilung dokumentieren.
Die Übersicht in Tabelle A 9 zeigt, dass die gesetzlichen Vorgaben nach eigener Auskunft der Betriebe am bes
ten in den Branchengruppen III Produktionsgüter, XII Öffentliche Verwaltung und IV Investitions- und Ge
brauchsgüter umgesetzt werden. Ungefähr 8 % der Betriebe in Deutschland gehören diesen Branchen an. Dage
gen finden sich auf den letzten drei Plätzen Branchengruppen, zu denen fast 50% aller Betriebe gehören. Dabei handelt es sich um die Branchengruppen IX Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen, VIII Kommunika
tions-, Finanz- und sonstige Dienstleistungen sowie VII Einzelhandel und Gastgewerbe. Diese Branchengrup
pen haben nicht nur den geringsten Anteil an vollständigen Gefährdungsbeurteilungen bis hin zur Wirksam
keitskontrolle. Sie führen Gefährdungsbeurteilungen im Vergleich auch am seltensten überhaupt durch und dokumentieren die Gefährdungsbeurteilung, wenn sie sie durchführen, weniger häufig als in anderen Branchen (vgl. Tabelle A 9).
Tab. A 9: Umsetzung Gefährdungsbeurteilung nach Branchengruppe (Umsetzung aller Prozessschritte der Gefährdungsbeurteilung)
Alle Betriebe, die angaben, keine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, wurden nach ihren Gründen dafür gefragt (vgl. Abbildung A 5). Mehrfachnennungen waren möglich. Deutlich über achtzig Prozent erklärten ihren Verzicht damit, dass es im Betrieb keine nennenswerten Gefährdungen gebe (85,1 %) oder die Mitarbeiter Si-Tabelle
Tabelle
XLS-Fassung XLS-Fassung
A. Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie – GDA
cherheitsdefizite ohnehin selbstständig erkennen, melden oder beseitigen würden (83,3 %). Knapp die Hälfte der Betriebe (47,2 %) machte ein aus ihrer Sicht ungünstiges Verhältnis von Aufwand und Nutzen einer Ge
fährdungsbeurteilung verantwortlich, während gut ein Viertel der Betriebe (26,7 %) darauf verwies, die Vor
schriften zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung seien nicht bekannt. In deutlich geringerem Maße erklärten die Betriebe das Fehlen einer Gefährdungsbeurteilung damit, dass die gesetzlichen Anforderungen hierzu unklar seien (15,3 %) oder ihnen Hilfestellungen dazu fehlten (14,7 %).
Abb. A 5: Gründe für die Nicht-Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen
Abb. A 6: Anlässe für Information und Unterweisung in Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes Information und Unterweisung
Wie die Ergebnisse beider Befragungen weiter zeigen, werden die Pflichten zur Unterweisung der Beschäf
tigten in Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von den meisten Betrieben erfüllt. Laut betriebs
proportional gewichteter Betriebsbefragung geben nur 14 % der Betriebe an, überhaupt keine Arbeitsschutz 85,1
83,3 47,2
26,7 15,3 14,7
0,3
0 20 40 60 80 100
Weil es in unserem Betrieb keine nennenswerten Gefährdungen gibt Weil die Mitarbeiter Sicherheitsdefizite ohnehin
selbst erkennen und melden oder beseitigen Weil der Nutzen verglichen mit dem
Aufwand zu gering ist Weil die Vorschriften zur Durchführung von
Gefährdungsbeurteilungen in unserem Betrieb nicht bekannt sind Weil die gesetzlichen Anforderungen
hierzu unklar sind
Weil uns Hilfestellungen dazu fehlen
Andere Gründe
Betriebsproportional gewichtet, N= 2.968, Anzahl der Antworten: 8.090 %
54,8
83,1 86,1
87,2 88,8
38,7
73,2 70,8
75,7 67,9
0 20 40 60 80 100
Bei Wechsel des Arbeitsplatzes oder der Arbeitsaufgabe
innerhalb des Betriebs In gewissen Abständen ohne besonderen Anlass
Nach Unfällen und bei festgestellten Mängeln Bei der Einführung neuer Arbeitsmittel oder Technologien
Bei Neueinstellung
Anlässe für Unterweisungen (Beschäftigte, gewichtet, N= 4.837) %
Anlässe für Unterweisungen (Betriebe, beschäftigtenproportional gewichtet, N= 6.055) Mehrfachnennungen möglich, Anzahl der Antworten: 24.272 (Betriebe), 16.220 (Beschäftigte)
Tabelle Tabelle
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Tabelle Tabelle
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Auf die Frage, zu welchen Anlässen im Betrieb unterwiesen wird, antworteten sowohl Betriebe, als auch Be
schäftigte am häufigsten: „bei Neueinstellung“, gefolgt von den Anlässen „Einführung neuer Arbeitsmittel“,
„nach Unfällen oder festgestellten Mängeln“ sowie „routinemäßige Auffrischungen“ (vgl. Abbildung A 6). Die Diskrepanzen zwischen den Angaben der Beschäftigten und der Betriebe sind vermutlich zum größten Teil auf Gewichtungseffekte zurückzuführen. Neben den Anlässen für Information und Unterweisung wurden die Be
schäftigten auch nach deren Inhalten befragt. Mehrfachnennungen waren auch hier möglich (vgl. Abbildung A 7). Fast 90 % der Befragten gaben an, zum Thema „Verhalten bei Unfällen und Notfällen“, knapp 70 % zu
„Kennzeichnung und Beseitigung von Gefahrenstellen“ unterwiesen worden zu sein, gefolgt von „gesundheits
zuträgliche Körperhaltungen bei der Arbeit“ (ca. 60 %), „sonstige Arbeitsschutzthemen“ (57,2 %) und „Metho
den der Arbeitsorganisation, die Stress und Belastungen vermeiden helfen“ (46 %). Insgesamt 91,8 % der Be
schäftigten wurden zu mindestens einem der abgefragten Themen informiert.
Unterweisungen vorzunehmen. Die Beschäftigtenbefragung hat außerdem gezeigt, dass sich über drei Viertel der Erwerbstätigen gut bis sehr gut über Gefährdungen und Gesundheitsrisiken informiert fühlen. Nur knapp 5 % bewerten ihren Informationsstand mit mangelhaft.
7
Abb. A 7: Inhalte von Information und Unterweisung zum Arbeitsschutz
Abb. A 8: Sicherheitstechnische Betreuung nach Betriebsgröße Gefahr- und Biostoffen
Abb. A 8: Sicherheitstechnische Betreuung nach Betriebsgröße Gefahr- und Biostoffen