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4 Lernen im Sport 4.1 Definition

4.5 Sport in der Beruflichen Weiterbildung

Betrachtet man die Berührungspunkte des Sports mit der Beruflichen Weiterbildung, wie sie außerhalb der beruflichen Schulen und staatlichen Organisationen stattfinden, lassen sich zwei Richtungen unterscheiden. Sport in der beruflichen Weiterbildung kann Bildung im bzw. für den Sport bedeuten und damit explizite Bildungschancen eröffnen. Diese können sich in Lehrgängen, Seminaren, Aus- und Weiterbildung für die Sportpraxis und das Vereinsmanagement darbieten. Wenn an dieser Stelle von Sport in der beruflichen Bildung gesprochen werden soll, dann mit dem Fokus auf die Bildung durch Sport, also auf die impliziten Bildungs- und Aufstiegschancen.

So werden dem Sport im Allgemeinen Lernfelder zugeschrieben, die der beruflichen Entwicklung dienen können, etwa die Teamfähigkeit und die Teamführung. Dies kann im Betriebssport, als Lernort für Wertvorstellungen wie Regeln des Zusammenspiels, Leistungsorientierung und Fairness geschehen. Oder in beruflichen Fortbildungen, in denen sportliche Elemente eingewoben werden, damit Mitarbeiter z.B. lernen, in ihrem alltäglichen Handeln ungewohnte Problemsituationen zu meistern, da sie diese Fähigkeiten auch in sportlichen Bezügen (z.B. outdoor action learning) erproben konnten.

Zimmermann hebt die Signalwirkung hervor, die eine engagierte Mitwirkung von Mitarbeitern bei sportlichen Elementen in der beruflichen Weiterbildung erzeugen kann. Sporttreiben fungiert als gesundheitsbezogene Leistungsprüfung, als ein praktischer Gesundheitsindikator (vgl. Zimmermann, 1995). Sport kann körperliche Stärken, Schwächen und Grenzen offenbaren

und damit zum Wegbereiter oder Bremser auf der beruflichen Karriereleiter werden.

Wie bereits an anderer Stelle hinsichtlich der Entwicklung von Metakompetenzen durch den Sport in Frage gestellt, so gilt auch hier, dass keine direkte Korrelation zwischen sportlichem Engagement und gesundheitlicher Verfassung nachweisbar ist. Es konnten in einer Meta-Analyse von Schlicht keine generellen Effekte sportlicher Betätigung auf Variablen der psychischen Gesundheit belegt werden (vgl. Schlicht, 1995).

Gleiches gilt für den Einfluss von Sport auf die Leistungsmotivation. Zwar erwartet Lenk bei Erwachsenen mit großer Sicherheit eine Übertragung leistungsmotivierten Verhaltens im Leistungssport auch auf außersportliche Bereiche (vgl. Scherer, 2007). Der Annahme, dass bestimmte Motivationen innerhalb unterscheidbarer Bereiche des Sporttreibens zu einem generalisierten Grundmuster würden, tritt Erdmann (2005) entgegen.

Auch die Transferwirkung zwischen dem Sport und anderen Bereichen des menschlichen Lebens scheint nicht eindeutig zu sein. „Beispiele haben gezeigt, dass die Transferbedingungen in den Bereichen Motivation und Einstellung häufig ungünstig sind“ (Kessel, 1992, S. 77).

Kleine und Hautzinger stellen einen Bezug zwischen psychischem Wohlbefinden und Sport her. Ihnen folgend hat psychisches Wohlbefinden generell einen Einfluss auf die Motivationslage, die Lernbereitschaft, die Lernleistung, die Lerngeschwindigkeit, die kognitive Strukturiertheit, das Durchhaltevermögen, die Frustrationstoleranz, die Abhängigkeit von unmittelbaren Konsequenzen, die Generalisierungsfähigkeit und das Lernen aus Erfahrungen.

„Sport könne auf das Lernen bei negativem Befinden der Lerner einwirken, indem die sportliche Aktivität

ƒ ablenkt von negativen, festgefahrenen Gedanken und ungünstigen Gedächtnisinhalten;

ƒ aktiviert und positive, alternative Erfahrungen ermöglicht;

ƒ verstärkt, durch den sozialen Rahmen, in dem Sport meistens stattfindet;

ƒ Physiologisch-vegetative Veränderungen bewirkt, wodurch Appetit, Schlaf, Verdauung, Körperdrüsenfunktionen und neuronale Transmitter angeregt und reguliert werden“ (Kleine und Hautzinger, 1996, S. 28).

Um die positiven Wirkungen von Sport bei negativem Befinden, Vorbehalten oder Erwartungen nutzen zu können, werden besondere Ansprüche an den Trainer formuliert. Er soll durch die Gestaltung der Atmosphäre innerhalb der Sportgruppe, den Aufbau des Programms, das Verschaffen von Erfolgserlebnissen und positiver Rückmeldung den Gruppenmitgliedern eine Teilnahme an Sportprogrammen attraktiv machen. Er muss Misserfolge, Überforderung und Schmerzen vermeiden. In den Rückmelderunden sollte der Schwerpunkt auf die erreichten Veränderungen und Erfolge bezogen sein (vgl.

Kleine und Hautzinger, 1996). Diese Komponenten, auf Prädispositionen von Teilnehmern einzugehen und einzuwirken, starke Reflexion und motivatorische Unterstützung bei Erfolgserlebnissen zu vermitteln und eine Überforderung zu vermeiden, sind in den konzeptionellen Rahmen dieser Untersuchung eingeflossen. Dies geschieht jedoch nicht aus psychologisch-therapeutischer Sicht, wie sie etwa von Schlicht recht unspezifisch dargelegt wird, der Sport für ein Mittel zur Kompensation einer mangelhaften Selbstdefinition hält (vgl. Schlicht, 1995).

4.5.1 Probleme bei der Weiterbildung durch Sport

Wie bereits angedeutet, können negative Erfahrungen aus dem Umgang mit Sport aus dem Kindes- und Jugendalter Auswirkungen auf Einstellungen und Haltungen zum Sport in der beruflichen Weiterbildung haben. Empirische Studien zeigen, dass sich negative Zusammenhänge zwischen der Angst, die Kinder und Jugendliche beim Schulsport erleben, und dem Grad ihrer Zuwendung zum Sport im späteren Leben nachweisen lassen (vgl. Senff, 2005).

Nach Fuchs besteht eine signifikante Beziehung zwischen dem Umstand, dass ängstliche Kinder weniger häufig Mitglied eines Sportvereins sind und keine Bewegungs- und Sportaktivitäten präferieren. Ferner hat Fuchs

nachgewiesen, dass sich das Ängstlichkeitsphänomen als aussagekräftiger Prädikator für abnehmende sportliche Aktivität (die Entwicklung eines dauerhaften Sportinteresses) im weiteren Entwicklungsverlauf von Jugendlichen erweist (vgl. Fuchs, 1990).

„Angst wird zu den Faktoren gezählt, die die Handlungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen im Sport herabsetzten und Abwehrhaltungen gegenüber sportlicher Aktivität in der Freizeit und im späteren Leben erzeugen und aufrechterhalten“ (Schack, 1997, S. 197).

Nach Baeyer ist Angst „die Gesamtheit der menschlichen Bedrohtheitserlebnisse, soweit sie mit emotionaler und leiblicher Verstimmung verbunden sind“ (vgl. Piringer, 2007, S. 75). Beim Sporttreibenden wird durch die Erwartung eines drohenden Übels ein Unlustgefühl erzeugt und es entsteht eine emotionale Reaktion oder Antizipation auf eine Gefahrensituation (vgl. Baumann, 2009).

Die Ursachen von Angst im Sportunterricht können vielfältig sein. So kann es die Angst vor Misserfolg sein (einer Diskrepanz zwischen subjektiver Leistungserwartung und objektiver Leistung), die aus dem Konkurrenz- und Leistungsdruck resultiert, welcher im Sportunterricht besonders stark ist. Denn in der Schule orientiert sich das Anspruchsniveau nicht nur am eigenen Leistungsvermögen, sondern auch an dem der Gruppe, was vor allem bei konstitutionsmäßig gehemmten Kindern zu Misserfolgserlebnissen führt. Diese münden in einen Teufelskreis aus Misserfolg und Vermeidungsstrategien, welcher wieder zukünftige Leistungen beeinträchtigt.

Andere psychische Auswirkungen aus der eigenen sportlichen Vita von Erwachsenen können die Angst vor Blamage sein, also die Angst, sich vor anderen lächerlich zu machen, wozu besonders im Sportunterricht Anlass gegeben ist (ständiges Exponieren). Diese Angst kann auch mit einer abwertenden Vorstellung vom eigenen Körper einhergehen (vgl. Baumann, 2009).

Aber auch physische Ängste können entstehen, etwa die Angst vor Verletzung oder Schmerz und wiederum dazu führen, sportliche Aktivitäten zu vermeiden,

die potenziell auf den Körper einwirken könnten. Da Psyche und Motorik eine funktionelle Einheit bilden, liegen die Auswirkungen der Angst auf das Bewegungsverhalten auf der Hand.

„Ein weiteres wichtiges Kennzeichen der Angst ist ihre hemmende Wirkung auf die Tätigkeit des höheren Nervensystems, wodurch sie sich auf die sportliche Leistung ungünstig auswirkt, weil durch sie die Bewegung verwirrt oder verhindert werden“

(Berger, 2004, S. 649).

4.5.2 Lösungsansätze

Für die Weiterbildung mit Sport hat das verschiedene Implikationen. So sollte eine konzeptionelle Planung die möglichen Ängste der Erwachsenen kennen und berücksichtigen. Eine Evaluation, die auch Daten im Vorfeld erhebt, ist dafür ein geeignetes Mittel. Im Anwendungsbeispiel (Kap. 7) wird darauf eingegangen.

Im Zuge der Umsetzung von sportlichen Maßnahmen in der beruflichen Weiterbildung sind dann spezifische, Angst reduzierende, Eingriffe anzuwenden. Im Zuge der hier vorliegenden Untersuchung sind sowohl im Vorfeld über die Teilnehmer Daten abgefragt worden, die die möglichen negativen Vorerfahrungen mit outdoor action learning und sportlichen Erfahrungen generell, als auch die eigene sportliche Konstitution betreffen.

Situativ wurde dann darauf zu Beginn der eigentlichen Veranstaltung eingegangen (Charakter der Freiwilligkeit der Übungen, die generelle Leistbarkeit aller Übungen für jeden Teilnehmer, die angebotene Hilfestellung an den Stationen etc.), um den Teilnehmern ein Gefühl von Sicherheit und Selbstbestimmung zu geben. Allerdings gilt auch im Zusammenhang solcher Interventionstechniken, dass deren Erfolg im tatsächlichen Einsatz empirisch kaum direkt nachgewiesen ist.

4.6 Fazit

Sportliche Aktivitäten bieten vielfältige und günstige Voraussetzungen für individuelle und soziale Erfahrungen. Und immer wird dabei auch etwas gelernt, was wiederum Einfluss auf spätere Lernmöglichkeiten nimmt. Durch

den Handlungsrahmen, den der Sport bietet, scheint ein universelles Instrument geschaffen, in einer realen Situation gleichsam simuliert für andere Lebenszusammenhänge sich zu erproben. Insofern wird ein Transfer immer stattfinden, nur vielleicht anders als zuvor intendiert. Die Pädagogik wird stets bemüht sein, Intention und Ergebnis des Lernens in eine nahe Übereinstimmung zu bringen und so dürfte es von Interesse sein, ob sich die Hoffnungen erfüllen können, die das Handlungsfeld des Sports zu versprechen scheint. Die Nutzung von sportlichen Elementen in der beruflichen Bildung muss jedoch jeweils auch vor dem Hintergrund der persönlichen Erfahrungen der Teilnehmer betrachtet werden, und ganz besonders deren sportlicher Erlebnisse, seien sie positiv oder negativ empfunden und in Erinnerung. Der Sport als Medium in der Erwachsenenbildung bietet vielfältige Chancen hinsichtlich individueller, methodischer und sozialer Entwicklung. Letztlich bleibt verborgen, welche Lernangebote wie genau und warum verarbeitet und gelernt werden. Dennoch soll geprüft werden, welche Zuordnungen und Zuschreibungen die betroffenen Lerner selbst vornehmen, wenn es um den Zusammenhang von wirkungsvollem Lernen und dem Einsatz von handlungsorientiertem, sportlichen Lernarrangement geht.

5 Erwachsenenbildung