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6 Didaktische Ansätze von Outdoormaßnahmen

6.2 Entwicklung der Outdoormaßnahmen

Die erste Welle von Outdooraktivitäten in der Erwachsenenbildung, als gezielter, pädagogischer Ansatz im Rahmen der Weiterbildung, entstand in Deutschland erstmals Anfang der 70er Jahre (vgl. Kern und Schmidt, 2001).

Großunternehmen wie Daimler Benz und Bosch schickten ihre Führungskräfte zu einem Training in freier Natur (vgl. Heckmair und Wagner, 1997). Der Automobilbauer Ford startete Ende der 70er Jahre ein erlebnisorientiertes Jugendförderungsprogramm, um den Erwerb von Schlüsselqualifikationen, damals noch als Tugenden bezeichnet, zu fördern (vgl. Bauer et al., 1984).

Die weitere Entwicklung in Deutschland erfolgte jedoch, im Gegensatz zu den USA, sehr zögerlich. Erst Ende der 80er Jahre begannen die Outdoormaßnahmen nachhaltiger an Bedeutung zu gewinnen (vgl. Kern und Schmidt, 2001).

Aus der dunklen Ecke der Militaristen oder der reinen Vergnügungsveranstaltung (Event) kamen die „Draußen-Übungen“

möglicherweise nur deshalb, weil das Etikett nunmehr einen pädagogischen Anspruch versprach und die Wurzeln humanistischen Gedankenguts mittransportiert werden sollten. Vor dem Hintergrund der überwiegend sozial-pädagogischen Ausbildung gerade der Personalentwickler könnten solche Überlegungen der plötzlichen Akzeptanz eine Rolle spielen. Zu einer weiteren Dynamisierung könnte ebenso beigetragen haben, dass in den 80er Jahren ganze Heerscharen von ausgebildeten Lehrern (auch Sportlehrern) wegen staatlicher Einstellungsstopps auf den freien Arbeitsmarkt drängten und neue Tätigkeitsnischen auszubauen oder zu kreieren begannen. Inwieweit diese Hypothesen haltbar sind, wäre an anderer Stelle noch zu untersuchen.

Schulze favorisiert einen anderen Begründungsansatz. Er identifiziert eine gesellschaftliche Entwicklung, die von der Überlebens- zu einer Erlebnisorientierung führe, da es zunehmend an Sinnstiftung und

Werteorientierung mangele. Die Leerstellen im Wertesystem entstünden durch eine Konsummaschinerie, die die Unterschiede zwischen den Menschen abbaue, um Produkte einheitlicher vermarkten zu können (vgl. Schulze, 2005).

Dieser marktwirtschaftlich-kritischen Betrachtungsweise haftet eine eindeutige Zuordnung an, in der Menschen die Opfer der Systeme sind.

Phänomenologisch bleibt aber von Interesse, ob die Deskriptionen von Schulze nicht Parallelitäten zu den Begründungsansätzen bieten, die das Entstehen der Erlebnispädagogik der Wahrung humanistischer Werte zuschreiben.

Auch wäre zu fragen, welche historischen Bedingtheiten dazu führten, dass noch bis Ende der 90er Jahre eine humanistische Werteorientierung das Wirken von Personalentwicklern bestimmte, während sonst in den Unternehmen bereits die Gesetze des shareholder value massiv Raum ergriffen.

6.2.1 Einordnung und Abgrenzung

Buchner (1996, S. 13), der Outdoortrainings definiert, in dem er von ihnen als

„[...] eine Option, Veränderungsprozesse auszulösen, zu beschleunigen oder zu bewirken“ spricht, trifft nur bedingt den Kern. Welche Formen von Pädagogik oder Erwachsenenbildung sollten diesem Anspruch nicht genügen?

Im Übrigen sind diese unspezifischen Aussagen nicht geeignet, Kriterien für eine Evaluation zu liefern. Welche Schwierigkeit bei der Formulierung einer genauen Definition besteht, erfasst Bunting (2006, S. 3), indem er sagt:

„Outdoor Education is multifaced and cannot be easily defined in one concise sentence“, um dann spezifischer zu erläutern: „Outdoor education is education in, for, about and through the outdoors“ (Bunting, 2006, S. 4). Bunting legt dabei seinen Schwerpunkt auf das Erleben im Freien und argumentiert dabei über Rousseau, der die unmittelbare naturgegebene Erfahrung, den Instinkt, der sich erst in der natürlichen Umgebung und durch körperliche Ertüchtigung richtig entfalten kann, betont. Weiter geht er über Pestalozzi, der Rousseaus Gedanken fortführt und dabei die praktische Umsetzung des Überlebens (in

Form von Ackerbau, Haushaltstätigkeiten, Weben etc.) noch stärker gewichtet.

Des Weiteren beruft sich Bunting auf William James, der das Problemlösungsdenken durch die direkte Erfahrung als weiteren Aspekt berücksichtigt. Aufbauend auf dieser Herleitung schlussfolgert Bunting, dass die genannten Basisfähigkeiten die Grundbausteine für die heutigen Outdoor Programme bilden.

Ähnlich wie Bunting beschreibt Rehm Outdoortrainings als Wechselwirkung von Natur und dem Handeln und spricht dabei die generelle Zielstellung von Outdooraktivitäten an.

„Gemeinsamer Nenner ist das Benutzen der Natur und/oder von Abenteuer, Spielen, Initiativaufgaben als Medium, um Ziele im Bereich der Erziehung, der Weiterbildung und in der Therapie zu erreichen“ (Rehm, 1996, S. 62).

Die Kritik an Buchner, brauchbare Kriterien für eine Überprüfung von Zielsetzung und tatsächlich Erreichtem zu schaffen, gilt auch für Rehm. Und Harder, der spezifischer die Erwachsenenbildung im Blick hat, verweigert sich ebenso der inhaltlichen Auseinandersetzung wie auch Bunting, der nur eine Herleitung seiner Gedanken bietet. Für Harder sind Outdoortrainings

„[...] von ihrer Bestimmung und Funktion her Instrumente der Personalentwicklung, die dazu dienen können, berufsrelevante Fähigkeiten und Fertigkeiten der Mitarbeiter zu fördern“ (Harder, 1994, S. 39ff.).

Somit bleiben die Definitionen unscharf und fast beliebig. Einzig der Aspekt, sich in der Natur Ziel orientiert zu bewegen, scheint als Unterscheidungskriterium für Outdoormaßnahmen gegenüber herkömmlichen Weiterbildungsseminaren zu gelten. Im Verständnis dieser Arbeit ist dies nicht weitreichend genug. Outdoormaßnahmen zeichnen sich dadurch aus, dass, neben dem Lernfeld in der Natur (denn die Natur selbst ist nicht das Lernfeld) als dem Rahmen, inhaltlich präzise Aufgaben seitens der Lehrenden gestellt werden. Viele dieser Aufgaben bedingen das Lernfeld, einige sind jedoch durchaus in einer Halle zu absolvieren (wobei es bisher keine Untersuchungen gibt, welchen Einfluss dies auf die Teilnehmer oder das Ergebnis ihrer Anstrengungen hat). Es ist der besondere Charakter der Aufgaben, der den Unterschied macht. Die Aufgabenstellungen sind für die Teilnehmer

überwiegend oder gänzlich neu und entziehen sich damit bekannten Handlungs- und Lösungsmustern.

6.2.2 Beschreibung

Kölbinger unterscheidet „out of doors“-Programme, die mehrere Tage dauern können und deren Naturerleben mit der Unmittelbarkeit und Unbequemlichkeit natürlichen Lebensraums gekoppelt ist. Der Erlebnis- und Erinnerungswert dieser Programme ist hoch und die Intensität, was die Beanspruchung der Teilnehmer angeht, kann je nach Ausrichtung physisch und mental sehr beanspruchend sein. Diese Programme können der individuellen Persönlichkeitsentwicklung und der Führungskompetenz dienen oder die Zusammenarbeit soll speziell gefördert werden. Outdoor-orientierte-Programme hingegen haben ihren Platz eher zivilisationsnah (z.B. auf besonderen Outdoor-Parcours, Hochseilgärten etc.). Sie leben von einem schnellen Wechsel der Übungen. Die Reflexionsphasen, die einen beruflichen Transfer herleiten sollen, sind in der zeitlichen Ausprägung eher kurz gehalten (vgl. Renner und Strasmann, 2000).

Diese Unterscheidung zeugt mehr von einer breiten Palette der verschiedenen Spielarten von Outdoortraining, denen gemein ist, dass sie einen „Ernst- und Herausforderungscharakter der Aktivitäten“ (Heineking, 1995, S. 26) in sich bergen. Dies kann physisch und/oder psychisch der Fall sein.

Die Motivationen, die einen Einsatz von Outdoor Trainings in der beruflichen Weiterbildung begründen können, fasst Schödlbauer zusammen:

ƒ Eigenes Erleben führt nachhaltiger zu (emotionalen) Einsichten und regt so besser Verhaltensänderungen an.

ƒ Die Teilnehmer können sich von den beruflichen Verhaltenszwängen befreien und es kommt zu Begegnungen unabhängig der gewohnten Hierarchie.

ƒ In der Natur werden Fehler unmittelbar erfahren, weil sie reale Konsequenzen nach sich ziehen.

ƒ Schwierige Situationen können nicht ausgesessen werden, sondern müssen aktiv bewältigt werden. Dabei werden Kommunikations- und Entscheidungsprobleme, sowie unklare Verantwortlichkeiten und diffuse Vorgaben für jeden Beteiligten offenkundig.

ƒ In ungewohnter Umgebung wachsen die Teilnehmer stark zusammen (Schödlbauer, 1997, S. 23).

Mit diesen Kriterien wird eine Beschreibung geliefert, wie sie zwar ebenso für das outdoor action learning gelten könnte; es wird aber deutlich, dass es dem Outdoor Training an projektierter Einbindung von Fragestellungen zum direkten beruflichen Bezug fehlt. Die Transferbrücke ist beim Outdoor Training, je nach Spielart, nur schwer glaubwürdig herzustellen.

6.3 Das sportlich-handlungsorientierte Lernen (outdoor action