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4 Lernen im Sport 4.1 Definition

4.3 Lernen im Schulsport .1 Allgemein

4.3.3 Kompetenzlernen im Schulsport .1 Sozialkompetenz

Die Erwartungshaltung an das, was Sport neben der Erziehung des Leibes leisten könne, ist hoch. So schreibt Pühse dem Sport in der Schule einen sozialerzieherischen Auftrag zu und unterstellt, dass Spiel und Sportspiel besonders gut als Mittel für alle Aspekte sozialer Erfahrungen und sozialen Lernens genutzt werden können (vgl. Pühse, 2004). Soziale Interaktionen im Sport unter pädagogischer Anleitung sind auch für Kolb geeignet, Sozialkompetenz zu erwerben. Der Rolle der Lehrkraft kommt dabei ein besonderes Augenmerk zu. Sie soll es als ihre wichtige Aufgabe verstehen, Regeln vorzugeben, einhalten zu lassen, aber auch spontan zu ändern (vgl.

Kolb, 2005).

Weiter postuliert Kolb, dass Schüler lernen müssen, sich selbst zu regeln, und verschiedene Rollen und Verantwortung übernehmen sollen. Dazu sollen Lehrende Situationen inszenieren, in denen Konflikte auftreten können, damit die Schüler lernen, diese selbst zu lösen. Toleranz, Hilfsbereitschaft und gegenseitige Akzeptanz seien dazu die unabdingbaren Voraussetzungen für alle Beteiligten an Sport und Spiel (vgl. Kolb, 2005).

Es bleibt allerdings zu bezweifeln, ob diese vage Palette der Interventionen, Voraussetzungen und Rahmenbedingungen jeweils genau die gewünschte Wirkung bei jedem Schüler zeigt. Hinweise auf belegbare Wechselwirkungen eines bestimmten Modells von Sportunterricht in Relation zu verändertem

sozialem Umgang finden sich bei Ungerer und Röhrich. Sie folgten der Fragestellung, ob sich sozialerzieherisch ausgerichteter Sportunterricht positiv auf das Sozialverhalten von Schülern auswirke. Ihre Ergebnisse zeigen, dass Schüler ihre Einstellungen und Verhaltensweisen im Sinn des Unterrichts verändert haben. So wurde beobachtet, dass Schüler mit Extrempositionen im Soziogramm besser in die Gruppe integriert wurden und sich dadurch besser untereinander kennen gelernt haben. Sie erlebten, dass Zufriedenheit im Sportspiel von den vereinbarten Spielregeln abhängt (vgl. Ungerer und Röhrich, 1993). Noch konkreter, da mit einer Kontrollgruppe kontrastiert, sind die Ergebnisse von Prohl und Scherrer. In Schulklassen der Stufen fünf bis zehn eines Gymnasiums wurden zusätzlich zum Pflichtsport Arbeitsgemeinschaften (traditionelle Sportarten) mit freiwilliger Teilnahme angeboten. Die Kontrollgruppe hatte kein vergleichbares Angebot. Auch hier gab es eine größere Zufriedenheit der Schüler am Ende der Untersuchung zu beobachten. Die Schüler kannten einander besser, unterstützten sich gegenseitigen mehr und es herrschte eine geringere Reizbarkeit untereinander im Vergleich zur anderen Gruppe. Trotz dieser insgesamt ermutigenden Beobachtungen stellen Prohl und Scherrer selbstkritisch fest, dass auch der Umstand, dass die Schüler mehr Zeit und Freiraum hatten als die Kontrollgruppe, um Konflikte auszutragen oder um Freude und Enttäuschung auszuleben vielleicht schon ohne ein spezifisches Angebot ausgereicht hätte, um einen vergleichbaren Effekt zu erzielen (vgl. Prohl und Scherrer, 1995). Damit wäre es nicht der Sport mit seinen unterstellten Implikationen gewesen, der gewirkt hätte, sondern bereits der Umstand, mehr Zeit miteinander zu verbringen. Inwieweit der Sport als Wirkungsverstärker noch eine zusätzliche Rolle gespielt hat, konnte letztlich nicht belegt werden.

Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass neben dem intendierten Lernen parallel im Sportunterricht immer auch ungeplante soziale und motorische Lernprozesse ablaufen. Um Kenntnis darüber zu erlangen, sind Instrumente der Beobachtung, der Reflexion und des Feedbacks notwendig.

Solche Überlegungen werden später auch in das Anwendungsbeispiel des outdoor action learnings einfließen. Dabei werden Rahmenbedingungen gesetzt, die Vorgehensweisen aber den Akteuren überlassen.

Feedbackschleifen unterstützen hinsichtlich Orientierung, Ziel und Ergebnis.

Ob aus den einzelnen Übungen während des outdoor action learnings allerdings Lernfortschritte aus Überzeugungen geschehen oder nur aus einem Reflex der Teilnehmer Richtung unterstellter sozialer Erwünschtheit, wird sich erst im Transferverhalten spiegeln. Dies würde bedeuten, dass sich aus dem Lernen eine Handlungskompetenz entwickelt, eine Übertragung in andere Bezugsfelder. Grundsätzlich hieße das auch, dass das outdoor action learning aus seinem Rahmen heraus lösbar sein müsste und anknüpfungsfähig für die Alltagssituationen in den beruflichen Zusammenhängen. Auch darauf müsste diese Arbeit eine Antwort liefern können.

4.3.3.2 Handlungskompetenz

Kurz (1990) spricht von den unterschiedlichen Elementen und Sinngebungen des Schulsport. Dabei nimmt im Zuge der Entwicklung sportlichen Lernens die Handlungskompetenz den Rang eines erhöhten Reifegrads ein. Über Beobachtung, Reflexion und Feedback entsteht die Möglichkeit, aus einem assoziierten Erleben ein dissoziiertes Beobachten zu machen und damit Übertragungen des Erlebten und Erlernten in andere Sinnzusammenhänge zu ermöglichen. Diesen Anspruch verfolgt auch der Schulsport, wenn es heißt:

„In Verbindung damit zielt der Sportunterricht auf eine Differenzierung der Einsichten in die Bedingungen und Wirken von Sporttreiben ab. Zunehmend treten dabei die Reflexion des Gegenstandes und die dazu erforderlichen Methoden mit dem Ziel in den Vordergrund, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, Aufgaben selbständig zu bearbeiten, Probleme, Sachverhalte und Situationen zu analysieren und zu bewerten sowie auf dieser Grundlage Entscheidungen zu treffen. Diese umfassende Handlungskompetenz wird im Sportunterricht in einem Praxis-Theorie-Verbund vermittelt, der sportliches Leisten, Bewegungserleben und Bewegungshandeln mit theoriebezogenem Lernen verknüpft“ (Niedersächsisches Kultusministerium, 1998, S. 3).

In dieser Untersuchung geht es um das Lernen berufstätiger Erwachsener. Da der Untersuchungsgegenstand im Zusammenwirken mit dem Konzept des outdoor action learning beleuchtet wird, ist es aus systemisch-konstruktivistischer Sicht von Bedeutung, welche Erfahrungen die Teilnehmer

aus sportlichen Vorerfahrungen in die aktuelle Situation transferiert haben.

Dabei spielen sowohl die beabsichtigten Ziele des Schulsports aus unterschiedlichen Interessensquellen eine Rolle, als auch letztlich die konkreten Verankerungen sportlicher Erlebnisse bei den Teilnehmern und früheren Schülern. Diese retrospektive Sichtweise, die darauf abzielt, mögliche Einstellungen und Erwartungen der Teilnehmer im Vorfeld der Veranstaltung aufzudecken, gewinnt auch deshalb an Bedeutung, weil nach einer diesbezüglichen Befragung ein hinreichender Zeitraum entsteht, um angemessen und vorbereitend das folgende outdoor action Training situativ anzupassen. So dient der Blick in die sportlichen Vorerfahrungen der Teilnehmer auch dem Ziel zu klären, wie die beabsichtigten und unbeabsichtigten Einflüsse durch den Sport eine Wirkung bei den hier untersuchten Erwachsenen hinterlassen haben und wie sich diese Wirkung ausdehnt auf die Vorstellung, an einem outdoor action learning Training teil zu nehmen. Welche genauen Rückschlüsse daraus gezogen werden können, kann an dieser Stelle nicht tiefer verfolgt werden; zweifelsfrei bestehen allerdings die Zusammenhänge von sportlicher Erfahrung gegenüber einer Disposition nachfolgender sportlicher Anforderungen.