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Der Begriff der Handlungsorientierung geht auf die Arbeitspädagogik der Reformpädagogen zurück. Dewey geht davon aus:

„dass Handeln die erste und ursprünglichste Form der Erfahrungsbildung darstellt und das durch Handeln gewonnene Wissen das erste und ursprüngliche Wissen des Menschen ausmacht“ (vgl. Hermanns, 1995).

Nach der psychologischen Handlungstheorie sind Handlungen – im Gegensatz zu Verhalten – als intentionale Aktivitäten zu fassen, die von der Person als sinnhaft erlebt werden (vgl. Dierstein, 1995). Als vier Implikate des allgemeinen psychologischen Handlungsbegriffs werden Reflexivität,

Entwicklung, Musterhaftigkeit und Konstruktivität aufgeführt (vgl. Dierstein, 1995). Nach Gudjons ist eine Handlung eine:

„proaktive bzw. reaktive Auseinandersetzung mit einer Situation bzw. einer Abfolge von Situationen“; wobei eine Person „auf der Grundlage mehr oder weniger komplexer Situationsdeutungen den Grad der Handlungsdringlichkeit und das Ausmaß der Ermöglichungschancen der Zielrealisierung feststellt. Demgemäß handelt sie…“

(Gudjons, 2008, S. 41).

Im Gegensatz zum Instruktionslernen (deduktiver Ansatz), bei welchem zuerst die Gesetzmäßigkeit oder der Zusammenhang erklärt wird und dies danach anhand von Beispielen und Übungen gefestigt wird, gestaltet handlungsorientierter Unterricht den gegenläufigen Ansatz. Hier wird zunächst in einer konkreten Situation erprobt oder an einem konkreten Beispiel geübt, um daraus anschließend eine allgemeine Gesetzlichkeit abzuleiten oder ein allgemeines Prinzip zu erklären. Es wird also induktiv vorgegangen.

Nachhaltige Lernprozesse des Menschen laufen grundlegend induktiv ab und somit ist der Lehr-Lern-Erfolg bei einer induktiven Vorgehensweise in der Regel deutlich höher, als bei deduktivem Unterricht. Arnold (1985) und später Mayer (2004) beschreiben handlungsorientiertes Wissen daher als relativ stabil.

Eine stärkere Handlungsorientierung beinhaltet Lehrelemente wie:

ƒ Partizipation an Planungen und Entscheidungen

ƒ Selbstständigkeit

ƒ Aktivität

ƒ Kooperation

ƒ Kommunikation

ƒ Produktivität

ƒ Verantwortung (vgl. Mayer, 2004).

Entscheidend für handlungsorientierte Lernsituationen ist eine (vorläufige) Trennung von Hand- und Kopfarbeit sowie von Praxis und Theorie. Des Weiteren ist ein gewisser Ernstcharakter der Situation, Verantwortung, nicht entfremdete, selbstorganisierte und produktive Arbeit, sowie der ständige

Bezug der Lerngegenstände zum Subjekt und zu seinem gesellschaftlichen Umfeld als Elemente anzumerken (vgl. Hunger, 2000).

In der englisch sprachigen Literatur, findet sich handlungsorientiertes Lernen unter dem Begriff „active learning“, welcher bei Snyder (2003) folgendermaßen beschrieben wird:

“Active learning involves students doing something and taking the lead in thinking about what they are doing. It requires students to take a participatory role in learning, rather than adopt a receptive, passive posture in their educational investment. Active learning requires a greater depth of processing information resulting in greater comprehension and better retention, as well as an increase in student interest and attention” (Snyder, 2003, S. 159).

3.4.2 Beitrag und Grenzen

Obwohl die traditionelle psychologische Lerntheorie in den meisten Fällen ein reaktives Modell menschlichen Lernens unterstützt hat (vgl. Faulstich und Zeuner, 2006), wobei die Lernanlässe von außen an den Lernenden herangetragen werden, „als seien Menschen leere Blätter, in welche die Welt ihre Buchstaben schreibt“ (Holzkamp, 1993, S. 182), hat sich zuletzt ein Perspektivenwechsel vollzogen. Nach Friedrich und Preiß (2005) sollte im pädagogischen Prozess viel Freiraum zum eigenständigen Probieren und Erkunden gelassen werden. Die aktive Rolle der Lernenden hat an Bedeutung gewonnen und Lernen erscheint nicht mehr von außen bedingt, sondern als von der Person begründet (vgl. Faulstich und Zeuner, 2006). Der Lernende wirkt bei dem Lernprozess aktiv mit, d. h., er nimmt den Lerninhalt nicht nur auf, verarbeitet, speichert und ruft ihn ab, sondern er reflektiert, probiert aus, zieht Konsequenzen (vgl. Miller, 2001) – er lernt selbständig, allein oder kooperativ in der Gruppe (vgl. Horster und Rolff, 2001). Lernen beschränkt sich nicht nur auf intentional gesteuerte Prozesse in spezifischen Organisationen, sondern erfolgt auch immer informell im Kontext sozialer Aktivitäten. Es geschieht also individuell oder in Kooperation mit anderen Personen, je nachdem,

„welche Konstellation von persönlichen Interessen, Antriebskraft, Aktivitätsniveau, bereits vorhandenen Fertigkeiten und Möglichkeiten in der Lernumgebung anzutreffen sind“

(Düppe, 2004, S. 37).

Das Outdoor-Action-Learning kann als erlebnisorientiertes Weiterbildungskonzept verstanden werden, bei dem diese aktive Rolle des Lernenden ganz gezielt gefordert und gefördert wird. Es werden personale, individuelle und Gruppenerlebnisse als zentrales pädagogisches Mittel eingesetzt und sich davon eine nachhaltige Wirkung beim Lernenden versprochen.

Die Handlungsorientierung findet weitere Grundlagen in der Lerntheorie. Als intervenierende Variable sind in diesem Zusammenhang besonders Emotionen und der Aktivierungsansatz zu betrachten. Es wird davon ausgegangen, dass erst durch Erregungen kognitive Prozesse in Gang kommen (vgl. Müller, 2006). Im Lernprozess gilt es also den Lernenden auch emotional zu integrieren und zu stimulieren, was durch erhöhte Handlungsorientierung und den durch sie gesteigerten Grad der Aktivierung und Involvierung hervorgerufen wird. Der Lernprozess wird demnach stark von der Umgebung und von Gemütsbewegungen beeinflusst. Es besteht somit die Aufgabe, entsprechend der Zielsetzung ein derartiges Umfeld zu schaffen, damit Lernprozesse angestoßen werden (vgl. Düppe, 2004).

Der auf Hebb zurückgehende Erregungs- bzw. Aktivationsansatz bezieht sich auf den Zusammenhang von Aktivierung und dem Erinnern und Verhalten von Personen. Es gilt als gesichert, dass „höhere phasische Aktivierung eine stimulierende Wirkung auf das langfristige Erinnern hat“ (Kroeber-Riel, 1990, S. 84ff.). So hat Schönpflug ermittelt, dass „bei einer Prüfung des Behaltens längere Zeit nach dem Einprägen das stärker aktivierende Material oft häufiger wiedergegeben wurde, als das schwächer aktivierende Material, nie seltener“

(Gröppel-Klein, 2004, S. 32). Aktivierung ist ein zentralnervöser Erregungsvorgang, der Kortex (d. h. die Großhirnrinde und das Endhirn) wird stimuliert und damit die höheren kognitiven Hirnfunktionen (Wahrnehmen, Denken, Lernen) aktiviert (vgl. Pepels, 2005).

Lernen löst sich allerdings nicht in unmittelbares Handeln auf. In der kognitivistischen Lerntheorie wird eine Unterscheidung zwischen Lernen und Ausführen vorgenommen. Nicht alles, was gelernt wird, wird umgesetzt, bzw.

als verhaltensändernd beobachtet (vgl. Faulstich und Zeuner, 2006).

„Lernen wird ausgelöst, wenn Routinen nicht greifen, wenn Diskrepanzen zwischen Handlungsproblematik und Lösungspotential entstehen. Handlungsproblematiken, die durch vorhandene Kompetenzen nicht zu bewältigen sind, werden zu Lernproblematiken“

(Holzkamp, 1993, S. 182).

Auch nach der Gedächtnistheorie hat Lernen nicht schon dann stattgefunden, wenn erfahrungsbedingte Veränderungen erfolgen, sondern erst dann, wenn diese über die spezielle Situation hinaus erhalten bleiben (vgl. Faulstich und Zeuner, 2006).

3.5 Lernen aus Sicht des systemisch-konstruktivistischen Ansatzes