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Das Gesundheitswesen wird aus öffentlicher und privater Hand finanziert und bietet unterschiedliche medizinische Maßnahmen, welche neben den Geldleistungen als Sachleistungen bezeichnet werden (Ansen et al., 2004, S. 11).

3.3.1 Soziale Arbeit im Gesundheitswesen und Gesundheitsarbeit im Sozialwesen

„Sozialarbeit im Gesundheitswesen ist entstanden, um das mit Krankheit verbundene Risiko einer sozialen, beruflichen und finanziellen Benachteiligung zu vermeiden bzw.

abzumildern.“ (Ortmann/Waller, 2005, S. 2) Die Zielgruppe der AdressatInnen richtet sich meist an bereits erkrankte Personen. Trotz der Krankheitsorientierung werden gesundheitsfördernde Inhalte, Linien oder Programme damit nicht ausgegrenzt.

Empowerment und soziale Unterstützung sind dabei nur zwei mögliche Maßnahmen (Ortmann/Waller, 2005, S. 3). Personen, die auf Grund ihrer Erkrankungen nicht über die Ressourcen verfügen, einen selbständigen oder aber auch selbstbestimmten Alltag leben zu können, werden von der Sozialen Arbeit im Gesundheitswesen weitgehend aufgefangen.

„Im Mittelpunkt stehen persönliche, soziale, ökonomische, rechtliche und verwaltungsbezogene Hilfen.“ (Ansen et al., 2004, S. 12f.)

Unter „Gesundheitsarbeit“ wird die gesundheitsbezogene Sozialarbeit im Sozialwesen verstanden, die in unterschiedlichsten Bereichen des Sozialwesens zu finden ist.

„Primäres Ziel der Gesundheitsarbeit im Sozialwesen ist die Verhinderung bzw.

Verminderung sozial bedingter gesundheitlicher Probleme.“ (Ortmann/Waller, 2005, S. 4) Des Weiteren ergänzt sie die Inhalte einer Sozialen Arbeit, die neben den sozialen Problemen der AdressatInnen, auch die Korrelation zu Gesundheit und Krankheit herstellt.

Gesundheitsarbeit orientiert sich, im Gegensatz zur Sozialen Arbeit im Gesundheitswesen,

eher an Gesundheit und nicht an Krankheiten und zeigt präventive Ansätze. Das Handlungs- und Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit implementiert die AdressatInnengruppe von sozial benachteiligten Personen oder Gruppen, welche durch ihren sozioökonomischen Status einen schlechteren Stand hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes und der gesundheitlichen Versorgung haben. Gesundheitsarbeit wird damit zu einem wichtigen Bestandteil einer professionellen und qualifizierten Sozialarbeit (Ortmann/Waller, 2005, S.

3ff.).

„Die Sozialarbeit außerhalb des Gesundheitswesens ist jedoch erst am Anfang sich (…) als Gesundheitsarbeit zu profilieren.“ (Ortmann/Waller, 2005, S. 6) Ansen et al. (2004, S. 13) unterscheidet nicht zwischen Gesundheitsarbeit im Sozialwesen und Sozialarbeit im Gesundheitswesen. „Für die Soziale Arbeit sind die sozialen, ökonomischen und psychischen Implikationen von Krankheit relevant…“. Damit werden die genannten Einflussfaktoren zu einem Bereich zusammengezogen und lassen sich nicht klar abgrenzen.

3.3.2 Klinische Soziale Arbeit und Soziale Arbeit im Krankenhaus

Soziale Arbeit im Krankenhaus gehört genau genommen zu einem Bereich der Klinischen Sozialarbeit. Sie ist eine „… behandelnde Sozialarbeit, die bei Krankheiten, Behinderungen oder psychosozialen Krisen gefordert ist […], wobei mit der professionellen Kompetenz Sozialer Arbeit auf Heilung, Linderung oder Besserung hingewirkt wird.“ (Ansen et al., 2004, S. 18). Die grundlegenden Methoden der Klinischen Sozialarbeit stellen wichtige und benötigte Informationen für die Soziale Arbeit im Krankenhaus dar, wobei sich die Klinische Sozialarbeit an mehrdimensionalen Beratungs- und Behandlungsansätzen bedient (Ansen et al., 2004, S. 19).

Nach Gödecker-Geenen (2005, S. 30) ist die Klinische Sozialarbeit als gesundheitsspezifische und handelnde Fachsozialarbeit zu betrachten. „Ihr Fokus ist die bio-psycho-soziale Betrachtung in der Behandlung von kranken Menschen.“.

Wie bei den Begrifflichkeiten der Sozialen Arbeit im Gesundheitswesen lassen sich auch bei der klinischen sozialen Arbeit Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung der Terminologien erkennen. Die Definitionen überschneiden sich oder meinen mit unterschiedlichen Namen die gleichen Inhalte. Zu den wichtigsten AdressatInnen gehören chronisch Kranke, Pflege- und AlterspatientInnen, psychisch und psychosomatisch erkrankte PatientInnen oder PatientInnen aus schwierigen sozialen Notlagen

(Gödecker-Geenen, 2005, S.19). „Soziale Arbeit in Krankenhäusern stellt eine Unterstützung und Ergänzung der medizinischen oder rehabilitativen Behandlung dar. Sie zielt dabei auf die psychosozialen Folgen von Krankheit und ihre Auswirkungen auf den Alltag…“

(Gödecker-Geenen, 2005, S. 18).

Die Aufträge an die Soziale Arbeit im Gesundheitswesen und im Krankenhaus sind vielzählig und aus teilweise unterschiedlichsten Bereichen, Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Sozialmedizin, Rehabilitationswissenschaft, Bereiche der Psychiatrie oder Gerontologie. Kernkompetenzen der Sozialen Arbeit „…werden mit gesundheits- und krankheitsrelevanten Erkenntnissen anderer Disziplinen und Professionen kombiniert.“ (Ansen et al., 2004, S. 19)

3.3.3 Soziale Arbeit in der Psychiatrie

SozialarbeiterInnen im Handlungsfeld der Sozialpsychiatrie begleiten Menschen mit psychischen Erkrankungen, häufig akute oder chronische Störungen, wenn es dabei zu Folgen für die individuelle Lebenswelt der Betroffenen kommt oder kommen kann (Zimmermann, 2005, S. 65). Institutionen und Einrichtungen, die soziale Bedingungen der erkrankten Personen in den Mittelpunkt rücken, werden zum Handlungsfeld einer sozialen Psychiatrie gezählt, obwohl die Verpflichtung dafür teilweise nicht übernommen wird.

Dazu gehören die Handlungsfelder des Betreuten Wohnens (Einzelwohnungen, Wohngemeinschaften, Tageszentren), Tagesstrukturierungsmodelle (Tages,- und Begegnungsstätten, (teil-)stationäre Abteilungen, ambulante Behandlung und Beratung, berufliche Rehabilitation (Re-)Integrationsmaßnahmen, Versorgung bei Krisen, mobile Dienste oder Selbsthilfeprogramme. In allen genannten Handlungsfeldern haben SozialarbeiterInnen „… ihren natürlichen oder erkämpften Platz...“ (Zimmermann, 2005, S. 66), wobei Institutionen und Programme zur Wohn- und Tagesstrukturierung das Arbeitsfeld deutlich vergrößerten.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Soziale Arbeit im Gesundheitswesen mit ihren Strategien und Methoden der Alltags- und Krankheitsbewältigung zu einem verbesserten Lebensmodell verhelfen kann und damit eine für die Gesundheit relevanten Beitrag leistet und, womit sie „… vor allem bei chronischen und komplikationsreichen Erkrankungen unabdingbar ist.“ (Ansen et al., 2004, S. 16)

3.3.4 Sozialpolitische Grundlagen

Die Einführung und Anwendung sozialpolitischer Maßnahmen wurde durch gesellschaftliche Veränderungen notwendig, wobei auch heute ganz unterschiedliche Vorstellungen von Gerechtigkeit existieren und dementsprechend auch vielfältige Ziele und Inhalte sozialpolitischer Maßnahmen definiert werden. Erstens kommt Sozialpolitik dann zur Anwendung, wenn Personen an den Punkt in ihrem Leben kommen, wo sie ihre Existenzsicherung nur teilweise oder gar nicht (mehr) aufbringen können. „Zweitens ergibt sich die Notwendigkeit aufgrund sozialer Ungleichheit in einer Gesellschaft, die einen verteilungsbedingten Bedarf an sozialpolitischen Maßnahmen auslöst.“ (Engel, 2011, S.11)

Der Bedarf einzelner Personen kann aus vielen Ursachen resultieren, wobei drei Bedarfsgruppen zu unterscheiden sind:

1. Permanent vorhandener Bedarf: Ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen oder erkrankte Personen, die ihre Existenzgrundlage nicht (mehr) aus eigener Kraft aufbringen können.

2. Katastrophenbedingter bzw. kriegsfolgenbedingter Bedarf: Personengruppen mit zeitweiligen oder andauernden Existenzsicherungsverlust u.a. durch Verletzungen oder Todesfälle, die aus Katastrophen bzw. Kriegen resultieren.

3. Entwicklungsbedingter Bedarf: Durch gesellschaftliche, kulturelle oder wirtschaftliche Veränderungen entsteht ein entwicklungsbedingter Bedarf, der in den meisten Fällen Kriege und Katastrophen als Ursprung hat und sich die Konsequenzen weitreichend zeigen. Arbeitslosigkeit, Ausbildungsdefizite oder Probleme mit der Wohnsituation entstehen im weitesten Sinn daraus (Engel, 2011, S. 12).

Das Sozialhilfegesetzbuch beinhaltet alle Regelungen, um eine soziale Sicherung der Bevölkerung zu gewährleisten. Angebote des Sozialstaates unterteilen sich in:

1. Soziales Versorgungssystem (u.a. Versicherungen bei Krankheit, Invalidität oder Arbeitslosigkeit)

2. Soziale Fördersysteme (Förderungen in Bereich Arbeit und Ausbildung, Kinder-, Jugend-, und Familienhilfe, Wohnungsförderungen usw.)

3. Soziale Entschädigungssysteme (Opferversorgung)

4. Soziale Hilfssysteme (u.a. AsylbewerberInnengesetze, Bundessozialhilfegesetz, Unterhaltsvorschussgesetz) (Hamburger, 2008, S. 39).

Der Gegenstandsbereich Soziale Arbeit ist in viele gesellschaftliche Teilbereiche involviert, die sich u.a. vom Versicherungswesen, über das Bildungswesen, über Maßnahmen den Arbeitsmarkt betreffend, über das Gesundheitswesen bis hin zum Straf- und Kontrollsystem der Justiz erstreckt. Soziale Arbeit steht im Spannungsfeld zwischen Individuum und Gesellschaft und ist dabei Dreh- und Vermittlungspunkt für die Koordinierung von verschiedenen Versorgungssystemen (Hamburger, 2008, 40f.).

Im Kapitel „Finanzsituation“ werden Grundlagen des Versorgungssystems genauer erläutert und angeführt. Unter den Psychiatrieerfahrenen stellt sich der Bedarf an staatlichen Versorgungsleitungen ganz unterschiedlich dar, wobei das Handlungsfeld der Sozialen Arbeit als Schnittstelle zwischen den Betroffenen und den staatlichen Versorgungssystemen fungiert.

4 Psychiatrie

„Wer ist gesund, wer ist krank?

Die Narren nur vermögen es zu unterscheiden.“

(Groddeck, 1910)

4.1 Begriffsbestimmung

Der Begriff der Psychiatrie kann aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und verschieden interpretiert werden. Die Psychiatrie ist als Disziplin und Profession im Forschungs- und Handlungsfeld der Medizin verankert. „Als medizinische Wissenschaft und als ärztliche Profession befasst sie sich mit Diagnose, Intervention und Prävention mentaler Krankheiten sowie mit deren Erforschung.“ (Dörr, 2005, S. 12) Des Weiteren kann Psychiatrie als ein realer Ort verstanden werden, wie z.B. Krankenhäuser oder Kliniken. Psychiatrische Kliniken können als „… eine der härtesten Formen manifester sozialer Kontrolle und institutioneller Verwahrung…“ (Dörr, 2005, S. 12) verstanden werden, welche für die Gesellschaft als bedrohlich oder krank bewerteten Personen fern hält. Psychiatrie kann aber auch als eine Institution gesehen werden, die nach Werte-, Norm-, und Zweckorientierung strebt und damit ein gesellschaftliches Ordnungsmuster herstellt (Dörr, 2005, S. 13).

Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über wichtige Abschnitte in der Entwicklung der Psychiatrie gegeben werden, um die Grundlagen für spätere Ausführungen zu schaffen.