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Selbsthilfegruppen sind Zusammenschlüsse von gleichgesinnten Menschen, welche sich regelmäßig treffen, ähnliche Anliegen und Probleme haben und sich darüber austauschen, um sich gegenseitig wichtige Informationen zu liefern (Promussas, 2010, S.177).

Selbsthilfegruppen dienen in erster Linie dem gemeinsamem Erfahrungs- und Wissensaustausch von Betroffenen, aber auch deren Angehörigen. Sie dienen aber auch der gegenseitigen emotionalen Unterstützung, welche lebensnah und lösungsorientiert ist (Utschakowski, 2009, S. 14ff.). Betroffene durchleben typische Stadien, beginnend mit dem Entschluss, eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen. In erster Linie muss die Scham und Angst überwunden und der Schritt getan werden, sich an eine Selbsthilfegruppe zu wenden. Dies hat eine entscheidende Wirkung auf das Coming-Out und den Umgang mit

der Krankheit. Als nächstes sind die Betroffenen oftmals erstaunt darüber, nicht allein mit ihren Problemen zu sein und Verständnis entgegengebracht zu bekommen. Eine weitere Phase ist das Erkennen, mit den eigenen Erfahrungen anderen betroffenen Menschen helfen zu können, was in weiterer Folge eventuell zur Übernahme einer Moderatoren- Rolle oder einer Rolle in einer Interessensvertretung führen kann (Clausen/Eichenbrenner, 2010, S. 149f.). „Die Betroffenen agieren dabei aktiv, sie bringen ihre eigenen Erfahrungen in die Gruppe ein und lassen andere Betroffene daran teilhaben, beziehungsweise profitieren sie natürlich auch von den Erfahrungen der anderen. So können hilfe- und ratsuchende Menschen gleichzeitig selbst zu Helfern und Helferinnen werden, indem sie permanent am gemeinsamen Austausch beteiligt sind.“ (Promussas, 2010, S.177) Seriöse Selbsthilfegruppen bieten keine medizinischen Interventionen an, jedoch arbeiten sie mit Professionellen zusammen, was den Vorteil bietet, dass die Erfahrungen der Betroffenen, welche zur Verfügung gestellt werden, mit wissenschaftlichen Informationen zu den jeweiligen Krankheitsbildern ergänzt werden und die Psychiatrieerfahrenen somit eine umfassende Information erhalten (Promussas, 2010, S. 177).

Abb.8: Modell der Wirkung von Selbsthilfegruppen (Borgetto, 2007, S. 2)

„Betroffene beraten inzwischen Betroffene, nicht nur in den entsprechenden Foren im Internet, sondern auch in Beratungsstellen, Kliniken und bei Verbänden.“ (Clausen/

Eichenbrenner, 2010, S. 149) Auch existieren im Internet zahlreiche Foren, in welchen über psychische Krankheiten diskutiert wird. Jedoch sollten die UserInnen, welche im Netz Hilfe und Rat suchen, darauf achten, ob es sich dabei um seriöse Seiten handelt. Es wird unter folgenden Formen unterschieden:

Mail-Beratung: Die Ratsuchenden versenden direkt an die Beratungseinrichtung eine E-Mail.

Internet-Foren: Die Betroffenen können online Beiträge lesen, aber auch ihre Fragen posten, so wird untereinander kommuniziert, im Sinne der Selbsthilfe. Betroffene beraten andere Betroffene.

Chatberatung: Viele Einrichtungen und Beratungsstellen haben festgesetzte Zeiten, in denen Ratsuchende die Möglichkeit haben via Chat zu kommunizieren (Clausen/

Eichenbrenner, 2010, S. 115f.).

Die Tätigkeiten der Selbsthilfegruppen reichen meist weit über den gegenseitigen regelmäßigen Austausch hinaus. Weitere Ziele sind Aufklärung und Information zu den jeweiligen Krankheitsbildern und deren diagnostischen, therapeutischen sowie rehabilitativen Möglichkeiten. Auch werden von den Selbsthilfegruppen Schulungen, Workshops und Rechtsberatungen zu unterschiedlichen Thematiken angeboten (Matzat, 2006, S. 412). Ein zusätzlicher Fokus der Selbsthilfegruppen liegt auf der Öffentlichkeitsarbeit im Sinne einer Aufklärungsarbeit, daher werden immer wieder Kampagnen und Schulungen gemeinsam mit öffentlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens durchgeführt. Vermehrt sind Selbsthilfegruppen auch in der Mitarbeit diverser Gremien von Bund und Gemeinden und in Arbeitskreisen an Universitäten vertreten. Sie unterstützen mit ihrer Mitarbeit, insbesondere durch die Bereitstellung von personenbezogenen Daten, wissenschaftliche Erhebungen (Promussas, 2010, S. 178).

„Viele dieser Selbsthilfeorganisationen sind inzwischen als Akteure in unserem stark von Interessengruppen bestimmten Gesundheitswesen akzeptiert.“ (Matzat, 2006, S. 412) Ein großes Problem für Selbsthilfegruppen stellt jedoch die Finanzierung und Unterstützung dar, denn ohne Unterstützung können diese kaum Aktivitäten setzen. Wenn eine Selbsthilfegruppe nicht als Verein organisiert ist und daher keine rechtliche Struktur besitzt, ist der Zugang zu öffentlichen Förderungen meist verwehrt. Aus diesem Grund sind Selbsthilfegruppen oftmals auf Sponsoren angewiesen (Promussas, 2010, S. 178).

Jedoch birgt das Sponsoring die Gefahr, dass sie ihre Unabhängigkeit einbüßen und nicht

mehr im eigentlichen Sinne der Selbsthilfe agieren können, sondern kommerzielle Interessen vertreten müssen (Clausen/Eichenbrenner, 2010, S. 150). Einige der Verbände haben Personal eingestellt, um die Geschäfte der Zentrale zu führen, aber auch um Beratungen anbieten zu können. Der Großteil der Dienstleistungen in den Selbsthilfeorganisationen wird jedoch ehrenamtlich von den Betroffenen selber erbracht.

Ohne Honorar, im besten Fall bekommen sie eine kleine Aufwandsentschädigung „Hier liegt ein schier unerschöpfliches Potential an Mitmenschlichkeit Solidarität und Gemeinsinn.“ (Matzat, 2006, S. 412).

Schätzungen zufolge gibt es in Österreich derzeit rund 1. 600 Selbsthilfegruppen. Genaue Zahlen sind nicht bekannt, da es für Selbsthilfegruppen keine Meldepflicht gibt und der

„Begriff“ auch nicht rechtlich geschützt ist. Die ARGE Selbsthilfe Österreich versucht der Selbsthilfe im Gesundheitssystem einen adäquaten Stellenwert einzuräumen (Bayer, 2012, S. 12). In der Steiermark beschäftigen sich 124 Selbsthilfe-Organisationen um die Bedürfnisse von Menschen, welche von öffentlichen Institutionen nicht abgedeckt werden können (selbsthilfe, 2012). Davon existieren in sehr vielen Regionen der Steiermark Selbsthilfegruppen im psychosozialen Kontext (Psychiatriebericht Steiermark, 2009, S.

172).

Im Folgenden wird der empirische Teil unserer Arbeit dargestellt. Die Vorgehensweise und Datenerhebung, sowie Inhalte, Methoden und Ziele des Vereins „Die Schwalbe“

werden beleuchtet und aus der Perspektive von ExpertInnen und (Ex-) Bewohnerinnen betrachtet. Des weiteren, werden die leitenden Forschungsfragen erörtert.

14 Darstellung der empirischen Vorgehensweisen

Im Rahmen des vorliegenden empirischen Teil dieser Arbeit wird genauer auf die Herausforderungen eingegangen, vor welchen psychiatrieerfahrene Frauen im Alltag stehen. Ein weiterer Fokus liegt darauf, welche Unterstützungsmaßnahmen für eine erfolgreiche (Re-) Integration notwendig wären. Des weiteren wird erhoben, welche konkreten Unterstützungsmaßnahmen des Vereins „Die Schwalbe“ zu einer Erweiterung der Kompetenzen beitragen, um ein selbstbestimmtes und autonomes Leben führen zu können.