• Keine Ergebnisse gefunden

Südküste am ionischen Golf und weiteres Binnenland (Basilikata)

Im Dokument x!7ID9F4-jadcgj! ITALIKÁ ITALIKÁ (Seite 132-137)

V.1 Die Regionen des eisenzeitlichen Süditalien

V.1.3 Südküste am ionischen Golf und weiteres Binnenland (Basilikata)

Ein bedeutendes früheisenzeitliches Siedlungsgebiet zwischen ionischer und tyrrhenischer Küste nördlich der Sibaritide stellt das Territorium der Flusstäler von Agri und Sinni dar. Die hier untersuchten Stätten sind im Bestattungsbrauch eher der tyrrhenischen Küste, und zwar insbesondere der Fossa-Kultur verpflichtet. Bereits ab dem 8. Jh. herrscht in diesem Gebiet die gestreckte Rückenlage als Bestattungsform vor754.

Chiaromonte im Sinni-Tal liegt an der Achse zwischen ionischem und tyrrhenischem Meer und erhebt sich akropo-lisartig auf ca. 700 m Höhe ü NN. Verschiedene Nekropolen belegen die Bedeutung der Stätte von der frühen Eisenzeit bis ins 5. Jh.755 Auf der Nekropole von Chiaromonte-San Pasqua-le, deren Bestattungen noch aus dem 9. Jh. stammen, können Beigaben wie Fibeln mit vier Spiralen noch Beziehungen zum balkanischen Raum illustrieren756, während sich in dem etwas späteren Gräberfeld von Chiaromonte-Serrone, das während des 8. Jh. genutzt wurde, die Anzahl an Bronzeobjekten redu-ziert. Hier ist auch der Übergang von Bronze- zu Eisenwaffen gut erkennbar – bronzene Lanzenspitzen werden durch eiser-ne ersetzt. Der technische Übergang der Metallnutzung hatte weder einschneidenden Einfluss auf die traditionelle Art der

752 Kleibrink 2004, 78–84.

753 Kleibrink 2004, 61–69. Trotz des geringen Kenntnisstandes zu wei-teren Stätten in diesem Gebiet ist anzunehmen, dass in der Sibari-tide in der frühen Eisenzeit und im gesamten 8. Jh. einheimische Siedlungen blühten und diese Entwicklung erst nach der Ankunft der griechischen Siedler etwa um 700 abbricht – zu dieser Zeit wer-den dann sogar bestehende Siedlungen wie Broglio di Trebisacce und Torre Mordillo aufgegeben, vgl. Kleibrink 2004, 54; Kleibrink 2001, 38–45. Eine kritische Antwort auf die aus den neuen Be-funden der italienisch-niederländischen Grabungen abgeleiteten Folgerungen zur Siedlungs- und Kolonisierungsgeschichte im sy-baritischen Raum liefert Guzzo 2003, den traditionellen Deutungs-mustern seiner älteren Publikationen folgend; vgl. Burgers 2004, 263–264.

754 Bianco 1999a, 171; d’Agostino 1989, 198.

755 Bianco 1996d, 49.

756 D’Agostino 1989, 198.

fand sich im Waffengrab 116 eines der ältesten Importgefäße der Basilikata: Ein großer Bronzekessel mit Dreifuß-Untersatz, der noch in orientalisierender Tradition steht und auf eine leicht spätere Datierung dieses Teils des Gräberfeldes in das 8.

Jh. hindeutet766.

Der etwas größere Friedhof mit 173 Gräbern, 1,5 km süd-östlich des Kirchenhügels von Anglona, wird in der Forschung als Valle-Sorigliano-Nekropole bezeichnet und war in einen nördlichen und einen südlichen Teil gegliedert, zwischen de-nen ein linear verlaufender, fundleerer Bereich festgestellt wur-de (Abb. 61). Dies kann als Hinweis darauf gewertet werwur-den, dass hier in antiker Zeit eine Straße verlief, die wahrscheinlich die antike Trasse von Herakleia nach Pandosia bildete und de-ren Verlauf dem der modernen Landstraße entspräche767. Das von Otto-Hermann Frey zusammen mit italienischen Kollegen freigelegte Gräberfeld konnte der frühen Eisenzeit zugeordnet werden – seine Belegung endet bereits vor dem späten 8. Jh.768 Alle Verstorbenen wurden in rechteckigen Gruben niederge-legt, die meist SW-NO-orientiert sind769. Die Tiefe der Gräber

766 Bianco 1996b, 40.

767 Frey 1991, 10; Bianco 1996d, 49.

768 Frey 1991, 13.

769 Kopf des Verstorbenen meist in Richtung Südosten; Bianco 1996c, 45.

5. Jh. auf einem der kleineren Friedhöfe (San Pasquale, Grab 227) angelegt763.

Näher an der Küste, nur etwa 12 km westlich von Policoro, an einer Engstelle zwischen den Flüssen Agri und Sinni, liegen die Nekropolen von Santa Maria D’Anglona bei der Gemeinde Tursi764. Das älteste Gräberfeld von Conca d’Oro liegt am Fuß des Anglona-Hügels und umfasste mehr als 150 Bestattun-gen765. Der größte Teil stammt bereits aus dem 9. Jh., die Kör-per der Verstorbenen sind in seitlicher Hockerlage bestattet.

Als Männergräber wurden Bestattungen mit Waffen, Messern und Rasierklingen angesprochen (die meistens rechts gehockt sind), während Frauenbestattungen (meist links gehockt) sich durch Schmucktrachten auszeichnen. Kindergräber gleichen in ihren Beigaben eher den Frauengräbern. Im Südbereich der Nekropole, der möglicherweise ursprünglich monumentale Bestattungen unter einem oder mehreren Steintumuli barg,

763 Bianco 1996d, 49.

764 Vielleicht handelt es sich bei diesem Ort um die antike Stätte Pan-dosia, wo nach Plut. Pyrrhos 16, 4 der Molosserkönig im Jahre 280 einen Sieg über die Römer errang; RE XVIII, 3 (1949) 552 s. v.

Pandosia (3) (K. Scherling); vgl. Bianco 1996d, 49.

765 Bianco 1996d, 49; Bianco u. a. 1998, 215; die den Gräberfeldern zugehörige Siedlung befand sich wahrscheinlich auf der höheren Terrasse, wo jetzt eine mittelalterliche Kathedrale steht.

Abb. 60 Plan der Nekropole von Chiaromonte-Sotto la Croce

hutförmigen Phaleren, Spiral- und Plattenfibeln, Armspiralen, Finger- und Zehenspiralen, Blechgürtel etc.) und Gerätschaf-ten wie Spinnwirteln und WebgewichGerätschaf-ten erkannt773. Letzte-re erscheinen auch als verkleinerte ExemplaLetzte-re, die aufgrund ihrer Größe und z. T. nur angedeuteter Durchlochung wohl eigens für die Bestattung gefertigt wurden774. Männer und Frauen wurden in lockerer Ordnung nebeneinander bestat-tet, es lassen sich aber auch einige elitäre Paarbestattungen identifizieren (Grab 6 und 7, 19 und 29, 28 und 31, 102 und 103)775. Ein Gräberpaar mit benachbarten, sich leicht über-schneidenden Tumuli von Mann (Grab 31) und Frau (Grab 28) sticht aufgrund seiner jeweils sehr umfangreichen Waffen- bzw. Schmuckbeigaben besonders heraus776. In einem weiteren Grabpaar sind frühe Importgüter nachweisbar: In der gemein-samen Bestattung von Frau mit Kleinkind (Grab 103) und dem Männergrab 102 fanden sich im ersteren eine Vogelperle aus Glas, bei der es sich um eine ostmediterrane Form han-delt, in letzterem ein Griffzungenschwert aus dem Ägäisraum und ein importierter Kessel777. Dieser Befund legt die Existenz von zumindest sporadischen, weitreichenden Kontakten von einigen (elitären) Personen schon vor der ‚kolonialen‘ Phase

773 Frey 1991, 12; anthropologische Untersuchungen an Skeletten wurden nur in wenigen Ausnahmefällen vorgenommen, was ange-sichts einer Tatsache, die auch Bianco erkennt, problematisch ist:

„oft ist die Unterscheidung zwischen männlichen und weiblichen Beigabenensembles aufgrund ihres undifferenzierten Charakters unmöglich, insofern sie sich v. a. aus Keramiken zusammensetzen.“;

Bianco 1999a, 166.

774 Frey 1991, 15.

775 Frey 1991, 12; Bianco 1996d, 49; Bianco u. a. 1998, 215.

776 Bianco 1999a, 161–162.

777 Frey 1991, 15; Bianco 1996b, 40.

variiert kaum, nur die Gräber mit den aufwendigsten Beigaben sind etwas tiefer und Kindergräber etwas flacher770. Der Boden der Grabgruben war oft mit flachen Kieseln wie mit einem Pflaster ausgelegt. Die keramischen Grabbeigaben wurden meist zu Füßen der Toten deponiert771. Verstorbene und Beiga-ben wurden mit Steinen umstellt, sodass eine dicke, kompakte Steinpackung entstand, die häufig mehrere große Steinplatten als oberen Abschluss trug. Über diesen Steinpackungen fanden sich selten und nur im südlichen Teil der Nekropole runde Tu-muli als Markierungen. Da es kaum überlappende Gräber gibt, ist anzunehmen, dass auch die Lage der anderen Gräber ober-irdisch kenntlich gemacht war. Die Toten wurden semirannic-chiata niedergelegt – eine echte Hockerlage ist nur in Grab 102 sicher festzustellen772. Auch hier scheint die Orientierung der Toten einer Geschlechtsdichotomie zu folgen, bei der die Bei-ne der MänBei-ner zur rechten Körperseite, bei Frauen zur linken Seite angewinkelt sind. Die Unterscheidung wurde aber nicht systematisch untersucht, sondern nach geläufigen Stereotypen Bestattungen mit Waffen und Messern sowie Rasierklingen Männern zugeordnet, Bestattungen von Frauen an Schmuck-garnituren (Ohrringe, Halsringe, Glas- und Bernsteinperlen,

770 Frey 1991, 10–11; reiche Kinder- und Jugendlichengräber in den Gruppen deuten auf die frühe Eingliederung in ein Erwachsenen-schema hin (z. B. Kinderbestattung mit Lanzenspitze); allerdings ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Kindergräber im Laufe der Zeit zerstört wurden, denn normalerweise waren diese wie in ande-ren Nekropolen in der gesamten Zeitregion flacher (und z. T. ne-ben oder über einer Erwachsenenbestattung) angelegt; vgl. Bianco 1996c, 45.

771 Frey 1991, 12.

772 Frey 1991, 11–12 und Abb. 6.3.

Abb. 61 Plan der Nekropole von Valle Sorigliano

neben der eisenzeitlichen Siedlung783, von der aufgrund der späteren Bebauung und der starken Erosion nur noch schwa-che Reste erhalten sind784.

Ein weiteres Gräberfeld wurde bei Aliano gefunden, an einer wichtigen Verbindungsstelle zwischen verschiedenen Flusstälern (Vallo di Diano, Val di Basento, Val d’Agri, Val di Sauro). Wie die anderen Stätten des Gebiets liegt sie mit weitem Blick über die benachbarten Täler. Der Friedhof von Cazzaiola di Alianello umfasst ein mindestens 200 m breites Areal auf einem leichten Hang (Abb. 63). Die Gräber sind un-regelmäßig verteilt und ausgerichtet, wie in Valle Sorigliano aber entlang einer Straßentrasse aufgereiht. Die Belegungszeit der Nekropole erstreckt sich vom 7. bis ins 5. Jh., in ihre frü-heste Phase von ca. 675–600 können etwa 220 Bestattungen eingeordnet werden, davon fast 140 Gräber von Erwachse-nen. In dieser Zeit finden sich in Architektur und Beigaben kaum herausragende Gräber, was auf eine schwach struktu-rierte Gesellschaft hindeutet. Die Bestattungen scheinen nach familiärer Abstammung gruppiert zu sein – auch auf dieser Nekropole lassen sich Grabpaare, also in enger räumlicher Beziehung stehende Grablegen von Mann und Frau, feststel-len. Nur wenige Bestattungen sind mit Schwert oder Messer ausgestattet, und diese konzentrieren sich in der Frühphase in einem bestimmten Teil des Friedhofs. In den insgesamt neun Waffengräbern des 7. Jh. fehlen zudem importierte oder imi-tierte Waffen wie z. B. korinthische Helme, die an anderen Orten schon bekannt sind. Das Grabgeschirr ist indigener Art, auch kostbareres ‚Bankettservice‘ wie Metallbecken und Spie-ße, was als Hinweis auf einen Traditionalismus, als bewusstes Festhalten (zumindest im Grabbrauch) an alten Gesellschafts-mustern gewertet wurde785. Im 6. Jh. wächst die Nekropole an:

Diesem Zeitraum konnten etwa 500 Bestattungen zugeordnet werden786. Teils werden neue Friedhofsareale erschlossen, teils lässt sich die Weiterbenutzung von alten Clustern konstatie-ren. Besonders im nördlichen Sektor bilden sich monumentale Grabgruppen heraus, die durch einzelne Steinlegungen oder Umfriedungen abgegrenzt wurden. Bei den spätesten dieser Bestattungen, besonders in Frauengräbern, fand sich erstmals attische Importware (v. a. Oinochoen und verschiedene Typen von Schalen)787, teilweise auch Bankett- und

Kultgegenstän-783 Bianco u. a. 1998, 216 beschreibt für diese Nekropole den Fund eines „Kraters” des 8. Jh. mit triangulärer Verzierung und Totenkla-ge – wahrscheinlich meint er die a tenda-Olla aus Grab 3 von Valle Sorigliano (s. Abb. 62).

784 Frey 1991, 9.

785 D’Agostino 1998, 36.

786 Davon ca. 400 Erwachsene aus vier Generationen, was pro Gene-ration etwa 100 Erwachsene bedeuten würde, die man überschlags-weise auf 50 Kernfamilieneinheiten (= Paare mit Kindern) verteilen könnte. Aus der ersten Hälfte des 5. Jh., der spätesten Belegungs-phase des Friedhofs, stammen nur ca. 60 Bestattungen und damit zwei bis zweieinhalb Generationen – nach Bottini – Setari 1996, 58 deutet dies auf schnelles und drastisches Schrumpfen der Bevölke-rung hin, das chronologisch mit dem Fall von Sybaris zusammen-fällt.

787 Bottini – Setari 1996, 62.

nahe778. Ob aber herausragende Stücke italischer Produktion wie die bekannte a tenda-Olla aus Grab 3 (Abb. 62), wirklich eine Totenklageszene griechischer Inspiration darstellen und damit die Offenheit der lokalen Gemeinschaft gegenüber grie-chischen Einflüssen auch im künstlerischen und sepulkralen Bereich verdeutlichen, muss angesichts ihrer sehr allgemeinen Ikonographie und des ansonsten vollkommen indigen gepräg-ten Bestattungsbrauches kritisch gesehen werden779.

Die Nekropole von Cocuzzolo Sorigliano liegt etwa 100 m vom älteren Conca d’Oro-Gräberfeld entfernt. Sie wurde ab der Mitte des 8. Jh. bis ins frühe 7. Jh. belegt und um-fasst 114 Bestattungen, die ärmer und undifferenzierter als im Gräberfeld von Valle Sorigliano erscheinen780. Schon die Gra-barchitektur ist schlichter, bis auf wenige und unregelmäßig ausgeführte Tumuli handelt es sich um einfache fossa-Gräber, deren Grabgruben und Auskleidung bescheidener und weni-ger sorgfältig ausgeführt sind. Auch in den Beigaben setzt sich diese Tendenz fort: Insgesamt fanden sich weniger Metallob-jekte und keine Bestattung ist mit einem Schwert ausgestat-tet781. Dass wahrscheinlich trotzdem ähnliche Strukturierungs-prinzipien gültig waren, beleuchtet die einzige Bestattung mit Waffenbeigaben: In Grab 77 wurde der wohl männliche Tote mit Lanzenspitze, Axt und Klinge aus Eisen und bronzenem Rasiermesser bestattet. Um dieses Grab herum gruppieren sich weitere Bestattungen, sodass es als Kern des Clusters angesehen werden kann782. Eine weitere, etwa zeitgleiche Nekropole aus nur 27 Bestattungen wurde im Südwesten auf der Akropolis von Santa Maria D’Anglona entdeckt, wahrscheinlich direkt

778 Frey 1991, 14.

779 Bianco u. a. 1996, 51 Kat 1.1.

780 Bianco 1996d, 49; Bianco u. a. 1998, 215–216.

781 Bianco 1999a, 166.

782 Bianco 1999a, 167.

Abb. 62 Olla aus Grab 3 der Nekropole von Valle Sorigliano

hundert Meter bis zu einigen Kilometern, was trotz der großen Cazzaiola-Nekropole die Existenz von über mehrere Quadrat-kilometer verteilten, kleineren Siedlungsnuklei suggeriert790. Ähnlich ist die Situation im Umland von Tursi-Santa Maria D’Anglona, wo die vielen Nekropolen für das 9. und beson-ders 8. Jh. die Anwesenheit von verschiedenen Gruppen be-zeugen, die mehr oder minder beständig in verschiedenen Nu-klei siedelten. Die Lage der Stätten auf Hügeln ermöglicht eine Kontrolle sowohl über umliegende Ackerflächen als auch über die Flusstäler, die als Verbindungswege zwischen Binnenland und Küste gedient haben können. Die Kommunikation mit der ionischen Küste legt die schon frühe Präsenz griechischer

790 Bottini – Setari 1996, 57.

de788. Abgesehen von diesen reichen Individuen nimmt die durchschnittliche Ausstattung der Gräber im 6. Jh. ab. Als ver-meintlicher Beleg für die Vertrautheit der indigenen Bevölke-rung dieses Gebiets mit griechischem Gedankengut (trotz des starken Traditionalismus der Nekropole) wurde ein Gefäß aus der Nekropole von Santa Maria la Stella über dem Valle del Sauro angeführt: Aus diesem relativ kleinen Gräberfeld mit ca.

60 Bestattungen stammt ein Gefäß italischer Produktion vom Ende des 6. Jh. (Abb. 64). Salvatore Bianco will in der figürli-chen Darstellung des Innenbildes die Darstellung des Kampfes von Herakles gegen die Stymphalischen Vögel erkennen. Dies ist neben der Uneindeutigkeit der Gesamtkomposition auch angesichts des Fehlens wichtiger Elemente wie etwa der Waffen des Helden sehr diskutabel und bezeugt einmal mehr, unab-hängig von der möglichen Korrektheit der Deutung, den stark hellenozentrischen Charakter archäologischer Betrachtung der eisenzeitlich-archaischen Befunde dieses Raumes789.

Im gesamten Gebiet lässt sich eine relative Kontinuität der Besiedlung von der späten Bronze- bis in die frühe Eisenzeit feststellen. Mit den etwa eintausend dokumentierten Bestat-tungen liegt nahe, dass Alianello in archaischer Zeit der zentra-le Ort im Aliano-Gebiet war. Die Struktur der Siedlung könn-te sich aber von Chiaromonkönn-te unkönn-terschieden haben: Im Gebiet von Chiaromonte liegen die Nekropolen so nahe beieinander, dass man eine größere Siedlung vermuten kann, in Alianello betragen die Abstände der unterschiedlichen Friedhöfe einige

788 Bianco 1996a, 133; auch hier sind für reiche Frauengräber Bratspie-ße und Feuerböcke belegt (Markantonatos 1998, 190).

789 Bianco 1996e, 89. Abb. ebd. S. 83 oben. Die Szene lässt verschie-denste Deutungsmöglichkeiten zu, die ihrer einfachen Struktur nä-her kommen würden als die Heraklestat – etwa die Entfleischung eines gehockten Leichnams durch aasfressende Vögel.

Abb. 63 Plan der Nekropole von Alianello-Cazzaiola

Abb. 64 Schale aus Aliano, Santa Maria la Stella, Innenbild

se Objekte nicht allein als Grabbeigaben verwendet wurden, sondern vorher in Gebrauch waren, was gerade im Rahmen der Geräte für Sport und Wettkampf auch auf die Übernahme griechischer Lebensart hindeuten könnte795. Waffenbeigaben finden im Salento-Gebiet erst ab dem frühen 4. Jh. Eingang in die Gräber, ebenso wie die wertvollen, aber symbolischen Bronzegürtel796.

Intensive Surveyprojekte haben die Kenntnis des eisen-zeitlich-archaischen Siedlungswesens beträchtlich erweitert797. Das Siedlungsbild auf der Salento-Halbinsel ist in der Spät-bronzezeit stark von den Vorgängen im östlichen Mittelmeer-raum beeinflusst: Die schon vom 14.–12. Jh. an bestehenden Küstensiedlungen weisen in diesem Zeitraum ägäische Impor-te auf, die mit Niedergang der mykenischen Reiche abrupt enden. Die Umwälzungen im Ägäisraum zogen einen Zu-sammenbruch der Austauschbeziehungen und Fernkontakte der süditalischen Siedlungen nach sich, denn Funde aus der finalen Bronzezeit und der frühen Eisenzeit (11.–9. Jh.) sind sehr spärlich. Ab dem 9. Jh. zeigen sich Ansätze einer Wieder-herstellung von Austauschnetzwerken zwischen dem Salento und der Ostadriaküste, ab dem 8. Jh. belegen Funde von ko-rinthischer Keramik Kontakte nach Griechenland798. Ab dem späten 6. Jh. intensivieren sich diese externen Verbindungen – nun mit dem griechischen Festland und den Poleis der Ma-gna Grecia799. Dabei zeigen die eisenzeitlichen Stätten auf der Salento-Halbinsel Kontinuität, die meisten sind durchgängig bis in die archaisch-klassische Zeit besiedelt800. Auch die inter-ne Struktur der Siedlungen bleibt dabei großteils gleich – es handelt sich um kleinere Streusiedlungen, deren Fundkonzen-trationen z. T. 100 m auseinanderliegen801.

Bei den Behausungen dieser Zeit handelte es sich meist um ovale oder subzirkulare Hütten, die auf kleinen Mauern aus unbehauenen Steinen oder großen Flusskieseln errichtet

wa-795 Iacono 2007/2008, 104 vermutet, dass der Nutzen/die Funktion dieser Beigaben auch nicht zuletzt in der ‚Biographie‘ der Objekte, die bestimmte Geschichten über den Toten erzählen können, be-gründet sein könnte.

796 Zu den cinturoni s. o. S. 88–89; ab dem 4. Jh. werden neue Arten von Gräbern genutzt, die stark von griechischem Grabritus beein-flusst (Kammergräber, Hypogäen) und reich ausgestattet (bemalte oder mit Textilien behängte Kammerwände, Beigaben jedoch oft ausgeraubt) waren; Iacono 2007/2008, 105–106.

797 So diente die Studie von Burgers zur Erforschung der einheimi-schen Bevölkerung der Gegend von Brindisi/Salento (Siedlungs-organisation und deren Verhältnis zur Gesellschafts(Siedlungs-organisation);

Burgers 1998, 17.

798 Nach Funden in frühen Siedlungen des Surveygebiets; diese Aus-tauschnetzwerke dürften aber noch recht exklusiv gewesen sein;

Burgers 1998, 177–179.

799 Burgers 1998, 33.

800 Burgers 1998, 195.

801 Generell weisen die eisenzeitlichen Stätten im Salento eine sehr wei-te Streuung auf, in San Pancrazio über 28 ha, in Muro Maurizio über 20–25 ha, in Muro Tenente über 15 ha, Burgers 1998, 177–

179; Im Westen bilden sich im Laufe der Zeit unter dem Einfluss der ‚Kolonisation‘ allerdings zwei unterschiedliche Siedlungstypen heraus: auf der einen Seite kleine, isolierte (Bauern-)Höfe, auf der anderen Seite die Stadt Tarent; Burgers 1998, 207.

Importgüter nahe. Auf der anderen Seite suggerieren die im Bestattungsbrauch sichtbaren Parallelen eine enge kulturelle Verbindung auch mit den Gemeinschaften der nördlichen und östlichen Basilikata, also dem tiefsten Binnenland.

Im Dokument x!7ID9F4-jadcgj! ITALIKÁ ITALIKÁ (Seite 132-137)